Bundeswehr im Schnee-Einsatz: Jetzt mit den großen Hubschraubern

Das Schneechaos im Süden Bayerns hält an, und die Bundeswehr ist weiterhin im Einsatz. Nach den Zahlen der Streitkräftebasis vom (heutigen) Dienstag waren fast 1.500 Soldaten eingesetzt, weitere knapp 250 stehen in Reserve. Und erstmals setzte die Luftwaffe neben den Unterstützungshubschraubern der Spezialkräfte auch ihre größeren Transporthubschrauber vom Typ CH-53 ein.

Aus der Mitteilung der Gebirgsjägerbrigade 23 vom Dienstagabend:

Da nach wie vor Lawinengefahr besteht, führte ein Helikopter des Hubschrauberregiments 64 im Raum Ruhpolding Erkundungsflüge durch, um gefährdete Bereiche zu identifizieren. Ein zweiter Hubschrauber transportierte 25 Soldaten des Gebirgsjägerbataillons 231 und des Gebirgsversorgungsbataillons 8 nach Reit im Winkl, um dort weitere Dächer vom Schnee zu befreien. Für Mittwoch sind weitere Hubschraubereinsätze geplant.

In den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen und Garmisch-Partenkirchen wurde zwar nach Angaben der Brigade der Bundeswehreinsatz beendet, weil dort der Katastrophenalarm aufgehoben wurde. In anderen Orten bleiben die Soldaten aber gefordert; ab dem (morgigen) Mittwoch werden auch 145 Reservisten der Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte (RSU) Oberbayern eingesetzt.

Die Übersicht der Streitkräftebasis mit Stand Dienstag 15.00 Uhr:

20190115 Infoflyer Nr 7 PIZ SKBBw-Link

Nachtrag: Einen Punkt der Debatte im vorangegangenen Thread zu diesem Thema greife ich hier noch mal auf: Den Erfahrungsbericht, den ein Kommentator mit dem Nick Schneeleopard, offensichtlich mit Erfahrung in der aktuellen Operation Schneelage, dazu hier eingestellt hat – und den ich für wichtig halte. Nicht zuletzt seine Aussage zum Material:

Ich bin die letzten 5 Tage auf Industriedächern, Hallendächern, Hotels, Privathäusern und Schulen rumgekrabbelt und habe Sicherungsanlagen für Truppenteile aufgebaut, die die Fähigkeit zum Aufbau von Sicherungsanlagen nicht haben.

Rate mal wovon ich nicht einen gefunden habe? Richtig, zertifizierte Anschlagpunkte die irgendwas mit den Ansprüchen an industrieller PSAgA (Abkürzung: Persönlicher Schutzausstattung gegen Absturz) zu tun hatten. Keinen einzigen.

Der Anspruch scheitert gleich mehrfach an der Realität.
1. Auf einem Dach, das unter 1,50m bis 2,00m Schneedecke liegt, findet man nicht mehr mal Schornsteine und Fenster. Über Anschlagpunkte brauchen wir nicht reden
2. EN-zertifizierte Anschlagpunkte sind in der Regel auf Hotels, Schulen und Privathäusern im oberbayrischen Baustil nicht vorhanden.
3. Mobile Sicherungspunkte lassen sich auf einem Blechdach oder Ziegeldach unter 1,5m Schnee nicht anbringen. Und selbst wenn, hat die Armee das Material nicht, braucht es nicht und hat in der Situation nicht ansatzweise die Zeit dafür.

Fakt ist, alle Ansprüche der Arbeitsschutzklamotte zur Arbeit in Höhen scheitern an der Realität. Jetzt kann man sich unten mit dem Arbeitsschützer zurück lehnen und zuschauen wie die Buden einkrachen, oder man gibt den soldatischen Anspruch nicht ganz auf, sondern „adapt and overcome“, fast wie im Krieg.

Und trotzdem war es professionell und zu 100% sicher für die eingesetzten Soldaten, weil es von Profis aufgebaut wurde, die weit über dem Anwenderniveau für PSAgA oder dem ollen „Bediener von Rettungsgerät zur Rettung aus Höhen“ ausgebildet sind.

Im übrigen fand da auch kein Material im Sinne der Arbeitssicherheit Anwendung, das war alles Bergsportmaterial, mit dementsprechend breiteren Nutzungsfeld. Gott sei Dank.

Und genauso sicher und professionell wie es war, genauso notwendig war es.

Dass der einzelne Soldat mal nicht angeseilt ist – Herr Gott ja. Jeder war soweit ausgebildet dass er sich selber an Sicherungsanlagen sichern kann, jeder wusste um die Gefahren und jeder hatte die Möglichkeit sich zu sichern.

Ich glaube den Vorwurf von Unprofessionalität braucht sich hier kein Bergführer gefallen lassen. Der Vorwurf zeugt eher von einer totalen Verkennung der Realität.

Und jetzt kommen wir zu dem hart unprofessionellen Part an der ganzen Geschichte:
Es mangelt dermaßen an Brust-/Sitzgurten, so dass Material bei den Bergwachten, zivilen Alpinschulen und sonstwo ausgeliehen wurde und zum Teil wohl sogar Cash im örtlichen Bergsportgeschäft gekauft werden musste.

Warum? Weil die Nachbeschaffung von Gebirgsmaterial, insbesondere Gurte, total verzögert ist und gefühlt seit Jahren nichts was die 10-Jahres Grenze ab Produktion erreicht hat und ausgesondert werden muss, ersetzt wird.

Wiedermal war das Material das eigentliche Trauerspiel. Vom Handschuh, über den 5-Farb Nässeschutzsack bis hin zu den angesprochenen Gurten.

(Foto: Ein Feuerwehrmann weist eine CH53 beim Landeanflug ein – Schaffner via GebJgBrig23)