SPD-Spitze startet Initiative gegen Nukleare Teilhabe (Zusammenfassung)
Führende SPD-Politiker aus Partei und Bundestagsfraktion haben ein Ende der so genannten Nuklearen Teilhabe gefordert, bei der Deutschland in einem Krieg Atomwaffen der USA mit Flugzeugen der Bundeswehr ins Ziel bringen könnte. Zudem müsse die Stationierung dieser Atombomben in Deutschland beendet werden. Mit dieser Positionierung stellt sich die SPD-Spitze gegen den bisherigen Konsens in der Koalition von Union und SPD und gegen ihren Außenminister Heiko Maas.
Der Co-Vorsitzende der SPD, Norbert Walter Borjans, sprach sich am (heutigen) Samstag ebenso wie Fraktionschef Rolf Mützenich und Fraktionsvize Gabriela Heinrich dafür aus, die Nukleare Teilhabe zu beenden. Er vertrete eine klare Position gegen Stationierung, Verfügungsgewalt und erst recht gegen den Einsatz von Nuklearwaffen, sagte Borjans der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Die Nukleare Teilhabe diene dem Einsatz einer menschenverachtenden Waffengattung, ohne dass eine echte deutsche Mitsprache beim Einsatz gesichert sei. Heinrich betonte in der gleichen Zeitung, Abschreckung mit Mitteln des Kalten Krieges sei ein Anachronismus.
Fraktionschef Mützenich forderte im Berliner Tagesspiegel, die Stationierung von Atomwaffen auf deutschem Boden künftig auszuschließen. Atomwaffen auf deutschem Gebiet erhöhen unsere Sicherheit nicht, im Gegenteil, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende. Auch andere Staaten hätten untersagt, auf ihrem Terrritorium US-Atomwaffen zu lagern, ohne dabei die Nato infrage zu stellen.
An den Planungsprozessen in der Allianz könne Deutschland auch ohne Atomwaffen auf seinem Territorium teilhaben, argumentierte der Fraktionsvorsitzende: Wir sollten als Deutsche selbstbewusst fordern, die Nuklearstrategie der Nato auch dann mit zu prägen, wenn keine Nuklearwaffen mehr auf unserem Gebiet lagern.
Borjans wie Mützenich verwiesen zur Begründung vor allem auf die Politik der USA unter ihrem Präsidenten Donald Trump. Der Präsident sei unberechenbar, stelle das vorbehaltlose Vertrauen in die USA als Bündnispartner sehr infrage und sehe den Einsatz taktischer Atomwaffen als Option, kritisierte Borjans. Mützenich betonte, die USA sähen unter Trump Atomwaffen nicht mehr als Instrument der Abschreckung, sondern als Mittel der Kriegführung: Das Eskalationsrisiko ist damit unüberschaubar geworden.
Bislang war die Nukleare Teilhabe, in deren Rahmen in Deutschland auf dem Fliegerhorst Büchel gelagerte US-Atombomben von deutschen Kampfjets ins Ziel gebracht werden sollten, trotz aller grundsätzlichen Kritik an Nuklearwaffen von bisherigen Bundesregierungen nicht infrage gestellt worden. Nach dem Koalitionsvertrag von Union und SPD 2018 wird zwar langfristig ein Abzug dieser Waffen angestrebt, allerdings unter Vorbedingungen:
Solange Kernwaffen als Instrument der Abschreckung im Strategischen Konzept der NATO eine Rolle spielen, hat Deutschland ein Interesse daran, an den strategischen Diskussionen und Planungsprozessen teilzuhaben. Erfolgreiche Abrüstungsgespräche schaffen die Voraussetzung für einen Abzug der in Deutschland und Europa stationierten taktischen Nuklearwaffen.
Auch Außenminister Heiko Maas, ein Parteifreund von Borjans und Mützenich, hatte noch im November vergangenen Jahres einer einseitigen deutschen Aufkündigung der Nuklearen Teilhabe und der Stationierung der US-Atombomben in Deutschland widersprochen:
„Es nützt nichts, wenn Atomwaffen von einem Land in das andere verschoben werden. Wenn sie verschwinden sollen, dann sollen sie überall verschwinden“, sagte der SPD-Politiker zu entsprechenden Forderungen auch aus seiner eigenen Partei. „Wir brauchen, was die atomare Abrüstung angeht, vor allen Dingen Vereinbarungen auf breiter Basis, nicht nur in einzelnen Ländern.“
Allerdings ist unklar, wie die militärische Bedeutung der in Deutschland stationierten US-Bomben und die Zukunft der Nuklearen Teilhabe in Zukunft aussieht. Die NDR-Sendung Streitkräfte und Strategien hatte kürzlich darauf verwiesen, das neue seegestützte Nuklearwaffen der USA die von Flugzeugen ins Ziel gebrachten US-Atomwaffen in Europa praktisch überflüssig machen könnten. Bislang gilt aus Sicht der Bundesregierung allerdings, dass auf diesem Wege zumindest eine Mitsprache Deutschlands bei der Nuklearstrategie der NATO gesichert ist.
In diesem Sinn argumentierte auch der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Fritz Felgentreu, mit dem Mützenichs Vorstoß nicht abgesprochen schien. Seine Position machte er in einer Serie von Tweets deutlich (der besseren Lesbarkeit halber hier als zusammenhängender Text dokumentiert):
Rolf Mützenich spricht sich für den Ausstieg Deutschlands aus der Nuklearen Teilhabe der NATO aus – ein Grund sei Trump, ein anderer, dass es auch andere NATO-Staaten gebe, die dort nicht beteiligt seien. Eine nicht recht schlüssige Argumentation:
Erstens: natürlich, Trumps fahrlässiges Gerede über den Einsatz von Atomwaffen stimmt besorgt. Aber die USA sind nicht Trump – sie sind und bleiben Deutschlands wichtigster Verbündeter, ihr Engagement in der NATO das Rückgrat europäischer Sicherheit.
Zweitens: Dass andere Länder sich nicht beteiligen, stimmt auch – weil sie kleiner und schwächer sind und den Schutz der größeren und stärkeren brauchen. Wir sind das wirtschaftlich stärkste und bevölkerungsreichste Land und liegen genau in der Mitte Europas. Das heißt:
Auf uns richten sich die Blicke und Erwartungen der kleineren Länder. Wenn wir aus der nuklearen Abschreckung der NATO unilateral aussteigen, werden sie es nicht als friedenspolitisches Signal verstehen, sondern als Desinteresse an ihrer Sicherheit. Nukleare Teilhabe dient dem Zusammenhalt.
Drittens: Es entspricht nicht der Lebenswirklichkeit zu glauben, wer sich nicht beteiligt, habe dennoch den gleichen Einfluss. Die SPD will, dass Deutschland in der NATO auf Dialog, Vertrauensbildung, Rüstungskontrolle und Abrüstung hinwirkt und so allmählich Kooperation statt Abschreckung Sicherheit schafft. Das ist der richtige Ansatz. Zu sagen: Macht ihr mal weiter Abschreckung, wir machen stattdessen Kooperation funktioniert aber nicht. Es zementiert Gegensätze, verhindert den internen Dialog und schiebt Partnern den Schwarzen Peter zu.
In einer Lage, in der die NATO mit Geschlossenheit und Stärke die beste Chance hat, Russland und China davon zu überzeugen, dass der Dialog über gemeinsame Sicherheit der mit Abstand beste Weg ist, wäre ein einseitiger deutscher Ausstieg aus der nuklearen Abschreckung schädlich.
Fazit: Wir sollten diskutieren, welchen zeitgemäßen Beitrag Deutschland nicht nur, aber auch durch Nukleare Teilhabe zum Erfolg der NATO leisten kann. Die SPD mit ihrer Osteuropakompetenz und ihrer großen friedenspolitischen Tradition kann dabei eine tragende Rolle spielen.
Ein schlichtes „ohne uns“ allerdings ist dafür zu wenig.
Widerspruch zur Initiative der SPD-Spitze kam auch vom Koalitionspartner. Der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Johannes Wadephul, ging auf eindeutigen Gegenkurs zu den Forderungen:
Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion steht die Fortführung der nuklearen Teilhabe außer Frage. Sie ist aus gutem Grund im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Das ist nicht verhandelbar. Die nukleare Abschreckung ist für die Sicherheit Europas unverzichtbar. (…)
Nato-Generalsekretär Stoltenberg hat die nukleare Abschreckung ganz zu Recht als ultimative Sicherheitsgarantie bezeichnet. Dazu gehört auch das Prinzip der nuklearen Teilhabe.
Dem stimmt nicht nur diese Bundesregierung unter SPD-Beteiligung zu, sondern SPD, CDU und CSU haben sich eindeutig im Koalitionsvertrag dazu bekannt, dass die Nato solange auch ein nukleares Bündnis bleibt, wie dies aufgrund der Bedrohungslage nötig ist. Vor allem aber haben wir uns ebenfalls im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass Deutschland an der nuklearen Teilhabe festhält. Wenn Spitzenvertreter von Partei und Fraktion der SPD dies infrage stellen, ist es ein verheerendes Signal für Deutschlands Sicherheitspolitik. Damit untergräbt man Deutschlands bündnispolitische Verlässlichkeit und Solidarität. Das kann die CDU/CSU-Fraktion nicht akzeptieren.
Nachtrag 3. Mai: Das Tagesspiegel-Interview mit Mützenich ist jetzt im vollständigen Wortlaut online. Den Link hier aus bekannten Gründen nicht; auf der Seite des Blattes ist es unter der Überschrift SPD fordert Abzug aller US-Atomwaffen aus Deutschland „Es wird Zeit, dass Deutschland die Stationierung zukünftig ausschließt“ zu finden.
Nachtrag 4. Mai: Der Außenminister reagiert bei Spiegel Online auf den Vorstoß: Maas gegen „deutschen Sonderweg“ bei Atomwaffen
(Archivbild Januar 2018: Tornado-Jagdbomber beim Anflug auf den Fliegerhorst Büchel – mit freundlicher Genehmigung von Thomas Leicht)
Wie naiv ist dieser Mann bitte!? Mitbestimmung haben wollen, aber bitteschön nix dafür tun, das fällt mir ehrlich nix mehr zu ein! Offensichtlich ist dieser Partei auch das letzte bisschen strategisches Verständnis abhanden gekommen. Helmut Schmidt würde sich im Grabe umdrehen!
@Ingo Heinscher
Bei der NT geht es längst nicht mehr um einen tatsächlichen Einsatz der Bomben.
Vordergründig geht es darum:
1. Zugang zu besagten nuklearen Planumgsgremien der Nato zu behalten und damit Einfluss auf die Nuklearstrategien des Bündnisses zu haben.
Diesen nach der Aufgabe der NT weiterhin zu haben, ist völlig illusorisch. Nach einem solchen Schritt hätte Deutschland absolut nichts mehr in der Hand, was es ihm erlauben würde Einfluss auf eventuelle nukleare Operationen auszuüben. Dementsprechend wird keine Nuklearmacht der Nato noch irgendeinen Pfifferling drauf geben, was wir zu diesem Thema zu sagen haben, weil es eh egal ist wie wir dazustehen, Mittel um irgendetwas daran mitzugestalten, haben wir ja dann nicht mehr.
2. Der noch wichtigere Grund ist, ein glaubwürdiges nukleares Abschreckungssignal an verfeindete Nuklearmächte zu senden! Als Staat/Allianz ist man nämlich nur in 2 Szenarien vor Nuklearangriffen einigermaßen sicher. Zum einen in einem Zustand des nuklearen Gleichgewichts oder eine völlige Aufgabe von Atomwaffen weltweit. Die zweite Option ist realistisch gesehen auf absehbare Zeit nicht möglich, denn durch Atomwaffen machen sich Diktaturen unantastbar, ganz gleich wieviele Menschenrechtsverletzungen oder Invasionen man selbst begeht. Weder China, Russland, noch Nordkorea werden deshalb in nächster Zeit bereit sein auf diese Bewaffnung zu verzichten!
Die Logik von Mützenich und Co., jede Atomwaffe aufseiten der Nato weniger, würde zu mehr Sicherheit auf der Welt führen, ist jedoch noch illusorischer. Eine Aufgabe von Nuklearwaffen durch die Nato würde den Westen hoffnungslos erpressbar gegenüber den Schurkenstaaten machen, ohne dass diese mit jeglichen Vergeltungsmaßnahmen rechnen müssen!
Die einzige Lösumg für eine relative nukleare Sicherheit ist und bleibt deshalb ein „Gleichgewicht des Schreckens“. Für Nicht-Nuklearmächte ist die NT die einzige Möglichkeit zu dieser Sicherheit glaubhaft beizutragen. Ganz besonders wichtig ist dies für die BRD, als einzige Führungsmacht Europas ohne eigene A-Waffen.
Eine Aufgabe der NT hätte deshalb folgende Auswirkungen:
Zum einen würde es den Natostaaten zu verstehen geben, dass Deutschland keinerlei Interesse mehr am Schutz seiner Bündnispartner vor Nuklearangriffen hat. Zum anderen zeigt es feindlichen Staaten auf unmissverständliche Weise, das Deutschland jeglicher strategischer Weitblick fehlt. Das wird, wie einige Kommentatoren hier bereits schrieben, zurecht als Schwäche gewertet werden!
Somit verspielen wir auf diese Weise sowohl bei Freunden als auch bei Feinden die letzten Reste außen- und sicherheitspolitischen Gewichts und Glaubwürdigkeit, von der Bereitschaft anderer Natostaaten Deutschland selbst vor etwaigen nuklearen Bedrohungen zu schützen, ganz zu schweigen!
Kurzum, ein internationaler Selbstmordkurs!
Ahnungslos, verantwortungslos, unilateral und populistisch…
Ungefähr so charakterisiert die SPD doch bei jeder sich bietenden Gelegenheit Donald Trumps Politik.
Merkwürdig das jedes dieser Attribute in Potenz auf die von dieser Partei betriebene ’sicherheitspolitik“ zutrifft
Ein Faustpfand wie die nukleare Teilhabe einfach so aufzugeben ohne im Gegenzug beispielsweise äquivalente Maßnahmen durch Russland einzufordern/sie davon abhängig zu machen spricht schlicht für das umfassende Kompetenzdefizit der SPD in diesem Politikbereich.
@TZ: Meine These. Keine Nuklearmacht der NATO gäbe JETZT einen Pfifferling darauf, was wir dazu sagen, ob taktische Atomwaffen eingesetzt werden und wo. Die Nukleare Teilhabe mag den Zugriff auf NATO-Gremien für die Planungen von Nuklearwaffeneinsätzen schaffen. Den Einsatz der Waffen aber entscheidet letzten Endes der Soldat, der diese Waffe kontrolliert – und der wird im Konfliktfall verschiedener Befehle natürlich auf seine Regierung hören. In der Praxis bedeutet nukleare Teilhabe also nur, dass wir (theoretisch) entscheiden könnten, taktische Atomwaffen einzusetzen, aber NICHT, dass wir dafür sorgen könnten, dass die anderen Verbündeten KEINE einsetzen.
Der zweite Punkt: Eine nukleare Abschreckung durch deutsche taktische Atomwaffen ist niemals glaubwürdig. Wir könnten und würden sie nirgends einsetzen. Wo auch? Selbst WENN sich überlegene feindliche Kräfte irgendwo in Deutschland befinden würden, wäre es immer noch unser Land, das anschließend unbewohnbar wäre. Für ein dicht besiedeltes Land wie Deutschland sind taktische Atomwaffen keine zur Verteidigung geeigneten Werkzeuge. Und angreifen werden wir ja nicht. Im Falle eines längeren Krieges aber, in dem wir (strikt im Rahmen der Verteidigung) eine solche Operation tief im Feindesland durchführen, müsste sich die Frage gefallen lassen, ob die Situation wirklich kritisch genug ist, auf solch ein ultimatives Mittel zurück zu greifen – da sich in dem Fall die feindlichen Truppen offenbar in einer eher defensiven Position befinden (sonst wären sie ja nicht zu Hause, sondern bei uns), würde die Antwort in diesem Fall zwangsläufig „nein“ lauten. Nun kann man da Sonderfälle herbeiphantasieren, wo das anders wäre, aber da würde ich doch dringend vorschlagen, das gesparte Geld lieber in stärkere konventionelle Streitkräfte zu stecken, die man dann auch tatsächlich ohne Zögern verwenden würde.
Seien wir ehrlich:
Gäbe es in Deutschland die Möglichkeit eines Volksentscheids zum Thema NT, würden sich 90 Prozent der Deutschen für die Abschaffung entscheiden.
Ich auch.
Der Taschenträger der USA zu sein, ist völlig gegen meine Auffassung eines souveränen Staates.
Wenn nukleare Bewaffnung, dann bitte zusammen mit anderen EU-Staaten, aber nicht als Hiwi der USA.
Außer FDP und CSU/CDU möchte die NT keine Partei mehr in Deutschland.
Wir sollten die offenen Arme der Franzosen annehmen!
Oh boy. Selbst wenn die Kritik am nuklearen Gebahren der USA in jüngerer Zeit richtig ist, ist es absurd deshalb das Ende eines schon sehr lange bestehenden Instruments zu fordern, das einer traditionellen Abschreckungslogik folgt und ja eben nicht Teil des aktuellen Rüstungswettlaufs mit taktischen Nuklearwaffen ist. Wenn die SPD-Führung etwas zur nuklearen Sicherheit beitragen wollte, könnte sie sich hier engagieren.
In den Wählerumfragen seit der Corona-Krise hat die Kanzlerin und die Union kräftig an Beliebtheit gewonnen, nicht die SPD, obwohl es die SPD-Minister für Arbeit und Finanzen sind, die das große Geld für die Krisenbewältigung bereitstellen. Vielleicht liegt dies daran, daß die neue Linke SPD Führung ständig der Regierungsarbeit dazwischen funken muss.
Jetzt eine Regierungskrise herbeizuführen, im Streit um die Nukleare Teilhabe, wird kein Bürger verstehen und jede Neuwahl jetzt, verschuldet von der SPD, würde die SPD zerstören und zum Wahlsieg der Union führen.
Der Austausch von Flugzeugen ist keine Aufrüstung, sondern die Aufrechterhaltung des Status Quo! Trotzdem behauptet die stv. SPD-Franktionsvorsitzende Heinrich, daß es hier um Aufrüstung gehe! Dies kann ich nur Wählertäuschung nennen.
Und ich frage mich, in welcher Welt Mützenich und Borjans leben, wenn diese zwar gegen Trump und Nato wettern, aber verschweigen, daß es Rußland ist was, seit 2008/2014 Krieg wieder zum Mittel der Politik gemacht hat und seine Nachbarn bedroht.
Den Polen und Balten muss doch Angst und Bange werden vor dieser SPD Position. Denn der Ausstieg aus der Nuklearen Teilhabe kann doch nur der Anfang sein, denn wenn Trump so böse ist, dann muß Deutschland natürlich ganz die Nato verlassen. Wenn die Nato aber schwach wirkt, wird Pution im Baltikum oder der Ukraine neue Kriege anfangen.
Wie schon im Vorthread gesagt wurde, kann sich hier Helmut Schmidt nur im Grabe rumdrehen. Aber früher gab es noch den harten SPD-Fraktionsvorsitzenden Wehner, der nie zugelassen hätte, das andere Genossen so der eigenen Regierung schaden können.
Und Mützenich hat als Fraktionsvorsitzender die Pflicht, die Regierung zu stützen und nicht dem eigenen Außenminister in den Rücken zu fallen. Stattdessen macht er gerade das Gegenteil. Die SPD-Linken sehnen sich offensichtlich nach dem eigenen Untergang wie in einem Hamlet-Drama.
@Der Realist sagt: 02.05.2020 um 17:45 Uhr
„Gäbe es in Deutschland die Möglichkeit eines Volksentscheids zum Thema NT, würden sich 90 Prozent der Deutschen für die Abschaffung entscheiden.“
1. Das bliebe zu beweisen.
2. Unabhängig davon sind wir eine repräsentative Demokratie, deswegen ist das so oder so keine relevante Größe.
„Wir sollten die offenen Arme der Franzosen annehmen!“
1. Sehe ich die offenen Arme der Franzosen nicht. Es gibt verbale Floskeln, aber noch kein FRA StP (auch nicht der aktuelle) hat wirkliche Schritte hinsichtlich der Einordnung der FRA Nuklearwaffen in EUR Strukturen gemacht.
2. Selbst wenn. NT und FRA/EUR-Nuklearintegration sind ja zwei vollkommen verschiedene Paar Schuhe. Beides ist sinnvoll (wiewohl das letztere mEn unrealistisch ist), aber B kann A nicht substituieren.
Interessant wie öffentlich die grundlegend unterschiedlichen Positionen zu NT innerhalb der SPD-Fraktion diskutiert werden. Zumal es sich ja nicht um Einzelmeinungen handelt, sondern um einen Bruch in der Linie zwischen Fraktionsvorsitzendem / stv. Fraktionsvorsitzende für Außen- und Verteidigungspolitik und dem verteidigungspolitischen Sprecher.
Die Verteidigungspolitik scheint immer mehr ein Feld der parteipolitischen Profilierung zu werden (Verteidigungshaushalt, Ende des Tormadoeinsatzes in Syrien, Nachfolge Tornado, nukleare Teilhabe, bewaffnete Drohnen, etc).
Positiv betrachtet kommt es so ja zumindest teilweise mal zur lange angemahnten sicherheitspolitischen Debatte.
Jedoch werden dabei die Grünen eine wohl deutlich wichtigere Rolle spielen als die SPD.
Ich begrüße diese Initiative.
Endlich raffen sich die Teile der SPD mit ablehnender Haltung zur NT mal dazu auf, sich auch politisch ‚ehrlich‘ zu machen. Das ist wohl das Mindeste, was man (schon seit der ersten GroKo) hätte erwarten müssen. Man kann aber fragen: Warum jetzt, wem brennt der Bürzel?
Einem Entscheidungsprozess pro/contra NT oder – wie jetzt – beim zugehörigen Trägerflugzeug ist es nunmal überhaupt nicht gedient, wenn nur „Versandungstaktik“ mit Ausschüssen, Konsensfindungen, hundert Iterationen von Prüfprozessen und Austragsstudien gefahren wird.
Ist bei manchen Rüstungsprozessen im BAAINBw auch ganz ähnlich und im Dienstalltag ziemlich frustran.
Wann gibt’s wohl Ergebnisse? Oder sieht sich diese Initiative jetzt einer ähnlichen Herausforderung bei der Entscheidungsfindung entgegen wie die Ministerin(nen) beim F18-Kauf?
@ Closius
Den Polen und Balten dürfte es eher Recht sein, dass wir keine Atomwaffen in der unmittelbaren Nachbarschaft abwerfen…
@Klaus-Peter Kaikowsky (KPK)
ja, sorry,
6 Standorte mit NT in „Europa“ im NATO-Sinne, also inclusive Türkei – und 5 Stationierungs-Staaten in diesem Sinne.
Eigentlich geht es um das Stationierungs-Cluster Deutschland (Eifel), BEL und NL. Es bietet sich ein Schulterschluss mit den beiden Nachbarstaaten an. Die dürften die Analyse, die hinter der Mützenich/Borjans-Position vermutlich steht, vermutlich teilen.
Interessant wäre auch zu erfahren, wie sich die CDU/CSU argumentativ positionieren – NT in Büchel als Selbstzweck verkaufen zu wollen; oder via „hatten wir schon immer – und so soll es auch bleiben“ zu debattieren ist ja eher ein Armutszeugnis und Eingeständnis.
„Dementsprechend wird keine Nuklearmacht der Nato noch irgendeinen Pfifferling drauf geben, was wir zu diesem Thema zu sagen haben“
Ist klar…. , weil die Politik auch nur aus Nuklearer Teilhabe besteht.
Es gibt so viele Möglichkeiten die anderen Staaten zu bewegen uns ohne NT an den Tisch zu belassen.
Die große Frage ist allerdings: Sind wir mit diesen (teuren) Deals einverstanden.
„2. Unabhängig davon sind wir eine repräsentative Demokratie, deswegen ist das so oder so keine relevante Größe.“
Selbstverständlich ist das eine relevante Größe. Wenn man als Wähler die NT unter keinen Umständen haben will, kann man nur eine Partei wählen, die diese auch ablehnt.
Ob am Ende in einer Koalition dieser Punkt durchgesetzt wird, ist eine andere Frage.
Wenn die überwältigende Mehrheit der wahlberechtigten Bürger einen Punkt wollen oder nicht wollen, dann ist dieser Punkt in einem Wahlprogramm ein möglicher entscheidender Punkt zu den erforderlichen Prozenten.
Wieso bekennen sich Parteien sonst zu bestimmten Punkte so stark und das seit viele Jahren?
Bisher konnte man aber als NT Verhinderer nur schwer die SPD wählen. Das ändert sich jetzt vielleicht.
Als NT Befürworter kann man die SPD dann vielleicht nicht mehr wählen, aber ich denke Mützenich und Co. haben da genügend Umfragen in letzter Zeit machen lassen.
@all
Das hier ist ja Augengeradeaus! und daher sind hier viele eher Befürworter als Gegner von Militär und Verteidigungspolitik.
Es gibt aber auch eine andere Welt da draußen und da gibt es sehr sehr viele, die auch aus guten Gründen (die gibt es nämlich auch), gegen die NT sind und diese Menschen wollen politisch repräsentiert werden.
@Der Realist sagt: 02.05.2020 um 19:45 Uhr
„Den Polen und Balten dürfte es eher Recht sein, dass wir keine Atomwaffen in der unmittelbaren Nachbarschaft abwerfen…“
Vielleicht, vielleicht auch nicht.
Aber tatsächlich ist das eine Milchmädchenrechnung.
Die NT wurde genau (!) aus diesem Grund geschaffen, um den Europäern Einfluss auf die nukleare, taktische Operationsführung zu geben.
Wenn wir aus der NT aussteigen tun wir den POL und den Balten keinen Gefallen, aber wir schwächen DEU in der NATO und schwächen die EUR Kontrolle der nuklearen, taktischen Operationsführung.
Es gewinnt also genau niemand durch diesen Schritt.
Oh, stop, doch, Moskau :(
@Taurus
„Ist klar…. , weil die Politik auch nur aus Nuklearer Teilhabe besteht.
Es gibt so viele Möglichkeiten die anderen Staaten zu bewegen uns ohne NT an den Tisch zu belassen.
Die große Frage ist allerdings: Sind wir mit diesen (teuren) Deals einverstanden.“
Wüsste nicht welche das wären. Wer sich beteiligt, darf auch mit entscheiden, so einfach ist das. Ist ja auch nur logisch. Ohne NT haben wir nix mehr, was wir den Nuklearstaaten der Nato bieten können, also besteht auch keine Notwendigkeit mehr, uns bei diesem Thema zuzuhören! Mehr als uns beschweren, können wir sowieso nicht!
„da gibt es sehr sehr viele, die auch aus guten Gründen (die gibt es nämlich auch), gegen die NT sind“
Und welche guten Gründe wären das?
@ Koffer
Ganz im Ernst:
Was schreckt ab?
Eine Flotte von Flugzeugen, die mehr als 1 Stunde zu eher sekundären Zielen braucht und vermutlich schon an der Landesgrenze abgeschossen wird? Man hat ja Zeit zur Reaktion…
Oder eine hohe Anzahl von land- und seegestützen Interkontraketen, die in 30min jedes strategische Ziel des Gegners erreichen?
Ob die Meinung des Herrn Mützenich für irgendwas in dieser Thematik ein Rolle spielt, kann ich nicht beurteilen aber aus meiner Sicht ist er ehrlich. Oder glaubt hier ernsthaft jemand, das ein Lfz der Bundeswehr jemals eine Atomwaffe in ein Ziel bringen würde?
Bis diese Entscheidung in D getroffen werden würde, ist jeder Krieg vorbei, denn dann sind schon alle anderen Atomwaffen im jeweiligen Ziel.
Was Alle Nie bedenken!
Taktische Atombomben sind eine Option, im konventionellen Krieg lokal einen Vorteil zu erzielen.
Wenn der Gegner dann nur die Wahl hat, noch mehr konventionelle Truppen ins Feld zu führen, die er wahrscheinlich nicht hat, oder auf Strategische Atomwaffen zu eskalieren, hat er verloren.
Darum hat auch die NATO taktische Nukes bis runter auf den 0,3 Kt Bereich, der nur „wenig Kollaterallschaden“ verursacht (und ja, dass kann man planen), um zu beweisen, dass sie „mitspielen“ kann!
Und NEIN, die baltischen Staaten haben keine Angst, dass wir den Nuklearkrieg auf Ihrem Gebiet austragen.
Die baltischen Staaten haben eher Angst, dass wir den Schwanz einziehen und sie opfern
Ich warte auf Gegenargumente
@Taurus: Da Sie gerade die Umfragen erwähnen. Halten wir mal fest, daß die SPD bei ca 17% steht.
Nach Ihrer Theorie dürfte es jetzt ja steil bergauf gehen.
Oder ist es nicht eher so, daß eine gespaltene Partei an Zuspruch verliert?
Gerne kann man über die NT diskutieren.
Wenn die SPD sich aber weiter uneinig und von Flügelkämpfen geprägt zeigt, wird sie nicht gerade an Zustimmung gewinnen.
Und der Sipol ist damit auch nicht gedient.
Es ist wie immer im Leben
Das Arschloch im Sandkasten gibt erst dann Ruhe, wenn er das Gefühl hat, dass er den kürzeren ziehen wird!
Appeacement ist dafür die falsche Strategie
Sollte Trump diesen Herbst wiedergewählt werden wäre der Ausstieg aus der NT für mich durchaus eine Position die ich mir vorstellen könnte bei der nächsten Bundestagswahl 2021 mit meiner Stimme zu unterstützen. Und das sage ich als gebürtiger Amerikaner und bisheriger Unterstützer transatlantischer Bündnisse und Zusammenarbeit.
Die Wirkung von Nuklearwaffen im Gefecht wird überschätzt.
Die Wirkung von Nuklearwaffen in der Politik wird unterschätzt.
Nachdem Putin Teile Georgiens und Ukraine annektierte macht er früh und deutlich klar daß das jetzt russisches Gebiet sei und daß er das mit Nuklearwaffen verteidigt. Das kann er weil seine Gegner das nicht können. Wer also nicht will daß die russischen Gebiete von Helsinki bis Berlin von russischen Nuklearwaffen verteidigt werden der muß das selber regeln.
Die Fulda-Lücke wäre mit drei Sprengungen an taktisch wichtigen Punkten im Bereicht 20-50kT unpassierbar, die Suwalki-Lücke bräuchte rund 10 Sprengungen. Die Zone der starken Verwüstung läge bei rund 5km², schon in 5km Entfernung gehen die mittel- bis langfristigen Folgen gegen Null. Auf Karten sehe ich mehrere passende Punkte die praktisch unbewohnt sind und sich dafür anbieten und einen Krieg vermutlich binnen Minuten beenden bevor er richtig begonnen hat. Eine Vergeltungsmaßnahme kann man ausgeschliessen da der Abgewehrte zwar keine Ziele erreicht aber auch nur geringe Verluste erfährt.
Schauen wir nach Hiroshima und Nagasaki, beide Städte sind keine Todeszonen und langfristige Folgen beschränkten sich fast ausschließlich auf direkt der Explosion und zeitnächsten Nachwirkung ausgesetzten Zivilisten.
Will ich damit den Einsatz von Atombomben rechtfertigen? Nein, aber ich will klar machen daß man sie einsetzen kann wenn man will ohne daß die Welt untergeht und sogar ohne relevante mittel- bis langfristige Folgen. Diese Drei sind schlechte Ratgeber: 🙈🙉🙊
Das französische Nuklearwaffenprogramm ist ein Witz und imho stehen nur die Nordkoreaner noch schlechter da. Ein Nuklearkrieg gegen Frankreich wäre für die meisten Nuklearmächte problemlos gewinnbar. Das Abschreckungspotential ist gering. Das britische Nuklearprogramm ist auch kaum besser. Das ist kein Nuklearschirm, das ist ein Nudelsieb. Und da die Franzosen ihre Nuklearwaffen nie in ein EU-Konzept integrieren wird und die EU keine Nuklearwaffen entwickeln will geht das alles aus wie das Hornberger Schiessen.
Die Unterschriften der SPD unterm Koalitionsvertrag sind, wie schon so oft, nicht die Tinte wert. Mit den Genossen scheint ein rumgeeiere um beschlossene Dinge vorhersehbar, quasi in der SPD Genetik programmiert, speziell wenn es um NATO und nukleare „Teilhabe“ (welch gekünsteltes Wort) geht.
Würde es um nukleare Teilhabe mit RU Atomwaffen gehen dann wäre man vermutlich dafür und würde das noch forcieren.
Der Linksruck in dieser einst großen Volkspartei ist unübersehbar.
Was steckt hinter der Logik zwischen Bruch des Koalitionvertrages und Schärfung des linken Profiles? Wahrscheinlich wieder das alte Spiel der Sprunghaftigkeit um die Wählergunst zu erreichen. Dies wird wieder einmal nicht aufgehen… Wieviele Wählerstimmen erhofft man sich beim Thema NT denn zu erhaschen? Dass diese Partei sich derzeit auf einem Pfad der Selbstzerstörung befindet haben sie ja unlängst bei der Positionierung zum Amt des Wehrbeauftragten gezeigt…
Nun, elementare Bausteine der sicherheitspolitischen Architektur der kurzfristigen parteipolitischen Profilierung zu unterwerfen ist nicht ratsam. Die Stellungnahme von Hr. Felgentreu sagt alles.
Ich würde auch nicht sagen, dass bei augengeradeaus.net grundsätzlich nur „blinde“ Befürworter der NT lesen und schreiben. Hier lesen und schreiben die, die sich mit dem Thema – mehr oder weniger – intensiver auseinandersetzen. Und wenn man die Zeit seit 1945 reflektiert, kommt man zu dem Schluss, dass man nicht einfach auf die NT verzichten sollte – nicht ohne Gegenleistungen. War doch diese gesamte sicherheitspolitische Architektur, und die NT ist ein wesentlicher Pfeiler, ein Garant für 75 Jahre Frieden und Freiheit in Mitteleuropa. Diese lange Zeit der Stabilität scheint vielen Sand in die Augen zu streuen. Es muss hart daran gearbeitet werden, diese Architektur des Friedens zu erhalten! Mützenich und Bojarns legen aber die Axt an. Wie kleine Jungs, die sich stark fühlen. Es sind auch genau die Gedanken derer, die immer in Büchel protestieren. Warum können und dürfen diese Menschen ihrem Protest Ausdruck verleihen? Weil unser Deutschland Meinungsfreiheit schützt. Warum sind wir so beschützt und behütet hier in Mitteleuropa seit 1945? Was hat unseren Gründungsvätern der BRD denn die Möglichkeit gegeben, eine solche freiheitliche demokratische Republik aufzubauen? Es war der atomare Schutzschirm, unter dem wir so friedlich gedeihen durften! Man kann eigentlich nur rufen: „Leute, macht die Augen auf!“
Eine politisch und wirtschaftliche Phase der Schwäche der Sowietunion hat uns die Wiedervereinigung ermöglicht. Dieser Drops ist lange gelutscht. Es waren glückliche Umstände, die diesen Umbruch ermöglicht haben. Keinesfalls war dies der Start einer langfristigen Phase des selbsterhaltenden Friedens in Mitteleuropa. Ich sage auch immer Mitteleuropa. Georgien, Yugoslawien, Ukrainie …. Das ist vor unserer Haustür. Wie sollen wir da den Frieden erhalten, wenn nicht alle bereit sind, dies für unser eigenes Land zu wollen? Diese Damen und Herren spielen mit dem Feuer ….
Danke an alle, die sich hier um eine argumentative Debatte bemühen – egal, ob sie die Haltung der SPD, die NT etc. nun gut oder schlecht finden.
Aber auch: wer jetzt nur rumpöbeln möchte nach dem Motto „Die SPD war schon immer der Untergang des Abendlandes“, der verzieht sich wieder an seinen Stammtisch.
Tja, dann möchte ich spekulativ auch das Meinige dazu beitragen. Hier geht es der SPD-Fraktionsspitze nur darum, sich noch weiter nach links auszurichten, um möglichst viele Schnittmengen mit der Partei „Die Linke“ zu generieren. Das Ziel ist da eindeutig, ggf. ein Zusammenschluss der dann linken Parteien zu erreichen. Tja und was im Parteiprogramm der Linken zum Thema Bundeswehr steht, kann jeder nachlesen. Siehe auch den Bericht zur Absage an Peter Bartels als Wehrbeauftragter
[Genau dieses „spekulativ das Meinige beitragen“ ist das Gegenteil einer argumentativen Debatte, und das machen wir hier nicht. T.W.]
@Der Realist sagt: 02.05.2020 um 21:18 Uhr
„Ganz im Ernst:
Was schreckt ab?
Eine Flotte von Flugzeugen, die mehr als 1 Stunde zu eher sekundären Zielen braucht und vermutlich schon an der Landesgrenze abgeschossen wird? Man hat ja Zeit zur Reaktion…“
Sowohl als auch! @Wait&C hat dazu 03.05.2020 um 0:35 Uhr alles wichtige gesagt.
@Insider sagt: 02.05.2020 um 21:51 Uhr
„Ob die Meinung des Herrn Mützenich für irgendwas in dieser Thematik ein Rolle spielt, kann ich nicht beurteilen aber aus meiner Sicht ist er ehrlich. Oder glaubt hier ernsthaft jemand, das ein Lfz der Bundeswehr jemals eine Atomwaffe in ein Ziel bringen würde?
Bis diese Entscheidung in D getroffen werden würde, ist jeder Krieg vorbei, denn dann sind schon alle anderen Atomwaffen im jeweiligen Ziel.“
Ja, denn in diesem Fall würde sich das Zaudern ins Gegenteil verkehren. Da der Einsatz von Atomwaffen durch die zuständigen NATO Befehlshaber und Kommandieren Generale angeordnet wird wäre nur ein „Veto“ des IBuK, hier relevant.
Unabhängig davon liegt es aber sicherlich an der Person des jeweiligen IBuK. Bei einem Schmidt, Kohl, Schröder hätte ich da wenig Zweifel gehabt. Bei Frau Merkel bis vor einigen Jahren schon, aber ich finde sie hat in derweilen Hälfte ihrer Amtszeit auch außenpolitisch an Statue gewonnen und bezieht dort wo es relevant ist auch klare Kante.
Das tolle an der nuklearer Abschreckung ist übrgeins, dass der Einsatz von Nuklearwaffen solange nicht relevant wird, wie die eigene Haltung glaubwürdig abschreckend ist.
d.h. gerade derjenige, der um jeden Preis den Atomkrieg verhindern will (wie wir hoffentlich alle!), muss dazu bereit sein und dies auch laut und vernehmbar aller Welt erklären. Ein Paradox, aber so ist nun einmal die Welt seit Oppenheimer und Co. und man kann sie sich zwar anders wünsche, aber die Uhr nicht zurück drehen.
@Magmakammer sagt: 02.05.2020 um 21:52 Uhr
„Und NEIN, die baltischen Staaten haben keine Angst, dass wir den Nuklearkrieg auf Ihrem Gebiet austragen.
Die baltischen Staaten haben eher Angst, dass wir den Schwanz einziehen und sie opfern“
+1
Absolut. Es ist schon erstaunlich was hier für Argumente kommen. Gerade die Polen und die baltischen Staaten FORDERN von uns immer und immer und immer wieder mehr Engagement und jetzt sollen sie als Begründung dafür Dienen, dass DEU in einer weiteren wichtigen Frage der Allianz den Rücken kehren soll??
Es geht ja mal wieder rund bei Augengeradeaus :-)
Wobei ich von manchem Diskutant wirklich mal die IP Adresse haben möchte. Es würde möglicherweise die Argumentationslinien erklären.
Ansonsten sägen Teile der SPD an dem System das uns die längste Friedensperiode in der Geschichte Europas beschert hat. Das ist in etwa so, also ob ein Gemeinderatsmitglied den Antrag stellt, das überfällige Feuerwehrauto nicht zu beschaffen, da es ja eh nicht brennt.
[Ich hab‘ langsam keine Lust mehr zu erklären, dass persönliche Anwürfe auch verklausuliert hier nicht hingehören. T.W.]
@Ingo Heinscher sagt: 02.05.2020 um 17:42 Uhr
„@TZ: Meine These. Keine Nuklearmacht der NATO gäbe JETZT einen Pfifferling darauf, was wir dazu sagen, ob taktische Atomwaffen eingesetzt werden und wo.“
Ich frage mich, warum gerade JETZT keine Nuklearmacht einen Pfifferling darauf gäbe? Mir fällt da kein plausibler Grund ein.
Und momentan hat DEU bei einem geplantem Einsatz der taktischen Atomwaffen die Möglichkeit mitzureden. Und sei es nur, um den USA mitzuteilen, das man den Einsatz in dieser Situation ablehnt und deswegen seine Flugzeuge nicht zur Verfügung stellt. Dann kann sich die US-Führung überlegen, ob sie das mit eigenen Trägermitteln, falls vorhanden, selber durchzieht, oder es sein lässt.
Ohne nukleare Teilhabe kann man seinen Unmut äußern – oder in China fällt der berühmte Sack Reis um. Einen Mittelweg sehe ich da nicht.
NACHTRAG
Ich habe etwas mißverständlich formuliert :(
Streiche:
d.h. gerade derjenige, der um jeden Preis den Atomkrieg verhindern will (wie wir hoffentlich alle!), muss dazu bereit sein und dies auch laut und vernehmbar aller Welt erklären. Ein Paradox, aber so ist nun einmal die Welt seit Oppenheimer und Co. und man kann sie sich zwar anders wünsche, aber die Uhr nicht zurück drehen.
Setze:
d.h. gerade derjenige, der um jeden Preis den Atomkrieg verhindern will (wie wir hoffentlich alle!), muss zum Atomkrieg bereit sein und dies auch laut und vernehmbar aller Welt erklären. Ein Paradox, aber so ist nun einmal die Welt seit Oppenheimer und Co. und man kann sie sich zwar anders wünsche, aber die Uhr nicht zurück drehen.
Bei der ganzen Diskussion ist wohl etwas Hintergrund und Kontext sinnvoll.
Die nun erneut aufkommende Diskussion ist so alt wie das Konzept der „flexible response“:
http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/2008_2_1_krueger.pdf
Schon damals mit all den Fragen zum Wert der Abschreckung, der Lastenteilung, der Mitsprache in der NPG, bis hin zur Beschaffung von Flugzeugen aus den USA.
Dass Präsident Donald Trump unberechenbar ist, wird kaum jemand außerhalb der GOP bestreiten. Dies aber – u.a. – als Argument gegen NT/F-18 anzuführen unterstellt, Jo Biden wird zweiter Sieger im November?
Redlich argumentierend muss Hr Muetzenich dazu etwas mehr liefern, ohne Bezugnahme auf irgendeinen POTUS.
Oh mein Gott.
Wenn ich schon wieder Fulda-Lücke lese, kommt es mir hoch. Das ist so Kalter Krieg.
Seit ein paar Jahren sind die neuen Bundesländer auch Teil der BRD und Polen gehört zur EU.
Wenn man Deutschland und die EU wirklich verteidigen will, darf das doch nicht im Fulda-Gap mit 3 taktischen Atombomen passieren.
Dann schickt doch Material für eine Panzerbrigade nach Estland, Litauen und Lettland und eine Brigade östlich von Warschau. Das freuen auch die Hersteller dieser Panzer.
Das würde taktisch mehr bringen als die Fulda-Lücke zu schließen.
Ob die NT ein wesentlicher Pfeiler für den Gegner war, kan man überhaupt nicht wissen.
Für uns war (und ist) NT nach derzeitigen Plänen ein wesentlicher Pfeiler der Abschreckung, aber ob NT wirklich den Feind abgeschreckt hat oder ob es nicht vielleicht auch andere größere Gründe gab, ist einfach nur Raten.
Mein studieren der Geschichte lässt eigentlich nur einen Schluss zu.
Beide Konfliktparteien wollten keinen großen Krieg und hatten nur Angst, dass der Gegner ihn doch will.
Deshalb hat man sich extrem vorbereitet und mit allem gerechnet und sich eine Art Wettlauf geliefert.
Wenn man sich nicht bei Bio und Chemiewaffen geeinigt hätte, dann gäbe es heute in Büchel vielleicht auch Sarinbomben oder Milzbrandbomben.
„Gerade die Polen und die baltischen Staaten FORDERN von uns immer und immer und immer wieder mehr Engagement“
Engagement muss aber nicht aus Freifallatombomben bestehen!
Wenn man den Balten die Frage stellen würde:
„Lieber mehr konventionelle NATO-Truppen in Rotation im Baltikum oder eine Atombombe bei russischem Grenzübertritt abgeworfen auf euer Land?“
Ich glaube, dass die Balten mehr konventionelle Truppen bevorzugen würden.
– Das meinte ich auch mit „teure Deals“.
Deutschland verzichtet auf NT, dafür schickt es aber in Dauerrotation (4 Monate) Personal ins Baltikum in Stärke einer Brigade und bleibt deshalb trotzdem am Tisch der NT (wäre dann eine Forderung der BRD).
Was man genauer beobachten sollte, ist die gesamte Stoßrichtung der von der SPD angedachten Sicherheitspolitik.
Erst wird Herr Bartels als Wehrbeauftragter gegen Frau Högl ausgetauscht und jetzt die Aufgabe der NT. Welches Gesamtziel wird von Herr Mütenzich angestrebt? Wie ist sein sicherheitspolitisches Weltbild? Was will die SPD als Partei? Dies sollte mal ausgiebig beleuchtet werden.
Ich habe mal gelernt, daß zuerst eine Lagebeurteilung erfolgt und die eigenen sicherheitspolitischen Ziele definiert werden müssen. Danach wird der Auftrag der Bundeswehr abgeleitet und Fähigkeiten, die diese haben muß. Zuletzt sind die hierfür erforderliche Ausrüstung und Personalstärke zu erarbeiten.
Das Herr Mützenich sozusagen am letzen Punkt anfängt, deutet entweder darauf hin, daß dieser Prozess innerhalb der Partei bereits abgeschlossen, aber nicht in der Öffentlichkeit diskutiert wurde, oder daß er keine Ahnung hat (was ich persönlich aber nicht glaube).
Roderich Kiesewetter hat das schön in weniger als 280 Zeichen zusammengefasst:
„Wer so argumentiert, stellt gemeinsamen transatlantischen Raum ungeteilter Sicherheit in Frage, zwingt Länder wie Polen die Stationierung bei sich zu fordern + betreibt damit Bruch #NATO #Russland Grundakte. […]“
https://twitter.com/RKiesewetter/status/1256591862103789570
@Ingo Heinscher
Zu 1. Nun, wieviel Einfluss wir tatsächlich haben, darüber kann man sich streiten. Fakt ist, es ist wesentlich mehr, als es ohne NT wäre. Das erkennt ja sogar Mützenich an, siehe seine Zitate im obigen Artikel.
Zu 2. Wie taktische Nuklearwaffen durchaus eingesetzt werden könnten, haben ja hier bereits einige Kommentatoren eindrucksvoll beschrieben. Unabhängig davon kann man natürlich diskutieren wie sinnvoll taktische Waffen für unseren Beitrag zur nuklearen Abschreckung sind oder ob andere A-Waffen dafür besser geeignet sind. Ich bin sicher, die Amerikaner hätten auch kein Problem damit, uns mit nuklearen Marschflugkörpern unterschiedlichster Art zu versorgen. Aber Mützenich und Co. stellen ja nicht den Sinn taktischer Waffen in Frage, sondern den der NT. Und bei der NT sind taktische Waffen nunmal das unterste Level. Und solange man selbst diesen Beitrag infrage stellt, macht es keinen Sinn darüber zu debattieren, wie relevant unser Beitrag zur Abschreckung tatsächlich ist, sondern es geht darum überhaupt irgendetwas leisten!
@Taurus
Aber nukleare und konventionelle Abschreckung sind doch zwei völlig unterschiedliche (wenn auch gleichwertige) Paar Schuhe. Das nukleare Gleichgewicht dient doch eben auch dazu, dass selbst wenn es zum konventionellen Krieg kommt, sich das ganze nicht auf nukleare Ebene hochschaukelt bzw. ein Atomangriff nur die wirklich allerletzte Lösung ist. Für die Sicherheit der Balten sind beide Arten der Anschreckung unerlässlich und vom bevölkerungsmäßig zweitgrößten Natostaat und reichstem europäischen Staat in der Allianz erwartet man eben zurecht nicht entweder oder, sondern beides zu leisten!
Und dazu kommt eben noch das Signal der Umstände einer Aufgabe der NT. Man zeigt damit allen Bündnisländern einschließlich den Balten, das Deutschland die Sicherheit des Bündnisses da egal ist, wo es gerade innenpolitisch opportun erscheint. Wer soll sich dann bitteschön noch auf uns verlassen, wenn man befürchten muss, dass sich die BRD verabschiedet sobald es dem Wahlergebnis der Regierungsparteien zuträglich scheint?
Ich möchte mal bewußt auch die Gegenposition in die andere Richtung darstellen. Die vielleicht wichtigste Aufgabe des Staates ist die Sicherheit der eigenen Bevölkerung.
Wenn man zu dem Schluss gekommen ist, dass dazu nukleare Abschreckung zwingend erforderlich ist, dann muss man sich konsequenterweise auch die Frage stellen, ob man sich im Falle des Falles tatsächlich sicher auf jemand anderes verlassen könnte. Ich meine nein und das ganz unabhängig von Trump.
Deshalb bin ich der Meinung, es stellt sich die Frage nach eigener, deutscher nuklearer Bewaffnung. Das gilt umso mehr, als es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis Staaten wie der Iran selbst nuklear bewaffnet sein werden.
Wenn man einem Staat abnehmen kann, dass er derartige Waffen ausschließlich zur Selbstverteidigung einsetzten wird, dann ist das doch unserer.
Die Übertragung eines nuklearen Schutzschirms auf die europäische Ebene wäre dann zukünftig eine Option und eine wesentlich sinnvollere Augabe, wie die gegenwärtigeren kleinkarierten und bürokratischen Aktionen der EU- Kommission.
Die Balten nehmen alles, was ihnen Sicherheit vor Russland garantiert, vorzugsweise natürlich herkömmliche Stationierung. Die Sicherung der osteuropäischen Staaten – samt Polen – dient der Abschreckung von Bedrohungen des Bündnisgebiets, wie sie seit Krim/Ostukraine in 2014 wieder deutlich wurde.
Polen wird leider zu oft vernachlässigt, vielleicht da die U.S. Army dort Truppen auf Rotationsbasis stellt?
Mit Polen kommt ein wesentlicher europäischer Leistungsträger ins Blickfeld, der seit längerem wieder Angst vor Deutschland hat, aufgrund unserer SiPo- Zurückhaltung, wie die Polen es interpretieren. Radosław Sikorski, POL Außenminister: „Deutsche Macht fürchte ich heute weniger als deutsche Untätigkeit“ bei DGAP.Org am 28.11.2011. Polen hat erfahrungsbedingt ein griffiges Lagebild zu RUS Bedrohung. Dass Warschau im Falle deutschen Ausstiegs aus NT seinerseits eine Stationierung von U.S. Sprengköpfen anstrebt, liegt nahe. Ein entsprechendes Lager wird unter Berücksichtigung der Geografie weit im Westen liegen, in Pommern, Schlesien, kurz vor der Oder? Wem, der Büchel als Herausforderung zur „RUS preemptive attack“ wie Walther-Borjans auffasst, ist damit eigentlich geholfen?
Zu den eFP, @TAURUS, natürlich stellt weder DEU noch die übrigen Truppensteller auch nur ansatzweise eine Brigade. Es handelt sich um Battlegroups, im DEU taktischen Verständnis also um verstärkte Bataillone (vstkBtl), im Kern gestellt durch jeweils ein Pz/PzGren/JgBtl. Mehr nicht. Die Truppe umfasst 1000 +/-, der DEU Anteil in Litauen ca. stets 500 Köpfe samt Einsatzunterstützung.
Die Mission Enhanced Forward Presence insgesamt beinhaltet etwa 4.000 Soldaten, recht bescheiden, und entspricht damit alles in allem einem Brigade-Äquivalent. Die Rotationsdauer beträgt nebenbei sechs Monate, nicht vier.
@ Taurus
Das „Fulda-Gap“ war als Beispiel herangezogen worden und wurde zudem auf das Baltikum übertragen – bitte die Beiträge ganz lesen, auch wenn man dabei Puls bekommt. Des Weiteren vermischen Sie in Ihrem Lösungsansatz („NT“ mit konventionellen Truppen abwägen, um weiter mitreden zu können) zwei verschiedene Themen; auf diesen Deal soll sich wer genau einlassen? Sie überschätzen den Einfluss, den DEU in der internationalen Sicherheitspolitik überhaupt noch hat. Wenn man sich nun auch noch aus dem berühmten „Bremserhäuschen“ bei der NT zurückzieht, dürfte man sich vollends zum berüchtigten „Betrachter großer Ereignisse“ wandeln.
Übrigens: Dass die NT zur Zeit des Kalten Krieges durchaus die Pläne im Osten beeinflusst hat, weiß man aus Gesprächen mit den ehemaligen Gegnern nach 1990. Wie stark, darüber kann man natürlich streiten – Fakt bleibt aber, dass die strategische Schachfigur „NT“ immer mit auf dem Brett stand.
Was die französiche „force de frappe angeht“
* Unterstellung unter EU Kommando.
und im Ernstfall eine Video/Telefonschalte von 28 Regierungschef* die nach 10 Stunden Ihre Aussenminister auffordern weiter zu diskutieren um eine Beschlussvorlage in 15 Tagen vor zulegen.
Es geht ja nicht um einen Flieger mit einer Atombombe los zu schicken, sondern das „nukleare Feuer“ zu eröffnen.
„La France, à côté des géants russe et américain (respectivement 7 000 et 6 500 têtes nucléaires), fait figure de petit joueur : 300 têtes, équipant 48 missiles M51 pour les sous-marins, et 54 missiles ASMP-A pour l’Armée de l’air. Néanmoins, un ASMP-A possède une puissance de destruction comparable à 20 fois celle de la bombe larguée sur Hiroshima en août 1945.“
Vorher brauchen wie eine europäische Regierung, eine europäischen Aussen- und Verteidigungspolitk, und einen europäischen Finanzminister
Zur Zeit , als französischer Steuerzahler kostet mich das 0.20 Euros (20 centimes) Tag. Ok Kenner behaupten das Nordkorea es noch günistiger macht…
„Faire peur, ne jamais utiliser : la dissuasion nucléaire à la française réaffirmée par Emmanuel Macron“
Die französische Doktrine, habe bewusst nichts überstetzt, der Hausherr hat sich vor einigen Wochen in diesem Forum die Arbeit gemacht.
Meine Bitte, nervt nicht immer weiter Eure Nachbarn, mit diesen Endlosdiskussionen, Nebelkerzen, etc . Entscheidet Euch einfach einmal, zählt Euch, Bundestagswahlen kommen ja demnächst, sagt was (Ihr) wollt, und macht es dann.
@Voyageur sagt: 03.05.2020 um 13:48 Uhr
„Was die französiche „force de frappe angeht“ * Unterstellung unter EU Kommando.“
Das Thema bringen Sie und andere Kommentatoren auf den Tisch, die taktische Atomwaffen, Mittelstrecken- und Interkontinentalraketen munter vermischen. So eine Art Rundumschlag durch die nukleare Abschreckung. Darum geht es hier aber nicht.
Mal abseits der durchsichtigen Intentionen von Mützenichs Vorstoß:
Die Gretchenfrage „NT ja oder nein?“ muß aber zumindest mittelfristig schon gestellt werden – und die deutsche Politik muß sich ihr aussetzen und sich nicht vor Angst schlotternd unter ihren Schreibtischen verkriechen. Faktum ist nicht erst seit Trump divergieren die Interessenlagen zwischen den USA und Europa in entscheidenden Punkten. Unter Obama gabs den (nie wirklich vollzogenen) Pivot to Asia und der wird in Zukunft irgendwann auch wirklich mit Macht kommen. Die aktuellen Gegensätze zwischen Washington und Peking sind da ein Fingerzeig in Richtung Konfrontation in Asien. Irgendwann wird Washington Asien eben priorisieren und dann steht „Europa“ (respektive wir) mit heruntergelassenen Hosen da …
Divergierende Interessen befeuern die schleichende Auflösung des transatlantischen Verhältnisses. Der Prozeß läuft praktisch seit dem Ende des Kalten Krieges und wird sich auch weiter fortsetzen. Es ist demnach eigentlich logisch zumindest gedanklich einmal das theoretisch mögliche Ende der Nuklearen Teilhabe (bedingt durch einen immer möglichen US Rückzug) durchzuspielen und Alternativen zu beleuchten. Passiert nur nicht, der Wähler könnte soviel Realismus ja abstrafen. /sarc
Auch die aktuelle Debatte um Super Bug oder nicht ist auch nur wieder so eine Befleißigung im alten Spiel „kicking the can down the road“. Sollte FCAS tatsächlich ein Erfolg werden, steht dieselbe Debatte wieder an … und dann sitzen die Franzosen mit im Boot. Und angesichts der von Paris ziemlich deutlich zur Schau gestellten Interessenlage werden die uns was husten von wegen US Nuklearwaffenzertifizierung. Und dann heißts wieder quo vadis deutsche Politik.
Zum Vergleich einmal die Position der niederländischen Koalitionsregierung, veröffentlicht vor einem Jahr im April 2019:
https://www.advisorycouncilinternationalaffairs.nl/documents/government-responses/2019/04/18/government-response-to-nuclear-weapons-in-a-new-geopolitical-reality
Zwischen taktischen und strategischen Kernwaffen wird hier nicht wirklich unterschieden. Der letzte Satz erklärt warum das Thema wieder akut wird: Mit Block 4B der F-35 und der Modernisierung der B61. Mir fehlt bei uns in der Diskussion derzeit vor allem der Punkt und die Bemühung um Rüstungskontrolle und neue Abrüstungsvereinbarungen.
Randbemerkung: Vorsitzender des AIV (Advisory Council on International Affairs) ist der ehemalige Generalsekretär der NATO Jaap de Hoop Scheffer.
Das Interview von Mützenich ist nun im Wortlaut online verfügbar („SPD fordert Abzug aller US-Atomwaffen aus Deutschland“, tagesspiegel.de). Wirklich schlüssiger wird die Argumentation damit nicht. Es bleibt sogar unklar, ob er die nukleare Abschreckung ganz in Frage stellt. Er sieht sich auch noch im Rahmen des Koalitionsvertrages.
@Memoria & all
Danke für den Hinweis, und in der Tat lesenswert (und wenig überraschend ein wenig differenzierter als die vorherige nachrichtliche Zusammenfassung).
So ganz habe ich allerdings Mützenichs Aussage nicht verstanden:
Weil Sie den Koalitionsvertrag erwähnten: Die SPD hat dafür gesorgt, dass darin von der technischen nuklearen Teilhabe ausdrücklich keine Rede ist, sondern nur von der politischen nuklearen Teilhabe. Deshalb bewege ich mich mit meinen Vorschlägen im Rahmen dieser Abmachung.
Hm?
@T.W.:
Mützenich bezieht sich wohl auf diesen Passus im Koalitionsvertrag:
„Solange Kernwaffen als Instrument der Abschreckung im Strategischen Konzept der
NATO eine Rolle spielen, hat Deutschland ein Interesse daran, an den strategischen
Diskussionen und Planungsprozessen teilzuhaben. Erfolgreiche Abrüstungsgesprä-
che schaffen die Voraussetzung für einen Abzug der in Deutschland und Europa sta-
tionierten taktischen Nuklearwaffen.“
Kann man als politische Teilhabe interpretieren. Waren nicht von der Leyen und Mützenich die jeweiligen Verhandlungsführer?
Nur ob dieses Thema aktuell – wie im Interview erwähnt – wirklich die potentiellen Wähler interessiert?
Oder ist es eher ein Thema das insbesondere Personen wie Mützenich (geprägt durch die Zeit des NATO-Doppelbeschlusses) als besonders wichtig erachten?
Der letzte und meines WIssens nach einzige Staat, der Atomwaffen abgerüstet hat war die Ukraine. Dafür hat sie einen Vertrag bekommen, in dem die Vier Mächte die Souveränität des Staatsgebietes garantiuerten, also auch Russland. Hat der Ukraine das geholfen?
Ich behaupte als kleine Atommacht Ukraine wäre das Krim- und Donbasssdebakel für die Ukraine nicht so gelaufen.
Zuzüglich zum bereits von @Memoria gennanten Zitat, ist mir noch die folgende Stelle aufgefallen:
„Deutschland wird auch künftig einen angemessenen Beitrag zum Erhalt der Ab-
schreckungs- und Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses und zu einer starken euro-
päischen Verteidigung leisten.“
Könnte mir vorstellen, dass dies auch als Bekenntnis zur Fortführung der NT gewertet wird.
@Memoria, @TZ
Die beiden Fundstellen sind schon klar (die erste hatte ich ja auch schon oben im Text genannt). Ich habe den Unterschied zwischen Zusage zur technischen und zur politischen nuklearen Teilhabe so nicht aus dem Koalitionsvertrag herauslesen können.