Europäischer Tanker-Geleitschutz im Golf: Eingeordnet in US-Koalition (m. Nachtrag)
Eine geplante europäische Schutzmission für Tanker im Persischen Golf und vor allem in der Straße von Hormuz, wie sie von Großbritannien vergangene Woche angeregt wurde, könnte möglicherweise aus einer von europäischen Nationen gestellten Beteiligung an der parallel geplanten US-Koalition zum Schutz von Handelsschiffen in der Region bestehen. Entsprechende Überlegungen gibt es nach Informationen von Augen geradeaus! in der britischen Regierung – die die „europäisch geführte“ Mission auf eine multinationale Task Group unter US-Kommando reduzieren würden.
Über solche Pläne der neuen, vergangene Woche ins Amt gekommenen britischen Regierung hatte zuvor auch die Süddeutsche Zeitung berichtet (Link aus bekannten Gründen nicht):
In der BBC sprach Außenminister Dominic Raab am Montag zwar von einem „europäisch geführten Ansatz“, machte aber klar, dass er auch die Unterstützung der USA suche. Es sei zweifelhaft, ob eine solche Mission „ohne Hilfe der Amerikaner“ möglich sei. Das solle „keine geopolitische Auseinandersetzung zwischen der EU und den USA sein“, sagte er.
Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung haben die Briten bei einer Truppenstellerkonferenz in den USA angedeutet, sich an der von den USA geplanten Operation Sentinel in einer führenden Rolle beteiligen zu wollen.
Damit würde die Schutzmission, die der damalige britische Außenminister Jeremy Hunt Anfang vergangener Woche vor dem Parlament angekündigt hatte, faktisch zu einem Teil der US-Mission – für diese Ad-hoc-Koalition hatten die USA seit Mitte Juli geworben. Hunt hatte dagegen noch die britische Initiative als Ergänzung, aber deutlich auf Distanz zu den US-Plänen angekündigt. Vor allem wollten die Europäer der US-Politik des maximalen Drucks auf den Iran nicht beitreten und das Atomabkommen mit dem Land retten.
Öffentlich machten die Briten ihr etwas verändertes Vorgehen bislang nicht, brachten das aber offensichtlich in Gesprächen mit ihren europäischen Partnern vor. Der Politikwissenschaftler Carlo Masala von der Bundeswehruniversität München, im Berliner Verteidigungsministerium bestens vernetzt, präzisierte das am (heutigen) Montag in einem Radiointerview des RBB:
Das ist keine europäische Mission in diesem Sinne, dass die Europäische Union ihr Mandat da geben wird und diese dann durch Großbritannien für die Europäische Union geleitet wird. Der ehemalige Außenminister Jeremy Hunt hat zwar von einer europäisch geführten Mission gesprochen, aber im Kern werben die Briten für eine europäische Beteiligung an der ‚International Maritime Security Construct‘-Initiative der Amerikaner. Da sind sie bereit, die Führung einer Combined Task Group zu übernehmen. Also insofern keine europäische Mission, sondern eine europäische Komponente innerhalb einer von den USA geführten Mission.
Die früheren britischen Aussagen zielten zwar darauf ab, dass eine europäisch geführte Mission ausdrücklich nicht Teil der von den USA geplanten Koalition sein sollte. Allerdings hat zwischenzeitlich mit dem neuen Premierminister Boris Johnson nicht nur die Regierung in London gewechselt – faktisch dürfte auch die Einsicht gewachsen sein, dass ein militärischer Einsatz in dieser Region ohne die technische Unterstützung der USA zum Beispiel bei Führung und Kommunikation für die Europäer kaum leistbar wäre.
Zuvor hatten in Berlin das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium erklärt, der Bundesregierung lägen auch nach dem Regierungswechsel in London keine konkreten Vorschläge zu der britischen Initiative vor.
Außenamtssprecher Christofer Burger sagte, über den bereits vergangenen Mittwoch bekannten Sachstand (siehe unten) seien der Bundesregierung keine weiteren Überlegungen bekannt. Die Gespräche von Außenminister Heiko Maas mit seinem neuen britischen Kollegen Raab und dem französischen Außenminister Yves Le Drian seien längst nicht bei einem Entscheidungsstand, dass in der Bundesregierung die Erörterung der rechtlichen Bedingungen für eine deutsche militärische Beteiligung anstünden. Auch für das Verteidigungsministerium seien die Pläne bislang völlig unkonkret, sagte Oberst Tilman von Plüskow.
Burger bezog sich dabei auf seine Aussagen vor der Bundespressekonferenz am 24. Juli:
Die Festsetzung des britischen Tankers „Stena Impero“ am Freitagabend hat die Bundesregierung klar verurteilt, und sie hat Iran dazu aufgefordert, das Schiff und seine Besetzung unverzüglich freizugeben. Das iranische Vorgehen ist ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die zivile Schifffahrt. Außenminister Maas befindet sich seither in kontinuierlichem und engem Austausch mit seinen britischen und französischen Amtskollegen zu der Frage, wie Europa zur Sicherheit am Persischen Golf beitragen kann. Dazu gehören neben dem britischen Vorschlag einer europäisch geführten Mission zur Lagebilderstellung auf See auch mögliche diplomatische und zivile Ansätze zur maritimen Sicherheit am Persischen Golf, die geeignet sind, auch die Staaten in der Region einzubinden. Wir sind uns einig, dass wir an unserem diplomatischen Ansatz gegenüber Iran festhalten wollen und uns nicht an der US-Politik des maximalen Drucks beteiligen. (…)
Sie wissen vielleicht, dass Frankreich und Großbritannien bereits eine traditionelle Marinepräsenz am Golf haben, auf die deren Überlegungen für eine europäisch geführte Mission am Golf jetzt aufbauen. An diesen Gesprächen beteiligen wir uns intensiv. Die konzeptionellen Überlegungen dazu stehen aber noch am Anfang, und es ist heute noch zu früh, über mögliche Formen einer deutschen Unterstützung oder Beteiligung zu sprechen. Forderungen nach deutschen militärischen Beiträgen waren bisher auch noch nicht Gegenstand dieser Gespräche.
Ungeachtet der Regierungssicht, dass Forderungen nach militärischen Beiträgen der Deutschen Marine bislang kein Thema in den Gesprächen mit den Verbündeten Großbritannien und Frankreich waren, gibt es natürlich längst eine politische Debatte darüber in Deutschland. Die will ich hier nicht im Detail nachzeichnen, weil sie auf noch recht unkonkreter Grundlage stattfindet. Unter anderem wird teilweise aus dem Begriff europäisch geführt auf eine mögliche EU-Mission geschlossen – was allerdings kaum zur Debatte stehen dürfte.
Grundsätzlich allerdings zeichnet sich Widerstand des Koalitionspartners SPD gegen einen Einsatz der Bundeswehr in der Straße von Hormuz ab – und auch in der Union gibt es Vorbehalte, wie der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Johannes Wadephul deutlich machte:
#hormuz : natürlich geht es um das zentrale Prinzip der freien Seewege. Aber weder ist ein internationales Mandat in Sicht, noch ein nachvollziehbarer strategischer Plan der Briten, noch löste ein deutscher Einsatz auch nur im Ansatz den US/Iran suchen Grundkonflikt. @ischinger
— Johann Wadephul (@JoWadephul) July 28, 2019
Nachtrag 30. Juli: Noch am Montag hatte die Deutsche Presse-Agentur mal im Außenministerium in London nachgefragt, und dessen Aussage deckt sich nicht so ganz mit der Behauptung der deutschen Ministerien, es gebe da keine neue Lage:
Nur eine Woche nach Amtsantritt nimmt das Kabinett von Boris Johnson Abstand von einer rein europäischen Militärmission zum Schutz von Handelsschiffen in der Straße von Hormus. Ein „europäisch geführter Ansatz unterstützt von den USA“ sei der beste Weg, erklärte das Außenministerium am Montag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in London.
(Foto: Image of HMS Montrose, accompanying the Stena Important and the Sea Ploeg vessels in the Gulf 25/07/2019 – UK Ministry of Defence/Crown Copyright/MOD News License)
Man stelle sich vor, Deutschland würde nicht auf eine Anforderung warten sondern aktiv einfach selbst etwas nach vorne bringen und andere Nationen einladen… Man stelle es sich einfach mal vor.
pi
Ich sehe weiter keine realistische Wirksamkeit außer bloßem Säbelrasseln und Show of Force durch Kriegsschiffe vor Ort. Analog dazu die Wirksamkeit von Atalanta bei der Pirateriebekämpfung/-prävention. Aber ist natürlich verhältnismäßig kostengünstig, anstatt Manpower in Form von Boardingteams/Marineinfanterie an Bord von Schiffen unter eigener Flagge für die Passage zu haben.
Deutschland tut sich meines Erachtens einen Gefallen sich nicht aktiv an diesen Geleitzugoperationen zu beteiligen.
Gibt es eigentlich keine Bestrebungen SNMGs für diese Geleitzüge heranzuziehen?
Cheers
Flip
„#hormuz : natürlich geht es um das zentrale Prinzip der freien Seewege. Aber weder ist ein internationales Mandat in Sicht, noch ein nachvollziehbarer strategischer Plan der Briten, noch löste ein deutscher Einsatz auch nur im Ansatz den US/Iran suchen Grundkonflikt. @ischinger
— Johann Wadephul (@JoWadephul) July 28, 2019“
– Damit hat Her Wadephul in einem einzigen Satz den Kern der aktuellen Debatte hinsichtlich einer deutschen Beteiligung getroffen. Respekt!
– Das Ziel der Briten ist relativ einfach zu erklären: Sie möchten ganz offensichtlich unter britischer – oder zumindest nicht EU!- Führung europäische Kriegsschiffe für britische Interessen einsetzen. Damit das nach außen nicht ganz so deutlich rüberkommt nennt man das dann eine „europäische Schutzmission“. Der unbedarfte und /oder nur oberflächlich interessierte Überschriften – Leser denkt dabei automatisch an EU-Einsatz und EU-Mandat. Man kann es ja ruhig versuchen, das ist nicht verboten.
– Wie Wadephul richtig andeutet, muss der Fokus aller Maßnahmen – nicht nur der militärischen- darauf liegen, den „Grundkonflikt“ zu lösen und nicht zu „befeuern“.
„noch ein nachvollziehbarer strategischer Plan der Briten“ schreibt Herr Wadephul. Demzufolge gibt einen britischen Plan, nur leider kann er diesen nicht „nachvollziehen“?
@ politisch inkorrekt
„Man stelle sich vor, Deutschland würde nicht auf eine Anforderung warten sondern aktiv einfach selbst etwas nach vorne bringen und andere Nationen einladen… Man stelle es sich einfach mal vor.“
kennen wir doch. Vogelstrauß Prinzip „wir wurden nicht gefragt“. Und bis zu dem Zeitpunkt der „Frage“ bleibt der präfrontale Cortex bezüglich eigener Aktivitäten bzw. Interessen auch abgeschaltet.
Kommt die Anfrage dann bricht panische Hektik und peinliches Lavieren aus.
Dieser Prozess firmiert in Deutschland unter “ Sicherheitspolitik“
Noripour/FAZ:
… Einsatz im Rahmen eines Systems kollektiver Sicherheit wie etwa der EU. „Alles andere als eine EU-Mission würde die Situation weiter destabilisieren
Fein, dann die „Willigen“, logisch mit EU-Hut.
@KPK
Ich weiß nicht, ob Sie den Begriff „Brexit“ schon mal gehört haben?
@wacaffe
Ich denke schon, daß man bei den zuständigen Kommandobehörden Überlegungen anstellt, wie sich Deutschland beteiligen kann. Schließlich muß man im Falle eines Falles auskunftsfähig sein.
@politisch inkorrekt
Es ist Doktrin, daß sich Deutschland nie alleine in einen Einsatz begibt, außer bei MilEvacOp.
@wacaffe
Na, da kann die Welt froh sein, dass wenigstens die USA und GB vorbildliche „Sicherheitspolitik“ betreiben… :(
@ t.wiegold
Systeme kollektiver Sicherheit können doch nach neuer Lesartz auch ad hoc Koalitionen sein. Siehe Syrien/Tornado.
Wäre ergo auch hier sinnvoller weg post Brexit.
Zumal UK in dieser Hinsicht ja möglichst en a an die EU Verteidigungspolitik angekoppelt werden soll und dies auch möchte
[Das ist ja in diesem Fall nicht die Frage – es geht um die heute plötzlich aufgetauchte Meinung, es sei von einer EU-Mission die Rede, von der bislang niemand gesprochen hat. T.W.]
@TW
Die Idee einer Mission unter dem Dach der EU ist doch nicht neu, das war bereits letzte Woche im Gespräch.
[Das sollte mich wundern. Haben Sie einen Link? Die Rede war immer von „European led“, was manche vielleicht gezielt als EU-Mission missverstanden haben… T.W.]
@TW
Nun, vielleicht ist es eine semantische Unschärfe von mir: „European mission“ und „European led mission“. In jedem Fall soll sie sich ja von der US Operation absetzen.
https://www.reuters.com/article/us-mideast-iran-europe-exclusive/exclusive-britain-wins-early-european-support-for-hormuz-naval-mission-idUSKCN1UI2C9
„Given Britain’s plans to quit the EU, the mission will strive to be a looser coalition than that of the bloc’s anti-piracy naval mission, Atalanta, off the coast of Somalia and could also involve non-EU countries such as Norway.“
Andererseits:
https://worldmaritimenews.com/archives/280478/uk-europe-led-maritime-protection-mission-being-formed-to-patrol-hormuz/
Zu klären ist, in wie weit man die Mission mit dem JCPOA verquicken möchte.
Also: Nouripour hat, so weit aus den Nachrichtenfassungen erkennbar, von einer EU-Mission gesprochen. Vorgeschlagen hat keine Regierung und schon gar nicht die Briten eine EU-Mission. Es geht hier nicht um semantische Unschärfen, es geht darum, dass in der öffentlichen Debatte da gerne mal gezielt was missverstanden wird, und das möchte ich hier ungerne mitmachen.
Stimmt, selbst die Briten haben nicht auf einer „EU led mission“ bestanden, wie wohl das immer in den Artikelüberschriften so angegeben wird:
https://www.reuters.com/article/mideast-iran-europe/france-italy-denmark-back-european-led-naval-mission-for-hormuz-diplomats-idUSL8N24O6HI
„… it would not involve the European Union, NATO or the United States directly …“
Interessant, daß es dabei zu einer engeren GBR-FRA Zusammenarbeit kommen soll. Spekulation: vielleicht bereits zur Vorbereitung möglicher Operationen im indischen Ozean bzw. im südchinesischen Meer?
Ein Blick von außen, aus der Schweiz:
https://www.nzz.ch/international/marinemission-am-persischen-golf-berlin-plant-vorerst-zuschauer-der-weltpolitik-zu-bleiben-ld.1498842
Die NZZ ist eher skeptisch, was eine deutsche Beteiligung angeht.
Die Briten liefern Trump zusätzlichen Druck auf den Iran durch bewusste Eskalation vor Gibraltar (war das der erste/einzige Öltanker in dem letzten Jahren?) und im Gegenzug möchte man seine Verhandlungsmasse gegen die EU erhöht sehen (Handelsabkommen USA).
Klar muss es eine EU oder gar UN Mission sein, denn alles andere würde doch entgegen den Verhandlungsinteressen der EU stehen.
Moskau macht seinerseits schon Druck auf den Iran, die Lage nicht zuzuspitzen. Was spricht gegen eine UN Mission?
@T.Wiegolds Unterscheidung EU vs. Europe ist wichtig. Das unterstreicht mal wieder die Qualität des Blogs!
Mit welchen Kräften und Mitteln sollte sich die Bundeswehr, respektive die deutsche Marine, denn an einer solchen Mission beteiligen können? Also über den Umfang von UNMHA (Jemen) hinaus? Ich erinnere mich, daß der Wehrbeauftragte des Bundestages letztes Jahr dringend empfohlen hat, die Auslandseinsätze der Marine alle zu beenden. Wegen der zu hohen Dauerbelastung, fehlenden einsatzbereiten Schiffen und hohem Verschleiß von Personal und Technik. Hat die deutsche Marine überhaupt noch Kapazitäten, neben SNMG 2, Atalanta und Unifil, plus Ausbildungsbetrieb, plus turnusmäßiger Wartung, plus dem Unfallschaden der „Sachsen“? Reale, nicht zurechtgeschönte auf dem Papier?
Die Berliner Morgenpost berichtete letzte Woche über Entscheidungskriterien des Außenministers („Schickt die Regierung deutsche Kriegsschiffe an den Golf?“, online verfügbar) neben der Manadatierung durch VN oder EU (!) sei es wichtig ob es sich um eine reine „Aufklärungsmission oder im Notfall auch um einen Kampfauftrag handele“.
Das wiederum würde zu den Aussagen der Ministerin zu Einsatzregeln in der Regierungserklärung passen.
Im Notfall ist sowas auf hoher See eben ein Kampfauftrag.
@Mitleser: Der Hausherr hat doch hier über die Selbsteinschätzung der Marine zur Lage geschrieben.
https://augengeradeaus.net/2019/07/schlange-stehen-vor-der-werft-das-beispiel-fregatte-brandenburg/
Der Plan der Briten besteht anscheinend darin, Verbündete zu gewinnen, die die Arbeit der Briten erledigen.
Das alles natürlich unter britischer Führung und ohne jegliches UN Mandat oder NATO Einsatz. Also im Prinzip gegen das Recht.
Irgendwie fällt einem dazu wenig ein.
Jeder weiss, dass die Briten einen Mangel an Kriegsschiffen haben, weil ihr Geld und Personal in die Flugzeugtäger QE und PoW investiert wurde. Nur selber haben sie anscheinend noch nicht bemerkt, in welcher Liga sie tatsächlich spielen.
Zur Idee selber:
Das ist der erste Schritt in einen Krieg gegen den Iran.
Ich gehe so weit zu sagen, dass selbst ein sehr unwahrscheinlicher Fall eines versenkten Tankers oder Frachters keinen Krieg gegen den Iran rechtfertigen würde.
Die Folgen wären ungleich größer.
Von daher:
Zurück an den Verhandlungstisch und dringend mit dem Säbelrasseln aufhören.
@all
Oben steht eine Neufassung.
Wurden denn außer britischen Schiffen auch noch andere festgesetzt?
Welche Strategie verfolgt denn der Iran hier? Ist das wirklich ein testing-the-waters, um zu sehen, wie weit sie gehen können mit dem Werkzeugkasten ihrer Druckmittel im regionalen Machtkampf? Oder geht es um einen Versuch die Fronten zu klären im US-Iran-Konflikt, um zu sehen wo der engste Verbündete der USA steht, ob der Spalt groß genug für einen Keil ist? Oder war das vielleicht einfach ein simples tit-for-tat, eine Retourkutsche für die Festsetzung des iranischen Tankers bei Gibraltar?
Der Iran steht unter einem internationalen Embargo, und die Hebel des Iran Gegendruck aufzubauen sind zwar asymmetrisch, aber sie sind vorhanden. Aus einer potentiellen Drohung eine echte zu machen, beinhaltet allerdings immer die Gefahr, dass jemand beim Poker “mit geht” / “sehen will” / versucht den Bluff zu callen.
Was, wenn wir es nicht tun? Wir lassen eine Verschiebung der Grauzone zu, die solche militärischen Mittel wieder als akzeptierte Mittel internationaler Politik erscheinen lässt. Aber das gleiche Problem haben wir ja schon an anderer Stelle: die Chinesen machen ihre “testing-the-waters” Spielchen der sub-akuten Eskalation schon seit Jahren in den diversen Inselstreiten im Südchinesischen Meer. Die Russen machen es im Asowschen Meer. Kanonenbootpolitik an sich wurde ja schon immer durch die Kolonialmächte gemacht, ebenso wie Seeblockaden, Kämpfe um Meerengen und Kanäle.
Die Freiheit des Seehandels ist vielleicht kodifiziert in internationalen Verträgen, aber wie lange und extensiv sie tatsächlich existiert, hängt vom “neutralen” Verhalten der dominierenden Seemacht ab. Benutzt diese ihr Monopol allzu eigennützig, regt sie die Bildung einer Seemacht bei ihren potentiellen Rivalen an. Ich kann mir jetzt gerade nicht vorstellen, dass der Iran einen chinesischen Tanker festsetzen würde. Soviel zur “Internationalität” der Bedrohung. Andererseits: warum nicht? Gäbe China einen Vorwand selber in ein Policing ihrer Handelswege weiter zu forcieren – ist aber wohl noch jenseits ihrer Ambitionen und vor allem Möglichkeiten. In Anbetracht dessen, dass die USA mittlerweile durch das Fracking Exporteure von Kohlenwasserstoffen geworden sind, entfällt aber plötzlich einer der Hauptbegründungen für ihre Präsenz und Vormachtstellung im Nahen Osten gegenüber dem heimischen Publikum.
Was ich damit sagen will: wie man eine Situation beurteilt (- auch gerade in der Presseöffentlichkeit) hängt immer vom gewählten Frame ab. Wie die Politik die Möglichkeiten der Intervention einschätzt, hängt von den vorhandenen (See-)Machtmitteln ab, und wieweit man bereit ist “full-in” zu gehen, oder aber sich eine weitere Eskalationsreserve vorbehalten möchte. (Die einzigen, die wirklich nennenswerte Eskalationsreserven haben, sind m.E. die USA, der Iran und vielleicht noch Saudi-Arabien und Israel).
Was wenn wir es also tun? Wir gehen mit, wollen sehen. Karten auf den Tisch.
Das tatsächliche Interesse an der Verhinderung einer Eskalation ist doch weltweit, da ein Hochschiessen des Ölpreises die nächste Rezession triggern würde, um nicht zu sagen den nächsten Meltdown der Weltwirtschaft, und des viel zu hochgetürmten Finanzkapitalismus. Kann mir gerade nicht vorstellen, dass wir da im Moment wirklich “sehen wollen” / die Karten auf den Tisch wollen, wenn doch das hoch-pokern gerade noch so gut läuft!^^
@T.W.:
Die Meldungen zu einer Truppenstellerkonferenz bei CENTCOM Ende letzter Woche (https://www.defense.gov/explore/story/Article/1915254/centcom-to-host-maritime-security-force-generation-conference/) kann ich nun durch ihre Neufassung richtig einordnen.
Wie jedes Mal bei solchen Themen ist die offizielle Sprachregelung erneut sehr reaktiv. Auch 5 Jahre nach all den Reden in München.
Die deutsche Teilnahme an einer solchen Konferenz und die grundsätzliche Bekundung anderer Verbündeter zur Teilnahme passt nicht zur Regierungssicht, dass es seit Mittwoch letzter Woche keine neuen Informationen gibt und keine Forderungen nach militärischen Beiträgen erfolgt sind:
„Ungeachtet der Regierungssicht, dass Forderungen nach militärischen Beiträgen der Deutschen Marine bislang kein Thema in den Gesprächen mit den Verbündeten Großbritannien und Frankreich waren (…).“
Wie jedes Mal das alte Spiel:
Es liegt uns keine offizielle (!) Anfrage vor.
Wobei man ja nie definieren konnte wie eine solche Anfrage aussehen soll, wenn sie offiziell ist.
Das übliche Berliner Nebel werfen.
Norbert Röttgen plädiert als europäische Antwort für eine europäische Marinemission. Aufklärung oder auch Eskorten von Handelsschiffen seien denkbar. Lage-Aufklärung sei nicht mal Mandatspflichtig, Parlamentsbeteiligungsgesetzt wird nicht berührt.
https://www.deutschlandfunk.de/europa-und-iran-frage-des-nuklearabkommens-gibt-kein-recht.694.de.html?dram:article_id=454948
Was noch mehr Aufklärung, zur See/in der Luft, dort praktisch bewirken soll, muss erklärt werden.
Gibt es derzeit eine Seestraße, die enger seitens westlicher See- und Luftstreitkräfte aufgeklärt wird als die Straße von Hormus?
Allein schon die Fünfte Flotte der U.S. Navy bringt zureichende Aufklärungskapazitäten in die Luft/in die See. Briten, Franzosen und die Emirate sind präsent. Keine Quadratseemeile, die nicht 24/7 aufgeklärt wird.
Deutsche Marine/Luftaufklärung, wozu dann eigentlich, außer der Bezeugung, ja, wir sind dabei! Zudem, nach der Aufklärung folgt der Einsatz zur Ausschaltung einer Bedrohung, so diese erkannt ist, dazu braucht es Kräfte. Daher, entweder sind wir mit Seestreitkräften dabei, oder wir lassen es besser sein. Feigenblattmissionen zur Gesichtswahrung, nicht allein unwürdig angesichts dessen was das UK braucht, auch überflüssig.
@Der Realist
Danke. Dieser Blickwinkel hätte mein aller erster sein müssen: mehr europäische Assets in die Region zu bekommen, dient dazu sicherzustellen, dass bei “Ausbruch” des heißen Krieges dann auch wirklich alle dabei sind.
“It’s a trap!” Ein Gefallen der Briten für ihren großen Bruder.
Die USA und UK müssen klar werden, dass das so nicht läuft: wir haben Null Interesse an militärischer Intervention.
Das müssen doch sogar die Leute im konservativen Spektrum sehen: noch ein Krieg bedeutet noch mehr Flüchtlinge.
Von den Auswirkungen eines hohen Ölpreises auf die Weltwirtschaft ganz zu schweigen: da braucht man keine “schwarzen Schwäne”, da reichen auch schon ein paar Falken in der Regierung, und ein paar überinterpretierte Solidaritätsbekundungen in Form von Entsendung eigener Einheiten.
@KPK:
Die Argumentation bezüglich der nicht notwendigen Manadatierung aufgrund des Aufklärungsauftrages ist mit Blick auf das „AWACS II“-Urteils des BVerfG nicht so einfach wie im Interview mit Dr. Röttgen suggeriert wurde:
„Hat der Einsatz dagegen ein eigentliches militärisches Gepräge, weil es ihm etwa darum geht, ein Territorium oder bestimmte Objekte vor Angriffen zu schützen, und deuten die näheren Umstände auf eine unmittelbar bevorstehende Verwicklung in Kampfhandlungen hin, so liegt eine Einbeziehung in eine bewaffnete Unternehmung auch dann vor, wenn die am Einsatz beteiligten Soldaten der Bundeswehr zwar selbst unbewaffnet sind, aber als wesentlicher Teil des den bewaffneten Einsatz durchführenden integrierten militärischen Systems handeln.“
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2008/05/es20080507_2bve000103.html
Es kommt also sehr darauf an in welchem Kontext deutsche Soldaten eingesetzt sind und deutlich weniger wie deren Auftrag ist.
Und rein praktisch schadet mehr Aufklärung ja nie.
Hat schon jemand Horst Köhler zu dem Thema gefragt?
Ich sehe keine Mehrheit im Bundestag für einen BW-Einsatz im Golf; erst recht nicht vor dem Hintergrund einer in absehbarer Zeit zu erwartenden Grünen Regierungsbeteiligung.
Endlich: „… auf eine multinationale Task Group unter US-Kommando reduzieren …“
Es kehrt Nüchternheit ein und die Erkenntnis, ohne U.S. Kräfte im Raum, in erster Linie die „Fünfte Flotte“, geht gar nichts.
Europäische Marinen sind mangels Stützpunkten und Trägern weder zu Luftaufklärung noch Schutz aus der Luft befähigt.
Die Erkenntnis von Dominic Raab „Es sei zweifelhaft, ob eine solche Mission ‚ohne Hilfe der Amerikaner‘ möglich sei“ beweist wieder einmal, Power Projection in strategischem Maßstab, nichts für Europa, dann noch aus britischem Mund.
Wie desillusionierend für EUropäische Sicherheits-, Verteidigungs- und Außenpolitik.
@Klaus-Peter Kaikowsky sagt: 29.07.2019 um 19:17 Uhr
„Norbert Röttgen plädiert als europäische Antwort für eine europäische Marinemission. Aufklärung oder auch Eskorten von Handelsschiffen seien denkbar.“
…Was noch mehr Aufklärung, zur See/in der Luft, dort praktisch bewirken soll, muss erklärt werden…Gibt es derzeit eine Seestraße, die enger seitens westlicher See- und Luftstreitkräfte aufgeklärt wird als die Straße von Hormus?“
– Da gebe ich Ihnen zu 100 Prozent Recht. Wie Sie richtig festgestellt haben, braucht es dort wahrhaftig keiner deutschen „Aufklärungskräfte“, um das Lagebild in der Straße von Hormuz zu erstellen. Für was soll eigentlich das Lagebild erstellt werden?
– Diese Aussagenvon Herrn Röttgen sind reine und bewußte Verwischung der Realität, man könnte auch sagen „Nebelkerzen“, um über die Medien den Bürgern eine „quasi-Nichtbeteiligung“ an einem tatsächlichen militärischen Einsatz zu suggerieren. Herr Röttgen suggeriert damit etwas, was nicht der Realität entspricht. Das ist in meinen Augen unwürdig, weil unehrlich gegenüber der Öffentlichkeit!
„Lage-Aufklärung sei nicht mal Mandatspflichtig, Parlamentsbeteiligungsgesetzt wird nicht berührt.“
Auch diese Aussage von Herrn Röttgen muss näher erklärt werden. Wieso ist der Einsatz von deutschen Aufklärungskräften im Golf von Hormuz im Rahmen einer internationalen „Coalition of the willing“ kein Einsatz und bedarf keiner Beteiligung des Parlaments? Der „Nichteinsatz“ hat ja dann auch ganz konkrete rechtliche und finanzielle Folgen für die dann nicht im Einsatz befindlichen Soldaten. Das sind doch Taschenspielertricks!
– Ich habe mir das ganze Interview von Herrn Röttgen durchgelesen. Für ist es erschreckend wie lapidar er die komplexe Situation in „schwarz-weiß“ einteilt und ganz offensichtlich zu einer mehr differenzierten Sicht der Situation nicht in der Lage ist oder nicht dazu bereit ist. Da lobe ich mir den oben zitierten Satz von Herrn Wadephul. Der hat in meinen Augen in diesem einen Satz mehr substanziellen Inhalt zu dem Thema geliefert als Herr Röttgen in dem langen Interview.
@ Klaus-Peter Kaikowsky:
Da Sie offensichtlich Kenntnisse über die Aufklärungsaktivitäten in der Straße von Hormuz haben eine ernstgemeinte Frage: Stehen die Ergebnisse dieser Aufklärung denn der Bundesrepublik Deutschland auch ungefiltert zur Verfügung? Falls nein, wäre die erste Stufe des Einstiegs der deutschen Marine ja wohl sowieso in der Tat eine unabhängige Beschaffung von Informationen. Bevor man sich auf weitere Abenteuer einlässt. Ein Flottendienstboot würde maximale Information bei minimaler Offensivbedrohung liefern. Andererseits ist natürlich auch die Verteidigungsfähigkeit sehr eingeschränkt….
Aus meiner Sicht sollten Frankreich und Deutschland sich aus der Straße von Hormus raushalten.
1. Frankreich pflegt gute Beziehungen zu dem Iran (historisch gesehen).
2. Der Iran Importe viele Jahre vor den Sanktionen viel aus Deutschland (einer der wichtigsten Handelspartner für den Iran war Deutschland).
3. GB und der Iran können die Schiffsangelegenheit vor Gericht klären.
4. USA, GB und Saudi Arabien haben historisch schlechte Karten bei den Persern.
An der Seite von den Amerikanern, den Briten oder den Saudis kann es daher nur nach hinten losgehen.
Das Ganze nur aufgrund eines Wirtschaftskrieges zwischen USA und dem Iran (bzw. gegen alle). GB kann sich nicht auf EU-Mission berufen und gleichzeitig aus der EU austreten wollen (bis Nov 2019).
Die EU bzw. die UNO hätten vor Jahren ein Krieg in Jemen zwischen Iran und Saudi Arabien verhindern müssen, stattdessen wurden Waffen verkauft.
Wer Krieg verhindern möchte, der sollte Wirtschaft zwischen Gegnern herstellen, damit man gegenseitig abhängig wird. Alles andere wird auf lange Sicht nicht funktionieren.
Nur zur Erinnerung: Die USA haben ohne Not das Atomabkommen gekündigt und eine Krise heraufbeschworen,Die Briten haben einen iranischen Tanker gekapert und festgelegt. Es ist eigentlich nicht zu vermitteln ,warum sich die Eu ,speziell Deutschland in diese
Zündelei verwickeln lassen soll.Soll jetzt wieder das Spiel,wie beim Irak angezettelt werden? Kriegstreiberei sollte eigentlich nicht
auf der Agenda der EU stehen.
H.Rosendahl Stuffz d.R.
So sympathisch ich den FRA-le Dren Ansatz fand, so sehr hoffe ich, dass DEU Marine sich nicht in die US-Operation einbindet und zB. IRN in dessen Gewässern aufklärt.
Denn nach Art. 19 und 25.2 UNCLOS bzw. 14.4 und 16.2 Genfer Seerechtskonvention wäre sowas wohl keine friedliche Durchfahrt mehr und IRN völkerrechtlich berechtigt die Durchfahrt “mit den erforderlichen Mitteln”, also zur not auch militärisch, zu verhindern.
Im Grundsatz ist es ja zu begrüßen, dass eine politische Debatte über das Thema stattfindet. Und ich finde diese Diskussion sogar recht sachlich. Befürworter und Gegner finden sich sowohl bei CDU, SPD und Grünen. Die Linke ist sowieso dagegen, FDP und AFD werden kaum wahrgenommen.
Sorgen bereiten mir weniger die Fragen der rechtlichen und politischen Einordnung. Die werden ja von den jeweils Zuständigen aktuell hinreichend geführt. Sorgen bereiten mir die Möglichkeiten der Bundeswehr, die wir auch noch bereit sind einzusetzen. Aufklärung ist in einer Koalition nicht erforderlich (wurde von anderen Kommentaren hinreichend erläutert), Sanität steht aktuell nicht im Vordergrund und ansonsten haben wir aktuell nicht viel zu bieten, das gefragt sein könnte.
Vielleicht hätten wir unser ehemaliges Staatsoberhaupt Köhler nicht einfach in der Luft zerreißen sollen, sondern einfach nachdenken und planen sollen. Die Frage, was wir mit 1,5 oder 2% BSP machen wollen würde sich dann nicht stellen.
Aktuell kann die Bw nur hoffen, dass man sich nicht auf einen Einsatzauftrag einigen kann.
Die Bundesregierung teilt die Auffassung, dass es sich bei der schwedisch bereederten Stefan Impero um einen „britischen Tanker“ handle. Als Ausweis dessen wird die Beflaggung genommen. Der Flaggenstaat aber bietet heute nur noch eine Geschäftsgrundlage für die erforderlichen Versicherungen, es ist nur Geschäftskalkül, in wessen staatliches Register ein Schiff eingetragen wird.
Wenn nun ein Mandat für militärisches Schutzgeleit erarbeitet wird, stellt sich die Frage, welche Schiffe angesichts der äußerst knappen Ressourcen ein Geleit erhalten sollen. Periodisierung ist unausweichlich. Eigentlich müsste sich die Marine des größten Flaggenstaates, d.i. Panama, hinzugezogen werden – ersatzweise mit Geldleistungen.
Ich hielte deswegen eine Erörterung dessen, was ein geeigneter Maßstab für die „Nationalität“ eines Schiffes ist, angesagt – eigentlich unausweichlich. Die Auffassung, dass die Flagge die Nationalität anzeige, halte ich eher für ein romantisches Relikt des 19. Jahrhunderts.
@ Memoria sagt: 29.07.2019 um 19:07 Uhr
– Vielen Dank für Ihren aufschlussreichen Link. Leider habe ich den Text erst jetzt gelesen.
– Ich habe dem Artikel vom 24.07. Folgendes entnommen, Zitat des US chairman of the Joint Chiefs of Staff aus diesem Link:
…the chairman said. „I view this as a European contribution to maritime security that would be complementary — if not integrated — with what the United States is doing.“
Mit anderen Worten, bereits am 24.07 war klar, dass die USA eine EIGENSTÄNDIGE europäische Task Force als nicht hilfreich ansehen würden. Und damit war es nie eine Option.
Weiteres Zitat von General Dunford:
„This is nothing new for U.S. forces afloat in the Persian Gulf, Dunford noted. The United States and the United Kingdom already have ships in the region and are sharing domain-awareness intelligence, so to an extent, he said, this is already happening.“
– Mit anderen Worten, es geht nur darum, zu den bereits existierenden US-geführten Verbänden zusätzliche „assets“ anderer Nationen hinzuzufügen, um einen breiteren internationalen „Anstrich“ für diese US/UK-geführte Kampfgruppe zu erhalten.
– Es wird aus den Worten auch klar, dass an „domain- awareness intelligence“ nicht unbedingt ein Mangel herrscht. Wenn man sich auf der Homepage des USNAVCENTCOM (Link unten) mal die bereits jetzt verfügbaren TASK FORCES anschaut, dann fragt man sich ernsthaft, wie Herr Röttgen auf die Idee gekommen ist, deutsche „Aufklärungskräfte“ könnten einen wesentlichen zusätzlichen Beitrag leisten. Sicherlich hilft ein zusätzliches Aufklärungsflugzeug auf der taktischen Ebene immer, es macht aber keinen großen Unterschied für die Operationsführung.
– Das wesentliche Ziel dieser Initiative ist es in meinen Augen, soviele Flaggenstaaten wie möglich (Stichwort: internationale Gemeinschaft) in eine US/UK-geführte Koalition zu bekommen.
https://www.cusnc.navy.mil/Task-Forces/
– Die US- (Commander) / UK- (Deputy Commander) geführten COMBINED MARITIME FORCES (CMF) in Bahrein bieten die Command and Control – Arrangements für diese „neue“ Initiative, die wir hier debattieren.
https://www.cusnc.navy.mil/Combined-Maritime-Forces/
https://www.cusnc.navy.mil/Leadership/Deputy-Commander-CMF/
Aus meiner Sicht gilt für die politische Debatte nach wie vor der Satz von Herrn Wadephul als Leitlinie für eine Entscheidung zur deutschen Beteiligung/Nichtbeteiligung:
„…weder ist ein internationales Mandat in Sicht, noch ein nachvollziehbarer strategischer Plan der Briten, noch löste ein deutscher Einsatz auch nur im Ansatz den …Grundkonflikt.“
@stadtpark:
Cui bono?
Dadurch dass der Ölpreis steigt, verbessern sich die Marktchancen für Flüssiggas aus den USA.
@ Landmatrose 3000
„Denn nach Art. 19 und 25.2 UNCLOS bzw. 14.4 und 16.2 Genfer Seerechtskonvention wäre sowas wohl keine friedliche Durchfahrt mehr und IRN völkerrechtlich berechtigt die Durchfahrt “mit den erforderlichen Mitteln”, also zur not auch militärisch, zu verhindern.“
mit Verlaub, aber Sie sehen hier isoliert nur einen Teilaspekt der Seevölkerrechtsordnung. Der Jurist legt nicht nur nach Wortlaut sondern auch nach diversen andereren Methoden aus, abgesehen davon sind hier weitere Rechtsquellen (Gewohnheitsrecht usw) zu berücksichtigen.
Eine Mission, die als Reaktion auf Haftminenangriffe, fragwürdeige Kaperungen etc. zum Schutz der Schiffahrt erfolgt dürfte kaum als „nicht friedliche Durchfahrt“ klassifiziert werden.
Mal abgesehen davon müssten beide Seiten sich einer Jurisdiktion unterwerfen, die eine etwaige Rechtswidrigkeit überhaupt feststellen kann. Das ist im Falle des Irans aber nicht der Fall. SRÜ nicht ratifiziert.
LEtzlich kann die rechtliche Frage insofern offen bleiben und man ist wieder bei der strategischen bzw. politischen Sinnhaftigkeit.
Die rechtliche Frage ist in dieser Causa nicht entscheidungserheblich
Das Bundesheer hat ein gutes Video auf Youtube zum aktuellen Thema vor Monaten veröffentlicht.
https://www.youtube.com/watch?v=Sgfk4QaoWNc
@all
Da es etliche gleichlautende Kommentare dazu gibt: Die dpa-Meldung zu einer Anfrage der USA nach deutscher Beteiligung an einer Schutzmission in der Straße von Hormuz kenne ich natürlich auch
Krise im Golf: USA bitten Deutschland um Teilnahme an Militäreinsatz
und bemühe mich erst mal um Klärung, was da wo eingegangen ist und vor allem, wie diese Anfrage konkret aussieht. Die zitierte Aussage der Botschaftssprecherin „Wir haben Deutschland förmlich gefragt, zusammen mit Frankreich und Großbritannien bei der Sicherung der Straße von Hormus mitzuhelfen und iranische Aggression zu bekämpfen“, lässt viel Interpretationsspielraum; nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass es vergangenen Donnerstag dazu eine Truppenstellerkonferenz beim U.S. Central Command gab.
@Pete
„noch löste ein deutscher Einsatz auch nur im Ansatz den …Grundkonflikt.“ (Wadephul)
Das ist beruhigend, der Michel bleibt liegen, wer sich bewegt, hat ohnehin verloren.
Erscheint es denkbar dass eine maritime Schutzmission/Hormus nur Schifffahrt schützen soll? Da Konsens ist, dass Militärisches nur äußerst selten politische Konflikte löst, ist dergleichen auch nicht angedacht, von niemandem.
Dieser Grundkonflikt USA – IRAN, der sich bis hin zum Putsch gegen den Premierminister Mossadegh 1953 zurückdatieren ließe, ist generell nur im diplomatischen Gespräch lösbar.
Bis das – irgendwann und ielleicht – der Fall sein wird, überlässt die Gilde der Öl-Abhängigen Hormus also dem Iran?
Wenn ich mir den Großteil der Kommentare hier anschaue schäm ich mich immer mehr deutscher Soldat zu sein. Wusste nicht das uns mittlerweile der Iran und andere Schurkenstaaten näher sind als unsere Verbündeten GB , USA usw. Kein wunder das wir nicht mehr als verlässlicher Partner wahrgenommen werden. Schließlich sind wir als Exportnation der Hauptprofiteur von freien Handelswegen, aber dafür einsetzen wollen wir uns natürlich nicht.
@Fernspäher
So ist es. Wir wurden erfolgreich gehirngespült.
@Klaus-Peter Kaikowsky
„Erscheint es denkbar dass eine maritime Schutzmission/Hormus nur Schifffahrt schützen soll?“
– Grundsätzlich JA. Im speziellen ist es allerdings mehr als fraglich, ob es im Moment eines solchen „Schutzes“ bedarf.
– Die Kaperung des britischen Schiffes war eine klare Reaktion auf die vorher durch UK erfolgte Kaperung des mit iranischem Öl beladenen Schiffes.
– Es gibt derzeit überhaupt keine Anzeichen, dass der Iran willkürlich die Straße von Hormus sperren möchte und auch nicht dafür, dass er willkürlich europäische Handelsschiffe kapern möchte. Also, erst mal ruhig bleiben. Es ist ja bis auf den britischen Fall nichts passiert. Und mit Verlaub, die Briten haben nicht klug gehandelt als sie in der Straße von Gibraltar tätig wurden.
@Wacaffe
„Der Jurist legt nicht nur nach Wortlaut sondern auch nach diversen andereren Methoden aus, abgesehen davon sind hier weitere Rechtsquellen (Gewohnheitsrecht usw) zu berücksichtigen.“
– Im Gegensatz zu @Landmatrose haben Sie, auf seine dezidierten Quellenangaben nicht mit einem einzigen rechtlichen Bezug – bis auf Gewohnheitsrecht, was hier nicht zieht- geantwortet.
– Was meinen Sie mit den „diversen anderen Methoden“, die der Jurist beachtet?
„Die rechtliche Frage ist in dieser Causa nicht entscheidungserheblich“
Die rechtliche Frage ist be JEDEM Einsatz der Bundeswehr „entscheidungserheblich“. Schon überraschend, dass Sie denken, die rechtliche Legitimation bei einem Einsatz von Streitkräften sei nicht „entscheidungserheblich“. Nur rudimentäre Kenntnisse des Völkerrechts, des Grundgesetzes und des deutschen Soldatengesetzes sind erforderlich, um das zu erkennen.
@Fernspäher sagt: 30.07.2019 um 13:59 Uhr
„Wenn ich mir den Großteil der Kommentare hier anschaue schäm ich mich immer mehr deutscher Soldat zu sein.“
Es gibt überhaupt keinen Grund sich als deutscher Soldat zu schämen, wenn das nationale Interesse und die rechtliche Zulässigkeit vor einem Einsatz der Bundeswehr geprüft und kontrovers debattiert werden. Man nennt so etwas „Demokratischer Rechtsstaat“. Wenn es nicht statt finden würde, dann sollten Sie als Soldat nachdenklich werden.
Deutschland ist als Exportnation essentiell auf freie Handelswege angewiesen, viel mehr als beispielsweise die USA.
Wenn Staaten wie der Iran merken, dass man sich einzelne Länder wie Großbritannien “ herauspicken“ kann, ohne dass es zu solidarischen Schutzaktionen der Europäer und der USA kommt , werden Aktionen wie die iranische Tankerkaperung eher zunehmen. Wenn sich Europa und die USA spalten lassen ist das ein Fest für alle Autokratien- mit zukünftig düsteren Aussichten für das aussenpolitisch allein sehr schwache Deutschland.
@wacaffe sagt:30.07.2019 um 12:23 Uhr
„LEtzlich kann die rechtliche Frage insofern offen bleiben und man ist wieder bei der strategischen bzw. politischen Sinnhaftigkeit. Die rechtliche Frage ist in dieser Causa nicht entscheidungserheblich“
Ach nein? Brauchen wir jetzt kein internationales Recht mehr? Wir nehmen einfach die Sichtweise der USA als geltendes Völkergewohnheitsrecht und der Kittel ist geflickt? Wir wissen ja jetzt, dank einiger Kommentatoren, das wir die Guten und der Iran, China und Russland Schurkenstaaten sind, dann ist ja alles klar. Da muss man dann auf internationales Seerecht, Völkerrecht etc. auch keine Rücksicht nehmen.
Manches Rechtsempfinden finde ich schon sehr – seltsam.
Und wie wird jetzt der „Grundkonflikt“ gelöst? Die Wurzel allen Übels?
@Ökonom
seltsame Auffassung die sie da zu Flaggstaaten vertreten. Die Stena Impero IST ein Schiff der britischen Handelsflotte, ganz gleich wer der Eigner ist und wer das Schiff bereedert und wer das Schiff gechartet hat. Hier hätten wir mindestens 3 Parteien die unterschiedlicher Nation sein können. Um eben eine Zugehörigkeit/Zuständigkeit festzulegen gibt es die Flaggstaaten und das Führen der Flagge eines Staates geht auch mit Pflichten einher, die der Eigner/Reeder/Vertragsreeder zu erfüllen hat. Selbstredend ist die Wahl der Flagge ökonomisch beeinflusst, sehe ich nichts verwerfliches bei.
FYI selbst Luxemburg und die Schweiz sind Flaggstaaten und können somit in den UNO Organisationen wie der IMO mitreden und mitgestalten. Genau dafür ist die Handelsflotte unter anderem relevant.
Cheers
Flip
@Fernspäher sagt: 30.07.2019 um 13:59 Uhr
„Wenn ich mir den Großteil der Kommentare hier anschaue schäm ich mich immer mehr deutscher Soldat zu sein.“
Wenn für Sie Grundvoraussetzung für einen Verbündeten ist, immer und überall, zu jedem Preis ohne kritische Betrachtungsweise unbedingt dabei zu sein, koste es, was es wolle, ja dann, dann müssen Sie sich weiterschämen. Ich dachte, dieses Stadium haben wir mit Weltkrieg II hinter uns gelassen.
Wenn die USA in Person ihres Präsidenten sich auf internationalem diplomatischen Parkett nicht so unsagbar dämlich anstellen würde, wäre die Situation in der Straße von Hormus entspannt, der Iran würde über die Atombombe nicht nachdenken, weil ihm die AEAO permanent auf die Finger schaut, die Wirtschaft brummt und alles wäre toll. Aber nein, Trump-el muss sich ja wieder wie der letzte Schulhof-Bully aufführen, was er ja gerne macht. Seine Erfolge bisher – kaum messbar, US-Verlust an Ansehen in der Welt – immens. Und da soll Deutschland mitmachen? Kann man fordern – aber nicht ernsthaft.
@Fernspäher
Ein Einsatz von Schiffen der Marine dient in wie fern unseren Interessen und ist wie effektiv? Man muss nicht immer blind den USA und UK folgen, um deren Gegner gleich nahe zu stehen.
Schickt Frankreich eigentlich Schiffe für diesen UK/Europa Verband?
Ich glaube so mancher überschätzt hier auch die Größe der Tankerflotte unter Deutscher Flagge, Stand Juni sind 19 Mineralöltanker im ISR (Internationales Seeschiffsregister) eingetragen. Bezweiflge weiterhin, dass sich dafür ein Einsatz von Schiffen der Marine lohnt oder etwas bringt.
Cheers
Flip
@Flip
Die letzten vier Wochen war/ist das Thema die internationale freie Seefahrt, von deutscher habe ich niemanden sprechen hören.
„Die Straße ist das wichtigste Nadelöhr für den Ölexport nach Japan, Westeuropa und in die USA. Tanker mit 16,5–17 Millionen Barrel Öl (2004; 25 Prozent des Weltölverbrauchs, 2013; 40 Prozent des Weltölverbrauchs) im Wert von 800 Millionen US-Dollar durchfahren sie täglich. Dazu existieren als internationale Schiffsrouten zwei jeweils 3 Kilometer breite und 35 Kilometer lange „virtuelle Boxen“ für den ein- und den ausgehenden Verkehr (Verkehrstrennungsgebiet)“. http://www.lexas.de
Die freie Durchfahrt ist nach dem Seerechtsübereinkommen der UNO geregelt, dass der Iran aber nie ratifizierte. Um deutschd Schiffe geht es richtigerweise kaum, aber um Freiheit der Meere zum Vorteil aller und Stop der Staatspiraterie.
Die IRN Peschmerga gebären sich als Prisenkommando mit Kaperbrief, das geht gerade Deutsche an, deren Wohlstand über See ins Land kommt!