Rückkehr zur Reserve: ‚Grundbeorderung‘ für alle ausscheidenden Soldaten
Die Bundeswehr soll wieder, ähnlich wie zu Zeiten der Wehrpflicht, die Möglichkeit zum raschen Aufwuchs bekommen. Künftig ist für alle ausscheidenden Soldaten eine Grundbeorderung als Reservist für sechs Jahre vorgesehen. Eine einsatzbereite Bundeswehr erfordert eine einsatzbereite Reserve, heißt es in der neuen Strategie der Reserve, deren Entwurf Augen geradeaus! vorliegt.
Die neue Konzeption, die jetzt den Beteiligungsgremien zur Beratung zuging, setzt in einer veränderten Sicherheitslage auf eine teilweise Rückkehr zu früheren Strukturen: Künftig soll die Bundeswehr wieder gezielt auf Reservisten zurückgreifen können, um die aktive Truppe zu verstärken. Bereits im Frieden sollen alle ausscheidenden Soldaten erfasst werden und freiwillig üben können.
Die Grundbeorderung (GBO) ist die grundsätzliche Einplanung (Beorderung im Ergänzungsumfang der Bundeswehr) aller wehrdienstfähig aus dem aktiven Dienst ausscheidenden Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in die Reserve für einen Zeitraum von sechs Jahren, heißt es in dem Papier. Damit solle die personelle Grundlage für den zügigen Aufwuchs in einem möglichen Bereitschafts-, Spannungs- oder Verteidigungsfall geschaffen werden.
Die verpflichtende Heranziehung zu einem Dienst als Reservist war zu Zeiten der Wehrpflicht üblich, regelmäßig wurden vor allem ehemalige Wehrdienstleistende zu Reserveübungen einberufen. Die neue Grundbeorderung soll nicht verpflichtend sein, so lange nichts passiert: Am Grundsatz der Freiwilligkeit des Reservistendienstes im Frieden wird festgehalten.
Allerdings wird diese Aussage in der neuen Strategie der Reserve bereits eingeschränkt: Bereits in einem so genannten Bereitschaftsfall soll, wie zu Wehrpflicht-Zeiten möglich, die Einberufung von Reservisten zulässig sein:
Zur Gewährleistung der Reaktions- und Handlungsfähigkeit müssen bei Anbahnung einer Krise unbefristete Übungen von Reservistinnen und Reservisten aufgrund eines Beschlusses der Bundesregierung als Bereitschaftsdienst möglich sein.
Dafür fehlt derzeit die gesetzliche Grundlage, im Paragrafen 2 des Wehrpflichtgesetzes sind derzeit nur der Spannungs- und der Verteidigungsfall als Voraussetzung für die Einberufung genannt. Die Umsetzung ist also auch von einer gesetzlichen Neuregelung abhängig.
Das Verteidigungsministerium gibt die Zahl der aktiven Soldatinnen und Soldaten mit rund 15.000 pro Jahr an, die dann für diese Reserve zur Verfügung stünden. Bereits jetzt können sich ausgeschiedene Soldaten freiwillig beordern lassen und Reservistendienst leisten; dafür sind in der Bundeswehr bislang rund 3.500 Stellen vorgesehen. Diese Zahl soll mit der Neuregelung deutlich steigen.
Was allerdings derzeit fehlt, sind die Strukturen, mit denen die künftig deutlich größere Zahl von Reservisten erfasst und gesteuert werden kann. Nach Aussetzung der Wehrpflicht waren diese Strukturen, zum Beispiel die Kreiswehrersatzämter, aufgelöst worden. Aus dem Papier:
Der Aufbau eines funktionierenden Wehrersatzwesens ist eine Voraussetzung für den erfolgreichen Aufwuchs von Kräften. Insbesondere sind Maßnahmen zu entwickeln, die eine verzugsarme Heranziehung der beorderten Reservistinnen und Reservisten ermöglichen. Dies betrifft personelle, organisatorische, materielle, infrastrukturelle und IT-relevante sowie ggf. rechtliche Aspekte.
Einer der rechtlichen Aspekte ist auch, dass geregelt werden muss, wer zwar als Reservist erfasst wurde, aber in einem Krisenfall unabkömmlich ist – vor allem Mitarbeiter von Betrieben mit Systemrelevanz. Ausdrücklich genannt werden dafür Energieversorger, IT-Infrastrstuktur, Krankenhäuser und Logistikunternehmen. Die Behörden sollen rechzeitig über die Unabkömmlichkeit von im öffentlichen Interesse unentbehrlichem Fachpersonal entscheiden.
Anders als viele der bisherigen Reservedienstleistenden, die als Spezialisten die Truppe verstärken, sollen die Reservisten künftig in der Fläche zur Verfügung stehen und dafür auch möglichst heimatnah eingesetzt werden. Dafür ist unter anderem die Ausbildung in regionalen Ausbildungsstützpunkten vorgesehen. Die künftige Reserve soll damit, auch das gehört zum Konzept, wieder verstärkt als Mittler zwischen Bevölkerung und Streitkräften auftreten.
Die neue Reservisten-Strategie soll im Herbst in Kraft treten. Wann die neue Grundbeorderung und weitere Regelungen auch umgesetzt werden, ist noch offen, denn die eigentliche Arbeit beginnt dann erst:
Die Bundeswehr hat einen wesentlichen Beitrag zur gesamtstaatlichen Sicherheitsvorsorge Deutschlands und im Rahmen multinationaler kollektiver Verteidigung zu leisten, für den sie absehbar mit ihren aktiven Kräften nicht durchhaltefähig aufgestellt ist. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund eines zunehmend instabilen internationalen sicherheitspolitischen Umfeldes.
Im Hinblick auf Reaktionsfähigkeit kommt dem Faktor Zeit eine besonders hohe Bedeutung zu. Zukünftig müssen große Teile der Reserve rasch eingesetzt werden können. Das stellt hohe Anforderungen an Verfügbarkeit von Personal, Material, Informationstechnik (IT) und Infrastruktur, an Ausbildungsstand, an die Verzahnung und Integration von aktiven und nichtaktiven Organisationselementen sowie an Führung und individuelle Einsatzbereitschaft.
Nachtrag: Dazu gibt es jetzt auch einen Bericht auf der Bundeswehr-Seite; danach will Verteidigungsministerin Annegret Kamp-Karrenbauer die neue Strategie der Reserve am 18. Oktober offiziell vorstellen.
(Der Bericht als pdf fürs Archiv: 20190809_Strategie_der_Reserve)
(Archivbild: Deutsche Reservistenmeisterschaft 2018 in Garlstedt und Oldenburg – Hückelheim/Reservistenverband)
Sicherlich ist es richtig, dass man die Gesetzeslage so anpasst, dass man rechtzeitig vor einem Spannungs- und Verteidigungsfall Zugriff auf Reservisten hat. Damit dies schnell und effektiv geschieht macht es darüber hinaus auch Sinn die dazu nötigen administrativen Arbeiten bereits im Vorfeld weitgehend erledigt zu haben.
An der Verfügbarkeit von Reservisten für die Truppe im hier u nd jetzt werden diese Änderungen aus meiner Sicht wenig ändern. Vermutlich wird der Truppe sogar knappes S1 Personal entzogen, denn schließlich muss auch ein Reservist der nicht übt in einem gewissen Umfang gepflegt und verwaltet werden.
Der einzige Vorteil, der sich mir momentan erschließt ist, dass jeder „Ausscheider“ irgendwo beordert ist. Das verkürzt hoffentlich den demotivierenden Hindernislauf von Pontius nach Pilatus, bis eine Beorderung zustande kommt. Selbst Ärzte oder Informatiker rennen oft gegen Mauern, denn der Mangel in diesen Bereichen spürt man vermutlich überall anders, nur nicht bei den dafür zuständigen Bearbeitern.
Wenn man sich anschaut, welche für die aktive Truppe sicher sinnvollen Vorschriften 1:1 auf Reservisten heruntergebrochen werden und dort dann einfach nur noch einen unverhältnismäßig hohen Aufwand bedeuten, dann besteht hier sicher auch einmal Evaluierungsbedarf.
Na ja schaun wir mal was nach einem Konzept dann tatsächlich in der Fläche an Material, Fahrzeugen, Waffen, Munition und Unterstützungspersonal ankommt.
Gerne wird ja verkannt, dass neben dem sinnvollen Einsatz für sein Land auch noch andere Faktoren für die Motivation unerlässlich sind.
Das klingt nach Wiederherstellung von echter Aufwuchsfähigkeit. Das glaube ich erst wenn ich es sehe. Nicht nur auf dem Papier. Dazu müssten Unmengen an Feldzeug, Waffen und Munition bereitgehalten werden (Nix, was es früher nicht gab).
Bei 6 Jahre x 15.000 Sdt hätten wir eine rechnerische Aufwuchsfähigkeit um 90.000 Sdt. Dazu müssten Strukturen ähnlich dem Territorialheer vorgehalten werden.
pi
Endlich! Mit diesem Schritt geht DEU in Richtung einer wirklich nutzbaren Reserve.
Ehrlich gesagt sehe ich das aber übrigens weniger als Rückkehr in „alte Zeiten“, sondern vielmehr als eine Angleichung an internationalen Standard von anderen Freiwilligen-/Berufsarmeen.
Wenn wir jetzt auch das Geld ausgeben und die Infrastrukturen dafür schaffen (denn eine tatsächliche Aufwuchsfähigkeit kostet ja RICHTIG Geld, wir reden hier über Milliarden), dann können wir auch wieder besser über Einsatzszenare von Reservisten in LV/BV nachdenken.
Üblicher Disclaimer: Natürlich bleibt die gesetzlichen und untergesetzlichen Detailsregelung und vor allen Dingen die Umsetzungspraxis abzuwarten, aber…
Korrektur: Infrastruktur und Material dafür schaffen
Ich befürchte es bleibt ein Papiertiger, da ich in der deutschen Gesellschaft und Politik kein Interesse erkenne, Streitkräfte die zur Bündnis und Landesverteidigung befähigt sind, zu finanzieren.
Behält der ausscheidende Soldat dann auch seine Ausstattung, zumindest große Teile davon? Werden die Sicherheitsakten (sofern erforderlich) weiter gepflegt? Bleibt das LoNo-Konto bestehen? Und in-Übung-halten muß ja auch erfolgen.
@grashüpfer – nicht nur werden kein interesse daran haben, da müßten ja einige aus dem was vorhanden ist für die aktiven verbände auch noch was abgeben. und das wird keiner zulassen. und wenn ich mir die „aktive“ frühere disposition an „reservisten“ im rückblick ansehe, dann graust mir noch heute. zum schießen – besser rumballern – alle da, fünf kilometer zu fuß unmöglich, diziplin und militärisches wissen, null. und ich weiß wovon ich rede. da ich selber lange genug das mitgemacht habe. aber ansonsten „es hört sich gut an, und beruhigt die nerven von einigen“ – bis es ernst wird.
Ich muß Grashüpfer beipflichten. In unserer durchpazifizierten (©Jan Fleischhauer) Gesellschaft werden sich nicht genug Menschen finden, um eine effektive Verteidigung herstellen zu können. Es ist eher davon auszugehen, daß ein Aufwuchs im Verteidigungsfall noch boykottiert wird. Ich sehe das zwar eher theoretisch, da ich nicht glaube, daß uns Europäer irgendetwas militärisch bedroht – selbst nicht durch die säbelrasselnden Russen – aber alleine der Gedanke, lässt mir graue Haare wachsen.
Der Ansatz ist ja durchaus logisch und gut durchdacht, aber Papier ist leicht geschrieben.
Die rechtlichen, administrativen, finanziellen, personellen, materiellen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen sind mit Blick auf den Haushalt wohl nur sehr langfristig umsetzbar.
Das BMVg produziert weiterhin viele gute Ideen und Konzepte, aber am Ende kosten gute Ideen Geld. Insbesondere in einem Bereich in dem die Freiwilligkeit ein zentrales Element ist, muss die Attraktivität stimmen. Insbesondere beim Material (Bekleidung/ Pers. Ausstattung, Westen, Waffen/ Munition, Nachtsicht/ Nachtkampf, Funk, Fahrzeuge, etc) ist ja schon bei der aktiven Truppe ein Engpassmanagement – bis in die Einsatzvorbereitung – notwendig. Trotz aller anderslautender Ankündigungen seit Jahren.
Die bisherigen nichtaktiven Truppenteile müssen bereits mit grossem Aufwand ihr Material besorgen. Und nun soll das in viel größerem Umfang gelingen – bei bald sinkendem Haushalt?
Da drücke ich die Daumen, dass es trotzdem gelingt.
Denn wenn es hier die üblichen Anlaufprobleme gibt, spricht sich das bei den motivierten, freiwilligen (!) Reservisten ziemlich schnell rum. Da helfen dann alle schlauen Papiere nichts.
@Matthias Hake
Leider viel Wahres dran.
„… dann graust mir noch heute. zum schießen – besser rumballern – alle da, fünf kilometer zu fuß unmöglich, diziplin und militärisches wissen, null. und ich weiß wovon ich Rede…“
Ich auch. Da war einmal zur TrWÜ Form 3 bei einem norddeutschen „JgBtl WB MobAusb“ das JgBtl XYZ an einem Sonntag einberufen. Mittwoch Kompaniegefechtsschießen, .. fiel aus, am Vorabend hatte der Kdr zum Bataillonsfest geladen, …
Trotzdem ist gut, dass die Sache angegangen wird. Besser werden kann es immer. Vorbilder gibt’s zu Hauf: United States National Guard. Träumen muss erlaubt bleiben.
Ob es die Bereitschaft zur Erst- oder Weiterverpflichtung erhöht, wenn der Zeitsoldat damit zugleich der Bundeswehr weitere sechs Jahre nach dem Ende seiner Dienstzeit von ihm nicht beeinflußbar zur Verfügung zu stehen hat, kann man zumindest bezweifeln.
@Memoria sagt: 09.08.2019 um 18:18 Uhr
„Insbesondere beim Material (Bekleidung/ Pers. Ausstattung, Westen, Waffen/ Munition, Nachtsicht/ Nachtkampf, Funk, Fahrzeuge, etc) ist ja schon bei der aktiven Truppe ein Engpassmanagement – bis in die Einsatzvorbereitung – notwendig. Trotz aller anderslautender Ankündigungen seit Jahren.
Die bisherigen nichtaktiven Truppenteile müssen bereits mit grossem Aufwand ihr Material besorgen. Und nun soll das in viel größerem Umfang gelingen – bei bald sinkendem Haushalt?“
Zustimmung. Aber man muss das glaube ich regelmäßig wiederkehrend denjenigen in Erinnerung rufen, die behaupten die Bw hätte kein deutlich höheren Finanzbedarf als derzeit geplant.
@Klaus-Peter Kaikowsky sagt:
„Vorbilder gibt’s zu Hauf: United States National Guard. Träumen muss erlaubt bleiben.“
Da muss ich Ihnen widersprechen. Die National Guard ist für uns aus diversen Gründen kein Vorbild. Warum sollten wir teilselbstständige Milizen der Bundesländer – denn das ist die Nationalgarde ja im Endeffekt?!
Sie meinen vermutlich die Army (respektive Air Force etc.) Reserve.
Denn ziemlich genau darauf läuft ja das aktuelle System hinaus. Wir nehmen bereits ausgebildete und erfahrene Soldaten und nutzen sie über einen überschaubaren Zeitraum hinaus nach ihrem Dienst als Reserve.
Die Nationalgarde hingegen bildet nur kurz einmalig ihre Kräfte aus. Sozusagen Grundausbildung und teile Spezialgrundausbildung und entlässt dann die Soldaten ins Zivilleben um sie dann regelmäßige für Wochenenden/Kurzwehrübungen einzuziehen.
Ein solches System würde uns in DEU aber nichts bringen, denn wir haben hierfür keinen operativen Nutzen.
Es sei denn die Sicherheitslage würde sich dramatisch weiterverschlechtert und wir würde zusätzlich zu den 190.000 aktiven Soldaten und den zukünftig gem. diesem Vorschlag zu bildenden 50.000 bis 100.000 Reservisten hinaus einen benötigen (und auch ausstatten können).
Aber wenn wir diesen Bedarf hätten (und das Geld um ihn auszurüsten), dann wären wir vermutlich mit einem Wiederaufleben der Wehrpflicht besser gedient, denn nur damit könnten wir vermutlich mehr als 100.000 Soldaten zusätzlich rekrutieren.
Ich bin gespannt, welche Voraussetzungen es für den „Bereitschaftsfall“ geben soll und wie dieser ausgestaltet wird.
Apropos Ergänzungstruppenteile: Weiß jemand Genaueres, wie es um selbige bestellt ist?
Vermutlich werden diese ja das Hauptziel dieser Beorderungen sein.
https://de.wikipedia.org/wiki/Erg%C3%A4nzungstruppenteil?wprov=sfti1
Der Vergleich mit der US National Guard bzw. U.S. Army Reserve hinkt.
Mindestverpflichtungsdauer U.S. Army 8 Jahre, davon werden x Jahre in der Reserve geleistet. Wer sich nicht länger als 8 Jahre verpflichtet bleibt auch gerne die ganzen Jahre in der Reserve.
Und das ist weit aus mehr als unsere Reserve.
Unsere SaZ Laufzeiten werden immer länger und dazu ist die Altersbegrenzung aufgehoben.
Der fast 60 jährige OSG bringt dann für LV/BV nach seiner Dienstzeit auch nicht mehr viel.
Die Gedankenspiele der unbefristeten Bereitschaft (im Baltikum) sind seit der einen Podiumsdiskussion mit dem GI öffentlich bekannt. Könnte ebenfalls abschreckend auf IT-Fachkräfte wirken, wenn sie als Cyberwehr (immer Mal wieder vom BMI angeregt) eingesetzt werden.
@trevor faith
Ein Boykott hätte doch zur Voraussetzung, dass die Reservisten auch boykottieren wollen. Die sind aber nun schon mindestens durch den Grundwehrdienst gelaufen. Also eben nicht teil einer „durchpazifisierten“ Gesellschaft.
Zum Vergleich mag man sich mal anschauen, was aus den Massenstreiks zum Kriegsausbruch 1914 anschauen. Seit über 50 Jahren hatte die SPD (zu diesem Zeitpunkt stärkste kraft im Reichstag) agitiert, dass sie das Land lahmlegen würde. Dann: Burgfrieden. Sie glauben doch nicht wirklich daran, dass die heutigen grundwehrdiensleistenden innerhalb ihrer 6 reservejahre stärkere pazifistische Überzeugungen entwickeln, als die noch revolutionäre SPD des langen 19. Jahrhunderts.
Kann natürlich sein, dass die Reservisten im zivilen leben doch mehr Sinn gefunden haben, als beim Bier im mannschaftsheim… Aber das ist dann wohl eher ein Problem, dass die Bundeswehr lösen muss, anstatt zusammen mit so einem Jan Fleischhauer über die bösen anderen rumzujammern.
@T.W.
„…Dafür fehlt derzeit die gesetzliche Grundlage, im Paragrafen 2 des Wehrpflichtgesetzes sind derzeit nur der Spannungs- und der Verteidigungsfall als Voraussetzung für die Einberufung genannt. Die Umsetzung ist also auch von einer gesetzlichen Neuregelung abhängig.“
Ich habe eine Verständnisfrage an Sie:
– Nach meinem Kenntnisstand wurde am Donnerstag (6. Juni) das Gesetz zur nachhaltigen Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr (BwEinsatzBerStG) im Bundestag beschlossen und wird zum September 2019 in Kraft treten.
https://www.dbwv.de/aktuelle-themen/politik-verband/beitrag/news/langer-atem-zahlt-sich-aus-bundestag-beschliesst-das-bweinsatzberstg/
In diesem, vom Bundestag bereits verabschiedeten, BwEinsatzBerStG wurde doch im Artikel 4 (Änderung des Werhrpflichtgesetzes) bereits beschlossen, dass das Wehrpflichtgesetz bezüglich des „Bereitschaftsdienstes“ geändert wird.
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/094/1909491.pdf
Meine Verständnisfrage:
Ist damit wirklich eine gesetzliche Neuregelung noch erforderlich, wie Sie in Ihrem Artikel schreiben, oder ist diese Neuregelung nicht bereits mit der Billigung des BwEinsatzBerStG am 06. Juni bereits beschlossen worden?
[Danke für den Hinweis – allerdings: nach dem, was ich bislang gehört habe, geht es um §2 des Wehrpflichtgesetzes, der eben mit der genannten Neuregelung nicht geändert wurde. Da muss ich aber, geht vermutlich erst kommende Woche, noch mal nachfragen… weil ich kein Verwaltungsjurist bin (und ich vermute, Sie auch nicht). T.W.]
Im Moment läuft vieles nach dem Muster „wasch‘ mir den Pelz, aber mach‘ mich nicht nass“ ab. Man will, kann/darf aber nicht.
Man will eine richtige Reserve, hat aber kein Geld dafür und nicht einmal genug Material, um die aktiven Truppenteile auszustatten. „Es werden bald Gewehre verfügbar sein, warten Sie hier!“
Man will mehr Soldaten, aber die Wehrpflicht darf nicht reaktiviert werden. Dann doch lieber mehr Leute zum Berufssoldaten machen, was interessieren schon die Langzeitfolgen (strukturell, Altersdurchschnitt etc.), wenn man kurzfristig einen vermeintlichen Erfolg vermelden kann.
Man will im Heer eine Offizierausbildung wie „früher“, aber an den 15 Monaten bis zum Studium darf offenbar nicht gerüttelt werden.
Man will eigentlich die HFla zurück, das geht aber nicht, dann nennt man es „qualifiziere Fliegerabwehr“, was aber nie mehr an das heranreichen wird, was es mal gab. Dann muss man eben beim großen Bruder/Anlehnungspartner Rumänien anfragen, die können bestimmt mit ein paar Gepard aushelfen.
Und bei der „Obersten Heeresleitung“ wird sich bestimmt auch noch das ein oder andere schütteln, weil man langsam aber sicher merkt, dass das System, was man vor einigen Jahren ausbaldowert hat, nicht funktioniert und das davor gar nicht so schlecht war.
Was einmal zerschlagen ist, bleibt zerschlagen und kommt nicht mehr zurück. Klingt pessimistisch? Ich denke nicht, einfach nur realistisch. Wie bei anderen Politikfeldern auch wird pausenlos an den Symptomen herumgedoktert, rastlos umstrukturiert, statt die wirklich dicken Bretter zu bohren und zum Kern des Problems vorzudringen.
Bald wird der Solidaritätszuschlag teilweise gestrichen, womit bummelig 18 Milliarden Euro Steuern fehlen werden. Wenn dann noch die Rezession dazu kommt, werden sich viele Tagträumereien ohnehin erledigt haben.
@T.W.
„…Da muss ich aber, geht vermutlich erst kommende Woche, noch mal nachfragen… weil ich kein Verwaltungsjurist bin (und ich vermute, Sie auch nicht). T.W.]…“
– Da haben Sie Recht. Ich bin noch nicht einmal Jurist :-)
War nur ein Hinweis. Vielen Dank für das Feedback.
@TW
Die Zahl scheint mir sehr niedrig – Sie meinen mit „Stellen“ vermutlich die sog. „Haushaltskarten“, also dass 3.500×365 Reservistendiensttage im Haushalt hinterlegt sind? Denn meines Wissens kann mittlerweile/derzeit jeder aktive Dienstposten in die Reserve gespiegelt werden, es also mehr beorderte Reservisten geben dürfte als nur 3.500.
Klugschiss am Rande: „Gedienthaben“ ist keine Voraussetzung mehr für die Reserve..
So ganz in sich konsistent erscheint mir das Papier aber nicht. Eher nach Ansammlung guter Ideen:
„Reservisten [sollen] künftig in der Fläche zur Verfügung stehen und dafür auch möglichst heimatnah eingesetzt werden. Dafür ist unter anderem die Ausbildung in regionalen Ausbildungsstützpunkten vorgesehen. Die künftige Reserve soll damit, auch das gehört zum Konzept, wieder verstärkt als Mittler zwischen Bevölkerung und Streitkräften auftreten.“
„Zukünftig müssen große Teile der Reserve rasch eingesetzt werden können. Das stellt hohe Anforderungen an Verfügbarkeit von Personal, Material, Informationstechnik (IT) und Infrastruktur, an Ausbildungsstand, an die Verzahnung und Integration von aktiven und nichtaktiven Organisationselementen[…]“
Wie soll denn bitteschön eine Verzahnung von aktiven und nichtaktiven OrgElementen regional und heimatnah funktionieren, wenn es in weiten Landstrichen keine/kaum aktive Truppe mehr gibt?
Oder gibt es dann Lodenmantelverbände (heimatnah, auch RSUK genannt) und #EchteReserve (hochgradig integriert)?
PS: Streiche „auch RSUK genannt“. Das gibt nur Komplikationen. :-)
Jetzt kommen wieder die Gepard / hfla Enthusiasten. :-D
Das ding mag ja sehr cool gewesen sein (hab es nur nachts in putlos gehört), aber es ist halt in der Reichweite etwas mager im Vergleich mit heutigen hubschraubergestützten Waffen. Gleichzeitig will die US Armee nächstes Jahr 4 Stryker mit Laser im Probebetrieb haben. Für alles von fliegerabwehr bis c-ram. Vielleicht ist der Blick nach vorn doch ein besserer Blick zurück.
Nein, wir machen das hier nicht zur Debatte über die Heeresflugabwehr oder die qualifizierte Fliegerabwehr oder welche Begriffe auch immer es dazu gibt.
Die frage ist doch eher, wie die Soldaten, welche aufgrund der Arbeitsmarktentwicklung lieber einen BS/OffzMilFD oder die zivile Verbeamtung bevorzugen, denn dazu stehen, wenn sie abgelehnt wurden?
Ich selber wurde mit einer 7,4 und 8,0 × jeweils bei „bei Bedarf bis in die höchsten Verwendungen“, 49 Pkt. bei der Potenzialfeststellung, Laufbahnbeurteilung bei BS und OffzMilFD jeweils: „im außergewöhnlichen Maße geeignet.“
abgelehnt.???
Da spielt dann natürlich auch der Stolz eine Rolle! Ich habe meine 12 Jahre gedient (tue dies noch bis zum 01.01.20)
aber ich werde mit Sicherheit nicht in der Reserve dienen, denn die Bundeswehr hat mir ja ganz klar zu verstehen gegeben, dass sie mich nicht braucht.
Das ist wieder ein Fass ohne Boden, was die Bundeswehr definitiv nicht hinbekommen wird!
1. Es mangelt ja jetzt schon an Ausrüstung für unbeorderte Reservisten, es kann nicht sein das man 3x zur Einkleidung fahren muss weil persönliche Ausrüstung fehlt!!
2. Wie will man einen Personalpool aufbauen wenn die aktive Truppe haufenweise Leute vergrault und die gedienten Kameraden und Kameradinnen keine Lust mehr auf die Bundeswehr haben! !
3. Die Strukturen wieder dafür aufzubauen wird Jahre dauern!!
@K.B.
Ich teile ihre Meinung
„So ganz in sich konsistent erscheint mir das Papier aber nicht. Eher nach Ansammlung guter Ideen: “
Besonders der Punkt „regionale Ausbildungsstützpunkte“ wird hoffentlich nicht so aussehen, dass aktive Truppe am Wochenende eine TrWÜ durchführt oder es dann zwei oder drei „regionale“ Ausbildungseinrichtungen in Bayern (Murnau) oder in Schleswig-Holstein (Flensburg), Orte nur beispielhaft, geben wird.
Ansonsten kann ich als zukünftiger Reservist nur mal wieder abwarten und mich selber kümmern, sonst geht ja eh nix.
@Warzenharry
Na, HGW zu den Voraussetzungen, kann ich aber kontern, wenn 80% der Bewerber solch ein Leistungsbild bringen, bleiben nur die noch besseren 20%. ;-))
Da bleibt: nur nicht verzweifeln und trotzdem weitermachen.
@Otto sagt: 11.08.2019 um 10:11 Uhr
„1. Es mangelt ja jetzt schon an Ausrüstung für unbeorderte Reservisten“
In der Tat ein weiteres Beispiel für den immensen Nachholbedarf den die Bw bei Ausrüstung und Infrastruktur hat. Die Debatte über die unterfinanzierte Bw ist halt doch nicht ohne Grundlage…
„2. die gedienten Kameraden und Kameradinnen keine Lust mehr auf die Bundeswehr haben! !“
Da sprechen die BS-Bewerberzahlen aber eine andere Sprache.
„3. Die Strukturen wieder dafür aufzubauen wird Jahre dauern!!“
Jetzt wird es interessant, ob diese Schritte wirklich unternommen werden oder ob es nur bei einem Papier bleibt.
@Murrmel65
Natürlich hast du recht. Das ändert nur nichts am Ergebnis. Ich und viele andere sind dennoch abgelehnt worden und werden sich sehr warscheinlich nicht die Blöße geben vor ihren alten Kameraden als Resis rumzuspringen. (Außer die soziale Not tritt ein) Ich finde es sowieso fahrlässig sich in dem Umfang auf Reservisten zu verlassen. Natürlich machen die, zumindestens die, die ich kenne, (Ich war selber S1 und Reservistenbearbeiter) einen Bombenjob ABER sie müssen auch nicht. Die, die die notwendige Erfahrung mitbringen, liegen weit über den 6 Jahren Beorderung und könnten von jetzt auf gleich sagen, dass sie keinen Bock mehr haben noch eine RDL (Reservedienstleistung) zu machen. Was denn dann? Wer macht dann den Job?
Mein Bild für dies alles: Vor Jahren haben selbsternannte Chirurgen dem Michel die Beine amputiert. Dies sogar unter partiellem Beifall des Patienten. Nachdem sich nicht mehr verschleiern läßt, daß er nicht mehr laufen kann, wollen sie ihm Prothesen verordnen. Da den Michel die eingeschränkte Mobilität nicht wirklich kümmert, wird er die verordneten Hilfsmittel geduldig schlucken, manche mögen Wirkung zeigen, andere nicht. Nur das mit dem Laufen wird nie mehr so klappen… Sei es drum, solange sich die Quacksalber mit irgend etwas schmücken können.
Man sollte jedem SaZ einen garantierten Beruf nach dem Ende der 4 oder mehr Jahren geben. Ein Wechsel vom „Soldat im Feld“ in andere Bereiche (auch Veranstaltungen) muss angegangen werden. Damit hat man im Ernstfall sehr gut ausgebildete und erfahrene Kräfte in der Hinterhand.
Und ein Wechsel in die freie Wirtschaft ist ein kann, aber kein Muss.
Nachtigall Ick hör dir trapsen…
Mensch, damit kann man endlich neue Dienstposten für die Häppchenebene einrichten. In den neuen Ämtern kann dann mal schon der Karrierebooster angeworfen werden, irgendwann wird jeder General werden können, einfach toll.
Die Idee wird an zwei grundlegenden Dingen scheitern: 1. Wo soll all das Material herkommen ?
2. Wie motiviere ich ausscheidende Soldaten und deren neue Arbeitgeber dazu den betreffenden Soldaten ggf. länger abzustellen?
Mit eventuellen Kompensationszahlungen und Schadensersatzforderungen sowie Verdienstausfall kommt da ein nettes sümmchen zusammen. Ebendiese Summe kann mit der nächsten Rezension nicht bedient werden. Und diese wird garantiert kommen.
@Ha-Wa sagt: 11.08.2019 um 13:13 Uhr
„Mensch, damit kann man endlich neue Dienstposten für die Häppchenebene einrichten. In den neuen Ämtern kann dann mal schon der Karrierebooster angeworfen werden, irgendwann wird jeder General werden können, einfach toll.“
Neue Ämter? Wo haben Sie das denn her? Ich sehe nicht, dass für eine stärke Reserve ein neues Amt notwendig wäre. Und auch bei den hochdotierten DP dürften es nicht all zu viele sein. Generale sehe ich gar keine und für viele Oberste im aktiven Dienst fehle auch die notwendigen Begründungsunterlagen. Und Oberstlt und StFw/OStFw Stellen gibt es schon jetzt genug, von daher braucht man dafür kein neues Konzept. Von daher…
Wenn das umgesetzt werden sollte, sehe ich das als bemerkenswerten Schritt in die richtige Richtung. Geht dann hoffentlich auch mit Verjüngung der (territorialen) Reserve – derzeit eher ein „Altherrenverein“, die Dienstbereitschaft der alten Herren in allen Ehren – und einer Professionalisierung im Sinne einer intensiven Ausbildung und Inübunghaltung.
Man gewinnt jedoch leider den Eindruck, dass ein Scheitern dieses Unterfangens von einigen hier beinahe gewünscht wird. Das mag aber vielleicht auch einfach dem besonderen Charme des hiesigen Diskurses geschuldet sein ;)
@
K.B. sagt:
10.08.2019 um 20:30 Uhr
“
Wie soll denn bitteschön eine Verzahnung von aktiven und nichtaktiven OrgElementen regional und heimatnah funktionieren, wenn es in weiten Landstrichen keine/kaum aktive Truppe mehr gibt?
“
Heimatnah ist doch ein dehnbarer Begriff. Unsere Bundeswehr hätte überhaupt kein Problem damit 300km als akzeptabel heimatnah zu deklarieren (Zahl beispielhaft). Und vermutlich wird der Reservist dann ohnehin ungeachtet dessen, was er als aktiver tat, einer Einheit und Tätigkeit zugeteilt, die dann in der Nähe ist. Alternativ definiert man auch für Sie wo Heimat ist.
@ Sven Rothe sagt:
11.08.2019 um 12:16 Uhr
Schönes Bild, jedoch sind ja bionische Beine für die Zukunft nicht ausgeschlossen ;-)
@Kommentator99 sagt: 11.08.2019 um 18:57 Uhr
„Wenn das umgesetzt werden sollte, sehe ich das als bemerkenswerten Schritt in die richtige Richtung. Geht dann hoffentlich auch mit Verjüngung der (territorialen) Reserve – derzeit eher ein „Altherrenverein“, die Dienstbereitschaft der alten Herren in allen Ehren – und einer Professionalisierung im Sinne einer intensiven Ausbildung und Inübunghaltung.“
+1
Bei aller mehr oder weniger argumentativ gestützten Notwendigkeit einer realistischen Fähigkeit, brauchbaren Aufwuchs zu generieren bzw „in Reserve“ zu halten, erscheint auch mir die Realisierbarkeit und n absehbarer Zeit mindest ja „fraglich“!
Schließlich hat „die Politik“ 30 Jahre lang und mittlerweile, auch in vormals eher Andersdenkende Kreise hinein, höchst erfolgreich eine Umerziehung dergestalt erreicht, daß wiederum Jahre nötig sein werden, einen Sinneswandel – wenigsten in einem nennenswerten Teil der Bevölkerung – zu erreichen, der eine „Wahlmehrheit“ bedeutete…
Selbst der „UKR-Handstreich“ oder aktuell die – für eine importabhängige Gesellschaft wie die unsrige (und damit meine ich NICHT „i-phone & Co“) existenzielle – nicht wegzuleugnende Situation der Seewegsfreiheit, vom mittlerweile schon eher „kriegsähnlichen“, allgemeinen wirtschaftlichen Wettbewerb, reichen ja nicht aus, um die hiesige „friedensbewegte Spaßgesellschaft“ von der Notwendigkeit einer wirksam wahrnehmbaren Verteidigungsfähigkeit zu überzeugen.
Die geradezu selbstzerstôrerischen Aktivitäten in vielen Bereichen, veranlaßt durch äußeren und auch inneren Antrieb dagegen, bei gleichzeitig immer weiter gesteigerten „Wolkenkuckuksheim-Forddrungen“ ohne auch nicht nur eine Idee davon zu haben bzw endlich entwickeln, wie das von wem noch geleistet werden soll, ist der mittlerweile vorherrschende gesellschaftliche „Trieb“.
Maya, Ägypter, Römer, Griechen um nur einige hochentwickelte , menschliche Kulturen zu nennen, waren auch irgendwann „soweit“, daß es nur noch – und meist ja erschreckend „freifallend“ – abwärts in die Bedeutungslosigkeit ging.
[Die bekannten ideologisch aufgeladenen Begriffe wie „Umerziehung“ und der Hinweis auf die untergegangenen Kulturen – diese Art der Debatte bitte auf den einschlägigen Schaum-vor-dem-Mund-Seiten führen und nicht hier. Danke. T.W.]
Ich glaube der wichtigste Teil der Neuerung ist in der Tat die „Grundbeorderung“, die ja wohl dann für jeden ausscheidenden Soldaten (minus den uk zu stellenden) Pflicht ist. Auch wenn der selten oder niemals üben wird, ist der Hauptvorteil jedoch, dass er für die Bundeswehr „erreichbar“ bleibt. Bisher ist es ja wohl so, dass aus Datenschutzgründen ausscheidende Soldaten (SaZ und FWDL) nicht automatisch in irgendwelchen Listen erfasst werden, und daher nur wieder in Kontakt mit der Bundeswehr kommen, wenn sie dies von sich aus freiwillig tun.
Mit der neuen Regelung kann man aktive „Werbung“ für Reservistentätigkeit machen, Das Hauptproblem ist ja die Zeit unmittelbar nach der aktiven Zeit bis drei vier Jahre danach, in der Ausscheider sich nicht vorstellen zu können zu üben (siehe Warzenharry), nach dieser Zeit aber das ganze etwas abgeklärter sehen.
mkg
Eisensoldat
Moin,
sehr guter Ansatz im Grundsatz. All jene, welche schon mal mit Landesverteidigungsplanung zu tun hatten (Alarmkalender z.B.) wissen was dran hängt. Also Frau Ministerin ….los geht´s ! Wesentlich ist schon mal die Erkenntnis, dass Strukturen und Verfahren zu schaffen sind, die das alles ermöglichen sollen. Es sollte allerdings besser ausgeplant werden als das Projekt „Freifahrt für Soldaten in Uniform“.
In meinem Kameradenkreis habe ich über die Idee diskutieren und eigentlich sind wir alle zum Schluss gekommen, dass wir nach der SaZ-Zeit schon genug für diesen Verein getan haben. Hätte ich gewusst, dass es 13+6 hieß, als ich unterschrieben habe, wäre eine Verpflichtung deutlich unwahrscheinlicher gewesen. Ich hoffe das Ganze beruht dann auf Freiwilligkeit, denn eine Zeit bei dieser Bundeswehr nach meiner Verpflichtungszeit will ich mir einfach nicht vorstellen..
Man sollte lieber die heranziehen die noch gar nicht gedient haben anstatt die, die schon eine große Anzahl an Jahren für diesen Verein geopfert haben, gegen deren Willen länger zu binden. Fairness sieht anders aus.
@JFK – ihre persönliche Haltung zu ihrem Arbeitsgeber kann ich teilweise emotional nachvollziehen. ABER – die Beorderung von Reservisten dient nicht dem Zweck, mehr Menschen bei der Firma Bundeswehr in Lohn und Brot zu bringen, es dient der Vorbereitung auf den schlimmsten denkbaren Umstand eines militärischen Angriffs auf unser Vaterland oder/und unsere Verbündeten mit dem Ziel der physikalischen Vernichtung ggf auch ihrer Familie. Das ist es mir persönlich bei weitem wert, einen Teil meiner sicherlich begrenzten Lebenszeit auch nach mehreren Jahrzehnten Dienst noch einzusetzen.
@JFK sagt:12.08.2019 um 9:04 Uhr
Wenn ich Ihren Post so lese, sehe ich ganz viel Frust und eine hohe Jobmentalität. Zugegeben, der Zustand der Bundeswehr, in der ich als SaZ 12 bis 1998 gedient habe, war ein anderer, geklappt hat auch nicht alles und Mangel an Material und Personal gab es auch genügend.
Trotzdem war es eine tolle Zeit, die mich bewogen hat, nach mittlerweile 21 Jahren immer noch als Reservist aktiv zu sein. Dabei war ich die ersten drei Jahre nach Ausscheiden unbeordert, was meiner beruflichen Neuorientierung entgegenkam. Aber das wäre hier nur ein Ausführungsdetail. Ungediente braucht man nicht, man braucht die Spezialisten.
Machen Sie sich keine Illusionen, „draußen“ in der freien Wirtschaft ist es in großen Unternehmen mindestens genauso bürokratisch und hierarchisch wie bei der Bundeswehr. Und Karriere- und Beförderungsstränge lange nicht so transparent. Die Früchte in Nachbars Garten sehen immer besser aus, sind es aber meistens nicht. Nehmen Sie das einfach als gut gemeinten Rat eines (wahrscheinlich) lebensälteren Kameraden, der seine Erfahrungen gemacht und seinen Weg gefunden hat.
@Rolf M
„ABER – die Beorderung von Reservisten dient nicht dem Zweck, mehr Menschen bei der Firma Bundeswehr in Lohn und Brot zu bringen, es dient der Vorbereitung auf den schlimmsten denkbaren Umstand eines militärischen Angriffs auf unser Vaterland oder/und unsere Verbündeten mit dem Ziel der physikalischen Vernichtung ggf auch ihrer Familie.“
– @JFK hatte geschrieben: „Hätte ich gewusst, dass es 13+6 hieß, als ich unterschrieben habe, wäre eine Verpflichtung deutlich unwahrscheinlicher gewesen.“
– Sein Argument ist absolut nachvollziehbar. Die Politik macht es sich zu einfach, wenn sie pausenlos politische Fehlentscheidungen trifft und diese dann später, wenn das Kind im Brunnen liegt, durch mehr „Einsatz“ auf der taktischen Ebene kompensieren möchte. Salopp ausgedrückt: die politisch Verantwortlichen glauben offensichtlich sie könnten wie eine Art „Gutsherr“, über die jeweils vertragliche Bindung mit dem Soldaten hinaus, auch nachträglich willkürlich in die Lebensplanung von ehemaligen Soldaten eingreifen, auch dann, wenn der Feind „nicht vor der Tür steht“.
– Es hat niemand etwas dagegen, dass diese Regelung greift bei den Soldaten, die sich ab jetzt verpflichten. Dann wird die Regelung Bestandteil der „Abmachung“ zwischen Dienstherr und Soldat. Aber „rückgängig“ solche Regelungen einzuführen halte ich für problematisch.
– Es stellt sich in diesem Zusammenhang auch die nüchterne Frage: Wie ist denn der so genannte „Bereitschaftsfall“ definiert?
Ganz offensichtlich ist es eben nicht der „Spannungs-/Verteidigungsfall“, den Sie in Ihrer Antwort auf @ JFK im Kopf haben. Ich würde als aktiver Soldat – der ich nicht bin- auch wissen wollen, was mit dem Begriff „Bereitschaftsfall“ überhaupt gemeint ist und welche konkreten Einschränkungen diese + 6 Jahre für mich bedeuten können.
@ Rolf M:
Schön und gut, das hohe Lied der Pflicht kennen wir alle nur zu gut.
auch als Patriot und begeisterter Offizier – der in dieser Armee aber keine ernsthaft zufriedenstellende Zukunft sehen konnte – hätte ich in einer Zwangsbeorderung für die nächsten sechs Jahre nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst, eine ungerechtfertigte und hohe Belastung gesehen. Als ehemaliger SaZ muss man erstmal ganz schön Gas geben, um zivil in eine gehobene Position zu kommen und da kann man keinem Arbeitgeber erklären, dass man jedes Jahr X Wochen ausfällt, weil es der „Vorbereitung auf den schlimmsten Denkbaren Umstand“ dient.
Zumindest erscheint mir dieser Ansatz unverhältnismäßig, wenn auf der anderen Seite Politik nach Kassenlage gemacht wird, das BMVg als Einrichtung zur Versorgung von „politischem Spitzenpersonal“ gilt und der tatsächliche Einsatzwert dieser Trümmertruppe in der Regierung keine Seele interessiert.
@Mackiavelli sagt: 12.08.2019 um 11:04 Uhr
„Als ehemaliger SaZ muss man erstmal ganz schön Gas geben, um zivil in eine gehobene Position zu kommen und da kann man keinem Arbeitgeber erklären, dass man jedes Jahr X Wochen ausfällt, weil es der „Vorbereitung auf den schlimmsten Denkbaren Umstand“ dient.“
Ich denke, das Sie in den Begriff „Grundbeorderung“ zu viel hinein interpretieren. Das heißt doch nicht viel mehr, als das der Soldat in einer Art Wehrüberwachung erfasst ist. Das ist er für 6 Jahre, solange kann sein Ausbildungsstand als aktuell angesehen werden, danach wird es freiwillig. Eine Übungstätigkeit, gar über mehrere Wochen pro Jahr, sehe ich hier nicht. Die Truppe hat weder Kapazitäten noch Personal für solche Veranstaltungen. Vom Material ganz zu schweigen. Mal abgesehen davon, das einer Reservedienstleistung vom Reservedienstleistenden immer noch zugestimmt werden muss.
Die Wehrüberwachung wurde mit der Schließung der Kreiswehrersatzämter ersatzlos aufgegeben. Wenn ein ehemaliger Saz nach seiner Entlassung ein-, zweimal umzieht, fällt er im Persamt durchs Raster, weil nicht erreichbar. Schon heute ein großes Problem, man kann geeignete Reservisten (denn das werden die Kameraden unbeordert so oder so) für bestimmte Tätigkeiten nicht ansprechen.
Ich stimme Ihnen allerdings in dem Punkt zu, dass das Ganze nur Sinn macht, wenn es auch kurzfristig entsprechend mit Ausrüstung und Material hinterlegt ist. Und zwar so, das die Kameraden im Fall des Falles nicht aussehen wie die letzte Welle des Volkssturms.
Grundsätzlich finde ich es sehr gut, dass man langsam wieder anfängt, eine vernünftige Reserve aufzubauen. Ist das ein Eingriff in die Lebensplanung der ehemaligen SaZ? Ja. Aber die einzige Unwägbarkeit ist derzeit doch die Definition des „Bereitschaftsfalles“ (Oder gibt es dazu schon etwas?).
Machen wir uns doch nichts vor: Im Spannungs-/Verteidigungsfall ist es egal, ob ich vor 6 Jahren den aktiven Dienst verlassen habe, oder vor 6 Jahren und 2 Wochen. Dann sind alle wieder im Boot, selbst die „Ungedienten“ – und das ist auch richtig so. Die „Ehemaligen“ bekomme ich als Streitkräfte dann aber schneller wieder auf einen einsatzfähigen Stand ausgebildet, als komplett neue Soldaten.
Die Frage, die sich dem derzeitigen oder zukünftigen SaZ stellt, ist doch eher: Kommt 1x pro Jahr der „Bereitschaftsfall“ (z.B. bei Naturkatastrophen) oder ändert sich im Prinzip gar nichts, außer dass ich weiß, wo ich hin muss, „wenn es losgeht“? (zumindest für 6 Jahre)
Eisensoldat ist voll zuzustimmen: bei der Grundbeorderung geht es „lediglich“ darum, eine notwendige gesetzliche Grundlage für die Weiterverwendung der Daten der ausscheidenden Soldaten zu haben, nicht mehr.
Heute ist es so, dass sogar die Adressen „weg“ sind, direkt nach dem Ausscheiden sind die Soldaten / Reservisten für die BW „verloren“ – nicht mal ein „Werbeschreiben“ ist mehr möglich.
Das in aller Regel die Neureservisten sich erstmal 1 bis 3 Jahre im Zivilleben einfinden müssen ist an höchster Stelle bekannt.
Das Prinzip Freiwilligkeit bleibt im Grundsatz erhalten.
Von sachkundiger Stelle hörte ich mehr als einmal den Satz: „Die Beorderung ist ein rechtliches Nichts.“ Laut KdR von 2012 ist eine Beorderung die Einplanung auf einem Dienstposten. Die Heranziehung der Reservisten erfolgt weiterhin auf freiwilliger Basis. Da sich die Rechtslage (Soldatengesetz, 4. Abschnitt) nicht geändert hat, gehe ich bei der Grundbeorderung nicht von einem wirksamen EIngriff in die zivile Anschlussplanung der ehemaligen Soldaten / neuen Reservisten aus.
Auf der hausinternen Intranetseite der Bundeswehr wird in einem aktuellen Beitrag auf die neue Strategie der Reserve eingegangen. Das neue Grundlagendokument soll „Vision Reserve 2032plus“ genannt werden. Die Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karenbauer will dieses Dokument am 18.10.2019 offiziell vorstellen. Zur Grundbeorderung wird erwähnt, dass im Friefen die Reservistendienstleistungen unverändert freiwillig bleiben. Also empfehle ich nicht schon jetzt emotional gelenkt, von Zwangsverpflichtungen zu reden, sondern sich zunächst entspannt nach hinten zu lehnen und abwarten was die Ministerin im Oktober zu sagen hat.
Und als Nächstes* kriegen wir wieder eine organische Heeresflugabwehr!
Mich würde, ganz allgemein gesprochen, ja mal ernsthaft interessieren, ob sich ein Fähigkeitsverzicht wirklich rechnet, wenn er ohnehin rückabgewickelt wird. All diese Regierungen, die beim Militär einsparten, um anderswo mit vollen Händen das Geld auszugeben, könnten feststellen, dass sie am Ende draufzahlen müssen, um das Eingesparte wiederzuerlangen.
Oder mit anderen Worten: Wenn wir unsere Flugabwehr wiederkriegen, haben wir dann unterm Strich nach den dann knapp zwei Jahrzehnten „ohne“ wirklich Geld gespart? Werden die Belgier unterm Strich Geld gespart haben, wenn sie eines Tages wieder Kampfpanzer kaufen müssen? Werden die Neuseeländer Geld gespart haben, wenn sie sich wieder Jets anschaffen?
*Na ja, irgendwann.