Untersuchungsausschuss zu Beratern im BMVg erstmal verschoben (Update 2)

Die für den (heutigen) Mittwoch geplante Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu den umstrittenen Beraterverträgen im Verteidigungsministerium ist erst einmal verschoben. Die Mehrheit  von Union und SPD im Verteidigungsausschuss setzte bei Zustimmung der AfD wegen rechtlicher Bedenken den Punkt von der Tagesordnung  ab.

Der Antrag wurde zunächst an den Geschäftsordnungsausschuss des Parlaments überwiesen: Es wird um eine möglichst zeitnahe Prüfung im Hinblick auf die Frage der Bestimmtheit gebeten, schrieb der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Wolfgang Hellmich, an seine Kollegen des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung.

Zuvor war der ursprüngliche Antrag, in dem die Oppositionsparteien FDP, Linke und Grüne den Auftrag für das Untersuchungsgremium formuliert hatten, noch einmal überarbeitet worden (s. unten). Dabei seien auch Anregungen aus der Koalition aufgenommen worden. Dennoch habe die Mehrheit die Abstimmung ausgesetzt, beklagten Vertreter der Oppositionsparteien.

Update: Der Streit zwischen Regierungsparteien und Opposition lässt sich auch via Twitter nachverfolgen, hier in der Auseinandersetzung zwischen den Verteidigungspolitikern Fritz Felgentreu (SPD), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Tobias Lindner (Grüne):

(Bitte um Nachsicht, falls ich noch Tweets in dem Zusammenhang übersehen haben sollte – das wird etwas unübersichtlich.)

Update 2: Hier zum Vergleich die Neufassung des Antrags mit Stand vom 16. Januar (zwischendurch gab’s eine mittlerweile überholte Neufassung vom 15. Januar). Streitpunkt ist der Satz

Der Auftrag umfasst sowohl die in Ziffer I genannten Fälle wie weitere, darüberhinausgehende Sachverhalte aus dem Untersuchungszeitraum, die den Umgang des BMVg mit externer Beratungs- und Unterstützungsleistung betreffen.

der aus Sicht der Koalitionsabgeordneten die nötige Bestimmtheit des Auftrages nicht eindeutig sicherstellt.

Der Wortlaut der vorerst letzten Fassung:

Der Verteidigungsausschuss möge beschließen:
I. Der Verteidigungsausschuss stellt fest:
1. Nach mehreren Berichten des Bundesrechnungshofes ist es im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) beim Umgang mit externer Beratungs- und Unterstützungsleistung zu Rechts- und Regelverstößen gekommen, die nicht nur einzelne Projekte, sondern strukturelle Fragen sowie die Führungsstrukturen im BMVg betreffen.
2. Nachfolgend sind in den Medien, weiteren Berichten, u.a. des Bundesrechnungshofes, und den Beratungen des Verteidigungsausschusses weitere Vorgänge im Geschäftsbereich des BMVg bekannt geworden, die den Verdacht begründen, dass es zu weiteren Rechts- und Regelverstößen hierbei gekommen ist und es strukturelle Mängel im Umgang mit Beratungs- und Unterstützungsleistungen gab.
II. Der Verteidigungsausschuss im Deutschen Bundestag konstituiert sich daher als Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 GG.
Der Ausschuss hat den Auftrag, den Umgang mit externer Beratung und Unterstützung der Bundesregierung im Geschäftsbereich des BMVg seit Beginn der 18. Wahlperiode bis zur Einsetzung des Untersuchungsausschusses unter vertraglichen, rechtlichen, haushälterischen, geheimschutzrelevanten, militärischen, technologischen und politischen Gesichtspunkten zu untersuchen sowie die persönlichen und politischen Verantwortlichkeiten der Leitungsebene und die Aufklärungs- und Informationspraxis des Bundesministeriums der Verteidigung zu diesem Vorgang zu überprüfen. Der Auftrag umfasst sowohl die in Ziffer I genannten Fälle wie weitere, darüberhinausgehende Sachverhalte aus dem Untersuchungszeitraum, die den Umgang des BMVg mit externer Beratungs- und Unterstützungsleistung betreffen.
Politisches Ziel ist es, dass der Untersuchungsausschuss seine Arbeit möglichst bis zum 31. August 2019 abschließt, um dem BMVg zu ermöglichen, noch in dieser Legislaturperiode die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses aufzugreifen.
Hierzu sollen insbesondere folgende Fragen geklärt werden:
1. Ist es beim Umgang mit und insbesondere bei der Vergabe von externen Beratungs- und Unterstützungsleistungen zu Rechts- oder Regelverstößen gekommen? Falls ja, was waren die Ursachen hierfür und wer trägt die Verantwortung?
2. Welcher (materielle) Schaden ist durch mögliche Rechts- und Regelverstöße eingetreten?
3. Wurden Aufträge aufgrund persönlicher Beziehungen bzw. Kennverhältnisse vergeben oder Einstellungen aufgrund solcher vorgenommen?
4. Bestand im Untersuchungszeitraum ein angemessenes und zeitgemäßes Compliance Management System, das Compliance sicherstellt und eine Kultur der Rechts- und Regeleinhaltung (Compliance-Kultur) fördert?
5. Gab es Führungsverhalten, das einer effektiven Compliance bzw. einer Kultur der Rechts- und Regeleinhaltung entgegengewirkt hat?
6. Wurden erkannte Rechts- und Regelverstöße konsequent und entlang klar definierter Abläufe unterbunden, aufgeklärt und geahndet?
7. In welchem Umfang wurden durch Auftragnehmer weitere Unterauftragnehmer zur Erbringung von Leistungen eingesetzt?
8. Welche Unterauftragnehmer haben im Rahmen ihrer Beauftragung mit eingestuften Dokumenten oder Informationen gearbeitet, wer hat dies kontrolliert und sichergestellt, dass alle Sicherheitsüberprüfungen durchgeführt wurden, auch bezüglich der
Der Auftrag umfasst sowohl die in Ziffer I genannten Fälle wie
weitere, darüberhinausgehende Sachverhalte aus dem Untersuchungszeitraum, die den
Umgang des BMVg mit externer Beratungs- und Unterstützungsleistung betreffen.
Weitergabe von Unterlagen?
9. Existierte ein Steuerungssystem zur Beauftragung, Begleitung und Umsetzung von
Beratungsleistungen, das auch den Einsatz von Unterauftragnehmern erfasste, wenn ja, wie war es ausgestaltet und erfüllte es die rechtlichen, haushälterischen und verwaltungsinternen Vorgaben?
10. Inwiefern wurden bei den Vergaben die Grundsätze der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit eingehalten?
11. Gab es Unterlassungen von Bedarfs-, Notwendigkeits- und Wirtschaftlichkeits- nachweisen bei rechtswidrigen Vergaben? Wenn ja, gab es ein Muster?
12. Wenn es zu rechts- und regelwidrigen Auftragsvergaben gekommen sein sollte, wer hat davon profitiert?
13. Folgte im Untersuchungszeitraum der vermehrte Einsatz externer Beratung und Unterstützung einer strategischen Zielsetzung und wurden die Rahmenbedingungen zur Steuerung dieser angemessen ausgestaltet?
14. Wurde die Leitung des BMVg im Untersuchungszeitraum über Rechts- und Regelverstöße informiert oder hatte Kenntnis von Tatsachen, die sie darauf hätten schließen lassen müssen, und, wenn ja, welche Maßnahmen hat sie daraufhin ergriffen?
15. Welche Vorschriften und Regelungen galten für die Vergabe von Beratungs- und Unterstützungsleistungen?