Gedenken an Veteranen der Bundeswehr: Im Keller

Irgendwo in einer Aktenablage im Bereich des Verteidigungsministeriums – gerüchteweise heißt es, im Keller des Zentrums Innere Führung in Koblenz – lagern rund 10.000 Veteranenabzeichen der Bundeswehr. Sie wurden unter dem früheren Verteidigungsminister Thomas de Maizière beschafft, aber niemals ausgegeben – weil sich Ministerium, Bundeswehr und die diversen Verbände bis heute nicht darauf verständigen konnten, wie denn die Definition eines Veteranen der Bundeswehr aussehen soll.

De Maizière hatte in seiner Amtszeit mehrere Anläufe unternommen, den Begriff des Veteranen für die Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland zu definieren und ihre Betreuung zu organisieren. Beim Jahresempfang des damaligen Wehrbeauftragen Hellmut Königshaus im Oktober 2012 prägte er die Definition: Veteranen im heutigen deutschen Sinne seien ehemalige Soldaten mit Einsatzbezug, also in der Regel mit Einsatzmedaille.

Ein wenig später, im Januar 2013, präzisierte der Minister die Definition, weil vielen die Einsatzmedaille als Anknüpfungspunkt zu eng gefasst war:

Veteran ist, wer ehrenvoll aus dem aktiven Dienst der Bundeswehr entlassen worden ist und an mindestens einem Einsatz für humanitäre oder friedenserhaltene oder friedensschaffende Maßnahmen teilgenommen hat.

Nach dem Ausscheiden de Maizières aus dem Ministeramt wurde es allerdings auf dieser Ebene still um die Bemühungen um Veteranenmedaille und -konzept (auch wenn intern, wie der Bund Deutscher Einsatzveteranen mal aufgelistet hat, die Debatte durchaus weiterging).

Und so landeten die Veteranenabzeichen, die unter der Ägide des Ministers bestellt worden waren, im Keller. Der Grünen-Abgeordnete Tobias Lindner hatte danach gefragt, nachdem einige dieser nie ausgegebenen Abzeichen zum Verkauf auf eBay angeboten worden waren. Aus der Antwort des Abteilungsleiters Haushalt im Verteidigungsministerium, Karl-Henning Bald, die am 8. Mai an Lindner und weitere Abgeordnete ging:

  1. Welche Pläne hatte bzw. hat das BMVg hinsichtlich eines Veteranenabzeichens?
    Der damalige Verteidigungsminister Dr. Thomas de Maizière billigte im Jahr 2013 die Einführung eines Abzeichens für Veteranen der Bundeswehr. Die parallel durch das Bundesministerium der Verteidigung geführten Abstimmungen mit den maßgeblichen Verbänden und Gremien führten jedoch nicht zu einem einheitlichen Verständnis über die Definition des Veteranenbegriffs. Vor diesem Hintergrund wurde von der geplanten Verleihung des Abzeichens Abstand genommen.
  2. Inwiefern wurden in der Vergangenheit Veteranenabzeichen beauftragt, produziert und geliefert? Inwiefern wurden dafür seit 2010 Mittel etatisiert und ggf. bereits ausgegeben?
    Auf Grundlage der Entscheidung zur Einführung eines Veteranenabzeichens wurden im Jahr 2013 insgesamt rd. 10.000 Abzeichen mit Etui beschafft. Die Ausgaben hierfür betrugen rd. 8.700 € und wurden bei Kapitel 1401 (jetzt: 1412) Titel 539 99 (Vermischte Verwaltungsausgaben) erwirtschaftet. Weitere Beschaffungen sind nicht erfolgt. Diesbezügliche Haushaltsmittel wurden ebenfalls nicht eingeplant.
  3. Was ist damit geschehen?
    Die beschafften Abzeichen nebst Etui wurden eingelagert. Einige Abzeichen wurden als Ansichtsexemplare ausgegeben.

Ob und wie es mit den Plänen zum Umgang mit Veteranen der Bundeswehr weiter geht, ja wer denn nun eigentlich zu diesem Personenkreis gehört – das bleibt vorerst weiter offen. Im Ministerium gibt es weiterhin keine gültige Definition dafür. Immerhin ist dieser Punkt dem neuen Parlamentarischen Staatssekretär Peter Tauber offensichtlich bewusst:

 

Die Definition des Personenkreises scheint weiterhin ja das größte Problem. Denn da hängt es sehr am Wortlaut. Wenn zum Beispiel die ursprüngliche Definition von de Maizière mit Einsatzbezug und dem Zusammenhang mit der Einsatzmedaille zu Grunde gelegt wird, gelten ausgerechnet die Soldaten nicht als Veteranen, die am ersten bewaffneten Auslandseinsatz der Bundeswehr 1993 in Somalia teilgenommen haben: Der erste Kontingentführer in Somalia, der damalige Oberst Helmut Harff, wies mich darauf hin, dass die 1996 gestiftete Einsatzmedaille der Bundeswehr den Stichtag 30. Juni 1995 festschreibt.

Wer vorher im Auslandseinsatz war, bekommt keine Medaille. Und gilt möglicherweise, je nach Definition, nicht als Veteran. Mehr als 3.000 deutsche Soldaten/-innen, die an UNOSOM II teilgenommen haben, fühhlen sich seitdem vom Dienstherrn, der Bundesrepublik Deutschland, ungerecht behandelt und empfinden dies zugleich als Undankbarkeit, klagt Harff.

(Fotos: privat)