Straße von Hormuz: Deutsche (militärische) Optionen?

Die Debatte über einen möglichen militärischen Beitrag der Europäer zu einer Schutzmission für Tanker in der Straße von Hormuz ist vorübergehend aus den Schlagzeilen verschwunden, dürfte aber hinter den Kulissen weitergehen (interessanter Beitrag dazu hier). Da wird man doch hellhörig, wenn sich aus dem akademischen/Think Tank Bereich gleich drei Leute mit einem Papier zu Wort melden, in dem sie die deutschen Optionen für einen solchen Einsatz beleuchten.

Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr in München sowie Christian Mölling und Torben Schütz von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) haben am (heutigen) Sonntag die Untersuchung
Ein Schiff wird kommen? – Deutsche maritime Optionen in der Straße von Hormus veröffentlicht. Das ist kein offizielles Papier, aber die drei Autoren sind ja nun in den diversen politischen Zirkeln auch innerhalb der Bundesregierung ganz gut vernetzt…

Aus der Zusammenfassung oder, wie es heutzutage heißt, dem Executive Summary:

Deutschland hat ein erhebliches Interesse an der Durchsetzung des Prinzips der freien Seefahrt und am Erhalt des sog. Iran-Nuklearabkommens. Es möchte aber ebenso wie andere nicht in einen möglichen militärischen Konflikt zwischen den USA und dem Iran hineingezogen werden. Die Bundesrepublik muss also sein Engagement für deutsche Interessen so gestalten, dass es den Iran auch weiterhin zur Einhaltung seiner zugesagten Verpflichtungen animiert.
Das Kanzleramt hat nun eine maritime Schutzmission ins Spiel gebracht und der Außenminister eine Beobachtungsmission. Einig ist man sich zudem, dass die Mission mit europäischen Partnern durchgeführt werden soll. (…)
Deutschland sollte zum Erhalt seines eigenen außenpolitischen Gestaltungsanspruchs und zur Wahrung seiner Interessen eine Mission mitentwickeln und sie ggf. führen. Es scheint ein allgemeines Interesse unter den europäischen Partnern zu geben an einer solchen Mission mitzuwirken, wenn ein europäisches Land die Initiative ergreifen würde.
Bereits eine Beobachtungsmission kann einen gewissen sicherheitspolitischen Beitrag leisten. Doch dafür müssen Missionsmandat und Einsatzregeln den Eingriff bei Notsituationen erlauben, inklusive der Anwendung von angemessener Gewalt, auch zum Schutze anderer. Eine Mission sollte zudem einen definierten Endzustand oder Zeitpunkt haben, bei/zu dem die Operation beendet wird.
Die EU-Marinen verfügen über hinreichende Mittel, um sowohl eine Beobachtermission oder auch eine Schutzmission durchzuführen. (…) Eine Mission würde je nach Fähigkeit zwischen 10% und 30% der maritimen Fähigkeiten Europas erfordern. Diese Schätzung berücksichtigt nicht die tatsächliche Einsatzbereitschaft – sie ist also sehr positiv. (…) Deutschland selbst müsste ständig mit mindestens einem Schiff an der Mission beteiligt sein.

Konkret beschreiben die Autoren das Rational hinter einer deutschen Beteiligung an einer Beobachter- oder auch einer Schutzmission und listen auch die dafür nötigen Kräfte auf (Spoiler: Es würde die Europäer fordern, aber es wäre leistbar). Allerdings: Die (völker)rechtlichen Probleme eines solchen Engagements haben sie bewusst ausgeklammert.

Ich hätt‘ da im Detail, sollte die Bundesregierung solche Überlegungen nicht nur diskutieren, sondern auch umsetzen wollen, ein paar Fragen. Zum Beispiel zu den von den Verfassern genannten Vessel Protection Teams  (VPT) bei einer Schutzmission:

Für diese Mission braucht man Kampfschiffe (Zerstörer, Fregatten, Korvetten), bewaffnete Hubschrauber und natürlich ein Lagebild. Wesentliche zusätzliche Anforderungen sind die Vessel Protection Teams (VPT) und die Bewaffnung der Hubschrauber. Die VPT werden auf den zu schützenden Schiffen eingeschifft, um das Kapern durch Boardingteams wie beim britischen Tanker ‚Stena Impero‘ zu verhindern.

Solche bewaffneten Teams wurden/werden auf Handelsschiffen zum Schutz vor Piraten vor der Küste Somalias eingesetzt – aber bewaffnete Soldaten auf einem Tanker zu postieren, um einen Zugriff von iranischen Regierungskräften abzuschrecken oder gar mit Waffengewalt zu verhindern, ist eine ganz andere Nummer. Soll dann ein europäisches (konkret: vielleicht ein Bundeswehr-)Team einen anfliegenden iranischen Hubschrauber – wie beim britischen Tanker Stena Impero –  mit einer Stinger abschießen? Das klingt mir ein bisschen, hm, problematisch.

Dazu ein Hinweis: Ich bin ja in der guten Lage, mit Carlo Masala darüber reden zu können, und zwar im Podcast Sicherheitshalber gemeinsam mit Ulrike Franke und Frank Sauer. Zum Glück nehmen wir bereits kommende Woche eine neue Folge auf – da wollen wir auch über die Straße von Hormuz und dann sicherlich auch über dieses Papier reden.

(Foto: Lance Cpl. Lino Moreno, front, and Lance Cpl. Ridwan Ouronile, assigned to the India Company, Battalion Landing Team 3/5, 11th Marine Expeditionary Unit (MEU), provide security aboard the amphibious dock landing ship USS Harpers Ferry (LSD 49) during a Strait of Hormuz transit July 23, 2019 –  U.S. Marine Corps photo by Cpl. Jason Monty)