Rechnungshof: Rüstungsbeschaffung nur wo nötig – dann gibt’s mehr Spielräume

Der Bundesrechnungshof (BRH) gilt vielen in der Bundeswehr als Angst- oder Lieblingsgegner: Die Prüfbehörde, so ein oft geäußerter Vorwurf, schaue nur auf Einsparpotenziale und Effizienz im Haushalt, anstatt gerade bei Streitkräften auf deren besondere Bedingungen und auf Effektivität statt Effizienz zu achten.

Die Bundeswehr kommt natürlich auch in den diesjährigen BRH-Bemerkungen zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes prominent vor (mehr dazu unten). Deshalb habe ich die Veröffentlichung dieser Bemerkungen am (heutigen) Dienstag genutzt, um BRH-Präsident Kay Scheller mal exemplarisch nach der Kritik an einem (wenn auch vergleichsweise geringen) Ausgabeposten zu fragen: Die Beschaffung neuer ungeschützter Krankentransporter für die Bundeswehr.

Die Feststellung des Bundesrechungshofes, die Stellungnahme des Verteidigungsministeriums dazu und die Bewertung der Prüfbehörde sind vollständig hier nachzulesen. Kurzgefasst: Die Bundeswehr plant den Kauf neuer ungeschützter Krankenwagen, die die alten Sanitätsfahrzeuge auf Unimog-Basis ersetzen und vor allem im Inland eingesetzt sollen. Dafür sollen 240 neue Fahrzeuge beschafft werden, der Rechnungshof hält 200 für ausreichend. Vor allem aber: Die Bundeswehr will die Ausstattung dieser Fahrzeuge auf dem gleichen Standard wie die Fahrzeuge für (Auslands)Einsätze und begründet das mit den Anforderungen von Landes- und Bündnisverteidigung – der BRH hält das für überzogen.

Die Fragen und Antworten dazu an und von BRH-Präsident Scheller:

BRH_Bw-Krankenwagen_13nov2018     

 

Seine wesentliche Aussage, aus meiner Sicht: Die Bundeswehr solle eben nur das Notwendige beschaffen – um damit mehr finanzielle Spielräume zu gewinnen für andere nötige Beschaffungen. In diesem Fall aus Sicht des BRH 52 Millionen Euro.

Natürlich sind andere Ausgaben, die sich der Rechnungshof vorgenommen hat, nicht nur größer, sondern auch bedeutsamer. Wie der Vorwurf, die Bundeswehr wolle bis zu 2.500 überflüssige Dienstposten – eigentlich: Dienstposten an den falschen Stellen – einrichten, die zusätzlich 137 Millionen Euro jedes Jahr kosten.

Bei dieser Kritik (hier im Detail nachzulesen) geht es um den Personalbedarf des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr (BAPersBw) und das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw). Kurz gefasst: Da sei Personalbedarf falsch oder auf falscher Grundlage ermittelt worden – der BRH spricht von einer mangelhaften Personalbedarfsermittlung. Auch hier gehe es aber nicht darum, den Personalaufwuchs in Bundeswehr und ihren Behörden generell zu beschneiden:

Tausende vakante Dienstposten zeigen den Personalmangel der Bundeswehr. Auch deswegen sollte die Bundeswehr darauf bedacht sein, dass sie nur die Dienstposten einrichtet, die zur Aufgabenerfüllung unbedingt erforderlich sind.

Die in den Bemerkungen genannten, genauer beleuchteten Fälle im Bereich des Verteidigungsministeriums hier in der Übersicht; ein Punkt aber noch, der mit der Einsatzbereitschaft und Kommunikationsfähigkeit der Truppe zu tun hat: Die Kurzwellen-Funktrupps, so die Feststellung, sind seit Jahren nur eingeschränkt einsatzfähig – weil das Fachpersonal fehlt. Zugleich wird Material eingelagert, aber selbst einsatzfähiges Personal und Material wird in Einsätzen nicht verwendet, weil andere Technologien verfügbar waren, die Trupps zu viel Transportraum benötigen und Kurzwellenfunk nur eine geringe Datenübertragungsrate bietet. Mit anderen Worten: Weil Satelliten mehr Bandbreite bieten und bequemer zu nutzen sind.

Dennoch hält die Bundeswehr an der derzeitigen Ausstattung fest, hat aber gerade erst mit der Suche nach einem Nachfolgesystem begonnen, was die derzeitige Situation verbessert und diese ja redundante und damit sinnvolle Kommunikationsmöglichkeit nutzbar machen könnte:

Gleichwohl will das BMVg die vorhandenen Trupps bis zur Verfügbarkeit einsatztauglicher Nachfolgesysteme vorhalten. Allerdings hat es erst jetzt begonnen, sich mit der Planung solcher Nachfolgesysteme auseinanderzusetzen. In wie vielen Jahren diese verfügbar sein werden, ist daher nicht absehbar.

Über die konkreten Anmerkungen des Bundesrechnungshofes hinaus ist interessant, wie die Prüfbehörde in ihrem Blick auf die Haushaltssituation insgesamt die debattierte Anhebung des Verteidigungsetats – Stichwort Zwei-Prozent-Ziel – bewertet – und was eigentlich mit den aktuellen Prüfberichten zum Thema Beraterverträge im Verteidigungsministerium zu sagen ist. Nach beidem habe ich den Präsidenten gefragt:

BRH_Verteidigungshaushalt_Berater_BPK_13nov2018     

 

Zu den Beraterverträgen war es dann, leider, nicht wirklich ergiebig – was angesichts eines laufenden Verfahrens aber auch zu erwarten war.

Für alle, die über das Thema Verteidigung hinaus an der Gesamtschau des Bundesrechnungshofs interessiert sind, hier zum Nachhören die komplette Pressekonferenz mit Scheller:

BRH_BPK_kompl_13nov2018     

 

 

(Archivbild 2008: Sanitätskraftwagen auf dem Gelände der Luftlande- und Lufttransportschule Altenstadt)