Mehr Geld, mehr soziale Absicherung, mehr Reservisten: Bundeswehr will ‚personelle Einsatzbereitschaft‘ verbessern – Zusammenfassung (m. Entwurf)
Mit einem Bündel aus finanziellen und sozialen Verbesserungen, aber auch organisatorischen Änderungen will die Bundeswehr angesichts ihrer Personalprobleme die Einsatzbereitschaft der Truppe verbessern. Das Bundeskabinett beschloss am (heutigen) Mittwoch dafür den Entwurf für ein Gesetz zur nachhaltigen Stärkung der personellen Einsatzbereitschaft der Bundeswehr (BwEinsatzBerStG). Unter anderem sollen Kurzdiener deutlich mehr Wehrsold erhalten, Soldaten in Auslandsmissionen sowie nach Dienstende besser sozial abgesichert werden und leichter als bisher Reservisten als Übergangslösung für nicht besetzte Dienstposten herangezogen werden können.
Die Kosten der Neuregelungen werden im Gesetzentwurf mit zunächst zehn Millionen Euro für dieses Jahr beziffert; ab 2021 betragen die Mehrkosten rund 163 Millionen Euro pro Jahr. Grund für die geplanten finanziellen und sozialen Verbesserungen für Soldaten ist die für die Bundeswehr unbefriedigende Personalsituation: Die Zahl der aktiven Soldatinnen und Soldaten steigt derzeit nur sehr langsam und bleibt hinter den Plänen für eine Aufstockung der Streitkräfte zurück. Bereits jetzt werden Reservisten für Monate auf Stellen gesetzt, wenn Soldaten in einen Einsatz oder auf längere Lehrgänge gehen.
Eine Neuregelung im Gesetz, die sehr schnell wirken wird und wohl auch soll, ist eine Einschränkung der so genannten Soldatenarbeitszeitverordnung. Diese Umsetzung der EU-Arbeitszeitrichtlinie begrenzt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für Soldaten seit Anfang 2016 auf 41 Stunden. Das führte in verschiedenen Bereichen der Truppe zu Problemen; für Auslandseinsätze oder Seetage der Marine gelten bereits Ausnahmen.
Künftig sollen auch bestimmte Aufgaben im so genannten Grundbetrieb ausgenommen sein: Konkret werden die Alarmrotten der Luftwaffe genannt, die rund um die Uhr innerhalb einer Viertelstunde zu Einsätzen über Deutschland starten können, sowie der Rettungsdienst der Marine. Damit kommt das Ministerium absehbaren Problemen vor allem bei Luftwaffengeschwadern zuvor. (Korrektur: diese Neuregelung gilt nur für fliegendes Personal und nicht, wie hier zuvor irrtümlich geschrieben, auch für Techniker.)
Der überwiegende Teil des Gesetzespakets betrifft allerdings finanzielle und soziale Anreize für aktive Soldaten. So werden die sozialen Leistungen, die Soldaten nach einer Verwundung oder einem Unfall im Auslandseinsatz beanspruchen können, ausgeweitet: Bislang gelten die Regelungen nur für die Auslandseinsätze, für die der Bundestag ein Mandat beschlossen hat. Künftig sollen davon auch so genannte einsatzgleiche Verpflichtungen erfasst sein, wenn dieser Einsatz eine bestimmte Gefährdungslage mit sich bringt. Als konkretes Beispiel nennt das Ministerium die NATO-Battlegroup in Litauen mit den bis zu 600 deutschen Soldaten in der enhanced Forward Presence (eFP) an der Nordostflanke der Allianz.
Ausgeweitet wird auch die Unterstützung für ausscheidende Zeitsoldaten, die bereits jetzt für den Umstieg in das zivile Berufsleben vorbereitet und gefördert werden. So sollen die Zuschüsse für die Eingliederung in den zivilen Arbeitsmarkt, gestaffelt nach militärischer Dienstzeit, erhöht werden. Zugleich zahlt die Bundeswehr für die Zeitsoldaten wie auch für die Freiwillig Wehrdienst Leistenden (FWDL) mit maximal 23 Monaten Dienstzeit mehr in die Rentenkasse, um spätere Lücken in der Altersversorgung auszugleichen.
Zugleich erweitert das Gesetz den Kreis der Soldaten, die Berufssoldat werden können: Künftig sollen auch Unteroffiziere ohne Portepee, also unterhalb der Gruppe der Feldwebel, aus der Gruppe der Zeit- in die der Berufssoldaten wechseln können. Eine Ausweitung auf Mannschaftsdienstgrade als Berufssoldaten ist dagegen nicht vorgesehen.
Für neue Soldaten, die sich als Freiwillig Wehrdienst Leistende verpflichten, steigt mit dem neuen Gesetz der Wehrsold. In der untersten Stufe, als Schütze, Kanonier usw., sollen statt der derzeit monatlich 840 Euro plus rund 500 Euro Sachleistungen künftig 1.500 Euro gezahlt werden. Nach Angaben des Ministeriums erhalten die Soldaten, die zum Wohnen in der Kaserne verpflichtet sind (was bei Ledigen unter 25 Jahren die Regel ist), künftig zusätzlich die Sachleistungen wie unentgeltliche Unterkunft. Für einen Hauptgefreiten unter diesen Kurzdienern soll der Sold von derzeit 1.300 Euro plus ebenfalls 500 Sachleistungen monatlich auf 1.900 Euro steigen.
Eine neue Bestimmung im Soldatengesetz soll künftig die Grundlage dafür schaffen, dass mehr als bisher Reservisten eingesetzt werden können, um auch längerfristig Personallücken zu stopfen. Dafür wird im Soldatengesetz ein neuer Paragraf 63b geschaffen:
Wehrdienst zur temporären Verbesserung der personellen Einsatzbereitschaft
(1) Wehrdienst zur temporären Verbesserung der personellen Einsatzbereitschaft dient
1. dem Erhalt oder der Herstellung der Funktionsfähigkeit von Organisationseinheiten bei anders nicht abwendbaren Vakanzen oder
2. der Bewältigung anders nicht rechtzeitig zu bewältigender Auftragsspitzen.
Er ist nur zulässig, wenn für Reservisten
1. eine Wiederverwendung als Berufssoldat oder
2. eine erneute Berufung in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit
nicht möglich ist.
(2) Wehrdienst zur temporären Verbesserung der Einsatzbereitschaft darf höchstens zehn Monate im Kalenderjahr geleistet werden. Er wird auf die Gesamtdauer der Übungen nach § 61 Absatz 2 nicht angerechnet.
Damit soll die Truppe Reservisten zur vertretungsweisen Wahrnehmung von Tätigkeiten absehbar länger abwesender Soldatinnen oder Soldaten (z. B. durch Elternzeit, Betreuungsurlaub, Fachausbildungen, Lehrgänge, besondere Verwendungen im Ausland) heranziehen können. Das geschah auch bisher schon, allerdings offensichtlich auf nicht eindeutiger rechtlicher Grundlage. Nunmehr werden auch die Bewältigung anders nicht zeitgerecht zu erledigender Auftragsspitzen als Einsatzmöglichkeit für die Reservisten genannt – sie können damit weit umfangreicher als bisher Lücken in der Truppe stopfen.
Um mehr als bisher Reservistendienst Leistende für solche Vertretungen zu gewinnen, soll das künftig zudem auch in Teilzeit möglich sein: Die Bestimmungen dafür werden auf eben diesen Wehrdienst zur temporären Verbesserung der personellen Einsatzbereitschaft ausgeweitet. Zugleich erhalten sie in den Bestimmungen zur Unterhaltssicherung und zur Sicherheit ihres Arbeitsplatzes eine bessere Absicherung.
Nachtrag: Der Gesetzentwurf im Wortlaut:
(Foto: Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn bei Soldaten auf dem Truppenübungsplatz Munster am 6. Februar 2019 – Thomas Imo/photothek.net/Bundeswehr)
@ThoDan | 02. März 2019 – 14:47
„Ausbeutung solcher Art ist in meinen Augen ein Verbrechen.“
Geht es auch eine Nummer kleiner? Ihre allgemeine Aversion gegen die Bw ist ja hier unter den Kommentatoren bekannt, aber wollen wir nicht wenigstens versuchen in den Sachfragen auch sachlich zu bleiben?
Verbrechen sind schwerwiegende Straftaten.
Wir sprechen hier aber darüber, wie man den Dienst in den Streitkräften (noch oder wieder, je nach Sichtweise) attraktiver machen kann. In keinem Fall geht es hier um Straftaten. Von schweren Straftaten ganz zu schweigen.
[Hm, geht es auch eine Nummer kleiner als „Ihre allgemeine Aversion gegen die Bw ist ja hier unter den Kommentatoren bekannt“? Zurückpöbeln ist keine Hinwendung zu einer sachlichen Debatte. T.W.]
@ThoDan
Verbrechen = „… mit Strafe bedrohte Verletzung eines Rechtsgutes …“.
Auf Pflichterfüllung trifft das nicht zu.
Möglich wäre, der Spieß sollte in der Zeitachse erkennen, ob er zu viel fordert, oder ob er es mit Unfähig- willigkeit zu tun hat.
Ihre Erwiderung teile ich bei den Offizieren und hier haben wir ja scheinbar gem. der Zahlen auch keinen Nachwuchsmangel. Bezüglich der jungen Uffz und Fw, insbesondere aber der Mannschaften greift der Ansatz jedoch nicht mehr.
Junge Leute haben mittlerweile den Luxus, sich ihren Arbeitgeber aussuchen zu können. Insbesondere das Handwerk sucht händeringend neue Lehrlinge, warum sollte jemand mit Schulabschluss sich einen Arbeitgeber antun, der gedanklich noch im Jahre 1980 festhängt und zudem extrem unflexibel ist? Als Beispiel exemplarisch zwei mir bekannte Fälle: 1.) Mir (dem Mannschafter) gefällt es hier, ich möchte bleiben. –> Nix da, schön den FWDL / SaZ 4 beenden und dann ggf. neu bewerben. 2.) Ich möchte gerne die Verwendung wechseln, habe gehört dass im Verband XY dringend Personal gesucht wird und wir haben hier eh kein Mateial und ich habe die Hände in der Tasche. –> Sie bleiben schön da wo sie sind, auch wenn sie 24/7 Sport machen oder Erdnägel ölen.
Im Ernst: Warum sollte jemand für diese Aussichten den Rock anziehen? Hotel Mutti lockt und sichert den Verbleib in gewohnter Umgebung und Geld verdienen kann man in den meisten Fällen auch im Umkreis von 30km um den Wohnort?
Dieses „wem es nicht passt kann ja gehen“ und „solche Leute braucht man bei der Bw nicht“ hat uns doch genau dahin gebracht wo wir momentan sind.
Und das Geschwafel der Leute die am Rand stehen mag ich besonders…
Die Zeiten sind eben andere heute braucht keiner mehr sein Land verteidigen wenn er nicht möchte.
Daher fangen sie an was zu bieten oder lassen sie es bleiben weil wenn es mir nicht passt geh ich halt woanders hin… Die Welt ist groß.
@Koffer
Ich hatte mich auch nicht auf die Versetzung bezogen, sondern auf den Umzug, Versetzung Ja – Umzug Nein.
Das dies nicht Umziehen Soldaten zum Vorwurf gemacht wird.
Ihrer Erfahrung nach sollte das kein Problem sein, meiner ist es eines, für die unter ihm dienenden Soldaten ob das die einzige Einheit in der Bw ist ändert für diese wenig daran.
@Klaus-Peter Kaikowsky
Der Aussage nach war mein Eindruck, das war bestenfalls Unwilligkeit von der Person mit dem Posten des Kompaniefeldwebels(dann addiere man seine Aussagen dazu, das Soldaten die sich für gewisse freiwillige Dienste nicht melden(lassen) Schikanen die natürliche Folge sind)
Unvergütete Mehrarbeit zu erzwingen gilt mkn als Verbrechen und bei den Mitteln und Vollmachten die ein militärischer Vorgesetzter notwendigerweise haben muss, betrachte ich Mißbrauch derselbigen sehr negativ
@Insider | 28. Februar 2019 – 18:16
@Verpeilt | 28. Februar 2019 – 22:07
+1 mit Stern! ohne Faschings-Fasnet-Karnevals-Kater! ;-)
@2Cent | 02. März 2019 – 16:20
Wer sich freiwillig, ohne Zwang dem Dienst in den Streitkräften stellt, sollte sich insbesondere in den ersten Monaten absolut klar sein das eine „Komfortzone“ ggfs. nicht dazu gehört.
Wer sich diesem erfolgreich angepasst hat, einen Schritt in der Elterlichen Erziehung ggfs. verpasst hat, kann dies nachholen indem er morgens in eigener Selbstdisziplin ein sauber gerichtetes Bett vorstellen kann. Alles andere ergibt sich aus sich selbst-wenn man will!
Wer das Potenzial der FWDL’er nicht nutzt, indem er genau diesen, „Kaffekocherjobs“ oder die Sinnvollste aller Dienstposten ATN/TIV-ID „Stabsdienstsoldat“ verpasst (weil es eben der bequemste Weg ist!) ist mittlerweile auch Fehl am Platz. Und das meine ich ernst!
Genau diese „Kaffeekocher“ sind ggfs nach 9 Monaten die Multiplikatoren in der Gesellschaft. Da hilt danach auch kein Finanzieller Anreiz mehr.
@0815
„Wer sich freiwillig, ohne Zwang dem Dienst in den Streitkräften stellt, sollte sich insbesondere in den ersten Monaten absolut klar sein das eine „Komfortzone“ ggfs. nicht dazu gehört.“
Ich kenne kaum einen Soldat, der im Einsatz, bei Übungen oder wenn man ihn als Kamerad benötigt die nötige Professionalität bzgl dessen was wir hier diskutieren vermissen lässt.
Wir sind alle Bürger eines europäischen Landes und allen ist klar, was die Besonderheit unseres Berufes im Einsatz ausmacht. Das ist der Grund, warum uns manche Bürgerrechte nachvollziehbar nur eingeschränkt oder nicht zustehen…….soweit es zur Erfüllung unseres grundgesetzlichen Auftrages nötig ist.
Was wir nicht sind ist -Leibeigene- oder Sklaven.
Wir sind nicht die Lückenbüser für Missmanagement und falsch verteilte Haushaltsmittel. Genau das Kommunizieren ich jedem der zum Bund will und bis jetzt habe ich es seit 2012 immer geschafft den Menschen bei der Berufswahl auf dem freien Arbeitsmarkt zu helfen.
Was WIR, nicht der Staat unseren Familien antun geht gar nicht.
Ausnahmen bestätigen die Regel und die findet man zB in Münster und Köln oder dort, wo Standorte nicht aufgelöst oder umgewandelt wurden.
Ja, ein Offizier muss verantwortlich handeln und seiner Frau/Mann/Kinder relative Planungssicherheit geben.
Wenn das nicht der Fall ist muss man sich trennen, von wem auch immer.
@ThoDan | 02. März 2019 – 17:57
„Das dies nicht Umziehen Soldaten zum Vorwurf gemacht wird.“
Wieso sollte jemand einem Soldaten das Nicht-Umziehen zum Vorwurf machen?
„Unvergütete Mehrarbeit zu erzwingen“
Wie soll das denn gehen?
„gilt mkn als Verbrechen“
Nein. Es wäre natürlich kein Verbrechen. Es sei, denn jemand würde dem betreffenden eine Pistole an den Kopf halten oder ihm mit schweren Körperschäden drohen.
Ehrlich: das wird jetzt alles sehr bizarr.
@0815
Entschuldigt diese Komfortzone Ausrede keine unnötigen und sinnbefreiten Härten durch ungeeignete Ausrüstung, Unterkünfte oder Vorschriften noch Ausbildung.
Wer fordert, das Rekruten morgens das Bett machen und Hemden ordentlich falten soll erstmal mit seinem Bett und seinen Hemden anfangen.
@ Karl Mohr: Danke für Ihre Schützenhilfe. Aber ich verstehe nicht recht, wo diese nun nicht mehr äußerlich sichtbare Trennung von aktivem Soldat und Reservist, denn so eine üble Wirkung auslöst. Ich kenne einige Kameraden, die als Reservist auch im Auslandseinsatz waren und dort nicht anders behandelt wurden wie die aktiven Soldaten der regulären Truppe, wieso ist da eine äußerliche Trennung so entscheidend?
Wenn es um Auftritte im Dienstanzug geht, so scheint mir eine Wirkung nur nach innen zu bestehen, denn außerhalb der BW weiß kaum einer, was es mit dieser Kordel auf sich hat…
Natürlich verstehe ich, dass es langgedienten BS und ZS extrem übel aufstößt, wenn sich wenig erfahrene Reservisten in „ihrer“ Uniform aufspielen und solche Peinlichkeiten dann auch auf die Profis zurückfallen. Aber da würde ich bitten, nicht alle über einen Kamm zu scheren, denn viele wollen einfach ihre emotionale Brückenfunktion zwischen immer zivileren Bürgern und immer professionelleren Soldaten wahrnehmen. Ob ich dafür eine Kordel tragen muss oder nicht ist mir dabei völlig egal, denn es scheint mir doch zu allererst um die Sache der Wehrbereitschaft und nicht um meine Befindlichkeiten zu gehen.
@Reservist: Ich gebe Ihnen Recht, dass es in Zeiten der Digitalisierung schon seltsam anmutet, wenn man seinen Personaldatensatz bei der Anmeldung für eine Übung zigmal erneut eingeben muss – sei es von Hand oder eben mit Autokorrekturfunktionen.
@Thomas Melber: Dass obige Tätigkeiten auch aktive Soldaten zu Hauf erledigen müssen, erhöht die Notwendigkeit derselbigen nicht zwangsläufig – außer man sieht das als didaktisch beabsichtigte Übung, um Wiederholungen klaglos zu akzeptieren. Weniger Bürokratie würde sicher die Motivation aller Soldaten heben.
@JungerTräumer:
Auch wenn Sie „ganz ehrlich…Mitgefühl“ zu ihrem Mitleid veranlasst hat, so haben Sie anscheinend eine persönlich attraktivere Bezahlung, Arbeitsumgebung und Lebensplanung dem absehbar schwereren Dienst in der Bundeswehr mit allen seeinen Unzulänglichkeiten vorgezogen – obwohl Ihnen die Notwendigkeit dieser Armee für die Souveränität unseres Staates klar war. Statt die Menschen zu bemitleiden, sollten sie diesen vielleicht besser dafür danken, dass sie sich für diesen Dienst trotz der von Ihnen erkannten persönlichen Härten nicht zu schade waren und unserem Gemeinwohl trotzdem zur Verfügung standen. Man mag diese Einstellung für naiv romantisch halten aber ohne sie kann unser Gemeinwesen nicht funktionieren.
@Tim K. : Es war lediglich ein Vorschlag, wie man die Bereitschaft zu mehr auch langfristigeren Reservedienstleistungen für Angestellte erhöhen kann, wenn denn der Bedarf so hoch ist, dass die Verteidigungsfähigkeit unserer Armee in Frage steht. Das scheint auf Grund der Probleme bei der Rekrutierung so zu sein. Also müssen möglichst viele ihren Teil zu LÖsung des Mangels beitragen. Diese Lösung würde die Unternehmen aber auch Behörden belasten aber immerhin nur dahingehend, dass jene Reservisten die mehr dienen wollen, dies auch können, ohne Nachteile in ihrem zivilem Hauptberuf in Kauf nehmen zu müssen. Eine Wiedereinsetzung der Wehrpflicht – wie sie Schweden ja schon vorexerziert hat – wäre da IMHO ein viel größerer Eingriff, weshalb sie sich ja auch als politisch nicht durchsetzbar erwiesen hat.
@Klaus-Peter Kaikowsky: sprachlich sehr innovativ ihr „Woldat“
Nur frage ich mich was, wenn Sie die primär aufs Dienen und Akzeptieren einer anscheinend immer größer werdenden Zahl an Nachteilen für die eigene Lebensplanung ausgerichteten Rekruten und Quereinsteiger derzeit einfach nicht mehr finden, weil zu Zeiten immer geburtenschwächerer Jahrgänge, annähernder Vollbeschäftigung und einer vom Lebensgefühl voll auf individuelle Selbstentfaltung ausgerichteten jungen Generation, zivile, ungefährliche und familienverträglichere Berufe das Potenzial an Nachwuchs einfach wegschnappen?
@Jörg Backhaus | 03. März 2019 – 0:18
„Ich kenne einige Kameraden, die als Reservist auch im Auslandseinsatz waren und dort nicht anders behandelt wurden wie die aktiven Soldaten der regulären Truppe, wieso ist da eine äußerliche Trennung so entscheidend?“
Wenn Reservisten im aktiven Dienst sind, sind sie aktive Soldaten. Sie tragen dann die gleichen Lasten und müssen die gleichen Leistungen erbringen wie aktive Soldaten.
Deswegen tragen sie nach bisheriger Regelung während dieses Dienstes auch keine (!) Kennzeichen.
Sie sind mit Recht (!) nicht von SaZ/BS unterscheidbar.
„Wenn es um Auftritte im Dienstanzug geht, so scheint mir eine Wirkung nur nach innen zu bestehen, denn außerhalb der BW weiß kaum einer, was es mit dieser Kordel auf sich hat…“
Ich stimme Ihnen zu, aber genau diese Wirkung muss m.E.n. beachtet werden. Wie will uns aktiven Soldaten Wertschätzung vermitteln, wenn auch Pseudo-Reservisten sich jetzt als Soldaten verkleiden können?
Wohlgemerkt, ich schere hier nicht alle Reservisten über einen Kamm, aber Sie kennen doch selbst dieses leider nicht kleine Klientel der ehemaligen Wehrdienstleistenden aus den 80er, die Uniform eher als Vereinskleidung behandeln und mangels (körperlicher oder fachlicher) Fähigkeit schon seit Jahren nicht mehr üben dürfen…
„Ob ich dafür eine Kordel tragen muss oder nicht ist mir dabei völlig egal, denn es scheint mir doch zu allererst um die Sache der Wehrbereitschaft und nicht um meine Befindlichkeiten zu gehen.“
Diese von Ihnen geschilderte Brückenfunktion nach außen könnte auch weiterhin mit Kordel/“R“ wahrgenommen werden, denn wie von Ihnen ja selbst angemerkt kennt draußen eh kaum jemand diese Markierung.
@ Zimdarsen 02.03. 20:29 Uhr
Absolute Zustimmung !
Genau so ist es. Das haben alle verantwortlichen Soldaten und Familienväter kapiert, nur die Bw und insbesondere die Personalführung nicht.
Dabei hatte ich früher den Eindruck, der einzelne Personalführer hat sich mitunter wirklich bemüht den nachfragenden Soldaten eine planbare Perspektive zu geben.
Nachdem was ich jetzt und in den vergangenen Jahren hier im Blog gelesen habe, hat sich das BAPersBw zu einem reinem Technokratenhaufen entwickelt und leider wird diese Mentalität ja auch von genügend Soldaten, Kommentatoren hier im Blog geteilt.
Ich erinnere mich da an meine eigene Personaleinplanung nach der Technikerschule, immerhin als Familienvater Anfang 30, dass der Einplaner, der PersStOffz, der manche Enttäuschten mit Durchhalteparolen versorgt hat, seit 19 Jahren in Köln und Umgebung verwendet wurde. Also die mit den dicken Durchhalteparolen haben sich eine planbare Laufbahn im S1-Bereich gesichert.
@Koffer
Wieso das jemand tun sollte, ist mir nicht bekannt, verständlich, nachvollziehbar aber das es getan wird ist dennoch falsch.
Ein Reservist ist jeder gediente Soldat, der nicht unehrenhaft entlassen wurde, bis er nicht mehr einberufen werden kann oder darf.
Ihn als Zeichen der Wertschätzung für SaZ-BS als aktive Reservisten als Soldat 2 Klasse zu markieren ist illoyal
@ThoDan | 03. März 2019 – 12:50
„Wieso das jemand tun sollte, ist mir nicht bekannt, verständlich, nachvollziehbar aber das es getan wird ist dennoch falsch.“
Wo, wann und durch wen wurde es warum getan?
„Ihn als Zeichen der Wertschätzung für SaZ-BS als aktive Reservisten als Soldat 2 Klasse zu markieren ist illoyal“
Uniform ist durch sich selbst einerseits Gemeinschaft schaffend (Einheitlichkeit) und gleichzeitig Unterscheidung ermöglichen (Dienstgrad, Orden, Truppengattung).
Das hat nichts mit 1. oder 2. Klasse zu tun, sondern mit dem Auftrag und dem Sinn von Uniformordnungen im Kern.
@Koffer | 01. März 2019 – 17:21
„Echte (!) Reservistentätigkeit ist eine Tätigkeit für die Freiheit, die Stabilität und den Wohlstand in DEU und daher auch im Sinne der Wirtschaft und muss deswegen von dieser auch mitgetragen werden. Auch zu Lasten des einen oder anderen Euros…“
Das klappt schon mit der Feuerwehr immer seltener/weniger obwohl es viel kleinere Zeiträume betrifft und die Feuerwehr mit ihren Leuten in der Wahrnehmung Gesellschaft deutlich besser dasteht als die BW.
Bin gespannt wie lange jemand einen Job hat, der öfter für Monate zum Treuen Dienen weg ist…
Die Kordel kennzeichnet einen uniformtragenden Zivilisten, was durchaus wichtig ist und rechtliche Folgen haben kann.
@Zimdarsen | 02. März 2019 – 20:29
„Was WIR, nicht der Staat unseren Familien antun geht gar nicht.“
Da stehe ich vmtl. etwas auf dem Schlauch.
Diese Aussage steht auch im Gegensatz zu der von GEORG etwas später getroffenen Aussage: „Genau so ist es. Das haben alle verantwortlichen Soldaten und Familienväter kapiert, nur die Bw und insbesondere die Personalführung nicht.“
Ich fühlte mich, trotz hoher Dienstbelastung nie als Sklave oder Leibeigener. Phasen hoher Belastung folgten ebenso die mit weniger Belastung. Bei dem Thema Missmanagement und Lückenbüser stimme ich ihnen aber zu.
„Ja, ein Offizier muss verantwortlich handeln und seiner Frau/Mann/Kinder relative Planungssicherheit geben“
Nicht nur der Offizier ;-)
@Georg
„Also die mit den dicken Durchhalteparolen haben sich eine planbare Laufbahn im S1-Bereich gesichert.“
und
„…das BAPersBw zu einem reinem Technokratenhaufen entwickelt…“
Ja, so ist auch meine Wahrnehmung. Jedoch machen ein paar wenige immer noch ausgezeichntete Arbeit. Werden aber immer weniger. Da scheint der Druck von ganz Oben doch auch die Ursache zu sein, Zahlen-Zahlen-Zahlen…
Doch muss auch eines klar herauszustellen sein. Mittlerweile fühlt sich ein jeder berufen, direkt bei der Personalführung im BAPersBw anzurufen wenn der Rock zwickt oder es mal wieder nicht „schnell“ genug geht. Dabei muss es keinen Wundern, das auch dort die Lunte deutlich kürzer geworden ist als früher.
@ThoDan
„Wer fordert, das Rekruten morgens das Bett machen und Hemden ordentlich falten soll erstmal mit seinem Bett und seinen Hemden anfangen.“
Wieder eine ihrer Pauschalisierungen. Nur zur Klarstellung: Meine Unterkunft (oder was auch immer) befindet sich ständig in einem Zustand dem ich mich niemanden gegenüber zu schämen habe. Ebenso in meinem unterstellten Bereich.
Mit Vorbild und Selbstdisziplin voran!
Vielmehr vermute ich wieder, das es ihrerseits unnötig ist, Diszipliniert zu sein, Sauberkeit und Ordnung zu halten, …weil nicht mehr, dem aktuellen Zeitgeist geschuldet.
Reservisten ist nicht die Schuld des Zustandes in der Truppe zu geben. Ebenfalls sollten sie sich nicht als „Lückenbüßer / Lückenfüller“ verstanden sehen. Das es auch hier einige sehr unrümliche Ausnahmen personeller Art gibt sei dahingestellt.
@Koffer
Mein Eindruck ist von älteren langgedienten/Reservisten Dienstgraden, für die es automatisch selbstverständlich ist das die Familie dem Gemahl hinterherzieht.
Mein Problem bei dieser Unterscheidung ist, das der damit ausgedrückt wird – das die Wertschätzung der SaZ/BS die Abwertung der Reservisten beinhaltet,
Ansonsten wüsste nicht mal was unbedingt gegen eine Unterscheidung im aktiven Dienst einzuwenden wäre.
@Alpha November
Bei Feuerwehr & Co betrifft es normalerweise auch nur einen Tag oder mehrere, nicht Wochen
Das Thema „Woran erkenne ich einen Reservisten“ oder eben nicht ist ein ziemlicher Randbereich, der langsam ausdiskutiert sein dürfte. Wenn die Herren weitere Detaildebatten darüber dann irgendwohin anders verlagern könnten, oder ich helfe beim Austausch der Mailadressen…?
@ThoDan | 03. März 2019 – 18:11
„Mein Eindruck ist von älteren langgedienten/Reservisten Dienstgraden, für die es automatisch selbstverständlich ist das die Familie dem Gemahl hinterherzieht.“
Haben Sie den Eindruck vielleicht aus den 90er?
Mal ganz ehrlich heutzutage pendeln in allen Dienstgradgruppen vom Landser bis zum General Soldaten (männliche wie weibliche).
Deswegen (nur mal so nebenbei) wurde ja auch aus Gründen der Attraktivität zu Jahresbeginn eine neue Regelung für eine (eingeschränkte) Wahlfreiheit für UKV/TG eingeführt.
Wüsste also nicht, was Ihre persönlichen Eindrücke von vor über 25 (?!) Jahren mit dem hier und heute zu tun haben.
Wir haben inzwischen eine Armee, die aktiv – und vor allem auch entgegen dem akuten Bedarf – ständig um Nachwuchs gegenüber der Wirtschaft buhlen muss. Der Luxus, sich aus Heerscharen von Wehrdienstleistenden den notwendigen Aufwuchsbedarf quasi „nebenher“ zu ziehen, ist ein für allemal vorbei! Die Wehrpflicht ist zwar rechtlich nur ausgesetzt, aber für eine auch nur annähernd erreichbare Wehrgerechtigkeit bei einer Wiederaufnahme sehe ich rabenschwarz.
Hinzu kommt, dass die Truppe inzwischen nicht mehr annähernd den Stellenwert zugemessen bekommt, den sie in Zeiten des kalten Krieges als Lebensversicherung gegenüber dem opponierenden Machtblock noch besaß. Sicher, es war auch damals nicht alles unumstritten, nur hatte die Bundeswehr damals noch materiell und personell so etwas wie Einsatzfähigkeit und -Bereitschaft und ein immerhin substanzieller Teil der Bevölkerung empfand das auch als gut so und die Politik hatte parteiübergreifend entsprechende Prioritäten aus Gründen der Staatsräson, die ich so nicht mehr sehe.
Wer also unter heutigen Rahmenbedingungen nicht nur irgendwelche Leute einstellen möchte, sondern idealerweise auch motivierte und gute Leute, der muss denen schon etwas mehr bieten als ein „dulce et decorum est pro patria mori“ oder altvorderes Gebrabbel vom „Verlassen der eigenen Komfortzone“. Die Protagonisten dieser Gespräche springen nämlich sicherlich auch nicht jeden Morgen mit beiden Beinen gleichzeitig in die Tarnhosen und den Nässeschutz und freuen sich auf Gefechtsdienst im strömenden Regen.
Das hat auch mit Erwartungshaltung der Soldaten für eine „Rundumversorgung“ nur bedingt etwas zu tun. Aber markige Sprüche zu Binsenweisheiten à la: „Das ist hier auch kein Ankreuzfrühstück!“ führen da am langen Ende nur dazu, potenziell Dienstwillige endgültig abzuschrecken.
Dabei ist das Gegenteil der Fall: Um qualifizierten Nachwuchs zu bekommen, muss man eigentlich versuchen, den Soldatenberuf so aufzuwerten (gesellschaftlich wie für die Lebensplanung junger qualifizierter Bewerber), dass er wieder so attraktiv wird, dass man die unweigerlichen Hemmnisse eines Berufslebens im Spannungsfeld von Befehl und Gehorsam, geografisch begrenzter Dienstpostenverfügbarkeit und Anforderungen an Mensch und Material dafür in Kauf nimmt.
Wenn man so tut, als sei das harte und entbehrungsreiche Leben im Dienste des Vaterlandes dem braven Soldaten schon Lohn genug, dann hat man schnell eine sehr, sehr übersichtliche Armee. Auf diesem Gaul kann man erst wieder behutsam reiten, wenn mehr ausreichend qualifizierte Bewerber da sind, als Soldaten benötigt werden.
@Metallkopf:
+1
Soldaten haben in der Öffentlichkeit die Wertschätzung eines alten Schrubbers. Erst ab Offz. und dann hin zur Generalität wird es besser.
Sprich: Für geeignetes Personal kommen die Streitkräfte schon imagetechnisch nicht in Frage.
Ein weiteres Hemmnis ist neben der relativ erhöhten „Todeserwartung“, dass das Funktionsprinzip von Streitkräften der allgemein gesellschaftlichen Arbeitsorganisation entgegensteht.
Überall wird von „Agilität“, „Holocracy“ und anderen Systemen der Arbeitsselbstorganisation mit nierdrigen Hierarchien (theoretisch) und erhöhter Eigenentscheidung und -verantwortung propagiert (nicht gelebt).
Da ist die maximalhierarchische Bundeswehr mit einem auf Dienstgrad ausgelegten Unterstellungsverhältnis nur wenig anziehend für den Nachwuchs.
@Bow und Metallkopf:
ich sehe Ihren Punkt, teile aber die Schlussfolgerung ganz und gar nicht.
Wenn die Bw versucht, so zu werden wie es die „allgemein gesellschaftliche Arbeitsorganisation“, wird sie gnadenlos scheitern – wegen der Todeserwartung.
Selbstverantwortlicher Angriff bei Nacht aus intrinsischer Motivation eines Einzelnen funktioniert nicht.
Also muss vielmehr der Markenkern betont werden, so wie es bei vielen unserer Verbündeten der Fall ist. Und das kostet richtig Geld, und nach meiner Meinung braucht es systemische Änderungen – weil die Bw schlicht nicht mit dem Beamtenstatus oder den vermeintlich „attraktiven“ Berufen konkurrieren kann. Das Leben des Soldaten „angenehm“ machen geht nicht, die Besonderheiten sind zu speziell. Aber man kann flankierende Maßnahmen ergreifen. Und da ist man mit mehr Geld immer gut unterwegs.
Na, eine Hierarchie ist nicht das Problem, aber jene welche sich nach der Wende in der Bw entwickelt hat schon.
Als Uffz (Fw) hatte meine Kameraden ein Dienstwagen zur Verfügung und hatten die Verantwortung für ein Waffensystem. Jetzt muss ein Offz für eine Farbkopie unterschreiben.
Wir hatten Führung mit Auftrag, jezt haben wir Gehorsam nach Prozess und todo Liste.
Was vor zwanzig Jahren ein Feldwebel SaZ machte, macht jetzt ein Hptm BS.
@Zimdarsen
„Was vor zwanzig Jahren …“
Und vor dreißig Jahren war der PzGrenGrpFhr Uffz/StUffz, in bewährter Kriegstradition, nunmehr müssen OFw ran.-
Der StUffz mbL, frisch aus Munster zurück, bekam seinen PzZg, was derzeit ja Hauptleute abstümpern sollen.
Wurde aber alles um Längen besser, oder, nicht – und liegt sicher am 2%-Ziel der EZB für die Konjunktur?
@ Zimdarsen | 04. März 2019 – 12:10
Das dürfte einerseits der Unfähigkeit geschuldet sein eine eigene Besoldungsordnung (losgelöst vom sonst. Beamtenrecht) einzuführen – denn wenn man mit mehr Geld einen Posten attraktiver machen möchte, muss man bei der BW ja befördern. Sinnvoller wäre es einfach an der Tabelle zu drehen.
Der zweite Punkt ist m.E. Controlling. Ich habe schon deutlich kleinere Firmen untergehen sehen durch Controlling (und folgendem Outsourcing). Ein Sportboot kriegt man vielleicht noch rumgerissen, aber so einen schwerden Flugzeugträger wie die BW?
@ Metallkopf, Bow und Zimdarsen
Zustimmung !
Jeder Einzelpunkt ist richtig, aber was heißt dies in der Gesamtschau aller Punkte ?
Was muss sich ändern, damit für die heutige junge Generation die Bw als Arbeitgeber attraktiv wird ?
Ich versuche mal einige Anworten (stichpunktartig) aus meiner Sicht :
– Die Truppe betriebswirtschaftlich optimiert führen zu wollen, halte ich für einen Fehler.
Streitkräfte sind auf Vorrat aufzustellen, auszurüsten, zu trainieren und bereit zu halten. Insofern können sie gar nicht optimiert werden nach dem Input und Output-Prinzip.
Es ist das gleiche Leitprinzip wie bei den Feuerwehren. Die Truppe als Spielwiese für Betriebswirte und externe Berater ist also Unsinn und reine Selbstbeschäftigung.
– Materielle Dinge sind aufgrund des Vorhaltens für einen möglichen Einsatzfall alle auf Vorrat zu beschaffen und im Eigenbetrieb zu lagern um sie im Bedarfsfall schnell zur Verfügung zu haben. Beschaffungen „on-demand“ und einer darauf aufgebauten Logisitikkette sind für Streitkräfte also Unsinn
– Im Grundbetrieb, also ohne Einsatz und einsatzgleiche Verpflichtungen, müssen die Arbeitsbedingungen vergleichbar mit der konkurrierenden Zivilwirtschaft sein. Also geregelte Arbeitszeiten, ähnliche Sozialstandards usw.
– Berufliche Perspektiven, vor allen in den unteren, mitteren und auch in der MilFD-Offz Laufbahn müssen sich regional in einem Umkreis von 100 km realisieren lassen. Es muss bei einer Versetzung ein Pendeln ohne Umzug für die Familie mäglich sein. Stationierungsentscheidungen als „Zonenrandförderung“ muss aufhören !
– Die Werdegänge in der Truppe müssen wieder als Aufstiegslaufbahnen gestaltet werden. Es ist Unsinn jemanden 12 Jahre als StUffz auszubilden, zu trainieren und dienen zu lassen und ihn dann mit der angesammelten Erfahrung (bei entsprechender Eignung ) nach Hause zu schicken und dann einen neuen Berufsanfänger für die Feldwebellaufbahn einzustellen. Die Personalführung muss deshalb viel flexibler und daraus folgernd dezentraler ( ! ) werden.
Früher waren in einer Fachgrp z.B. 4 StUffze eingesetzt und 2 Fw, nach 2-3 Jahren hat der Teileinheitsführer (HFw) gesagt, mit dem Mann X / Frau Y kann man arbeiten, der oder die eine soll in die Fw-Laufbahn gefördert werden. So funktioniert Bestenauslese, aber nicht am grünen Tisch im PersABw !
– Im Einsatz werden gewisse Härten hingenommen, wenn er als gesellschaftlich
wichtiger Dienst für die Allgemeinheit wahrgenommen wird (ähnlich Feuerwehr, Sanitäter, Ärzte, Krankenhäuser usw). Damit der Dienst jenseits von Sonntagsreden von Politikern als wichtiger Dienst für die Gesellschaft wahrgenommen wird, muss sich die Einstellung der Politiker und Meinungsführer (Journalisten, Gewerkschafter, Unternehmer, Influenzer aller Art) zu der Bundeswehr und ihren Auftrag ändern. Ansonsten ist ein immerwährendes Hase und Igel-Rennen, in dem die Soldaten, die Bw als zu langsamer Hase verlieren werden.
@ Jörg Backhaus | 03. März 2019 – 0:18
Ich spitze jetzt mal zu: Wenn jemand 10 Monate im Jahr als Resi wieder zur Truppe will, warum bleibt er nicht gleich dort? Zudem: Derart lang abgeordnete Resis stehen dem Unternehmen praktisch nicht zur Verfügung.
@Koffer | 01. März 2019 – 17:21
„Echte (!) Reservistentätigkeit ist eine Tätigkeit für die Freiheit, die Stabilität und den Wohlstand in DEU und daher auch im Sinne der Wirtschaft und muss deswegen von dieser auch mitgetragen werden. Auch zu Lasten des einen oder anderen Euros…“
Hm, da habe ich mich wohl nicht deutlich genug ausgedrückt. Dieser Eingriff in die unternehmerische Freiheit ist ein Eingriff in ein Grundrecht und bedarf daher eines besonderen Grundes. Und der kann nicht heißen, daß es die BW nicht auf die Kette bekommt, genug Personal zu finden. Wie schon ausgeführt, kann der Fall bei einer aktiven Wehrpflicht ggf. anders liegen.
@Tim K. | 04. März 2019 – 17:37
„Hm, da habe ich mich wohl nicht deutlich genug ausgedrückt. Dieser Eingriff in die unternehmerische Freiheit ist ein Eingriff in ein Grundrecht und bedarf daher eines besonderen Grundes.“
Ich denke (hoffe), dass ich Sie bereits beim ersten Mal richtig verstanden hatte :)
„Und der kann nicht heißen, daß es die BW nicht auf die Kette bekommt, genug Personal zu finden.“
Und genau hier widerspreche ich Ihnen. Schon bei der Formulierung. Und auch inhaltlich.
Zum einen geht es bei (echter) Reservistenarbeit nur im geringen Maße um Kompensation dauerhaften Personalmangels. Vielmehr geht es um temporäre Urlaubs- und Einsatzvertretung etc. D.h. diese Form der Wehrübungen (auch wenn diese so ja nicht mehr heißen) wären auch sinnvoll/notwendig bei einer 100% Befüllung der Bw.
Zum anderen ist der Eingriff in das Grundrecht im Rahmen der Erfüllung des Verfassungsauftrages „Aufstellung einsatzbereiter Streitkräfte“ natürlich dann zulässig, wenn man das gesetzlich absichern würde.
Und inhaltlich wäre ein solcher Eingriff mEn auch absolut zu rechtfertigen. Das hat gar nichts mit dem Thema Wiederaktivierung der Wehrpflicht zu tun. Ganz im Gegenteil. Gerade durch die Aussetzung der Wehrpflicht müssen rechtlich neue Instrumente erwogen werden und den gesamtgesellschaftlichen Auftrag (und der umfasst eben auch die Wirtschaft) zur Verteidigung von Recht und Freiheit zu erfüllen.
@ Jörg Backhaus | 03. März 2019 – 0:18
Ich spitze jetzt mal zu: Wenn jemand 10 Monate im Jahr als Resi wieder zur Truppe will, warum bleibt er nicht gleich dort? Zudem: Derart lang abgeordnete Resis stehen dem Unternehmen praktisch nicht zur Verfügung.“
Ich denke mal, solch ein Reservist geht nicht wirklich einer beruflichen Tätigkeit nach.
@Koffer
Nein, der Eindruck kann frühestens ca. 2014 entstanden sein.
Die Diskussion zu dieser, bzw. einer der vorhergehenden UKV/TG dürfte wahrscheinlich diesen Eindruck erzeugt haben, neben entsprechenden Aussagen in mindestens einem der Berichte der letzten Bundeswehrbeauftragten.
@0815
Entschuldigung da war ich betreffs Bett und Hemden nicht klar genug:
A sollten sie den Rekruten erklären warum die BW dies macht.
Attention to Detail
B Sollten sie nicht durch schlechtes konservatives Mindset, nicht sich den entsorechenden Standards von Wissen, Verfahren verwehren sondern diese prüfen, entsorechend einführen und anwenden.
Attention to Detail, richtig nicht falsch.
Das habe ich in den 90igern gelernt von der Bw Attention to Detail falsch gemacht kann
gefährlich werden .
@Auslandsdiener
Warum sollte diese Motivation nicht funktionieren, besonders bei Freiwilligen nicht?
@Metallkopf
Dann sollte man die Härten daraufhin prüfen ob diese Sinn machen oder aus der haben wir schon immer so gemacht.
Sog. „Rauher Ton“ ist keine.
Koffer | 04. März 2019 – 18:52
Danke für Ihre Antwort, da ich besser verstanden habe, worauf Sie hinauswollen.
Widersprechen möchte ich Ihnen trotzdem. T. Wiegold schreibt in seinem Artikel, durch die geplante Gesetzesänderung sollen “ leichter als bisher Reservisten als Übergangslösung für nicht besetzte Dienstposten herangezogen werden können.“ sowie „Bereits jetzt werden Reservisten für Monate auf Stellen gesetzt, wenn Soldaten in einen Einsatz oder auf längere Lehrgänge gehen.“
Damit ist Ihr Argument, daß es bei der Reservistenarbeit nur im geringen Maße um die Kompensation dauerhaften Personalmangels geht, für mich nicht mehr stichhaltig. Die Schilderungen hier im Blog über die Dauer- bzw- Überbelastung des Stammpersonals durch Einsätze jeglicher Art bei gleichzeitiger dauerhafter Nichtbesetzung von Dienstposten lassen mich ebenfalls sehr stark an diesem Argument zweifeln.
Auch Ihre Argumentation zu den Grundrechten vermag mich nicht zu überzeugen. Zum einen ist der Staat nicht nur gehalten, sondern verpflichtet, bei Grundrechtseingriffen das mildeste Mittel anzuwenden.
Zum anderen zäumen Sie das Pferd von hinten auf bzw. lassen dezent unter den Tisch fallen, daß es der Gesetzgeber höchstselbst war, der diese Situation überhaupt erst geschaffen hat. Und gerade deshalb soll zur Kompensation dieses Fehlers ein Grundrechtseingriff herhalten? Das wäre Politik nach Gutsherrenart. Ich bin kein Jurist, bezweifle aber sehr stark, daß dieses Vorgehen Bestand vor Gericht hätte.
Klar, es ist einfacher, die Firmen per Gesetz die Mitarbeiter für Monate wegzunehmen anstatt selbst mehr Personal zu gewinnen bzw. den mühseligeren, aber aus den o.g. Gründen saubereren Weg der Aktivierung der Wehrpflicht zu gehen.
@Georg
Ich stimme Ihnen vollkommen zu, jedoch haben ihre aufgeführten Punkte nichts mit der Attraktivität der Bw für junge Menschen zu tun, die für die SK erst gewonnen werden müssen.
Meiner Meinung muss man schon bei der „Arbeitgebermarke“ ansetzen. Die Bundeswehr kann niemals ein Arbeitgeber sein wie jeder Andere. Man sollte mit der Einzigartigkeit offensiv und ernsthaft werben und nich ständig versuchen Parallelen zur freien Wirtschaft zu ziehen.
Man muss keine überspitzte Werbung wie die Amerikaner betreiben, jedoch sollten Attribute wie Kameradschaft, Loyalität und Pflichtbewusstsein ruhig Teil eines Werbekonzepts sein die die Ehrenhaftigkeit des Soldatentums unterstreichen.
Ein nicht zu verachtender Faktor ist auch das öffentliche Bild der Bw. Als Außenstehender, welcher keine Einblicke in das Innenleben des Mikrokosmos Bundeswehr hat, nimmt man medienwirksame Skandale ganz anders wahr, seien es eklatante Ausrüstungsmängel (Besenstielaffäre, Einsatzbereitschaft der Luftwaffe etc.) oder aber handfeste Skandale wie die Plagiatsaffäre von zu Guttenberg oder der jetzige „Beraterskandal“.
Die stets propagierte Professionalität kann man nicht glaubhaft vermitteln, wenn sogar die höchsten Amts- und Entscheidungsträger nicht pflichtgetreu mit ihrer Aufgabe umgehen.
Erschwerend hinzu kommen noch aufmerksamskeitsgierige Printmedien, zumeist Yellow-press, die eben nicht so stichhaltig und objektiv wie Herr Wiegold berichten, sondern mit skandalösen Aufmachern ihren Umsatz erhöhen wollen.
Wenn medial er derart schlechtes Bild von der Bw vorherrscht, wer ist dann wirklich noch geneigt sich länger oder überhaupt zu verpflichten? Vor allem in Mangelbereichen anscheinend nicht genug.
Neben der Tatsache das sicherheitspolitische Themen generell mehr im Fokus der Öffentlichkeit stehen müssten, so sollte vor allem das BmVg bemüht sein jedweden Skandal zu vermeiden und nicht mit einer laisser-faire Einstellung die moralische Integrität aller Soldaten untergraben.
@Edgar , Tim K.:
Es führt uns – glaube ich – nicht weiter, immer Extrembeispiele zu diskutieren. Langzeitwehrübungen, die fast das ganze Jahr gehen, scheinen mir solche zu sein. Wenn es um einige Wochen bis Monate geht, sieht die Sache doch schon ganz anders aus. Zumal ich auch Fälle kenne, wo die Fa. gerade Flaute hatte und die Wehrübung daher sehr gerne gewährt wurde. Und es gibt auch die Möglichkeit von Teilzeitlösungen, wo ein Kamerad 2 Tage die Woche im Landeskommando arbeitet und drei in seiner Fa.
@Koffer
Volle Zustimmung zu Ihrem Widerspruch!
@ Jörg Backhaus | 05. März 2019 – 1:01
Ja, sicher gab es auch Fälle, wo sich der Bedarf an eienr Wehrübung mit der Auftragslage deckte.
Mir ist es wichtig, abschließend auszudrücken, daß ich Ihren Vorschlag der Reservistenquote nebst Strafzahlung für die Nichteinhaltung für nicht akzeptabel halte. Ziel des SchwbG ist es, Schwerbehinderte, die erhebliche Nachteile am Arbeitsmarkt haben, in Arbeit zu bringen. Ziel Ihres Vorschlages ist es, per Zwangsmittel die Zahl der Beorderungen für gediente Mitarbeiter zu erhöhen, zu Lasten des Unternehmens.
Hier im im Blog wird oft genug gesagt, daß, wer in die BW eintritt, sich gewissen Spielregeln unterwirft. Das ist beim Eintritt in ein Unternehmen nicht anders.
Kurz zur Klarstellung: Reservisten in einem Arbeitsverhältnis (privat oder ÖR) müssen vor einer Heranziehung immer das Einverständnis des Arbeitgebers (AG) vorlegen.
Fehlt dieses erfolgt keine Heranziehung. Daher werden RDL z.T. auch im Urlaub oder im Stundenabbau geleistet (z.B. für Lehrgänge), was aber „eigentlich“ nicht zulässig ist.
Die zwangsweise Heranziehung eines Reservisten oder eine für den AG verpflichtende Freistellung gibt es nicht mehr.
@ Ha-Wa | 05. März 2019 – 0:12
“
Man muss keine überspitzte Werbung wie die Amerikaner betreiben, jedoch sollten Attribute wie Kameradschaft, Loyalität und Pflichtbewusstsein ruhig Teil eines Werbekonzepts sein die die Ehrenhaftigkeit des Soldatentums unterstreichen.
“
Auch eine nicht ganz leichte Aufgabe, wenn Ehre/Treue/Tradition Teil von Skandalen werden und/oder Gegenstand kontroverser Diskussionen sind…
Die Werbeagentur, die solche Spagate schafft, hätte ihr Honorar sicherlich verdient.
@ Tim K. | 05. März 2019 – 9:44
Unabhängig von einer Quote o.ä. bin ich relativ sicher, dass es bei einem wie auch immer gearteten langzeitigen Entzug von Arbeitskräften als Reservisten, dazu führen wird, dass eben diese Reservisten „nicht bevorzugt“ eingestellt werden. Kurzum, wenn das die Praxis wird, dann weiss in 5 Jahren jeder Arbeitgeber was es bedeuten kann einen Reservisten in der Firma zu haben: Der ist ggf. plötzlich Monate weg. Sie können sich vorstellen, dass Reservisten sich mit der Angabe dessen im Lebenslauf oder mit einem zu offenherzigen Beantworten von Fragen im Vorstellungsgespräch dann keinen Gefallen mehr tut.
@ Ha-Wa
Zitat: „Ich stimme Ihnen vollkommen zu, jedoch haben ihre aufgeführten Punkte nichts mit der Attraktivität der Bw für junge Menschen zu tun, die für die SK erst gewonnen werden müssen. “
Zum Teil haben meine Punkte schon mit der Attraktivität für junge Leute zu tun. z.B. der Punkt mit den geregelten Arbeitszeiten im Grundbetrieb und für einen Verwendungsaufbau im Regionalbereich, ohne die Notwendigkeit eines Familienumzugs bei einer Versetzung.
Die Generation Y, man sagt ab Geburtsjahr 1994 und jünger, wissen dass sie aufgrund der Demografie von den Arbeitgebern umworben werden. Gerade die Besserqualifizierten können sich ihren Arbeitgeber heutzutage aussuchen. Diese Generation Y hat eine sehr ausgeglichene Ansicht in dem Punkt „Work Life Ballance“, soll heißen die achten sehr auf ihre Lebensqualität und nicht nur auf ihre Arbeit und ihr berufliches Fortkommen.
– Abschreckende Wirkung durch die negative Binnenwerbung von frustrierten Bestandssoldaten
Ich denke hier würden meine o.g. Vorschläge auch Abhilfe schaffen, weil durch eine bessere Materialausstattung und durch einen regionalen Verwendungsaufbau zufriedene Bestandssoldaten geschaffen werden.
Man kann diesen Punkt gar nicht hoch genug bewerten, weil in der Nachwuchswerbung die zig Millionen kostet, lediglich ein Gespräch mit einem aktiven frustrierten Soldaten alles wieder zu nichte machen kann. (Parallelität zu den Pflegeberufen).
Jetzt schauen sie sich die Verhältnisse vor Ort an und fragen wieviele Berufssoldaten ihren eigenen Kindern heute noch den Weg zum SaZ und BS raten ?
Ihr Punkt mit Kameradschaft, Loyalität und Pflichtbewusstsein ist etwas was sich bei guten Dienstbedingungen und positiven Vorleben der Vorgesetzten einstellen wird und als sekundäre Punkte, als weiche Faktoren sich in einem guten Dienstbetrieb einstellen werden.
Wiederum der Blick in die Praxis. Wieviele Vorgesetzte predigen Wasser und trinken persönlich doch den Wein in diesen Dingen?
Wieviele Kameraden kennen Sie, denen sie keine persönlichen Dinge anvertrauen würden, weil er oder sie beim nächsten Gespräch mit dem gemeinsamen Chef das Wissen für den eigenen Vorteil, Ansehen beim Chef nutzen würde ?
@ThoDan: Ein lediglich „rauher Ton“ ist keine abschreckender Härte, „Dummf*ck“ hingegen schon!
Der Ton und generelle Umgang sind bereits deutlich milder geworden. Insbesondere gefallen sich Vorgesetzte in aller Regel nicht mehr darin, die unter ihnen dienenden Menschen wegen Nichtigkeiten und Detailverliebtheit zu schikanieren. Bei einigen merkt man, dass das mit einigem Widerwillen verbunden ist, andere sind in der Realität angekommen und haben tatsächlich schon begriffen, warum man mit Soldaten heutzutage anders umgehen muss.
Daraus wird aus Streitkräften natürlich kein Ponypensionat, das erwartet wohl auch ernsthaft keiner. Und ich verstehe auch jeden, den es frustet, wenn der Schwerpunkt von attraktivitätssteigernden Maßnahmen immer und immer wieder am BS vorbeigeht, weil der Dienstherr die Dienstbereitschaft dort wie selbstverständlich voraussetzt. Das muss sich logischerweise auch ändern, denn sonst passiert genau das, was gerade massiv bei Piloten passiert. Die Leute hauen selbst bei Hinnahme finanzieller oder versorgungstechnischer Einbußen lieber in den Sack, als weiter zu dienen.
Wenn der Personalkörper nachhaltig frustriert wird, und die politischen Entscheider offenbar nicht gewillt sind, das Image des Soldaten und der Streitkräfte durch gelebte Fürsorge und entsprechend hochwertige Ausrüstung, Logistik und Besoldung nachhaltig und deutlich zu verbessern, dann bleiben irgendwann wirklich nur noch falsch verstandener Kriegerkult und Waffenfetisch als vermeintlich „attraktive“ Merkmale einer in sich hermetisch geschlossenen Armee. Und genau das sollte ja die Innere Führung verhindern.
@Tim K. | 04. März 2019 – 23:07
„Zum anderen zäumen Sie das Pferd von hinten auf bzw. lassen dezent unter den Tisch fallen, daß es der Gesetzgeber höchstselbst war, der diese Situation überhaupt erst geschaffen hat.“
Natürlich, weil sich die Welt geändert hat. Daran muss auch die gesetzliche Lage angepasst werden.
„Und gerade deshalb soll zur Kompensation dieses Fehlers ein Grundrechtseingriff herhalten?“
Warum nicht? Natürlich nur auf gesetzlicher Grundlage, aber dann ist doch alles gut.
Man hätte eine veraltete gesetzliche Grundlage aus Zeiten des kalten Krieges mit einer zeitgemäßen gesetzlichen Grundlage ersetzt und eine alte Reservistenstruktur mit einer neuen ausgetauscht.
Sicherheitspolitik verändert sich nun mal.
Gesetze müssen das auch tun.
„Klar, es ist einfacher, die Firmen per Gesetz die Mitarbeiter für Monate wegzunehmen“
Naja, das ist ja dann eine Frage der Ausgestaltung. Wenn jemand wirklich regelmäßig monatelang Wehrüben möchte, dann muss das ja nicht durch das Gesetz zu Lasten des Unternehmens gehen.
Denkbar wäre z.B. eine Regelung wie zwei Wochen und vier lange WE im Jahr müssen immer (Fähigkeitserhalt). 1x 6 Monate bzw. 2x 3 Monate in 4 Jahren o.ä.
„bzw. den mühseligeren, aber aus den o.g. Gründen saubereren Weg der Aktivierung der Wehrpflicht zu gehen.“
Was bringt denn eine Aktivierung der Wehrpflicht, wenn wir hier über erfahrene und ausgebildete ehemalige SaZ/BS mit Dienstgraden von HptFw bzw. Hptm an aufwärts?! Wir sprechen hier ja nicht von einem Bedarf an 50.000 OGefr/HptGefr, sondern vielmehr von 3.000 HptFw+
@Metallkopf | 05. März 2019 – 14:00
„der Schwerpunkt von attraktivitätssteigernden Maßnahmen immer und immer wieder am BS vorbeigeht,“
zunächst einmal ließe sich zu dieser These durchaus der eine oder andere Akzent setzen. Ein nicht unerheblicher Teil der Attraktivitätssteigerungen in den letzten Jahren kam ja auch den BS zu gute (große Stellenbündelungen, Regelversetzungstermine, UKV/TG Regelung, etc.).
Aber zugegeben Maßen lag der Schwerpunkt auf den SaZ. Allerdings halte ich das auch nicht für ganz unlogisch. Wir haben ja in den meisten AVR genug qualifizierte Bewerber um die BS-Plätze. Offensichtlich ist das „Gesamtpaket“ querschnittlich (!) immer noch zumindest hinreichen attraktiv.
Was wir benötigen sind nicht mehr (oder noch ältere) BS, sondern vielmehr mehr SaZ. amS ist es daher durchaus nachvollziehbar, dass hier die Masse der (finanziellen) Maßnahmen liegt.
Wen suchen wir eigentlich, welche Bewerber sind willkommen?
Es drängt sich der Eindruck auf, ein jeder, selbst wenn der Dienst an der Waffe „weggeclickt“ wird, – auf der Website bundeswehrkarriere.de machbar
1. Die Bundeswehr scheint im Schatten der großen Attraktivitätssteigerungsoffensive ihre eigentliche Existenzberechtigung vergessen machen zu wollen. Alles absichtsvoll in der Annahme Martialisches schreckt ab?
Wie wird geworben:
„Sechs sympathisch lächelnde, völlig unmartialische Menschen; ein Krawattenträger, eine Ärztin, eine Obergefreiter mit Papieren in der Hand, eine wohlgeschminkte Marine-Offizierin, einen Piloten, einen Feuerwehrmann von hinten, einen Obermaat mit Aktenkoffer“.
Keine Waffe zu sehen, kein Schuss zu hören.
2. Ähnliche Suche bei britischer Armee
„Infanteristen feuern aus allen Rohren, ein Kampfpanzer stürmt durchs Gelände, Fallschirmjäger stürzen sich aus dem Flugzeug.
Auf jedem Bild sind Kämpfer und Waffen zu sehen“, es wird geschossen. Militär eben.
3. Welches Bild entspricht der Erwartungshaltung gem. GG 87a und dazu erforderlichen hard skills?
Sicher nicht jenes, dass die IBuK vermittelt vom Flachbildschirm, kostenneutraler Kinderbetreuung+flexibler Dienstzeit und familienfreundlichem Karriereaufbau. Jegliches hohles Reden von Anlehnungsmacht und internationaler Verantwortung bleibt, ja, hohl, wenn FAHREN-FUNKEN-SCHIEßEN zu beweisen ist.
Unverblümt deutlich die Homepage der Briten: „To protect the nation“, übrigens auch: „Protecting our economy“.
Darüber trat ein Bundespräsident zurück.
[Was soll der unvollständige Link zur WiWo? Habe den gelöscht, weil a) so ist er sinnlos und b) deutsche Verlagswebseiten, wie bekannt, hier i.d.R nicht verlinkt werden. T.W.]
@ Klaus-Peter Kaikowsky | 12. März 2019 – 14:12
Ich weiß jetzt wirklich nicht was sie an der Werbung auszusetzen haben, das „kämpfen“ kommt doch in Werbeoffensive der Bw vor (sarc off)?
„Wir kämpfen für Freiheit, Sicherheit und Gleichberechtigung“
https://twitter.com/bundeswehrinfo/status/1103972785091760128
Es geht einfach nur noch darum, Zahlen zu generieren. Alles andere wird mit der Attraktivitätsagenda „passend“ gemacht.
Interessent zum Thema Reservistendienst in Teilzeit.
Seite 106:
„Die Bearbeitung der Leistungen für Reservistendienst in Teilzeit (§ 5 des Unterhaltssicherungsgesetzes) beansprucht pro Vorgang 5 Stunden und wird durch Beamtinnen und Beamte des gehobenen Dienstes mit einem Stundenansatz von 43,40 Euro erledigt. Bei zwei Vorgängen pro Jahr ergibt sich insofern ein Erfüllungsaufwand von rund (5 Vorgänge x 5 Stunden/Vorgang x 43,40 Euro/Stunde =) 430 Euro pro Jahr.“
Seite 102:
„Zu Artikel 13 (Reservistinnen- und Reservistengesetz)
Die Änderung der derzeit rund 35 000 ausgegebenen Reservistenausweise wird einen einmaligen Erfüllungsaufwand von rund 580 Stunden erfordern.“
Weil mit dem Entfall der schwarz-rot-goldenen Kordel offensichtlich die Uniformtrageerlaubnis auf der Rückseite der Reservistenausweise textlich nicht mehr stimmig ist, müssen die Reservistenausweise erneut geändert werden.
Eine Bearbeitungszeit von etwas über 1 Minute je Ausweis wird in der Praxis spannend.
Seite 173:
„Zu § 14 (Dienstgeld)
Reservistendienst bis zu drei Tagen wird auf das Wochenende oder Feiertage gelegt, um eine Beeinträchtigung des privaten Erwerbslebens durch den Reservistendienst zu vermeiden. Deshalb soll die Gewährung des Dienstgeldes für den Dienst an Wochenenden oder Feiertagen Erstattungen für den Verlust von Erwerbseinkommen und der Prämie ausschließen. Ein Anreiz für mehr Reservistendienst an Wochenenden oder Feiertagen soll dadurch erzielt werden, dass auch diese Dienste auf die Erfüllung der Verpflichtung nach § 13 angerechnet werden.“
Offensichtlich scheint den Bearbeitern entgangen zu sein, dass in Deutschland sowohl der Samstag, der Sonntag als auch ein Feiertag (mitunter auch nur regional) Arbeitstage sein können (Einzelhandel, Gesundheitswesen, Sicherheitsdienste, …).
Bei einer Kurzübung im Bereich der Territorialen Reserve (Freitag – Sonntag) ruht das Arbeitsverhältnis 3 Tage und der Arbeitgeber wird das Entgelt entsprechend kürzen.
Ersetzt wird aber nur noch der Freitag, da an diesem Tag kein Dienstgeld bezahlt wird.
Die Differenz Dienstgeld/Reservistendienstleistungsprämie reicht nie aus, einen Verdienstausfall zu kompensieren.
Studierende Reservisten ohne Einkommen können künftig für Samstag und Sonntag keine Mindestleistung mehr beantragen. Gerade diese Generation soll sich in den kommenden Jahren in der Reserve engagieren und wird deutlicher schlechter gestellt.
Der Hinweis auf den Verpflichtungszuschlag mit 33 Tagen wird häufig als Ausgleich ins Leere laufen, da dieser auch weiterhin von der Bundeswehr angeboten werden muss.
Seite 84
„§ 25 Antrag (1)
Die Leistungen nach den §§ 5 bis 9, 14 und 19 werden auf Antrag gewährt.“
Die Reservistendienstleistungsprämie wird wohl wieder von Amts wegen bezahlt.
Nicht jedoch das Dienstgeld, welches sich ebenfalls nur am Dienstgrad orientiert.
Über die Territoriale Reserve in einer Kurzübung von Freitag bis Sonntag, wird für Freitag von Amts wegen die Reservistendienstleistungsprämie bezahlt, das Dienstgeld für Samstag und Sonntag muss beantragt werden.
Dieser Umstand wird den Betroffenen wohl nur schwer zu erklären sein.
@Reserve
Ja, sicherlich interessant und von Bedeutung – aber ich bitte um Verständnis: In dem Detaillierungsgrad hier doch ein wenig an den Leserbedürfnissen vorbei (Augen geradeaus! ist, gerne wiederholt, kein Rundschreiben der Truppen- oder Reservisteninformation). Vielleicht anderenorts besser aufgehoben?
Einerseits betont der Stellvertretende Generalinspekteur und ranghöchste Beauftragte für Reservistenangelegenheiten Vizeadmiral Rühle die steigende Bedeutung der Reserve, insbesondere der Territorialen Reserve, andererseits schafft man mit diesem Entwurf eines Artikelgesetzes keine Attraktivitätssteigerung für Teilbereiche der Reserve.
Neben dem Unterhaltssicherungsgesetz gibt es seit Jahren weitere offene Baustellen im Bereich der Territorialen Reserve die stark von der Freiwilligkeit lebt. Diese Reserve wird dazu häufig von der aktiven Truppe nicht wahrgenommen, da sie meist an den Wochenenden im Dienst ist.
Der Anspruch und die Zielsetzung der obersten Bundeswehrführung und die Realität im Alltag klaffen mitunter weit auseinander.
Sendet man mit einem Artikelgesetz wie diesem Botschaften (Attraktivitätssteigerung) aus, dann muss die „Werbeaussage“ auch zutreffen, ansonsten entsteht nur Schaden.
@KPK:
Es gibt ja noch viel größere Weicheier mit noch weniger Ahnung wie wir Deutschen, z.B. die Schweizer, die bieten z.B. eine App an, da kann sich der Interessent auf die Grundausbildung sportlich und mental vorbereiten. Es gibt dort doch tatsächlich u.a. die folgenden Optionen:
“ … Der „Clou“ jedoch, schreiben die Anbieter, sei die Wunschfunktion: Mit der App können sich die Nutzer gezielt auf eine bestimmte militärische Funktion vorbereiten – vom Fallschirmaufklärer („du gehörst zur Elite“) über den Hundeführer („waffenlos möglich“) zum Truppenkoch („sportliche Leistungsfähigkeit: keine“) ist alles dabei. …“ (Zitat aus einem Artikel der SZ vom 08.03. – der Inhalt wurde von mir in der App überprüft, trifft zu).
Die suchen tatsächlich Personal, für Dienst ohne Waffe und ohne sportliche Leistungsfähigkeit, nur funkitionsspezifische Interessen und Fähigkeiten. Das Abendland ist dem Untergang geweiht ….