Marine will neue SeaLion-Hubschrauber vorerst nicht fliegen

Die Deutsche Marine wird mit ihren neu gelieferten Hubschraubern vom Typ NH90 SeaLion vorerst nicht den Flugbetrieb beginnen. Als Grund nannte das Verteidigungsministerium erhebliche Fehler in der technischen Dokumentation der Maschinen. Die Herstellerfirma Airbus Helicopters sicherte zu, an der zeitnahen Behebung der Defizite werde gearbeitet.

Die geplanten 18 SeaLion-Helikopter sollen die betagten SeaKing-Hubschrauber der Marine ablösen, unter anderem im Such- und Rettungsdienst über Nord- und Ostsee. Die erste Maschine hatte Airbus im Oktober ausgeliefert – allerdings war sie nur an das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) übergeben worden; die Marine selbst hat den Hubschrauber bislang nicht übernommen. In diesem Jahr will der Hersteller insgesamt drei der Maschinen ausliefern.

Das Verteidigungsministerium erklärte in einer Mitteilung am (heutigen) Mittwoch, die Ansprüche der Streitkräfte an Sicherheit und Qualität des Gesamtsystems seien bislang nicht erfüllt:

Wir sind zwar grundsätzlich von der Leistungsfähigkeit des Hubschraubers NH 90 SEA LION überzeugt. Aber aufgrund der unzureichenden und lückenhaften technischen Dokumentation kann jedoch zum jetzigen Zeitpunkt ein Flugbetrieb durch die Frauen und Männer der Marine nicht verantwortet werden.
Eine akribische und lückenlose Dokumentation ist die Grundlage für strukturiertes und damit sicheres Handeln, ob im Grundbetrieb oder im Einsatz. Daher verzichten wir auf einen vorschnellen Beginn des Ausbildungsflugbetriebes noch in diesem Jahr. Der Hersteller hat zugesagt, die noch erheblichen Fehler in der Dokumentation schnellstmöglich zu beheben. Diese Verzögerung hat aber aktuell keine Auswirkungen auf die Herstellung der vollen Einsatzreife des Hubschraubers, die ab 2023 vorgesehen ist.

Konkret nannte das Ministerium das elektronische Handbuch, die Interaktive Elektronische Technische Dokumentation (IETD), als Problem: In diesem Manual hätten sich in deutlich mehr als 150 Positionen Unregelmäßigkeiten gezeigt. Beispiele dafür seien fehlende Informationen zum Abschmieren beweglicher Bauteile oder fehlende Verlinkungen für die Abbildung von Wartungsschritten.

Airbus Helicopters erklärte dazu lediglich: Die vom Ministerium genannten Punkte sind seit längerem bekannt und wir arbeiten bereits mit allen beteiligten Partnern an deren zeitnaher Behebung. Allerdings hatte sich schon zuvor abgezeichnet, dass die Marine aus mehreren Gründen mit der Übernahme der Maschinen zögert – es fehle, so hieß es, nicht nur an der nötigen Infrastruktur für den neuen Hubschrauber. Auch die Ausrüstung der Maschinen scheint noch nicht komplett, ebenso der Bedarf an Ersatzteilen.

(Foto: Ankunft des ersten SeaLion bei den Marinefliegern in Nordholz am 6. November 2019 – mit freundlicher Genehmigung von Pierre Reich via ETMN-Planespotting)