Merkposten: Trump stoppt abrupt Verhandlungen über Afghanistan-Abkommen

Die laufenden Verhandlungen zwischen den USA und den Taliban über einen Truppenabzug vom Hindukusch sind abrupt gestoppt worden – von US-Präsident Donald Trump. Der begründete die Absage von für die kommende Woche geplanten Gesprächen mit einem Taliban-Anschlag in Kabul, bei dem ein US-Soldat ums Leben kam. Wie es weitergeht, ist noch völlig offen.

Die Gespräche zwischen der Regierung in Washington und den Taliban laufen seit dem vergangenen Jahr, bislang ohne direkte Beteiligung der afghanischen Regierung. Mit einer Serie von Tweets am (gestrigen) Samstagabend überraschte der US-Präsident nicht nur durch den Stopp der Gespräche – zuvor war auch nicht bekannt gewesen, dass sich die Vertreter beider Seiten und auch der afghanische Präsident Ashraf Ghani in Camp David, der Sommerhausanlage des US-Präsidenten, hatten treffen wollen.

Die Tweets im Wortlaut:

Unbeknownst to almost everyone, the major Taliban leaders and, separately, the President of Afghanistan, were going to secretly meet with me at Camp David on Sunday. They were coming to the United States tonight. Unfortunately, in order to build false leverage, they admitted to an attack in Kabul that killed one of our great great soldiers, and 11 other people. I immediately cancelled the meeting and called off peace negotiations. What kind of people would kill so many in order to seemingly strengthen their bargaining position? They didn’t, they only made it worse! If they cannot agree to a ceasefire during these very important peace talks, and would even kill 12 innocent people, then they probably don’t have the power to negotiate a meaningful agreement anyway. How many more decades are they willing to fight?

Worauf das Abkommen hinauslaufen würde und inwieweit es zu Frieden am Hindukusch führen könnte, war ohnehin fraglich (zur Einordnung die Einschätzungen des Afghanistan-Kenners Thomas Ruttig hier und hier). Zudem waren in den vergangenen Wochen und Monaten etliche US-Soldaten durch Angriffe der Taliban ums Leben gekommen – der Anschlag in der vergangenen Woche mit einem gefallenen amerikanischen Soldaten war also keine neue Entwicklung oder gar Wende.

Mit Trumps überraschender Ankündigung steht sowohl das angestrebte Abkommen als auch ein mehr oder weniger klar angekündigter Teilabzug von US-Truppen aus Afghanistan auf der Kippe. Wann und wie es weitergeht, ob die Zahl der derzeit rund 14.000 US-Soldaten am Hindukusch verringert wird, wie sich das auf die NATO-geführte Resolute Support Mission auswirkt: all das ist jetzt bis auf weiteres unklar.

Update: Die New York Times schaut sich das genauer an – und sieht andere Gründe als den von Trump genannten:

Even as President Trump has blamed a recent Taliban attack for calling off nearly a year of negotiations with the insurgents that seemed on the verge of a breakthrough, officials suggested that the violence had largely been an excuse after the process hit a wall.
The main sticking point: the Taliban’s resistance to the American terms for how a peace deal should be finalized and announced, they said.

(Archivbild Juni 2019: Advisors from the 2nd Security Force Assistance Brigade conducting advising during their 2019 deployment to Afghanistan – Jonathan Camire/2nd Security Force Assistance Brigade)