Bundestags-Haushaltsausschuss billigt neue Kriegsschiffe MKS180

Die Bundeswehr bekommt vier neue moderne Kriegsschiffe, mit einer Option auf zwei weitere: Der Haushaltsausschuss des Bundestages billigte die Beschaffung von vier Mehrzweckkampfschiffen 180 (MKS180), die von der niederländischen Damen-Werft gebaut werden sollen. Allerdings wollen die Parlamentarier sich auch regelmäßig Bericht über die Unterauftragnehmer erstatten lassen – weil ein Großteil der Arbeit in Deutschland geleistet werden soll.

Für die vier Schiffe stimmte der Ausschuss dem Abschluss eines Vertrages über rund 5,48 Milliarden Euro zu. Neben den Schiffen selbst sind darin zwei so genannte Missionsmodule für die U-Boot-Bekämpfung, zwei weitere Missionsmodule Gewahrsam und Ausbildungseinrichtungen vorgesehen. Für die Bewaffnung gibt es weitere Verträge. Insgesamt umfasst das gebilligte Projekt ein Volumen von knapp sechs Milliarden Euro.

Aus Sicht der Deutschen Marine werden konzeptionell sechs dieser Schiffe benötigt; die nicht verbindliche Option für weitere zwei Einheiten ist Teil des Beschlusses. Heimathafen der MKS180, die nach Plan ab 2028 einsetzbar sein sollen, wird Wilhelmshaven.

Die Bedeutung neuer Kriegsschiffe vor allem für die U-Boot-Jagd begründete die Marine mit der geänderten sicherheitspolitischen Lage seit 2014:

Nach Jahren der vorrangigen Fokussierung auf Einsätze und internationales Krisenmanagement ist nunmehr eine gleichrangige Wahrnehmung aller Aufgaben der Bundeswehr, insbesondere auch der des internationalen Krisenmanagements sowie der Landes- und Bündnisverteidigung vorgesehen. (…) Mit Blick auf die Fähigkeiten ist aktuell insbesondere in der bedrohungsgerechten U-Boot- Jagd ein Defizit festzustellen, welches mit derzeit in der Umsetzung befindlichen Projekten nur punktuell und nicht strukturell ausgeglichen werden kann. Die Fähigkeit zur weiträumigen Abwehr der Bedrohung durch U-Boote (Anti-Submarine Warfare – ASW) ist dabei eine essentielle Voraussetzung zur Überlebensfähigkeit und Durchsetzungsfähigkeit eines Ver- bandes auf See. (…) Mit MKS 180 wird eine Fregattenplattform zur Verfügung stehen, die, ausgestattet mit dem Missionsmodul ASW-Lagebild und der Kompatibilität zum Nachfolge-Bordhubschrauber, einen Fähigkeitsschwerpunkt in der großräumigen U-Boot-Jagd zum Schutz von Verbänden und Gebieten hat.

Das Verteidigungsministerium hatte im Januar als Auftragnehmer für die MKS180 nach einer EU-weiten Ausschreibung die niederländische Werftengruppe Damen Schelde Naval Shipbuilding B.V. ausgewählt. Der unterlegene Anbieter German Naval Yards Kiel (GNYK) hatte dagegen juristische Schritte eingeleitet, die jedoch zurückgezogen, nachdem die Kieler Werft im Mai ihre Absicht zum Zusammengehen mit der Bremer Lürssen-Werft angekündigt hatte.

Hintergrund ist die damit verbundene Rolle der deutschen Werften im künftigen Bau von Überwasserschiffen für die Deutsche Marine. So hatte die Damen-Werft nach dem Zuschlag für die neuen Schiffe angekündigt:

Gemeinsam mit seinen Partnern wird Damen den Auftrag so abwickeln, dass rund 80 % der gesamten Nettoinvestitionen als Wertschöpfung in Deutschland verbleiben. Der Bau der Schiffe erfolgt bei Blohm+Voss in Hamburg unter Einbeziehung weiterer Werftstandorte der norddeutschen Lürssen-Gruppe und damit vollständig in Deutschland.
Auch mit Blick auf die bei Thales in den Niederlanden beauftragten elektronischen Einsatzsysteme gilt die Dominanz deutscher Wertschöpfung und Know-how-Entwicklung: Rund 70 % der Leistungen werden von der deutschen Thales-Landesgesellschaft unter anderem an den Standorten Kiel und Wilhelmshaven sowie von deutschen Unterauftragnehmern erbracht.

Aus Sicht der deutschen Werft-, vor allem aber der Zulieferindustrie und dabei vor allem der Lieferanten elektronischer Ausrüstung für die MKS180 schien unsicher, zu welchem Grad diese Zusage erfüllt wird. Erst nach dem Zuschlag für Damen wurde auch die Festlegung von Schlüsseltechnologien mit Vorrang für eine Vergabe in Deutschland so geändert, dass dieser Überwasserschiffbau darunter fällt.

Diese deutschen Bedenken berücksichtigte der Haushaltsausschuss bei der Billigung der MKS180 auch durch einen gesonderten Maßgabebeschluss:

Der Haushaltsausschuss begrüßt den Beschluss des Bundeskabinetts vom 12. Februar 2020 zur Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie und die Einstufung des Marineschiffbaus (Über-/Unterwasserplattformen) als nationale Schlüsseltechnologie.
Der Haushaltsausschuss fordert die Bundesregierung auf,
beginnend ab dem 01. September 2020, quartalsweise einen Bericht an die Berichterstatter des Einzelplans 14 mit einer Übersicht der ausgewählten Unterauftragnehmer vorzulegen.

Mit anderen Worten: Die (Koalitions)Abgeordneten wollen ein Auge darauf haben, ob die deutsche Industrie bei diesem Projekt ausreichend beteiligt wird.

Von einem Oppositionspolitikers, das kommt bei Rüstungsprojekten nicht so oft vor, gab es Lob für den ausgehandelten Vertrag. Der Grünen-Haushälter Tobias Lindner, auch Mitglied im Verteidigungsausschuss, begrüßte vor allem das – von der deutschen Industrie nicht so goutierte – Vergabeverfahren:

Nachdem Neubeschaffungen bei der Marine in der Vergangenheit häufig von Wahlkreisinteressen anstatt dem Fähigkeitsprofil oder dem Bedarf gesteuert waren, sticht die Vorlage zum Mehrzweckkampfschiff 180 positiv heraus. Das europaweite Ausschreibungs- und Vergabeverfahren hat zwar sehr lange gedauert, beim Vertrag hat des Ministerium jedoch augenscheinlich vieles richtig gemacht.

Nachgetragen: das Erklärstück zum MKS180 hier auf der Webseite der Marine – und fürs Archiv als pdf-Datei: 20200617_Mehrzweckkampfschiff_180

Update: Als Aufmacherbild eine neuere Grafik von Damen, die allerdings auch schon vom Januar 2020 stammt.

(Grafik: Konzeptvisualisierung des MKS180 – Damen Werft)