Berater im Verteidigungsministerium: Probleme mit Scheinselbständigkeit? (Nachtrag: Grüne erwägen Untersuchungsausschuss)

Als Merkposten, weil das alles noch recht undurchsichtig ist: Im Zusammenhang mit den Vorwürfen, das Verteidigungsministerium gebe auf zweifelhafter rechtlicher Grundlage erhebliche Summen für Berater aus, geht es jetzt auch um sozialversicherungsrechtliche Probleme. So steht der Verdacht im Raum, dass zumindest einige der Berater als Scheinselbständige agierten, das heißt in Vollzeit allein für den Auftraggeber Bundeswehr oder Ministerium tätig waren, aber als Selbständige auftraten und damit nicht in die Sozialversicherung einzahlten. Dafür kann unter Umständen auch der Auftraggeber zur Verantwortung gezogen werden.

Aufgrund einer anonymen Anzeige prüfe die Berliner Staatsanwaltschaft entsprechende Vorwürfe, berichtet Spiegel Online am (heutigen) Donnerstag:

Nach SPIEGEL-Informationen prüft die Staatsanwaltschaft Berlin, ob der dauerhafte Einsatz von Unternehmensberatern im Wehrressort den Tatbestand der vorsätzlich verursachten Scheinselbstständigkeit erfüllt.
Die Ermittlungen der Justiz wurden durch eine Anzeige gegen die Ministerin vom 30. September ausgelöst, die offenbar von einem Insider aus dem Umfeld ihres Hauses stammt. (…)
Einen solchen Vorsatz unterstellt die Anzeige gegen [Verteidigungsministerin Ursula] von der Leyen. Demnach „wurden über einen längeren Zeitraum Berater eingesetzt, die dort wie Mitarbeiter beschäftigt“ gewesen seien.

Das Ministerium betonte in einer Stellungnahme, die Anzeige richte sich nicht gegen die Person der Ministerin, sondern gegen das Ministerium ingesamt. Außerdem seien bereits vor Bekanntwerden der Anzeige Schritte unternommen worden, den sozialversicherungsrechtlichen Status von mehreren Personen zu überprüfen:

Wir haben über die Presse Kenntnis von einer Anzeige gegen das Ministerium. Deren Rubrum lautet juristisch formal korrekt „gegen das Bundesministerium der Verteidigung vertreten durch die Bundesministerin“. Von einer gegen die Person der Ministerin gerichtete Anzeige kann keine Rede sein.
Bereits vor Kenntnis dieser Anzeige war das Ministerium mit dem Antrag auf Statusfeststellung für insgesamt sechs Personen auf die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung zugegangen. Den Vorwurf, dass das Ministerium vorsätzlich im Zusammenhang mit der Einbindung externer Unterstützungsleistungen Meldungen an die Sozialversicherungen unterlassen habe, weist das Ministerium entschieden zurück.

Nun kommt eine solche Scheinselbständigkeit in manchen Branchen öfters vor; in einem Bundesressort scheint mir das allerdings die Ausnahme zu sein.

Darüber hinaus gibt es nach Angaben von Spiegel Online auch konkrete Vorwürfe gegen einen hochrangigen, namentlich nicht genannten Soldaten:

Im Ministerium kursieren bereits ziemlich konkrete Gerüchte über eine Art Buddy-System unter Auftraggebern im Haus und den externen Beratern. Häufig wird der Name eines Drei-Sterne-Generals genannt, der persönlich eng mit einem Berater befreundet ist. Der frühere Bundeswehr-Mann wiederum zog in den vergangenen Jahren immer wieder größere Aufträge aus dem Ministerium für seine Firma an Land.

So was ist immer schwer zu verifizieren, nicht umsonst schreibt auch SpOn von Gerüchten. Eben diese Gerüchteküche verortet die Vorgänge vor allem im Bereich der besonders auf Berater angewiesenen Informationstechnik.

Nachtrag: Das Thema kam auch im Haushaltsausschuss des Bundestages zur Sprache – und danach brachte der Grünen-Haushälter Tobias Lindner einen möglichen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ins Gespräch:

Auch im Ausschuss hat Ministerin von der Leyen auf meine Nachfrage weitere Fälle einräumen müssen. Es stehen nach wie vor zahlreiche Fragen unbeantwortet im Raum über Umfang des Einsatzes Externer, über Vergabeverstöße, über Seilschaften zwischen Ministerium und Externen. Die Ministerin muss nun nicht nur zügig aufklären, sondern auch aufzeigen, wie die Bundeswehr künftig ihre Aufgaben wieder selbst erledigen kann und die Beratung und Unterstützung von außen auf ein notwendiges Minimum reduziert wird. Es ist jetzt die Entscheidung von Ursula von der Leyen, ob sie die Vorgänge in ihrem Haus vollumfassend aufklären will und die zuständigen Ausschüsse transparent informiert, oder sie weiterhin auf Vertuschung und Abwiegeln setzt. Ich erwarte, dass das Verteidigungsministerium uns vollumfänglich Einsicht in die relevanten Akten gewährt. Ansonsten sind andere Wege der parlamentarischen Aufklärung wie ein Untersuchungsausschuss unumgänglich.