Nun auch Druck der US-Militärs: Gegen chinesische Technik in deutschen Mobilfunknetzen

Nach dem politischen Druck der USA auf Deutschland, beim Ausbau des künftigen Mobilfunknetzes nach dem 5G-Standard auf Technik chinesischer Unternehmen wie Huawei zu verzichten, wird gleicher Druck jetzt auch von militärischer Seite aufgebaut. Der NATO-Oberbefehlshaber und Kommandeur der US-Truppen in Europa, General Curtis Scaparotti, bezeichnete insbesondere die deutschen Pläne als ein Sicherheitsrisiko: Das hätte eine kritische Bedeutung für unsere Fähigkeit, überhaupt mit ihnen zu kommunizieren.

In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass der US-Botschafter in Berlin eine Einschränkung des Austauschs von Geheimdienstinformationen mit Deutschland angedroht hatte, wenn chinesische Technik im künftigen Mobilfunknetz in Deutschland zum Einsatz kommen sollte.

Scaparotti äußerte sich am (gestrigen) Mittwoch in einer Anhörung des US-Verteidigungsausschusses, zusammen mit der amtierenden stellvertretenden Verteidigungsministerin für internationale Sicherheit,  Kathryn Wheelbarger. Aus dem Transkript der Anhörung:

MIKE GALLAGHER [Republican]: I didn’t want to pull the string on the earlier line of questioning, General Scaparrotti, help us tease out sort of the operational implications of companies like Huawei and ZTE signing contracts with Germany or take your pick, European allies. Just what does that actually mean from an operational perspective, how does it affect you as a theater commander?

SCAPARROTTI: Well, we’re concerned about their telecommunications backbone being compromised in the sense that particularly with 5G, the bandwidth capability and the ability to — to pull data is incredible.

And with that system you also tend to get an Internet of things. So its influence is much greater. This is — this is a big difference from 4G and because of that, it would have critical impact on our ability just to communicate with those nations, some of which are NATO nations. Now secondly, if it also was inside of their defense communications then were not going to communicate with them across the division defense communications. And for the military that would be a problem.

GALLAGHER: Are there ways to mitigate that problem from your perspective besides convincing them not to sign those contracts in the first place?

SCAPARROTTI: Probably best to ask to someone that does this, but to my knowledge right now, to be sure that we have a secure system, I don’t know of one.

GALLAGHER: Ms. Wheelbarger, do you have anything to add to that?

WHEELBARGER: Yes. Having looked into Huawei quite a bit a few years ago, I realized the challenges of even having a mitigation plan or strategy for the 4G infrastructure given the sort of generational shift that it is between 4G and 5G. I am not aware of something that would give us the kind of security we would need to mitigate the challenges this would impose on us.

Der Vollständigkeit halber hier auch zur Dokumentation die Reaktion der Bundesregierung auf die Ankündigung des US-Botschafters – und offensichtlich noch nicht in Kenntnis der Aussagen des NATO-Oberbefehlshabers. In der Bundespressekonferenz ebenfalls am Mittwoch äußerten sich die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer, Eleonore Petermann vom Bundesinnenministerium, Korbinian Wagner vom Bundeswirtschaftsministerium, Ingo Strater vom Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und Rainer Breul vom Auswärtigen Amt:

Frage: Wie gedenkt die Bundesregierung jetzt eigentlich auf die Drohung der amerikanischen Botschaft mit Blick auf Huawei-Ausrüstung beim Ausbau des deutschen 5G-Netzes zu reagieren? Ganz konkret würde mich auch interessieren, wie das Ministerium für digitale Infrastruktur dazu steht; denn es ist ja zumindest in Teilen für die Versteigerung der Lizenzen zuständig.

Strater: Ich fange einmal an, kann aber an dieser Stelle auf das Innenministerium verweisen, wenn es um die Sicherheitsfragen geht. Das Verfahren selbst liegt in der Hand der Bundesnetzagentur. Mehr kann ich dazu im Moment nicht beitragen.

Petermann: Die Hauptfrage war ja – so habe ich es auf jeden Fall verstanden – die Frage nach dem Umgang mit Huawei. War es so?

Zusatz: Und die Reaktion auf das Schreiben.

Petermann: Hinsichtlich der Reaktion auf das Schreiben würde ich vielleicht erst einmal an das BMWi weitergeben wollen.

Wagner: Ich kann dazu gerne noch einmal ausführen. Ich glaube, die Kanzlerin hat sich gestern dazu geäußert und noch einmal gesagt – was auch die Haltung der Bundesregierung ist -, dass wir sehr großes Interesse an sehr hohen Sicherheitsstandards in unserer 5G-Infrastruktur und generell in der Netzinfrastruktur haben und dass wir gerade ja in dem Prozess sind, dass wir diese Standards definieren. Die Bundesnetzagentur hat ja am 7. März die Eckpunkte dazu veröffentlicht, und wir befinden uns gerade im weiteren Verfahren dazu. Das läuft, und dabei sind wir eben dabei, die Sicherheitsstandards zu definieren.

Was die Reaktion darauf betrifft, so hat die Kanzlerin gestern auch betont, dass wir natürlich auch generell mit unseren Partnern im Austausch sind.

SRSin Demmer: Genau, ich kann das hier noch einmal wiederholen. Die Bundesregierung steht zu diesem Thema mit ganz verschiedenen Stellen, aber auch mit US-amerikanischen Stellen im Austausch, was die Verwendung sicherer Komponenten beim 5G-Netzausbau angeht. Das Schreiben des US-Botschafters gibt natürlich Anlass zu weiteren Gesprächen.

Petermann: Dann kann ich ganz allgemein zu den BMI-Themen ergänzen. In der vorigen Woche wurden die Eckpunkte der Bundesnetzagentur für eine Erweiterung des Kataloges von Sicherheitsanforderungen für den Betrieb von Telekommunikationsnetzen veröffentlicht, und diese erfolgen auch im Einvernehmen mit dem BSI, dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, und auch dem Datenschutzbeauftragten. Im Rahmen ihrer Sicherheitskonzepte müssen danach die Unternehmen künftig die erweiterten Sicherheitsanforderungen erfüllen. Dies gilt insbesondere auch für den Ausbau des 5G-Netzes in Deutschland, das ja eine zentrale, kritische Infrastruktur für Zukunftstechnologien darstellt.

Wir begrüßen diese ergänzenden Vorgaben und planen darüber hinaus, wie hier schon mehrfach mitgeteilt, eine Änderung des § 109 des Telekommunikationsgesetzes. Damit soll eindeutig geregelt werden, dass die Betreiber die Einhaltung des Sicherheitskataloges nachzuweisen haben – also von sich aus, was eine Beweislastumkehr darstellt. Darüber hinaus bestehen auch Zertifizierungspflichten, die dann auf gesetzlicher Ebene damit verankert werden sollen. Außerdem planen wir auch eine Änderung des BSI-Gesetzes. Damit ist beabsichtigt, Regelungen für kritische Infrastrukturen zu schaffen und die Vertrauenswürdigkeit von einzelnen Komponenten, die in diesen kritischen Infrastrukturen zum Einsatz kommen, zu regeln. Diese Komponenten sollen – so die Absicht – nur von vertrauenswürdigen Lieferanten bezogen werden können. Wir glauben, dass mit diesen Maßnahmen die Sicherheit und die Vertraulichkeit der Netzinfrastruktur dann auch umfassend gewährleistet ist.

Frage: Frau Demmer, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie gesagt haben, das erfordere jetzt noch andere Gespräche? Welche Gespräche sind das?

SRSin Demmer: Ich werde Ihnen hier jetzt keine konkreten Gespräche, die auf unterschiedlichsten Arbeitsebenen stattfinden, nennen. Ganz grundsätzlich stehen wir eben mit unseren Partnern, mit denen wir ja nachrichtendienstliche Kooperationen pflegen, in engem Austausch auch zu diesem Thema – so natürlich auch mit den Vereinigten Staaten von Amerika.

Zusatzfrage: Heißt das, dass jetzt konkret auch mit Herrn Grenell noch Gespräche geplant sind?

SRSin Demmer: Davon kann ich Ihnen nichts berichten. Es gibt aber eben Gespräche zu diesem Thema, denn die nachrichtendienstlichen Kooperationen mit unseren engsten Partnern – und dazu gehören die USA – sind für uns von großer Bedeutung.

Frage: Nichtsdestotrotz macht der Brief von Herrn Grenell doch deutlich, dass die USA sagen: „Wir sind diejenigen, die entscheiden, ob uns das, was ihr an Sicherheitsmaßnahmen einbaut, ausreicht oder nicht; und wenn wir finden, dass es nicht ausreicht, dann machen wir den Informationshahn dicht“. Das ist ein Vorgehen, das man landläufig auch unter „erpressungsnah“ bezeichnen könnten. Deshalb frage ich noch einmal: Wie bewerten Sie dieses Vorgehen, diese Strategie der US-Regierung? Gehören zu den zusätzlichen Gesprächen, die die Bundesregierung führt, auch Gespräche mit anderen Nationen oder nationalen Regierungen beziehungsweise Ministerien, die vielleicht in ähnlicher Lage sein könnten, um sich darüber auszutauschen, wie man sich gegen diese Form der einseitigen Druckausübung zur Wehr setzen kann?

SRSin Demmer: Ihre Analyse und Wortwahl möchte ich mir hier ausdrücklich nicht zu eigen machen. Frau Petermann hat ja relativ lang und ausführlich berichtet, was wir selber tun, weil wir selber ein hohes Interesse an Sicherheitsstandards haben. Die Kanzlerin hat diese Woche selber betont, wie wichtig Sicherheit für uns ist und was für einen hohen Stellenwert sie für uns hat. Die Bundesregierung hat daher Maßnahmen getroffen, um genau das zu gewährleisten. Insofern habe ich dem hier jetzt nichts hinzuzufügen.

Zusatzfrage: Dass Sie sich die Wortwahl nicht zu eigen machen, wundert mich nicht, aber deswegen muss sie ja nicht falsch sein. – Die zweite Frage ist aber noch unbeantwortet: Tauschen Sie sich auch mit Regierungen aus, die vielleicht in ähnlicher Situation gegenüber der US-Regierung und ihren Kriterien stehen?

SRSin Demmer: Wie ich schon Frau Ulrich gesagt habe: Ich kann hier jetzt nicht darlegen, mit wem wir alles zu diesem Thema im Gespräch sind. Ich kann nur noch einmal betonen, welch hohe Bedeutung internationale Zusammenarbeit bei diesem Thema hat und von welch großem Interesse sie ist. Dem kann ich jetzt weiter nichts hinzufügen.

Breul: Ich kann vielleicht nur einen Aspekt ergänzen und Sie darauf hinweisen, dass die Kommission gestern eine Mitteilung unter dem Titel „EU-China: A strategic outlook“ veröffentlicht hat und da auch angeregt hat, dass man sich zum Thema Huawei und Ausbau von 5G-Netzwerken im europäischen Rahmen austauscht. Das halten wir für einen wichtigen Impuls. Das ist aber auch kein Neustart von Gesprächen, denn natürlich laufen dazu enge Gespräche und enge Abstimmungen, und die Kommission hat das gerade auch noch einmal auf die Agenda gehoben.

(Archivbild: U.S. Army National Guard Spc. Jarrod Hill, of the 263rd Army Air and Missile Defense Command, takes some photos with his smartphone while he and other Soldiers wait for the kick-off of the Clemson Tigers vs. Syracuse Military Appreciation Game at Clemson University’s Memorial Stadium, Nov. 5, 2016 – U.S. Army photo by Staff Sgt. Ken Scar)