Zum Zustand der Bundeswehr: Interview im Deutschlandfunk
Heute habe ich zwar überwiegend meinen geplanten Blogger-Bildungsurlaub auf der re:publica genommen, aber auch ein bisschen gearbeitet: Mit dem Deutschlandfunk habe ich über den Zustand der Bundeswehr und den Haushalt gesprochen.
Vielleicht interessiert es ja; zum Nachlesen steht es hier.
@Elahan | 06. Mai 2018 – 12:34
„Man ist sich mehrheitlich in der Bevölkerung sehr klar darüber und im GG 87a ist es klar definiert. Leider gibt es Personenkreise und Interessengruppen welche noch immer versuchen den Mehrheitswillen und unsere Erfahrungen mit mili Einsätzen umzusetzen.“
Art. 87a ist der Ursprung und Kern, aber nicht der einzige und (glücklicherweise) sogar meistens auch nicht der vordringliche Auftrag der Bundeswehr.
LV/BV muss der Kern sein, aber militärische Machtprojektion in anderen Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik darf dabei keinesfalls vernachlässigt werden.
Zudem ist es relevant, dass wir als starken und glaubwürdiger Partner unseren Teil zur internationalen Sicherheit beitragen, sonst kommen wir nicht nur nicht unserer Verantwortung als Mittelmacht nach, sondern schädigen sogar noch direkt unsere eigenen Interessen…
@Elahan:
Der Haushalt nicht der Ausgangspunkt der Streitkräfteplanung.
Haushalt ist Politik in Zahlen. Es ist Aufgabe der Politik die Steuergelder in den jeweiligen Politikfeldern entsprechend der politischen Prioritäten aufzuteilen. Aktuell gibt es hier innerhalb der Koalition endlich einen Dissens. Wobei die Union den Karren in den Dreck gefahren hat.
Haushaltsmittel sind also das Ergebnis der politischen Willensbildung. Jedes Ressort muss für seine Ansprüche eine gute Begründung liefern. Das BMVg hatte nun schon mehr als 2 Jahre Zeit dies abzustimmen und es gibt ja bereits nicht finanzierte (!) Zusagen an die NATO im Rahmen des NDPP (siehe Plan Heer, Zusagen zu Fähigkeiten der Lw und Marine).
Es ist unverständlich warum das BMVg mit der im Entwurf vorliegenden KdB nicht auch das Fähigkeitsprofil vorlegen kann.
Entweder das BMVg bringt sich jetzt gut begründet in die Haushaltsberatungen ein oder die Internationalen Verpflichtungen sind nicht erfüllbar (http://augengeradeaus.net/2018/05/kampf-um-den-haushalt-verteidigung-und-entwicklung-gegen-scholz/#comment-293770).
@Koffer
Nein, bitte nicht wieder diese Diskussion. Ich nehme doch schon lange zur Kenntnis, dass Sie da eine andere Position einnehmen und das ist gut so.
Meine Position und die vieler anderer Bürger auch ist klar im GG definiert und was über 87a hinausgeht ist doch im Rahmen der UN kein großes Problem. Der Rest ist Schattenboxen.
„Zudem ist es relevant, dass wir als starken und glaubwürdiger Partner unseren Teil zur internationalen Sicherheit beitragen“
Auch das ist unstrittig und wir tun es. Welcher NATO-Partner der USA macht mehr?
Doch zu einem starken und glaubwürdiger Partner, gehört auch klar zu benennen, dass einige Aktionen unserer Partner weder die internationalen Sicherheit erhöht noch unsere Glaubwürdigkeit. Die Wahrnehmung in der Welt zu den Handlungen einiger unserer Verbündeten ist eben eine andere.
Mit bald 17 Jahren ist der Afghanistan-Krieg der längste Krieg der NATO-Geschichte, hat es unsere Sicherheit erhöht? Wird das Militär dort durch Drogenhandel und Korruption bis in die polFührung von NATO-Staaten hintergangen?
Bis zu 67.000 Menschen kamen dort bisher ums Leben, fast die Hälfte Zivilisten. Noch weniger beachtet: Mindestens 59 Journalisten und Medienmitarbeiter (Spon). Evtl haben nun einige erkannt, dass Verantwortung zu übernehmen eben nicht gleichbedeutend ist mit mehr mili Engagement und Aufrüstung.
Nehmen wir den Ukrainekonflikt, dort hat Deutschland entscheidend zu einer Eindämmung beigetragen und den Verhandlungsweg noch immer offen gehalten. Wir sind eben nur EIN Teil der EU und deshalb ist eine Abstimmung unerlässlich, doch noch hängt es eben nicht nur an Frau Merkel und co. Die ganze Union und deren Herausforderungen ändern sich gerade täglich und diesen begegnen wir nicht mit alten Rezepten und Mechanismen.
Verantwortliche Sicherheitspolitik für die Bürger und unsere Partner ist in erster Linie eine diplomatische Frage und in zweiter eine wirtschaftliche. Wenn wir es auf diesen Feldern in Zukunft nicht schaffen, ist die militärische Lösung keine Lösung, sondern ein Final und das wissen viele Bürger in Europa. Deshalb 87a gepaart mit UN-Mandaten, der Rest führt zu keinen nachhaltigen Verbesserungen.
@Koffer | 06. Mai 2018 – 12:54
„Zudem ist es relevant, dass wir als starken und glaubwürdiger Partner unseren Teil zur internationalen Sicherheit beitragen, sonst kommen wir nicht nur nicht unserer Verantwortung als Mittelmacht nach, sondern schädigen sogar noch direkt unsere eigenen Interessen…“
In diesem Satz sind zwei Fehler:
1. Die Bundeskanzlerin spricht von der Verantwortung Deutschlands für die Sicherheit Europas, aufgrund wirtschaftlicher und politischer Bedeutung. Das ist gegenüber Ihrem Ausdruck der „internationalen Sicherheit“ eine ganz klare geografische Einschränkung.
2. Wo sehen Sie die eigenen (deutschen) Interessen in Gefahr? Bisher ist es ohne Einsätze besser gelaufen als mit. Wirtschaftlich und politisch bringen die – nichts.
Wie man seinen Einfluß ausdehnen kann, so ganz ohne heiße Einsätze, zeigt uns China in den letzten 20 Jahren.
Es wird zwar immer so schön von „internationaler Sicherheit“ und „Verantwortung für die Welt“ schwadroniert. Tatsache ist doch, das die jetzigen Einsätze aufgrund von Eingriffen vor allem der USA, FRA und GBR in das politische Machtgefüge in Afrika, dem Nahen und Mittleren Osten notwendig wurden. Nebenbei hat man die Terroristen des IS großgezogen.
Und jetzt werden händeringend Hilfstruppen gesucht, um die Geister, die man rief wieder einzufangen. Das kann es doch nicht sein, da muss man vorher Einfluss nehmen, damit es nicht soweit kommt. Und wenn es dann doch so kommt, konsequent heraus halten.
Das ist Glaubwürdigkeit und Stärke, nicht, wie die Lemminge den USA hinterher zu rennen.
@ Pio-Fritz
Ich bitte zu bedenken, dass China folgendes tut:
– künstliche Inseln aufschütten um Handelszonen vergrößern zu können
– den ärmsten afrikanischen Staaten Agrarland abkaufen
– Militärbasen an den Handelsrouten aufbauen, diese als ständige Präsenz wie Rammstein.
Sowas soll Deutschland machen? Die Basis in Jordanien wird doch jetzt schon kritisiert.
Nur ein kleiner schlaumeiernder Einwand.
Memoria | 06. Mai 2018 – 13:34
Art 87a (1) GG:
Ich meine aber zu verstehen, was Sie zum Ausdruck bringen wollten. Das BMVg möge bei der Verteilung des Kuchens so verhandeln, dass alle Zusagen umgesetzt werden können oder ein kleineres Stück Kuchen so effizient einsetzen, dass man nicht mehr Kuchen braucht oder man sollte sich mit Zusagen zurückhalten.
@Elahan | 06. Mai 2018 – 14:15
„Meine Position und die vieler anderer Bürger auch ist klar im GG definiert und was über 87a hinausgeht ist doch im Rahmen der UN kein großes Problem. Der Rest ist Schattenboxen.“
Das kann man auch anders formulieren:
Meine Position und die vieler anderer Bürger auch ist klar im GG definiert und das viele und wichtige, was über die enge, wörtliche Begrenzung des 87a hinausgeht sollte doch für uns als reiche Mittelmacht kein Problem sein. Der Rest ist Schattenboxen.
„Welcher NATO-Partner der USA macht mehr?“
Absolut? GBR.
Relativ im Vergleich zur Größe?
POL, NLD…
Ihre inhaltliche Kritik an aktuellen Einsätzen kann ich durchaus nachvollziehen, aber genau hier bricht Ihr Argument! Denn wenn wir Einfluss nehmen wollten, müsste man uns auch ernst nehmen, und das geht halt nicht mit unseren aktuellen Beiträgen :(
@Pio-Fritz | 06. Mai 2018 – 15:06
Ich wüsste nicht, dass ich hier schwadroniert hätte…
@Elahan:
Das wesentliche europäische Betätigungsfeld in der Sicherheitspolitik wird absehbar die Sahel-Zone. Präsident Macron versucht hier aktuell eine Gruppe von Staaten zu mobilisieren:
https://www.politico.eu/article/emmanuel-macrons-eu-defense-army-coalition-of-the-willing-military-cooperation/
In Berlin ist man darüber wenig erfreut, da es im Kern um die Europäisierung von Barkhane geht.
Zudem sind aktuell in Niger und Somalia deutsche Staatsbürger entführt worden.
Medial jedoch kaum beachtet. Auch dies ist Teil der Aufgabe der Bw nach Art. 87a (Rettung und Evakuierung).
Die Fähigkeiten der Bw in diesen Bereichen sind ebenfalls lückenhaft.
Aber noch mehr fehlt es gerade hier an politischem Willen.
Es wird also bald konkret sichtbar werden wie ernst wir es mit einer GSVP wirklich meinen.
Fernab von allen Fehlern in den letzten Einsätzen.
@Koffer
Nehmen wir mal nicht Mali, AFG oder Irak wo inzwischen auch vielen Verantwortlichen in den USA klar ist, dass da was komplett schief gelaufen ist, betrachten wir und den Fall Libyen.
Abgesehen von der seltsamen Kommunikation unserer damaligen Regierung war der Treiber für den Einsatz FR, mit welcher Begründung sind unsere Partner in dieses Abenteuer und mit welchem Ergebnis?
Die militärische SiPo vieler westlicher Staaten ist ein Desaster und weit weg von verantwortlichen Handeln.
Dann sollten wir uns JETZT beginnend darauf einstellen.
@Konflikt_Sicher
2050 setzen #Landstreitkräfte vermutlich 10.000e von #Robotern im Team ein, Entscheidungen menschlicher Befehlshaber werden dann von #KI beeinflusst, wenn nicht sogar geformt. Aktuelle Trends in Technologie & Kriegsführung machen dies wahrscheinlich. #LAWS
(link: https://csbaonline.org/research/publications/human-machine-teaming-for-future-ground-forces)
@Pio Fritz
„..Es wird zwar immer so schön von „internationaler Sicherheit“ und „Verantwortung für die Welt“ schwadroniert. Tatsache ist doch, das die jetzigen Einsätze aufgrund von Eingriffen vor allem der USA, FRA und GBR in das politische Machtgefüge in Afrika, dem Nahen und Mittleren Osten notwendig wurden…“
Stimmt!!
@Elahan
„…Verantwortliche Sicherheitspolitik für die Bürger und unsere Partner ist in erster Linie eine diplomatische Frage und in zweiter eine wirtschaftliche. Wenn wir es auf diesen Feldern in Zukunft nicht schaffen, ist die militärische Lösung keine Lösung, sondern ein Final und das wissen viele Bürger in Europa…“
Sehr schön zusammengefasst!
Wenn Deutschland einen militärischen Beitrag leistet zur Abschreckung im Osten Europas, zur Förderung der Stabilität im Süden Europas und ein angemessenes Kontingent für UNO-Einsätze bereit hält, dann werden wir unserer viel beschworenen Verantwortung gerecht und die Streitkräfteplanung erhält eine klare Kontur.
@ Koffer
Sollten heute seismische Störungen in Deutschland zu messen sein, dann sind das die Mitglieder des Parlamentarischen Rates (d.h. die Mütter und Väter des Grundgesetzes) die in ihren Gräbern rotieren. Der sozio-politische Nachkriegskonsens hat politisch, sozial und rechtlich die Anwendung von Gewalt oder auch nur ihre Androhung zum Zwecke der Erreichung politischer Ziele über das grundlegende Selbstverteidigungsrecht hinaus für die Bundesrepublik ausgeschlossen und das spiegelt sich auch noch so im GG und vor allem in der Mentalität der meisten Deutschen wider. Diese Verneinung des Clausewitz’schen Paradigmas war immer ein Grundpfeiler des Selbstbildnisses des westdeutschen Staates nach 1945. Wer diesen Kernpfeiler (west)deutschen Selbstverständnisses zu zertrümmern gedenkt, der sollte besser Argumente haben die ziehen. Und nein, „Bündnissolidarität“ oder „Verantwortung“ reichen um Galaxien nicht, da all diese wohlfeilen Begriffe so wunderbar schwammig und umdefinierbar sind. Man kann sie so wunderbar auf alle möglichen Situatonen zurechtbiegen, aber als Argument taugen sie nicht. Nicht für so ein Thema …
@ Memorial:
Verteidigen oder Gewalt anwenden? oder dabei helfen ( aufklären, betanken)??
Gegen wen? Reguläre Truppen, Guerilla, Kämpfer, Bewaffnete??
Wo? An deutschen, EU-, NATO-Außen oder Binnengrenzen??
oder überall, wo es die Regierung?, die Parlamentsmehrheit befiehlt? Afghanistan, Mali, Jugoslawien, Syrien?? Ukraine, Georgien, Armenien???
zu Lande, zur See, in der Luft? Im Weltraum??
In realen Welten? virtuellen Welten (Informationen, Wissen, Know-how)??
Mit physischen ( inclusive biologisch, chemisch, atomar??) oder virtuellen Mitteln??
Die Welt ist nicht mehr so simpel wie im „kalten Krieg“ mit den „Bösen“ im Osten!!
@Elahan
Libyen:
2001 anerkannten die UN das Prinzip der Schutzverantwortung „responsibility to protect“. Auf Basis davon die Pflicht von Staaten seine Bürger vor Kriegs- und Menschenrechtsverletzungen als auch Genoziden zu schützen, beschloss der Sicherheitsrat die 2011er Intervention in Libyen.
War aber nur der UNSR.
@Elahan | 06. Mai 2018 – 16:15
„Die militärische SiPo vieler westlicher Staaten ist ein Desaster und weit weg von verantwortlichen Handeln.“
Zustimmung!
Und gerade hier bricht mEn Ihr Argument! Wer mehr Einfluss nehmen will, der muss halt auch ernst genommen werden. Und dazu müsste DEU halt anders mitmachen als bisher.
@csThor | 06. Mai 2018 – 17:21
Abgesehen, dass ich bestreite, dass der parlamentarische Rat so homogen war, wie Sie hier behaupten, so ist das aber auch müßig, denn wir leben im Jahre 2018 und müssen dem hier und heute gerecht werden.
Und nebenbei Bündnissolidarität und Verantwortung sind zwei verdammt gute Argumente für mehr DEU Engagement. Ich würde das außerdem noch ergänzen mit Wahrnehmung DEU Interessen (und das ist mEn sowohl Wirtschaft, politischer Einfluss, als auch Menschenrechte).
@asplen:
Auf den Einwand habe ich gewartet, der Art. 87a (1) weist jedoch lediglich die Verteidigung als Bundesaufgabe aus und legt fest, dass der EPl. 14 die Kosten transparent darstellt – im Gegensatz zu Schattenhaushalten im Kaiserreich und der Weimarer Republik. Alles andere ist Teil der politischen Willensbildung, wie sie anhand des Kuchens dargestellt haben.
Oft genug verstecken sich aber gerade militärische Eliten hinter dem Artikel und weisen zu wenig auf die Folgen der Unterfinanzierung hin.
Dabei sind die letzten Äußerungen des Heeres eine bemerkenswerte und dringend notwendige Veränderung.
Nun muss das BMVg alldas noch bündeln und politisch richtig vermitteln. Den das Geld ist vorhanden, ob für Verteidigung oder für anderes.
@JoFi:
Vom bösen Osten war bei mir auch nicht die Rede.
Ja die Welt hat sich verändert und deswegen muss dies auch die Bundeswehr. Aktuell ist die Bundeswehr jedoch kaum für jedwede Art von Konflikt einsatzbereit (und nein die aktuellen Einsätze sind nicht der Gegenbeweis).
Auch ihre Aufteilung in reguläre und irreguläre Gegner ist nicht mehr zeitgemäß.
Alldas wurde hier in den letzten Jahren sehr intensiv diskutiert (z.B.: http://augengeradeaus.net/2014/03/landes-und-bundnisverteidigung-blick-nach-osten/).
Dazu kommen weitere Herausforderungen in allen genannten Domänen (Land, See, Luft, Weltraum, Informationsraum).
Zum häufig zitierten Thema „Responsibility to Protect“ stellt die UN fest:
„…The responsibility to protect is an ally of sovereignty, not an adversary. It grows from the positive and affirmative notion of sovereignty as responsibility, rather than from the narrower idea of humanitarian intervention. By helping States to meet their core protection responsibilities, the responsibility to protect seeks to strengthen sovereignty, not weaken it…“
Auf den Fall Syrien könnte dies so ausgelegt werden, dass zunächst der syrische Staat im Kampf gegen Terroristen unterstützt werden sollte, damit dessen Bürger vor diesen geschützt werden und die Souveränität des Staates erhalten bleiben kann.
(„…helping States to meet their core protection responsibilities…“)
Hier der Link:
http://www.un.org/en/genocideprevention/member-states.html
@Eric Hagen
“ Sie liegen falsch. In Ruanda sind 1996 u.a. 11 belgische Kommandos, Paras und FeSpaeher bei der Sicherung eines Klosters ermordet worden. Darin befanden sich u.a. deutsche Entwicklungshelfer.“
Moment, da herrscht ein Irrtum vor, sie haben das nicht für uns getan, sondern das war im Rahmen des taktischen vorgehens das Ergebnis. Wir sprechen hier von der Strategischen Ausrichtung für die Zukunft und das bedeutet doch dann nicht, dass es im Rahmen einer mili Aktion keine falschen Entscheidungen der BR in der Vergangenheit gab. Die Bw und GSG 9 hätte dies meistern können, wenn man sie gelassen hätte und das im bestehenden Rechtsrahmen.
“ Darueberhinaus fragen Sie mal Belgier nach deren Wahrnehmung deutscher “Waffenbruederschaft” im Kunduz 2009. Trotz Mandat fuehlten die sich namentlich von der DEU QRF im Stich gelassen.“
Wenn das Gefühl stimmt, ich kenne die Hintergründe nicht, war auch dies möglicherweise eine situationsbezogene Fehlentscheidung und keine auf Grundlage des GG 87a und weiterer Artikel oder deren Auslegung.
@Klauspeterkaikowsky
“ 2001 anerkannten die UN das Prinzip der Schutzverantwortung „responsibility to protect“. Auf Basis davon die Pflicht von Staaten seine Bürger vor Kriegs- und Menschenrechtsverletzungen als auch Genoziden zu schützen, beschloss der Sicherheitsrat die 2011er Intervention in Libyen.“
Aber nicht auf die Art und Weise wie das Mandat missbraucht wurde. Bitte verfolgen sie die Diskussion zu diesem Theme, gerade in FR.
Wendung der Kriegsziele aufmerksam. Es ging bei der UN Resolution um eine humanitäre Intervention. Dem hatte auch Russland im UN-Sicherheitsrat mit seiner Enthaltung de facto zugestimmt. Später hat dann Sarkozy auf den Sturz des libyschen Regimes gedrängt. Und das hat dann wohl nicht nur einige Alliierte verwundert. Die Bundesregierung wusste worum es Sarkozy ging und deshalb war die Reaktion nachhaltig im deutschen Interesse. Bin mir sicher, dass es hier zum OT führen würde und deshalb sehe ich auch in diesem Fall keine Blaupause/Muster für zukünftige Entwicklungen durch den aktuellen Zustand der Bw.
@Elahan | 06. Mai 2018 – 19:22
Aha, erst wird bestritten, dass andere für uns bluten und nach Gegenbeweis wird so umgedeutet, dass es passt?
Wissen Sie DEU wäre beim nein–sagen und moralischem Besserwisser viel glaubwürdiger, wenn wir auch hin und wieder ja sagen würden und uns nicht immer hinter anderen verstecken würden.
Und da meine ich nicht nur die großen drei (USA, GBR, FRA), sondern auch kleinere Staatem wie BEL, NLD, POL oder CAN…
@Koffer
Wo war da der Gegenbeweis? Haben die Belgier für uns das Kloster gesichert?
Sie tun so, als ob deutsche Soldaten keine Opfer gebracht hätten und als ob die Bw nie in heißen Einsätzen war oder sind.
Es geht hier um die Zukunft und Deutschland, Europa und die NATO müssen sich überlegen welches vorgehen der Regierungen zu mehr Sicherheit und Freiheit führt.
Es wurde nun oft genug geschrieben, dass es kein schwarz oder weiß gibt aber nur um was zu beweisen muss man keine Leben aufs Spiel setzen. Wenn Deutschland oder unsere Verbündeten in Gefahr sind gibt es keine zwei Meinungen (außer sie haben es provoziert) für den Rest gibt es klare Spielregeln und dies genügt als Grundlage zur Ausrichtung der Bw.
Nur darum geht es. Wann und ob die KSK, GSG9 oder wer auch immer kurzfristig zu einer Stabilisierungsoperation eingesetzt werden soll ist mit Sicherheit kein großes Problem der Haushaltsführung und des Budget. Lasst uns die Bw für ihren Hauptauftrag ausrichten und zwar richtig, mit DP, Infra, Mat und Fähigkeiten. Wenn dies dann gemeinsam mit unseren NATO Partnern erreicht ist sehen wir weiter.
@Koffer
„…Wissen Sie DEU wäre beim nein–sagen und moralischem Besserwisser viel glaubwürdiger, wenn wir auch hin und wieder ja sagen würden…“
Wie stellen Sie sich das denn vor? Soll DEU „Ja“ sagen zu einem Kriegseinsatz, den DEU für falsch hält? Das ist doch absurd, ja geradezu kriminell! Das gibt weder das Völkerrecht noch das Grundgesetz her. Das ist schlicht verbrecherisch.
An einem Kieg, den DEU ethisch und rechtlich nicht vertreten kann, kann und darf DEU ncht teilnehmen, auch nicht aus Solidarität! PUNKT!!
Nun sagen Sie doch einmal an welchem Krieg DEU aus Ihrer Sicht hätte teilnehmen sollen. Am völlig verkorksten Irakkrieg, oder am völlig verkorksten Libyenkrieg? Diesen verkorksten Kriegen haben wir das Chaos im Süden Europas und große Teil der Flüchtlingswelle zu verdanken.
DEU kann stolz darauf sein an diesen Kriegen NICHT teilgenommen zu haben! Diesen Stolz sollten wir auch deutlich aussprechen!
Krieg ist kein Videospiel, sondern es werden immer richtige lebende Menschen – auch immer Zivilisten- getötet. Dafür muß es schon einen verdammt guten Grund geben. Die Leichtfertigkeit mit der „der Westen“ in den vergangenen 20 Jahren Kriege geführt hat, hat auch damit zu tun, dass er keine Gefahr für das eigene Territorium in Kauf nehmen mußte. Das ist übrigens auch der Grund warum die USA seit ihrer Existenz in ihrer „DNA“ eine erheblich geringere Hemmschwelle für Kriege haben. Nur in der Schlacht von Verdun wurden mehr Menschen getötet als US-Amerikaner (einschl. Soldaten) zu Tode gekommen sind in ALLEN Kriegen, die die USA (einschl. des Unabhängigkeitskrieges) seit ihrem Bestehen je geführt haben.
Um es auf den Punkt zu bringen:
Die Deutschen haben keinen Nachholbedarf wenn es um Kriegstote geht! In den vergangenen 100 Jahren sind wir Deutschen neben den Russen führend in dieser Disziplin. Wir brauchen diesbezüglich weder Belehrungen noch weitere Erfahrungen!
@Koffer
“Wissen Sie DEU wäre beim nein–sagen und moralischem Besserwisser viel glaubwürdiger, wenn wir auch hin und wieder ja sagen würden und uns nicht immer hinter anderen verstecken würden.”
Das koennte der Schluessel sein, um die angestrebte erhoehte Verantwortung in der Welt mit den besonderen deutschen Befindlichkeiten zu verknuepfen. Ich fuer meinen Teil schliesse den scharfen und harten Einsatz dabei ausdruecklich nicht aus.
@Eric Hagen
„Das koennte der Schluessel sein, um die angestrebte erhoehte Verantwortung in der Welt mit den besonderen deutschen Befindlichkeiten zu verknuepfen. Ich fuer meinen Teil schliesse den scharfen und harten Einsatz dabei ausdruecklich nicht aus.“.
Wir können doch nicht einfach Krieg führen, um deutsche „Befindlichkeiten“ zu verlieren. Diese „Befindlichkeiten“ haben doch einen tiefen Grund. Aus den schlimmen Erfahrungen der zwei Weltkriege hatten die Deutschen gefolgert, dass Krieg nur zur Verteidigung gerechtfertigt ist. Das gilt für mich immer noch. Für mich ist die Begründung, „deutsche Befindlichkeiten“ verlieren, um wieder Krieg zu führen schlicht bizarr.
Es gibt keine „erhöhte Verantwortung in der Welt“, die es uns erlauben würde, außerhalb des Völkerrechts/Grundgesetzes Krieg zu führen.
Noch ein Punkt:
Was würden wir denn sagen wenn die Großmächte und Mittelmächte China, Indien, Russland, Indonesien, Brasilien, Südafrika, Nigeria, Saudi-Arabien, Iran plötzlich wegen „ihrer erhöhten Verantwortung in der Welt“ Befindlichkeiten ablegen wollen und deswegen verantwortungsvoll Krieg führen wollen?
Ich bin mir nicht im Klaren, ob Ihnen die deutsche Arroganz deutlich wird, durch die deutsche Anmaßung, Krieg führen zu dürfen, wegen „gestiegener Verantwortung“. China und Indien haben je 1,3 Milliarden Einwohner. Deutschland steht im „ranking“ der Bevölkerungszahl an 17. Stelle eng zusammen mit Iran(18.) und der Türkei (19.).
Stehen Sie diesen Staaten auch zu, wegen deren „gestiegenen Verantwortung“ Kriege zu führen?
Hier der Link zu den Bevölkerungszahlen:
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1722/umfrage/bevoelkerungsreichste-laender-der-welt/
@Elahan | 06. Mai 2018 – 20:35
„Wo war da der Gegenbeweis? Haben die Belgier für uns das Kloster gesichert?“
Nein, sie haben unsere (DEU!) Staatsbürger gerettet, weil DEU Sie darum gebeten hatten…
„Sie tun so, als ob deutsche Soldaten keine Opfer gebracht hätten“
?Hatte ich hier schon mal von meiner Truppengattung und meinem militärischen Lebenslauf geschrieben?
Natürlich haben DEU Sdt auch Opfer gebracht.
Aber DEU als Ganzes und die Bw als Ganzes hat an unserer Größe und unserem Einfluss und unserem Wohlstand gemessen nicht ausreichend Leistung erbracht und andere Nationen (und deren Sdt) haben dafür den Preis zahlen müssen :(
„und als ob die Bw nie in heißen Einsätzen war oder sind.“
Das ist natürlich alles eine Frage der Relation, aber relativ gesehen ist die Antwort in der Tat nicht besonders schmeichelhaft für DEU…
@Pete | 06. Mai 2018 – 20:45
Auch hier sehe ich wieder viele geschichtsschwere Argumente, aber wenig was mit dem hier und heute und der Realpolitik zu tun hat.
@Pete | 06. Mai 2018 – 20:45
Sie scheinen das „Ja-Sagen“ auf Krieg und dem Töten im Krieg zu reduzieren. Wenngleich ich Ihrer Conclusion, dass Deutschland keine Nachhilfe bzgl Kriegstote benötigt, durchaus zustimme, so sollte man bitte nicht darauf reduzieren.
Nehmen wir zwei immens wichtige, aber in der bzgl Kampf geringerer intensiven Themen aus dem Bereich der sicherheitspolitischen Herausforderungen:
1. Schützen der Handelswege
2. Verhindern unkontrollierter Migration
Zwei Bereiche in denen ein deutsches Engagement sehr effektiv und erfolgreich durchgeführt werden könnte. Wenn man es denn ideell, finanziell, personell und materiell so hinterlegte, dass man gemeinsam mit den Bündnispartnern diesen Herausforderungen begegnete. Und auch moral-ethisch kann die Bundesrepublik hier als glaubhafter Player, eben einer der sehr genau völkerrechtlich abwägen würde, agieren.
Ich bin der Meinung, dass unsere Bündnispartner durchaus verstehen, wenn die Deutschen deutlichere Manschetten zeigen als sie selbst. Aber ein so deutliches Herausnehmen aus den Verpflichtungen in den Bündnissen, nur weil die deutsche Politik momentan irgendwie so gar nicht weiß bzw sich damit beschäftigt, was man denn eigentlich mit der Bundeswehr anfangen soll, das führt durchaus zu Kopfschütteln.
Dass es deutsche Tabus gibt und aus deutscher Bewertung heraus geben muss, das ist unbenommen und wird deutlicher akzeptiert, als gemeinhin angenommen wird.
@Pete | 06. Mai 2018 – 22:12
„Für mich ist die Begründung, „deutsche Befindlichkeiten“ verlieren, um wieder Krieg zu führen schlicht bizarr.“
Für mich auch, aber diese Begründung hat ja auch niemand angeführt.
„Es gibt keine „erhöhte Verantwortung in der Welt“, die es uns erlauben würde, außerhalb des Völkerrechts/Grundgesetzes Krieg zu führen.“
Absolut zutreffend, aber das hat ja auch niemand vorgeschlagen!
@Sachlicher
„…Nehmen wir zwei immens wichtige, aber in der bzgl Kampf geringerer intensiven Themen aus dem Bereich der sicherheitspolitischen Herausforderungen:
1. Schützen der Handelswege
2. Verhindern unkontrollierter Migration…“
Ich sehe keinen Widerspruch zu dem was ich geschrieben habe. Ich habe z.B. überhaupt keine Einwände gegen die deutsche Teilnahme – seit mehr als 10 Jahren- an der Operation Atalanta zum Schutz der Seeverbinungswege.
Ich habe doch ausdrücklich geschrieben, dass Deutschland zur Stabilität im Süden Europas beitragen soll. (Pete 06. Mai 2018 – 17:19). Darunter zähle ich selbstverständlich die unkontrollierte Migration nach Europa.
@Koffer
„@Pete | 06. Mai 2018 – 20:45
Auch hier sehe ich wieder viele geschichtsschwere Argumente, aber wenig was mit dem hier und heute und der Realpolitik zu tun hat.
Zumindest sehen Sie die Argumente. Für mich haben diese Argumente sehr viel mit dem „hier und heute und der Realpolitik zu tun“. Auch wenn Sie das nicht so sehen. Nennen Sie mir einen Grund warum der Widerstand gegen Hitler (zu Recht!) „traditionsstiftend“ für die Bundeswehr ist, wenn „geschichtsschwere Argumente, … wenig …mit dem hier und heute und der Realpolitik zu tun…“ haben?
Ich kann allerdings wenig mit Allgemeinplätzen wie „gestiegener Verantwortung als Mittelmacht“ anfangen. Das ist für mich einfach nur inhaltslose „STRATCOM“, die sich im ersten Moment überzeugend anhören mag, wenn man jedoch diese Allgemeinplätze hinterfragt, bleibt wenig Substanz.
@Sachlicher
Ja, völlig richtig, das sind ebenso sicherheitspolitische Herausforderungen aber eben nicht zwingend für das Militär (was sie nicht explizit geschrieben hatten). Schützen von Handelswegen ist ein spannendes Thema und da denkt man oft an Seewege und wenn es da um Piraten geht, ist es ja, wenn man will, relativ gut abarbeitbar. Wenn es aber um zwischenstaatliche Verwerfungen geht, ist das Militär schnell an seiner Grenze und im Besonderen wenn die Akteure Großmächte sind und es um die Seidenstraße geht, dann ist es ganz schnell keine Aufgabe mehr für die BRD und EU. Dann ist es am Ende eine UN Aufgabe oder wohl schnell eskalierend. Evtl können wir uns ja gleich ein Lehrstück beim Territorialkonflikten im Chinesischen Meer betrachten.
Wenn wir den Zustand der Bw betrachten und eine Strategie für die BRD fordern, kann dies nicht losgelöst von EUropa geschehen.
Strategie zur Verteidigung Europas
Die aktuellen Sicherheitsbedrohungen für Europa sind real und werden nicht einfach wieder verschwinden. Eine ehrliche Lageanalyse lässt nur einen Schluss zu: Es ist an der Zeit, dass sich die Staats- und Regierungschefs der EU erneut der Frage zuwenden, wie die Sicherheit ihrer Bürgerinnen und Bürger am besten gewährleistet werden kann. Will Europa die sicherheitspolitischen Herausforderungen von morgen bestehen, müssen
der „Soft Power“ der EU jetzt eine entsprechende gemeinsame „Hard Power“ und eine e zientere Nutzung unserer jährlichen Verteidigungsetats von insgesamt 210 Mrd. EUR gegenüber gestellt werden. In Zeiten klammer öffentlicher Kassen ist es tatsächlich möglich, dass wir mit weniger Geld mehr erreichen und gleichzeitig unsere Sicherheit verbessern können. In den letzten Jahrzehnten war die Gemengelage aus akuten sicherheitspolitischen Herausforderungen, wirtschalichen Notwendigkeiten und politischen Argumenten für „mehr Europa“ bei der Verteidigung noch nie so überzeugend wie heute. Letzten Endes liegt es in unserem ureigenen europäischen Interesse, vorausschauend tätig zu werden und nicht zu warten, bis uns akute Konflikte oder neue Sicherheitsbedrohungen zum Handeln zwingen.
https://ec.europa.eu/epsc/sites/epsc/files/strategic_note_issue_4_de.pdf
Die Widerstände sind in diesem Papier gut beschrieben. Was wäre das Szenar, wenn EUropa in diesem Bereich scheitert und die Strategien von Putin und Trump aufgehen? Wir werden sehen, spätestens wenn wir den Kampf um den Markt der Kraftfahrzeuge verlieren.
@Koffer
“Wissen Sie DEU wäre beim nein–sagen und moralischem Besserwisser viel glaubwürdiger, wenn wir auch hin und wieder ja sagen würden und uns nicht immer hinter anderen verstecken würden.”
Was genau meinen Sie denn mit dem „hin und wieder ja sagen“ und dem „hinter anderen verstecken“?
@Pete
+1
Ich bin erstaunt, wie viele Kommentatoren einen Kampfeinsatz der Bw befürworten und auf „Teufel komm raus“ hersehnen. Und sei die völkerrechtliche, politische oder andere Begründung noch so fadenscheinig und dünn. Hauptsache mitmachen.
Die USA werden dabei als leuchtendes Beispiel erwähnt, völlig unreflektiert. Es geht schon damit los, das die von ihnen mit verursachten Flüchtlingsströme grundsätzlich anderen überlassen werden, die USA nehmen so gut wie keine Flüchtlinge auf.
Und wer die Presse der letzten 14 Tage gelesen hat, der weiß jetzt auch, warum FRA den Einsatz in Libyen unbedingt wollte. Sarkozy wollte seinen Sponsor aus dem Weg räumen.
Wenn das die hochgelobte „politische Verantwortung für die Welt“ ist, dann kann DEU gut darauf verzichten.
@Pete | 06. Mai 2018 – 22:12
Verknuepfen heisst beileibe nicht aufgeben- bitte nichts interpretieren, was ich nicht gesagt habe.
Im Gegenteil- die Bereitschaft, auch fuer Verbuendete dahin zu gehen, wo es weh tut, erhoeht das Verstaendnis , mit den historisch begruendbaren Befindlichkeiten an anderer Stelle zurueckzuhalten. Und niemand hier redet der Teilnahme an voelkerrechtswidrigen Aktionen das Wort. -)
Allerdings bin ich schon der Meinung, dass gegenwaertiges internationales Recht in vielen Punkten nicht den politischen, sicherheitspolitischen und militaerischen Entwicklungen und Veraenderungen entspricht. Spaetestens seit den 1990er Jahren haette es Anpassungen und/ oder Zusaetzvereinbarungen geben muessen.
Z.B. die verbindliche Definition zu Hybrider Kriegfuehrung, bewaffneter, preemptiver Kampf gegen Terroristen und ihre Unterstuetzer, die Beantwortung, ab wann Cyber- Op eine sicherheitspolitische Bedrohung darstellen und eine militaerisch gepraegte Reaktion ermoeglichen oder nicht, der Einsatz von bewaffneten Drohnen, R2P, Schutz von Zivilisten und Infrastruktur ( einschl. Seewege etc.) usw. sind offen gelassenene Bereiche, die entweder Spielraeume ermoeglichen oder hinter denen man sich achselzuckend verstecken kann.
Ich sehe in DEU kein Interesse daran, die Grauzonen und Unklarheiten im Sinne einer Ergaenzung des Voelkerrechts juristisch und politisch anzugehen.
Daraus und aus der von mir unterstellten strukturellen Nicht-Einsetzbarkeit/ Einsfaehigkeit der SK, die auf einem stillschweigenden Konsensus der grossen Parteien und grossen Teilen der Gesellschaft beruht, ergibt sich die mitunter „typisch deutsche“ Verweigerungs- und Ausweichhaltung, die teilweise von Verbuendeten, aber auch einem kleineren Teil der eigenen Bevoelkerung nicht mehr verstanden wird.
Und es gibt zu diesem Komplex gar keine regierungsseitige Stratcom – mit den Platitueden von „mehr Verantwortung“ allein schafft in der Bevoelkerung nicht das notwendige Vertrauen in eine Politik, die sich anders als in den letzten Jahrzehnten, teilweise auf fundamental andere Herausforderungen bei gleichzeitig weniger werdenden Garantien Anderer einstellen muss. Und das hat nur teilweise mit mangelhaften Material und Ausstattung zu tun.
Talkshows ersetzen nicht notwendige strategische Erklaerungskampagnen, sondern sind maximal ein Teil dessen. Aber auch das „Nicht – erklaeren- wollen“ von Massstaeben, wie DEU mil. Macht anwenden will oder nicht, ist aufschlussreich: diese Debatte wird aus der Mitte der Gesellschaft herausgehalten.
Kein definierter pol. Wille – kein gesellschaftliches Fundament – kein sicherheitspolitisches oder gar strategisches Konzept – Beliebigkeit als Stratagem bis hin zu ggf. Buendnis- oder buendnisgleiche Verpflichtungen zu hinterfragen.
@ Elahan
Volle Zustimmung zu Ihrem ganzen Beitrag.
@Eric Hagen
1. Vielen Dank für die Erläuterungen.
2. „…Aber auch das „Nicht – erklaeren- wollen“ von Massstaeben, wie DEU mil. Macht anwenden will oder nicht, ist aufschlussreich: diese Debatte wird aus der Mitte der Gesellschaft herausgehalten…“
Da haben Sie vollkommen Recht.
Inwiefern gehört zu den militärischen Aufgaben, unkontrollierte Migration aufzuhalten?
Das Framing des Einsatzes war gerade, dass Schleuser, denen man Verbindung zu Terroristen zuschreibt, bekämpft werden sollen. Das ist sehr absurd. Die Marine ist sicherlich kein Grenzschutz. Wieviele Autokraten und ihre Söhne aus den Migrationsländern haben Sandhurst besucht? Wieviel Entwicklungshilfe ist in diese Länder geflossen? Die Scheckbuchpolitik hat versagt, nun soll das Militär die Auswirkungen der verfehlten Politik lindern.
Verteidigungsministerium (Aufgabe) – auch „Wehr-Beauftragter, Wehr-Dienst, Bundes-Wehr“
nicht Krieg- (Verrichtung) – besonders kein Angriffskrieg (GG 26),
nicht Streitkräfte- (Mittel) oder Militär(?)
nicht Sicherheit (Zustand ?)
===> die Väter und Mütter des GG haben sich sicher etwas dabei gedacht und wir sollten in deren Rahmen und Begriffen diskutieren!
@Eric Hagen
„Z.B. die verbindliche Definition zu Hybrider Kriegfuehrung, bewaffneter, preemptiver Kampf gegen Terroristen und ihre Unterstuetzer, die Beantwortung, ab wann Cyber- Op eine sicherheitspolitische Bedrohung darstellen und eine militaerisch gepraegte Reaktion ermoeglichen oder nicht, der Einsatz von bewaffneten Drohnen, R2P, Schutz von Zivilisten und Infrastruktur ( einschl. Seewege etc.) usw. sind offen gelassenene Bereiche, die entweder Spielraeume ermoeglichen oder hinter denen man sich achselzuckend verstecken kann.“
Der eine nennt es „Hybrider Kriegfuehrung“ unser Gegenspieler nimmt es als vernetzten Ansatz war. „Hybrider Kriegfuehrung“ gab es schon immer nur wir benötigen Schlagworte um komplexe Vorgänge einzuordnen und genau das ist das Problem.
“ Ich sehe in DEU kein Interesse daran, die Grauzonen und Unklarheiten im Sinne einer Ergaenzung des Voelkerrechts juristisch und politisch anzugehen. “
Da ist DEU wohl nur einer von vielen und noch nicht einmal ein großer.
„Daraus und aus der von mir unterstellten strukturellen Nicht-Einsetzbarkeit/ Einsfaehigkeit der SK, die auf einem stillschweigenden Konsensus der grossen Parteien und grossen Teilen der Gesellschaft beruht, ergibt sich die mitunter „typisch deutsche“ Verweigerungs- und Ausweichhaltung, die teilweise von Verbuendeten, aber auch einem kleineren Teil der eigenen Bevoelkerung nicht mehr verstanden wird.“
Ich glaube, dass sicherheitspolitische komplexe Sachverhalte noch nie von einer Bevölkerung durchdrungen wurde und genau da setzt Propaganda und Fakenews an.
„Und es gibt zu diesem Komplex gar keine regierungsseitige Stratcom – mit den Platitueden von „mehr Verantwortung“ (…..) „Nicht – erklaeren- wollen“ von Massstaeben, wie DEU mil. Macht anwenden will oder nicht, ist aufschlussreich: diese Debatte wird aus der Mitte der Gesellschaft herausgehalten.“
Na, wie soll das denn aussehen?
„Kein definierter pol. Wille – kein gesellschaftliches Fundament – kein sicherheitspolitisches oder gar strategisches Konzept – Beliebigkeit als Stratagem bis hin zu ggf. Buendnis- oder buendnisgleiche Verpflichtungen zu hinterfragen.“
So ist das in einer freien Bürgergesellschaft mit multipolaren Interessen. Sicherheitspolitik ist eben mehr als Bw und Papiere gibt es genügend, angefangen beim Weißbuch bis hin zur NATO Strategie. Nicht nur der Wille zählt man muss auch was tun ;-)
Pio-Fritz schrieb:
Ich bin erstaunt, wie viele Kommentatoren einen Kampfeinsatz der Bw befürworten und auf „Teufel komm raus“ hersehnen. Und sei die völkerrechtliche, politische oder andere Begründung noch so fadenscheinig und dünn. Hauptsache mitmachen.
Es ist fast schon erschreckend.
Da haben einige anscheinend den Geschichtsunterricht mit der Augsburger Puppenkiste oder den Gebrüder Grimm verwechselt und nicht weiter hingehört.
Genau um solche Tendenzen in der BW zu begenzen, wurde doch jahrzehntelang die Wehrpflicht aufrecht erhalten, um die Truppe immer wieder zu erneuern und militärischen Großmachtsgedanken wenig Raum zu geben.
Mein Eindruck ist, daß die Abschaffung eben genau dieser ein Riesenfehler war.
Aus vielerlei Hinsicht.
@ Der Realist | 07. Mai 2018 – 12:43 ; Elahan | 07. Mai 2018 – 12:37; jofi | 07. Mai 2018 – 12:30 und ggf. andere
Ich fuer meinen Teil nehme die gleiche Serioesitaet und Reflektion in Anspruch wie Sie es fuer sich zu tun mit einigen Ihrer Implikationen anschicken: nach 5 Touren in AFG bei ISAF und OEF, 1 in SYR, zahlreichen dstl. Aufenthalten in MENA, einer NEO in BOL und einem kurzem Eins in BIH habe ich gesehen und erlebt, was es heisst, den Beruf am scharfen Ende auszuueben.
Ich waere Ihnen also dankbar, wenn Sie aufhoerten, in diesem sichpol. Zusammenhang zum SK- Einsatz in DEU andere Meinungen und Wahrnehmungen immer mit „Kriegstreiberei“, „Grossmachtstreben“, „Saebelrasseln“ usw. zu konnotieren. Weder macht Sie das moralisch ueberlegen noch werden Sie einfach veraenderten Bedingungen und Realitaten faktisch gerecht.
Damit waere schon mal ein Anfang fuer eine sachliche, fundierte und ueberfaellige Debatte gemacht, wenn man sich darauf verstaendigte, dass 2018 andere Rahmenbedingungen aufweist als es 1945, 1955 und 1990 der Fall gewesen war.
In meinem Verstaendnis ist es verantwortungsvolle und einklagbare Politik, zu diesem elementaren, zugegebenerweise aber nicht im Mittelpunkt stehender Kernfragen Antworten zu foerdern und sie zu geben. Hochglanzbroschueren tun dies nicht.
Niemand hat – soweit ich das nachvollziehen kann- ein anderes Staatsverstaendnis und niemanden sollte hier unterstellt werden, beim Sterben in der ersten Reihe stehen zu wollen. SichPol, Leitfragen zum Eins von SK (Kriegsbild im Sinne der Inneren Fuehrung) muessen jedoch fortgeschrieben werden. Ein Verharren in den Rahmenbedingungen von gestern liefert keine Antworten fuer die Zukunft.
Doch Ihre Beitraege zeigen vielmehr, dass es in und zu solchen Fragen erhebliche Differenzen gibt.
Diese zu adressieren, zu diskutieren und schliesslich in berechenbare, nachvollziehbare Politik zu ueberfuehren, das genau wird hier von mir und einigen anderen Kommentatoren angemahnt, weil es daran eben kein oder nur ein geringes Interesse gibt.
Und auch innerhalb der SK gibt es kein gemeinsames Verstaendnis (mehr!) zum pol.- strat. Rational wozu man SK einsetzen will, welche geistig- moralischen Anforderungen an Auswahl des Personals, an dessen Ausbildung und deren Ausstattung zu stellen sind. Das haben wir ein Stueck weit seit 1990 verloren. Die ( stand alone) Auslandseinsaetze haben daran nichts geaendert.
Diejenigen, die den Einsatz im Zentrum der Berufswahl sehen und erfolgreiches Bestehen darin das Ziel ihres Handelns und Verantwortung erkennen, sind doch keine Kriegstreiber? Primaer am mil. Handwerk orientierten Soldaten sind doch keine Ewiggestrigen oder tumbe Traditionalisten? ( Ueber Beispiele, wo dies jedoch genau zutrifft, muessen wir nicht reden- die liegen aber im Promillebereich)
Nehmen wir diesen Diskurs als Beleg dafuer, dass wir tatsaechlich einen Rede-, aber auch einen Entscheidungsbedarf haben. Die Politik, einschliesslich hohe und hoechste mil.Fuehrung schuldet der Gesellschaft, aber auch den Soldaten Antworten, Orientierungen und kann im Gegenzug dann auch Leistung und Einstehen einfordern – auch fuer Einsaetze der „ersten Reihe.“
@Eric Hagen | 07. Mai 2018 – 14:59
Da hätten wir schon mal eine gemeinsame Diskussionsgrundlage. Allerdings darf man die Fragestellung nicht auf DEU Begrenzen, sondern muß die NATO mit dazu nehmen. Und nicht zu vergessen, die Leitlinien der USA als stärkster Bündnispartner sind kritisch zu hinterfragen. Denn uneigennützig machen die auch nichts.
Ansonsten droht die Gefahr, als Hilfssheriff durch die Weltgeschichte gejagt zu werden, das kann auch keiner wollen.
Wichtig wäre vor allem, als Grundsatz festzuhalten, das der Militäreinsatz das letzte zu wählende Mittel sein soll.
Ein Frage zu Ihren Abkürzungen. Was ist ein NEO in BOL? Ich kenne NEO nur als Abkürzung für Near Earth Object.
@Eric Hagen
„Ich waere Ihnen also dankbar, wenn Sie aufhoerten, in diesem sichpol. Zusammenhang zum SK- Einsatz in DEU andere Meinungen und Wahrnehmungen immer mit „Kriegstreiberei“, „Grossmachtstreben“, „Saebelrasseln“ usw. zu konnotieren. Weder macht Sie das moralisch ueberlegen noch werden Sie einfach veraenderten Bedingungen und Realitaten faktisch gerecht.“
Wie auch Sie der Sach nicht faktisch gerecht werden, wenn Sie dieses allen vorwerfen welche der Meinung sind, 89a und UN -Mandate genügen um mili. SiPo grundsätzlich zu betreiben.
„Damit waere schon mal ein Anfang fuer eine sachliche, fundierte und ueberfaellige Debatte gemacht, wenn man sich darauf verstaendigte, dass 2018 andere Rahmenbedingungen aufweist als es 1945, 1955 und 1990 der Fall gewesen war.“
Ich glaube, dass ist allen klar. Es geht jedoch um eine grundsätzliche Frage in der strategischen Ausrichtung und nicht um eine taktische Einzelfallentscheidung (Grauzone welche es immer geben wird).
„Und auch innerhalb der SK gibt es kein gemeinsames Verstaendnis (mehr!) zum pol.- strat. Rational wozu man SK einsetzen will, welche geistig- moralischen Anforderungen an Auswahl des Personals, an dessen Ausbildung und deren Ausstattung zu stellen sind. Das haben wir ein Stueck weit seit 1990 verloren. Die ( stand alone) Auslandseinsaetze haben daran nichts geaendert.“
So ist es und eine Besandsaufnahme der Einsätze zeigt vielen (eben nicht allen, was es zu respektieren gilt) dass der Einsatz von Streitkräften außerhalb von 87a, UN-Mandat und Soforthilfe (mit Exitstrategie) Europa nicht wirklich sicherer macht. In vielen Fällen ist es die fehlende abgestimmte politische Strategie der EU (sie Syrien) welche in der Nachfolge unter Einbeziehung anderer Player nichts besser macht.
„Diejenigen, die den Einsatz im Zentrum der Berufswahl sehen und erfolgreiches Bestehen darin das Ziel ihres Handelns und Verantwortung erkennen, sind doch keine Kriegstreiber?
Naja, das kommt darauf an was Sie damit meinen. Im Zentrum meiner Berufswahl lag mein Eid, das Grundgesetz, persönliches Interesse, Attraktivität der Tätigkeit und die Notwendigkeit einem Broterwerb zu folgen, dass die im schlimmsten Fall mit Tod und Verwundung enden kann war möglich und zunehmend wahrscheinlicher. Der Einsatz war Ultima Ratio auf den man sich vorbereiten musste wie der Feuerwehrmann auf den Brand oder der Polizist auf eine bewaffnete Auseinandersetzung. Ein Feuerwehrmann der den Einsatz nicht erwarten kann und den Erfolg nicht in der Brandbekämpfung oder Prävention sieht, sondern den Brand womöglich legt wäre analog zum Kriegstreiber der Feuerteufel und ich vermute nicht, dass wir im Blog einen unter uns haben. Es geht also nicht um persönliche Unterstellungen, sondern um Positionen wie wir die Bw besser aufstellen um den Bürgern im Bündnis Freiheit und Recht zu sichern.
„Nehmen wir diesen Diskurs als Beleg dafuer, dass wir tatsaechlich einen Rede-, aber auch einen Entscheidungsbedarf haben. Die Politik, einschliesslich hohe und hoechste mil.Fuehrung schuldet der Gesellschaft, aber auch den Soldaten Antworten, Orientierungen und kann im Gegenzug dann auch Leistung und Einstehen einfordern – auch fuer Einsaetze der „ersten Reihe.“
So ist es, doch leider gefällt vielen nicht, dass Militär kein beliebiges Werkzeug ist um Interessen knallhart zu vertreten, wie es einige unserer Mitbewohner dieser Erde (nicht nur im Westen) gerne hätten.
Ja, Deutschland, Österreich, Japan und Italien sind da in einer Sonderrolle und Deutschland eben im Besonderen. Deshalb sollten wir alles dafür tun, dass wir im EU-Bündnis klar definieren was getan werden muss um die Freiheit und das Recht auch langfristig in Europa zu garantieren. Dabei glaube ich (und ich habe keine Glaskugel), dass einige Falken in der NATO und Europa uns eher einen Bärendienst mit mili Aktionen außerhalb Bündnisfall (nicht provoziert) und UN-Mandat erweisen. Bei den Falken gibt es das ganze Spektrum, von aggresiven auf ihren eigenen Vorteil bedachten bis hin zu verantwortungsvollen Menschen die eben eine andere Sicht auf die Vorgänge haben und eigentlich Gutes wollen. Die Welt lebt eben nicht in schwarz und weiß und deshalb diskutieren wir hier und müssen nicht einer Meinung sein.
Ach, Eric Hagen | 07. Mai 2018 – 14:59, nun lassen sie mal bitte die Einsatzkeule im Köcher.
Dieser Faden befasst sich mit dem „Zustand“ der BW, und damit ist meiner Auffassung nach ja wohl der Ausrüstungs- und damit untrennbar verbundene Ausbildungsstand der BW im Bereich Kampfeinsatz auch gegen konventionelle Gegner. gemeint
Und da kann man nur konstatieren, dass die BW schlicht und einfach heute und in absehbarer Zeit gar nicht in der Lage ist an einem echten, konventionellen Kampfeinsatz teilzunehmen, und „alleine“ schon gar nicht. Kampfeinsätze „in der 1. Reihe“ sind eben für die BW gegenwärtig einfach „nicht drin“ und so ein punktuelles Wgballern von angeblich mit Giftgas bestückten Infrastukturen ist ja wohl kaum als Kampfeinsatz zu werten.
An dieser Tatsache ändert die Diskussion über das pol.- strat. Rational zwischen „Kriegstreibern“ und „Handwerkern“ (ihre Begriffe) in den SK zunächst einmal goar nix.
Diese Diskussion muß auf ganz anderer Ebene geführt werden.
Ich genieße die sehr grundsätzliche Diskussion in diesem Faden, und mag nun auch meine Meinung beisteuern.
Dass die Rolle unserer Streitkräfte kontrovers diskutiert wird hat viele Gründe: die deutsche Geschichte (Weltkriege, Nationalsozialismus, Kalter Krieg etc.), die politische Situation (als Teil der NATO integraler Bestandteil „aktiver“ amerikanischer Aussenpolitik zu sein, ohne diese wesentlich mitbestimmen zu können), der aktuell mangelhafte materielle Zustand der Bundeswehr (Beschaffungsfragen) und die Frage der Personalgewinnung (Abschaffung der Wehrpflicht etc.), um nur einige zu nennen.
Am Kontroversesten aber ist immer die Frage nach dem Einsatz, und das irritiert mich.
Ich dachte immer, daß ich diese Frage abhaken kann: man hat Streitkräfte, damit man sie nicht einsetzen muss (Abschreckung; wer den Frieden will, muß den Krieg vorbereiten ( – ich bin kein Lateiner, aber ihr wißt was ich meine)).
Es ist ein bischen wie mit dem anderen Sprichwort: wen du geschwiegen hättest, hätte man dich für klug gehalten: durch unnötigen Aktivismus entblößt man seine Schwächen. Wenn man die nicht kannte, kann das eine lehrreiche Erfahrung sein. Wenn man sie aber kannte, offenbart man nur seine eigene Dummheit!
Der Wille, die Bundeswehr in ihrem jetzigen materiellen und personellen Zustand einzusetzen ist Dummheit. Der Wille, die NATO oder die EU in ihrem jetzigen politischen Zustand „einzusetzen“ ist Dummheit. Militärische Macht wird durch unnötige oder prolongierte Einsätze stumpf, nicht scharf (Abnutzung)!
Deutschland sollte seinen Beitrag international leisten – bei UN Missionen und selbstverständlich auch seinen NATO-Verpflichtungen nachkommen.
Das sollte man nicht in Frage stellen.
Deutschland sollte aber nicht versuchen, jeden Konflikt dieses Planeten lösen zu wollen. Sei es diplomatisch oder auch militärisch. Wir machen uns damit lächerlich.
Unser Land hat rund 80 Mio. Einwohner, was gerade einmal 1 Prozent der Weltbevölkerung entspricht. Und so sollten wir uns, allein betrachtet, auch verhalten.
Wir sind keine Atommacht und sollten uns auch nicht als Weltpolizei verstehen.
Das erledigen andere Staaten und sind damit auch nicht immer erfolgreich.
Die Zukunft für uns sollte eine stabile, gemeinsame EU-Außenpolitik sein. Diplomatisch und militärisch.
Mit einem europäischen Außenminister und -verteidigungsminister. (m/w)
@Der Realist
Danke für die realistische Einschätzung. Da werden sie ihrem Namen gerecht.
Die USA und einige andere versuchen die NATO für deren dayli bussines zu missbrauchen, sehr deutlich wurde dies in Jugoslawien, Georgien und Ukraine. Nicht, dass ich behaupte, dass es keine Handlungsnotwendigkeiten gab aber es waren eindeutig keine Artikel 5 Fälle. Zum Glück ist die EU/BRD nicht immer hereingefallen. Die Schwäche der UN ist ewtl ein Ergebnis der Missachtung oder des Missbrauchs der UN Mandate durch einige machtvolle Staaten im Vorfeld. Nun muss Vertrauen aufgebaut werden und das kann wohl nur noch EUeuropa (incl Schweiz) und Staaten welche sich noch den Werten verpflichtet fühlen.
Die Bw wurde nicht gegründet, um uns den Himmel zu bringen, sondern um uns vor der Hölle zu bewahren. (frei nach Winston Ch.) Weder die Bw noche eine andere Streitmacht in Europa sollte glauben, dass man mit Militär Tagespolitik gestalten kann, wenn doch, dann fallen wir zurück in die Zeit vor 08.05.1945.
Der Zustand der Bw ist untrennbar mit der Situation unserer Partner in EUropa verbunden und wenn wir was verbessern wollen, dann ist jetzt ein guter Zeitpunkt, denn weder in FR noch in anderen Streitkräften läuft es rund und eine Nabelschau verhindert oft den Blick auf den Weg, aber es könnte ein beginn sein. Was ist das Vermögen der Bw? Was können wir leisten und was müssen wir mindestens leisten?
Im Sommer 2017 sollte die KdB als Folgedokument nach dem Weißbuch 2016 unterschrieben werden. Mit ihr soll der künftige „Level of Ambition“ und das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr, eingebettet in Nato und EU, formuliert und als zu erreichende Ziele vorgegeben. All das sind absolut notwendige Schritte, die katastrophale Lage der Bundeswehr zu erläutern. Wir benötigen keine Aufrüstungsspiralen, sondern im Rahmen der aktuellen Situation eine gesamtstaatlichen (EU weite) Sicherheitsvorsorge und das mit einer zum Einsatz fähigen Bundeswehr. Alles andere ist Veruntreuung von Steuermittel und nicht im Sinn des GG.
@Stadtpark
„…Am Kontroversesten aber ist immer die Frage nach dem Einsatz, und das irritiert mich.
Ich dachte immer, daß ich diese Frage abhaken kann: man hat Streitkräfte, damit man sie nicht einsetzen muss (Abschreckung; wer den Frieden will, muß den Krieg vorbereiten…“
1. Sie haben mit diesem Punkt den Kern der Debatte um die Rolle der Bundeswehr (heute und in Zukunft) getroffen. Auch für mich als überzeugtem Soldat des „Kalten Krieges“ war dies immer so klar wie bei Ihnen offensichtlich.
2. Nun zeigt uns aber die Debatte (nicht nur in diesem Blog), dass es immer mehr Politiker und Soldaten gibt, denen „Abschreckung“ und „Verteidigung“ offensichtlich nicht ausreichen. Diese sehen die Bundeswehr in einem viel breiteren Einsatzsprektrum, schaffen aber dafür weder eine breit angelegte Debatte, noch stellen sie eine ausreichende Transparenz bezüglich ihrer tatsächlichen Ziele her. Daher die Forderung Eric Hagens nach einer solchen Debatte, und seine korrekte Feststellung, dass diese Debatte nicht offen geführt wird.
3. Anstatt eine offene Debatte über die neue Rolle der Bundeswehr (außerhalb von Abschreckung und Verteidigung) zu führen, wird der Begriff „Verteidigung“ so verbogen, dass er auf nahezu jeden Einsatz paßt. Die berühmte „Responsibility to Protect“ ist ein Beispiel, Strucks Beispiel mit der Verteidigung Deutschlands am Hindukusch ein anderes. Der offensichtliche Beginn dieser „Aushöhlung“ der alten reinen Verteidigungsfunktion der Bundeswehr war sicherlich der Kosovokrieg. Seit dieser Zeit wird in einer „Grauzone“ operiert, in der Hoffnung, sowohl die Vorgaben des Grundgesetzes nicht ändern zu müssen und gleichzeitig dem Drängen einzelner Alliierter nach „Mehr“ nachkommen zu können. Dieser Spagat kann nicht ewig so aufrechterhalten bleiben. Jüngstes Beispiel war der so genannte „Luftschlag“ gegen Syrien. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages hat diesen „Luftschlag“ als völkerrechtswidrig bewertet, die Kanzlerin, die Verteidigungsministerin, der Außenminister haben ihn als angemessen bewertet. Was soll denn der deutsche Soldat denken wenn er gem. Soldatengesetz an völkerrechtswidrigen Handlungen nicht teilnehmen darf? Überfordert man ihn nicht?
Hier die Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes:
https://www.bundestag.de/analysen
4. Einzelne Facetten des obigen Spagats drücken sich aus in anderen Fäden dieses Blogs. Z.B. der Einsatz der Hessen, die Sturmhauben, usw. usw. Lassen Sie mich eins hinzufügen: Ein Kernproblem der deutschen politischen Führung ist die Tatsache, dass die Kern- NATO/EU-Partner (USA/FRA/GBR) eben nicht mehr „nur“ Verteidung mit dem Streitkräftedispositiv der NATO/EU machen wollen, sondern auch andere Einsätze, auch ohne UNO-Mandat. Deutschland kommt dadurch immer wieder in die Rolle“Ja, aber“ zu sagen.
Ich für meinen Teil sage: Unsere Geschichte hat uns gelehrt, dass Verteidigung und Absckreckung sowie die Unterstützung von UNO-Operationen das für Deutschland angemessene Einsatzspektrum darstellen. Wer „Mehr“ will muß das verdammt gut begründen und vor Allem diese Begründung transparent in der Öffentlichkeit vertreten. „Solidarität“ und „gestiegene Verantwortung“ als reine Schlagworte reichen nicht aus.
Sehr schöne Debatte.
https://www.n-tv.de/politik/politik_kommentare/Trump-will-Frieden-und-riskiert-das-Gegenteil-article20425462.html
[Links zu deutschen Verlagswebseiten finden hier bekanntermaßen i.d.R. nicht statt, ich hab mal einen inhaltlich weitgehend gleichen Text verlinkt]
Das zeigt mir erneut, daß wir uns international von der Politik der USA distanzieren und Europa schnellstmöglich auf eigene Füße stellen müssen.
Ich bin sehr froh, daß kein weiterer Staat den USA gefolgt ist.
[Dennoch die Bitte, das hier nicht zum Iran-Thread zu machen, der bietet sich ggf. gesondert an. T.W.]
@Pete
1+
Dazu kommt, dass es innerhalb der Regierungsparteien, der FDP und den Grünen kleine aber einflußreiche Gruppen (alle Vtg Minister seit 1990, Kolbow, Fischer und uem) gibt welche ein Interesse haben, ihre in der Vergangenheit getroffenen Entscheidungen nicht in Frage stellen zu lassen, welche wie von ihnen beschrieben uns immer weiter weg von 87a und UN-Mandaten führte.
@T.W.
Danke für die Korrektur. Da haben Sie natürlich Recht.
Ja, ein eigener Thread für den Iran könnte in den kommenden Wochen Sinn machen.