Bundeswehr stoppt Sammel-Aktion und kauft 6.400 neue Sturmhauben
Ein schnelles Update zu meiner Meldung von gestern, die Bundeswehr sammele in allen Truppenteilen Kopf- und Gesichtsschutz, a.k.a. Sturmhauben, ein für die erneute Ausgabe an Soldaten zur Verwendung bei der VJTF-Übung Trident Juncture in Norwegen:
Soeben bekomme ich am (heutigen) Dienstag) auf meine Anfrage diese Mitteilung aus dem Verteidigungsministerium:
Es ist gestern entschieden worden, den Bedarf an 6.400 Kopf- und Gesichtsschutz unverzüglich zu beschaffen und den Soldaten und Soldatinnen der VJTF zeitgereicht zur Verfügung zu stellen. Die von Ihnen zitierte Weisung wurde außer Kraft gesetzt.
Das erst mal zur Info; zur Erinnerung noch mal aus der ursprünglichen Weisung:
Aufgrund der derzeitigen unbefriedigenden Bestandssituation bei einigen Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenständen kann folgender Artikel nicht an die übenden Soldatinnen/Soldaten für „TRIDENT JUNCTURE 2018 – Zertifizierungsübung für NRF/VJTF ausgegeben werden:
Artikel: Kopf- und Gesichtsschutz, ASD 00530
Oben genannte Übung hat für die Bundeswehr eine außerordentliche Bedeutung und höchste Priorität. Ziel seitens BMVg/FüSK I ist es, alle teilnehmenden Soldatinnen und Soldaten für den Wintereinsatz in Norwegen „sollgerecht“ auszustatten.
Hierzu hat die Projektleitung Bekleidung des BAAINBw E3.4 Soldatinnen und Soldaten … identifiziert, die nicht für die Übung TRIDENT JUNCTURE 2018 vorgesehen sind und daher den vorhandenen Ausrüstungsgegenstand Kopf- und Gesichtsschutz an die jeweilige Servicestation (SVS) zurückgeben müssen.
Ob da einfach der gesunde Menschenverstand gesiegt hat, ob noch mal nachgerechnet wurde, was die Sammelaktion kostet… kann ich nicht sagen. Die Zahl 6.400 ist übrigens etwa ein Drittel dessen, was das BAAINBw als Besitzer solcher Sturmhauben identifiziert und zur Rückgabe aufgefordert hat. Wie ich mittlerweile von mehreren Stellen höre, soll es sogar Soldaten geben, die mehrere dieser Kopf- und Gesichtsschutze besitzen.
Und wie ein Kommentator bei dem anderen Beitrag angemerkt hat: Im Nummernverzeichnis für die Materialbewirtschaftung im Fachgebiet Bekleidung (NVZ 2018) ist dieser Gegenstand mit 6,44 Euro ausgewiesen. Zudem ist nach der Vorschriftenlage die Ausgabe nach vorheriger Verwendung verboten.
Drei Minuten bevor ich diesen Artikel sehe bekomme ich die Aufforderung zur Abgabe meiner Sturmhaube…….jetzt bin ich auf der Suche nach der Kamera…..
real life comedy
Zur im anderen thread von TW zitierten Bw Jubelpersermeldung
solange die Bw von derartigen Desinformationsopportunisten geführt wird kann die Situation sich auch nicht bessern. Selbst wenn die Brigade letztendlich einsatzbereit ist, welche Kollateralschäden und abenteuerlichen Selbstkannibalisierungen waren dafür nötig?
Kadavergehorsames Grünmelden statt Staatsbürger in Uniform.
übrigens Glückwunsch an Sie Herr Wiegold.
Dieses Thema und Ihre journalistische Bearbeitung war Wirkungstreffer der vierten Gewalt.
Chapeau!
Druck erzeugt Richtung, Drall und Bewegung.
Quod erat demonstrandum, wenigstens unterhalb 25 Mio-Vorlage.
Auch hier sieht man auf den ersten Blick, wieder ist nur Not und Mangelbeschaffung möglich. Bei einem Preis von unter 7€ ist eine Vollausstattung ohne 25 mio Vorlage möglich.
Bei dem übernächsten Manöver steht man dann wieder verdutzt da und findet keine Mützen.
„Oh Herr, lass uns Vernunft annehmen“
Es ist dem Beamten untersagt, etwas anzunehmen!
Endlich mal eine Entscheidung, die Sinn macht, Aufwand reduziert und zügige Lösungen verspricht! Es gibt Hoffnung!
Sehr geehrter Herr Wiegold,
herzlichen Glückwunsch!!
Sie haben in einem Tag mehr erreicht als hunderte von Eingaben, Vorlagen, Lagevorträgen, Power-Point briefings des gesamten OrgBereichs BMVg,………….
Darauf können Sie stolz sein!
Zunächst erst mal Glückwunsch.
So muss ich vielleicht doch nicht die 21 Jahre alte Sturmhaube eines hiesigen Kommentartoren nutzen.
Mit etwas Glück bekommen wir diese Sturmhaube dann auch 2020?
—Trennung—
Ich kann Ihnen allen versichern, dass dies tatsächlich nur die Spitze des Eisbergs ist.
Fazit nach 3 Wochen VJTF-Übun: Verschleierte Katastrophe.
Ich bin seit 12 Jahren in Führungsverantwortung.
So etwas bedauernswertes, beschämendes habe ich noch nie erlebt.
Es fehlt momentan nicht nur an Kleinigkeiten wie Sturmhauben:
Es fehlt an kompetenter Führung.
Meine Soldaten sind nicht nur demoralisiert, sie zweifeln an ihrer Berufswahl.
Und ich hab keine Ausreden mehr, warum dies und jenes bei uns nicht möglich ist, bei den Niederländern, Belgiern, […] aber schon….
das ganz ist und wurde zur Farce – Herr lass Hirn regnen. die Frage ist ob jetzt auch noch weiße Bettlaken über das „Winterhilfswerk“ benötigt werden, da es in Norwegen bekanntlich im Winter viel Schnee hat und ob Schneetarnanzüge auch rücklieferungspflichtig werden oder die Soldaten als Truppenausstattung behalten dürfen die sie ein ums andere Jahr benötigen. Gott erhalte unsere Wehrverwaltung und die „Stov“ sowie das Wissen unserer Generäle und deren dazugehöriger Bürokratie
Was für ein Zufall, dass dies gestern entschieden wurde – nachdem es hier zu lesen war. Wenigstens dann war das BMVg lernfähig. Davor wurde es einfach administriert.
Zweifellos in der aktuellen Haushaltsdiskussion für das BMVg sehr gefährlich, da die SPD ja fortlaufend auf Managementfehler hinweist und deswegen mehr Haushaltsmittel ablehnt.
Das passende Lied zur Thematik:
„Ich weiß es wird einmal ein Wunder geschehen…“
@all
Danke – aber ich will mich bzw. dieses Blog auch nicht überschätzen… Sagen wir mal so, der gesunde Menschenverstand hat vermutlich gesiegt; evtl. auch die Befürchtung, dass das in den Medien weiter aufgegriffen werden könnte…
Entscheidender finde ich die div. Hinweise mehrerer Kommentatoren, dass die Sturmhaube nur die berühmte Spitze des Eisbergs ist. Das Thema VJTF und Ausrüstung sollte also im Blick bleiben.
Jetzt stellt sich die Frage nach den Konsequenzen dieses Unsinns:
Der Unterzeichner dieser Weisung sollte disziplinar gemaßregelt werden, wg.
eines Verstoß gegen „treues dienen“ und „Bewahrung des Vermögens des Bundes“.
Da die Weisung nicht geeignet war einen Mangel abzustellen (Verbot der Weitergabe aus hygienischen Gründen) ist sie ohne dienstlichen Zweck ergangen. Die absurde Anweisung sollte zusätzlich Eingang in die Beurteilung finden und die weitere Verwendung maßgeblich beeinflussen.
Wer immer das an die Medien durchgestochen hat, war offensichtlich so verzweifelt und vom Apparat enttäuscht, dass er keine andere Möglichkeit sah den Unsinn zu stoppen.
Auch das ist ein schlechtes Anzeichen für den gegenwärtigen inneren Zustand der Streitkräfte.
Sagen wir mal so, ich glaube nicht das es einigen Verteidigungspolitikern im Bundestag gefallen hat, als sie über Ihre Meldung gestolpert wurden.
winzige Frage:
Ist die Ausgabe dieser Sturmhaube (Artikel: Kopf- und Gesichtsschutz, ASD 00530) wirklich gemäß Vorschriftenlage nach vorheriger Verwendung verboten?
Wenn ja, wie gut ausgebildet sind die Männer und Frauen in der Abteilung, die diese Weisung ausgegeben haben.
Man stelle sich mal vor die Aktion wäre gestartet. Theoretisch hätten dann ja alle Soldaten in der Bundeswehr ihre Sturmhauben abgeben müssen. Ausnahme natürlich Übungsteilnehmer.
Nach Einsammeln der Sturmhauben (und dem Verbrennen von unzähligen Mannstunden Bundeswehrweit) und erneuter Ausgabe an die Übrungsteilnehmer hätten sich einige beschwert. „Schon benutzt, daher nicht vorschriftsgemäß, etc.“
Sturmhauben werden wieder eingesammelt.
Diese sind dann aber den alten Verwendern nicht mehr zuzuordnen.
Folge: Jetzt hätte man für ALLE neue Sturmhauben beschaffen müssen.
Kann das fast nicht glauben mit dem Verbot nach vorheriger Verwendung.
Dass man die eigenen Vorschriften nicht kennt, finde ich fast genau so schlimm wie den Vorgang jetzt.
Das hat schon etwas von „Winterhilfswerk“- Tradition.
Die Anzahl der „Mikro-Fähigkeiten“, die sich die BW wieder aneignen muß, um tatsächlich – wie politisch zugesagt – den „harten“ Kern der NATO-Speerspitze 2018-2020 zu stellen wird wahrscheinlich in den nächsten Wochen und Monaten imho eher zu- als abnehmen.
Und ich fürchte, dass viele dieser von mir als Mikro-Fähigkeiten nicht mal eben mit einem „Handkauf“ erworben werden können.
Das wird ein schmerzhafter Prozess werden, ganz abgesehen von den personalen und materiellen „Verdrängungseffekten“ im Heer und darüber hinaus.
Wann war denn z.Bsp. die letzte Art.5-Nordflanken-Großübung mit „Volltruppe“ der NATO inkl. BW ?
SHARP SPEAR 1989 ?
Natürlich starrt jetzt die ganze NATO auf die German in der Hoffnung, dass wir das notwendige Know-How zur Planung und Durchführung einer solchen Großübung irgendwie und -wo konserviert haben., denn – wenn nicht die Deutschen – sollten wissen, wie so etwas „funktioniert“. zumal wir ja genug „Geld, Geld und noch mehr Geld“ in der Kasse haben, auch wenn das ja u.A.n. keine Kriegskasse ist.
Das wird noch spannend werden ;-)
Ja, „Sturmhaube“ war nur symbolisch.
Unseren Landstreitkräften ist über statische Einsätze wie in Afghanistan die Fähigkeit zum mobilen Führen und Geführt werden verloren gegangen. Die braucht man aber womöglich für VJTF. Da geht es um mehr als ein bißchen Textil. Das ist eine fulminate Fähigkeitslücke, deren Schließung voraussichtlich zwei-, drei oder gar vierstellige Mio-Beträge erfordert.
Vermutlich hat die Bundeswehr sich hier schön selbst getrollt, und derjenige, der die Weisung unterzeichnet hat, hat auf jeden Fall erreicht, dass die Soldatinnen und Soldaten eine Sturmhaube dienstliche geliefert bekommen, in den Spind legen und ihren privat beschafften Buff tragen.
@ wacaffe | 08. Mai 2018 – 11:09
dem ist nichts hinzuzufügen.
Als ich diesen Artikel auf der Homepage des Heeres gelesen habe, konnte ich es kaum fassen. Es wurde dort zwar angerissen, dass Material- und Heldenklau stattfindet und weiter stattfinden wird. Aber das dies katastrophale Auswirkungen für das restliche Heer hat und haben wird, wurde nur mal erwähnt. Klare Worte fehlen ganz.
Wäre schön, wenn über die Probleme der VJTF genauso ausführlich berichtet würde, wie die „tollen“ Reisen des Inspekteurs in die USA. Löst bei mir immer heftiges Kopfschütteln aus, wenn ich das wieder lese.
VJTF-Member | 08. Mai 2018 – 11:44
absolute Zustimmung.
fachkräftemangel
„…Dass man die eigenen Vorschriften nicht kennt, finde ich fast genau so schlimm wie den Vorgang jetzt…“
Ist aber der Normalfall geworden angesichts der Fülle an Detailvorschriften (A-, B-, C-, Serien) mit ständigen Änderungen und Feinjustierungen. Keiner in der Truppe und den Ämtern und im BMVg kennt mehr die gesamte Vorschriftenlage. Traurig, aber leider wahr…………
@Karl Mohr
Hat der Veranlasser dieser Weisung wirklich nicht treu gedient?
War das eine Aktion der Verzweiflung, um deutlich Druck auszuüben?
Erinnert mich an den Ausbilder nach dem Biwak bei Rekruten, der gesagt hat die Ausrüstung der BW reicht aus um warm zu bleiben wenn man sich bewegt.
Meinte er das ernst oder war das getarnte Kritik?
@T.W., klabauternann, Uwe:
Um wenigstens bei der VJTF 2023 ein ähnliches Debakel zu vermeiden wirbt das Heer ja für den Plan Heer (ZZ 1: VJTF 2023), damit soll die PzGrenBrig 37 spätestens zur Stand-up-Phase 2022 vollausgestattet sein ohne erneut Lücken in anderen Verbänden zu reißen. Dasselbe gilt für die Anteile SKB, ZSan, CIR für die VJTF 2023.
Die Kosten hierfür liegen eher im Milliardenbereich und stehen in direkter Verbindung zu den aktuellen Haushaltsdiskussionen.
Leider schafft es das BMVg weiterhin nicht diesen Konnex sauber aufzuzeigen (http://augengeradeaus.net/2018/05/kampf-um-den-haushalt-verteidigung-und-entwicklung-gegen-scholz/#comment-293902).
@T.Wiegold | 08. Mai 2018 – 11:52
„Entscheidender finde ich die div. Hinweise mehrerer Kommentatoren, dass die Sturmhaube nur die berühmte Spitze des Eisbergs ist. Das Thema VJTF und Ausrüstung sollte also im Blick bleiben.“
Das Thema Winterbekleidung für die Übung TRJE 18 im Vorgriff auf VJTF 19 hat sich zum Glück positiv entwickelt. Derzeit läuft die Umverteilung des Materials, die bis zum 30.06.18 abgeschlossen sein soll.
Benötigte/geforderte Fahrzeuge die durch Substitute ersetzt werden sollen, wo jetzt schon abzusehen ist, dass es diese Substitute auch nicht gibt (BwFPS wird wahr-scheinlich nicht alle Fahrzeuge stellen können)
Es wird einem ganz „gruselig“ wenn man sich die sog. „Defizitlisten“ anschaut. Mangel ist die eine Sache, Zustandskode „F“ anstatt „A“ die andere.
usw……
@ fachkräftemangel
siehe Kommentar von F122 (08.05.18 -08:38), der Auszug aus der Zentralvorschrift ist dort im Wortlaut wiedergegeben.
Eigentlich dürfte es im Vergleich zu anderen Rüstungsprojekten „Peanuts“ sein, eine stolze Streitmacht modern einzukleiden. Das hat nicht nur für die individuelle Kampfkraft eine besondere Bedeutung, sondern erfüllt auch im Sinne des „Employer Brandings“ eine wichtige Funktion für die Außenwirkung.
Zum Vergleich: Unsere eidgenössischen Kameraden rechnen für eine komplette Mannausstattung ihres „Modularen Bekleidungs- und Ausrüstungssystems“ 3000 Schweizerfranken, also rund 2500 Euro ein – inklusive Ballistik. Und die Schweizer beschaffen normalerweise Qualität.
http://strategie-technik.blogspot.de/2018/03/schweiz-bringt-modulares-bekleidungs.html#more
@T. W. u. Versorger:
Die Lage in der Logistik ist teilweise ja schon presseöffentlich:
Das VersBtl der VJTF bekommt aktuell umfassend Material (z. B. knapp 100 Trekker). Das zeigt ja wie groß die Lücken sind und vermutlich wieviel größer diese bald anderswo sein werden. Wenn es nicht doch zusätzliche BwFPS-Fahrzeuge sind (der Vertrag wurde ja vor einiger Zeit angepasst).
Quelle:
„Neustädter Bataillon leitet Versorgung der Nato-Speerspitze“
(online verfügbar).
Ein Gebirgsjäger hat erzählt, dass der bisherige Rucksack für Gebirgsjäger nicht mehr hergestellt werde und die Beschaffung eines neuen Modells durch eine europaweite Ausschreibung verzögert werde.
Jetzt würden vorerst andere alte, unbeliebte, wenig geeignete Modelle ausgegeben. Wer könne, repariere seinen bisherigen Gebirgsjägerrucksack, auch wenn er fast auseinanderfalle. Können dies Betroffene bestätigen ?
Fürs Archiv lege ich hier mal ab, als Merkposten: Ein Interview mit Markus Laubenthal, zu dem Zeitpunkt noch Kommandeur 1. Panzerdivision und inzwischen Leiter der Abteilung Führung Streitkräfte (FüSK) im Ministerium, zum Thema VJTF incl der Materialprobleme:
Schnelle Eingreiftruppe der NATO: Ein personeller und materieller Kraftakt
(Das Interview hatte der Bundeswehrverband geführt und in seinem Mitgliedermagazin veröffentlicht; online ist es für Nicht-Mitglieder aber da nicht abrufbar; doch die Bundeswehr hat es netterweise im Wortlaut auf ihrer Seite veröffentlicht)
Das oben bereits erwähnte VersBtl der VJTF hat seine Zertifizierung mit Bestnote abgeschlossen (https://tinyurl.com/ycahs7ur).
Aber das schaffte ja auch die IVJTF 2015 trotz tausender fehlender Ausrüstungsgegenstände.
Alles wird gut.
Da es in Deutschland ja mehr als nur ein Neustadt gibt, hier der Hinweis: Neustadt am Rübenberge (NRÜ) 40 Kilometer westlich Hannover, VersBtl 141 der PzLBrig 9.
https://www.ad-hoc-news.de/politik/das-versorgungsbataillon-141-leitet-die-versorgung-der-schnellen/56590588
„Das oben bereits erwähnte VersBtl der VJTF hat seine Zertifizierung mit Bestnote abgeschlossen“
Ich habe schon in den 90er Jahren Potemkimsche Dörfer in Sachen NATO-Zertifizierungen erlebt. Man kann jede Einheit gut dastehen lassen in der Bundeswehr – nur halt nicht merhere oder alle gleichzeitig.
Gibt’s eine Versandadresse? Dann stifte ich meine, die ich zum Fallschirmspringen genutzt habe. ;-)
[Äh, da oben steht doch, das neue gekauft werden? T.W.]
Auf der Webseite deutschesheer.de (https://bw2.link/sHyOu) kann man seit heute nachlesen:
„„Die Masse des notwendigen Materials kommt aus den Truppenteilen der 1. Panzerdivision, der auch die Panzerlehrbrigade 9 angehört. Weitere notwendige materielle Ergänzungen erfolgten aus Beständen anderer Großverbände des Heeres“, gibt Vollmer Auskunft.
…
„Es steht nicht zur Diskussion, dass wir bei dem für den möglichen Auftrag notwendigen Großgerät auf irgendetwas verzichten. Was die Soldaten der VJTF-Brigade zur Auftragserfüllung brauchen, bekommen sie, das gesamte Heer wird sie dabei unterstützen“, macht General Vollmer unmissverständlich deutlich.“
Der Normalbürger liest: „Super, läuft doch alles!“
Der Fachmann versteht aber: „Alles was für VJTF benötigt wird, zwacken wir irgendwo anders ab, koste es was es wolle!“
Na, immerhin ist an der langen, langen Liste der Fehlbestände jetzt an der Position „Kopf- und Gesichtsschutz, ASD 00530“ ein Haken dran.
Wir können sehr, sehr stolz auf uns sein. ;)
@T.W.
Wurde der EX-Kdr der 1.PD trotz oder wegen dieses überaus kritischen Interviews nach etwas mehr als einem Jahr als Zweisterner jetzt Dreisterner im BMVg? Lichtgeschwindigkeitsschnelle Beförderung besonderer Leistungsträger scheint ja in Mode zu sein.
Hat eigentlich schon irgend jemand die Verantwortung für die VJTF Misere übernommen?
Als ich gestern die Aufforderung las, schätzte ich den Wert der Haube auf 5€.
Auch wenn an meinem Standort zentral in der Liegenschaft gesammelt werden sollte, hätten mehrere Hundert Personen aller Dienstgradgruppen je mindestens 30 Minuten für die Abgabe benötigt (inkl. Wegstrecke). Darüber hinaus fand ich es auch auch höchst befremdlich, dass dieser Billigartikel von anderen Personen aufgetragen werden sollte.
Dies beweist wieder mal, dass wirtschaftliches denken und handeln leider noch nicht weit ausgeprägt sind.
Ich bin ja schon seit langem für ein Pflicht- und Sperrfach „Wirtschaftliches Handeln“ bei Laufbahn- und Verwendungslehrgängen.
Und es sollte jeweils in die Beurteilung einfließen!
Vielen Dank für Ihren Beitrag Herr Wiegold,
ich hatte mir irgendwie erhofft, dass der Vorgang nach „draußen“ gerät.
Leider habe ich heute zu spät Ihre Ergänzung gelesen, die Maske hatte ich gerade abgegeben. Umgesetzt ist die revidierte Weisung nämlich noch nicht!!!
War es vielleicht auch der verzweifelte Hilferuf aus dem BAAINBw, um über diesen Umweg mal ein paar Ebenen höher das Problembewusstsein zu schärfen? Vielleicht gehört der jenige Unterzeichner nicht disziplinär gewürdigt, sondern gewürdigt
Gab es nicht neulich die kick off Veranstaltung zur neuen Beschaffungsorganisation? Bis Ende 2019 wird alles gut.
@ VJTF-Member 08. Mai 2018 – 11:44
„Es fehlt an kompetenter Führung“
Offensichtlich hat sich hier seit der IVJTF 2015 nichts geändert.
Bereits diese war schon beschämend, nicht nur in Bezug auf die materielle Lage sondern auch bezogen auf die „Führerleistung“.
Ein junger Offizier sprach dies offen bei einer Besprechung auf dem Übungsplatz Zagan/Polen gegenüber dem Corps Kdr an.
Zitat: „Materiell sind wir bei der Hochwertausstattung bei 75%, damit können wir arbeiten, wir wissen uns zu helfen. Woran es im SP fehlt, ist an Verständnis in der Zusammenarbeit der verschiedenen Truppenteile. Zwischen den Ohren fehlt es am meisten“.
Warum sollte sich daran etwas geändert haben, wenn die Führung auf ihre „Wirklichkeit“ beharrt.
MA | 08. Mai 2018 – 17:46
Anderes Thema, ähnlicher Befund. Diesmal war es aber ein junger Offz, der die Qualität von StOffz-Entscheidungen in Frage stellt. Ob man dem jungen Offz für diese Einschätzung auch Trunkenheit im Uffz-Bunker unterstellt wie mir neulich beim Personalstärkethema?
Den Kommentar mit wirtschaftlichem Handeln als „beurteilungsrelevantes Sperrfach“ finde ich auch interessant.
@fachkfräftemangel | 08. Mai 2018 – 12:29
Genau das was Sie das feststellen wird die Konsequenz sein:
Man kann ja hier schon lesen (und im Urpsrungsbeitrag), dass etliche Soldaten ihre Sturmhaube abgegeben haben. Außerdem kann man sehen dass der Stopp dieser Weisung wohl für viele weitere zu lange braucht um weitere Abgaben zu verhindern.
Nun liegen also allerorten Kartons voll GEBRAUCHTER Sturmhauben, die sich nicht personell zuordnen lassen. Insofern kann man die jetzt wegwerfen (ich bin sicher genau das wird passieren!), weil das wie Unterwäsche nicht weiter verwendet werden darf. Somit hat man vermutlich jetzt mehrere tausend Soldaten mehr ohne Sturmhaube…
…nur mal so am Rande: was passiert eigentlich mit dem bis zur Außerkraftsetzung der Weisung eingesammelten Gesichtsschutz? Die nochmalige Verwendung nach Ausgabe ist ja nicht gestattet… :D
Was ich hier und vor allem auch von Insidern lese, empfinde ich als zutiefst beschämend. Dass so unverantwortlich und vorsätzlich mit den Soldaten und unserer Sicherheit umgegangen wird, ist unfassbar! Ich hab mir mal einen Termin mit unserem örtlichen Bundestagsabgeordneten geholt – SPD also Regierungspartei – und werde ihn dazu mal befragen.
Unter Willi und Helmut hätte es so eine verantwortungslose, unfähige Vertpol nicht gegeben.
@asplen | 08. Mai 2018 – 18:10:
Keine Angst, den Uffz-Bunker schlage ich Ihnen nicht schon wieder um die Ohren.
Was die Kenntnis über „Gefecht der verbundenen Waffen“ (ja, das ist die alte Begrifflichkeit!) bei den jungen Offizieren angeht, woher soll denn die Kenntnis kommen? Wir haben die Taktikausbildung unserer Offiziere doch seit Mitte der 2000 Jahre konsequent verschlimmbessert und zugunsten anderer „Schwerpunkte“ und Optimierung der Karriereplanung für die zentrale Personalführung an die Wand gefahren.
– Komplexe Übungen „Gefecht der verbundenen Waffen“ haben kaum noch stattgefunden, wo das praktisch geübt wurde. Stattdessen Stabilisierung oder Dog and Ponyshow ILÜ…
– Offizier-Weiterbildungen im eigenen Verband „Führung im Gefecht“ wurden immer weiter reduziert, bei Personalmangel, Auftragsdichte und der sich wöchentlich änderte „Wanderschwerfläche“ der übergeordneten Führung hat die Truppe einfach aufgeben da Energie in die erforderliche Vorbereitung zu stecken. Dann lieber OWB „Besuch des Landtages…“
– Heerestaktische Weiterbildungen in Verantwortung der eigenen Division ab 2005 abgeschafft, hatten die Div/BrigStäbe keine Zeit und kein Personal mehr für, wegen Einsatz oder einfach „iss aber so“.
– Offizieranwärter lernen in der neu strukturierten Offizierausbildung als Obergefreite direkt nach der AGA „deluxe“ wie man ein Btl der Kampftruppe im Gefecht führt, haben aber dort noch keine Ausbildung und keine eigene Erfahrung wie man ne Gruppe, nen Zug oder ne Kompanie (im Gefecht) führt. Als Oberleutnant lernen sie dann führen einer Teileinheit. Also vom Schweren (komplexen) zum Einfachen, irre…
– Gerade die Taktikausbildung an der OSH erreicht seit 2006 durch das „Zerhacken“ des Offizierlehrgangs 3 Monate vor (und nur dort mit Prüfung und Bewertung) und 3 Monate nach dem Studium (ohne Prüfung, ohne Bewertung) nicht mehr die selbe Ausbildungshöhe wie vormals beim Lehrgang 6 Monate am Stück nachdem der OAs vorher bereits Grundlagen an der Truppenschule lernten.
– Anteil Taktik – Führung im Gefecht an den Truppenschulen reduziert, hat der Jungoffizier vermeintlich schon an der OSH gelernt, kann man Truppenfachlehrer-Dienstposten sparen…
– Führungslehrgang 1A (für Oberleutnante und Hauptleute) an der OSH ab 2014 von 4 auf 2 Wochen verkürzt. Vorher wurden die Lehrgangsplätze jahrelang nicht ausgelastet, da die Truppe Ihre OLt und Hptm als unabkömmlich wegen Einsatz/Einsatzvorbereitung/Einsatzvertretung abgemeldet hat.
– Taktik als Prüfungsfach aus dem Stabsoffizierlehrgang an der Führungsakademie ab 2006 entfernt. Stattdessen vorgeschalteter 2 Wochenlehrgang „ohne Prüfung, ohne Bewertung, ohne Konsequenzen…“
-Auf dem LGAN wird scheinbar in 2 Jahren alles mögliche ausgebildet, vom beherrschen politisch korrekter Formulierungen in ministeriellen Vorlagen unter Anwendung des ministeriellen Imperatives bis zu „gut aussehen bei völliger Ahnungslosigkeit“. In der Erstverwendung als G3 einer Brigade scheitert dann der hochgelobte Major i.G. bei der simplen Anwendung des Führungsprozesses Brigade und planen eines Marsches im Brigaderahmen. Irritierend…
– Die Herrn Btl-Kommandeure inzwischen fast ausnahmslos Generalstabsoffiziere, von denen die Masse seit der Verwendung als Kp-Chef (davor Adju beim General oder Jugendoffz) nur noch an der FüAk, im Ministerium oder als 17. Dezernent „für Kraut und Rüben“ von links in der höheren KdoBehörde oder Amt verwendet wurden. Inübunghalten Taktik Fehlanzeige!
Neue Drohnen für die Marine per SiE
https://www.hartpunkt.de/baainbw-beschafft-taktisches-uas-in-den-usa/#more-3589
Die können wenn sie wollen…
[ok, zwischen Sturmhauben für sieben Euro und Drohnen für paar Millionen gibt es schon noch paar Unterschiede. Diesen OT hier bitte nicht, ich greife das später noch gesondert auf. T.W.]
@FlaOffz:
Vielen Dank für die sehr gute Zusammenfassung der Defizite der letzten 10 Jahre und mehr – am 8. Mai.
Wo immer dies angesprochen wurde, war man eben der Ewiggestrige. Wie oft wurde wohl vielen von uns von höherer Stelle erklärt, dass die neue OffzAusb eben einfach besser ist, weil „iss so“. Nun soll es wieder mehr Praxisanteile geben.
@FlaOffz:
Bravo, Bravo, Bravo.
Und für die NRF-Zertifizierung gilt: schön, wenn man die Noten selber vergeben kann.
@ FlaOffz: 100 %ige Zustimmung.
Die Verdrängung der Ausbildung und Prüfung in Taktik und Gefechtsdienst zugunsten von Wohlfühlfächern und „allgemeinen Angelegenheiten“ kostet uns einen schmerzhaft hohen Preis im Bereich der Führungs- und Einsatzfähigkeit und wird das auch noch lange tun, da nun schon etliche Offizieranwärter-Jahrgänge nur diese Schmalspur-Ausbildung kennengelernt haben.
Trennung: Nachdem nun nach Jahren endlich der Unsinn der neuen Offizier- und Feldwebelausbildung erkannt wurde und zumindest in Teilen das Rad zurückgedreht wird, will ich hier gleich mal das nächste Fass aufmachen, auf das in zehn oder mehr Jahren die Einsicht folgt.
Das große Luftschloss unserer Zeit heißt: Multinationalität!
Derzeit kann die Bundeswehr ja gar nicht genug Siegesmeldungen über neue Kooperationen mit unseren NATO-Partnern produzieren und ist sich des Applauses stets sicher. Wir können gar nicht genug von Multinationalität bekommen, am liebsten bis auf Zug- und Gruppenebene!
Dabei muss doch jedem, der bei Verstand ist, sofort klarwerden, dass mutinationale Verbände, die unterschiedlich geprägt, ausgebildet und sogar ausgerüstet sind niemals so effektiv agieren können, wie ein in sich geschlossener Verband. Die verschiedenen taktischen Auffassungen, die aufgeblähten Stäbe und die Sprachbarrieren werden bei allem guten Willen stets ein Hemmschuh sein und vieles schwieriger machen, als in homogenen Verbänden. Und da fangen wir noch gar nicht mit den realen Problemen wie nationalen Einsatzvorbehalten und Versorgung an. Die USA, die Franzosen und die Briten wissen schon genau, warum sie immer dann, wenn es wirklich ernst wird auf den Einsatz von multinationalen Verbänden verzichten.
Ich fürchte nur, dass uns die Einsicht dahingehend fehlen wird, bis wir auf die harte Tour eines Besseren belehrt werden.
Vernünftig wäre es multinationale Zusammenarbeit auf eine möglichst hohe Ebene zu beschränken (mindestens Bataillon aufwärts) und die nationalen Anstrengungen darauf zu fokussieren bis auf diese Ebene autark einsatzfähig zu sein, ODER die gewünschte multinationale Gliederung bereits im täglichen DIenstbetrieb einzunehmen, wie es das Panzerbataillon 414 mit den niederländischen Kameraden tut. Diese zweite Variante sollte aber nur mit zuverlässigen und militärisch kompatiblen Staaten angestrebt werden.
@ FlaOffz
1++
Treffend beschrieben. Im Bereich der Uffz Ausbildung sieht es nicht besser aus, auch hier wurde Taktik/Gefechtsdienst weitestgehend zurückgefahren.
Der Grund?
Eine Armee die nicht fähig ist robuste Lösungsansätze umzusetzen kann auch nicht im Bündnis für etwaige Aufträge zur Verfügung stehen.Ich persönlich glaube hier nicht mehr an eine Entwicklung die keiner hat kommen sehen…..
@Zapfenstreich
“ bin ja schon seit langem für ein Pflicht- und Sperrfach „Wirtschaftliches Handeln“ bei Laufbahn- und Verwendungslehrgängen.
Und es sollte jeweils in die Beurteilung einfließen!“……
Seit drei Beurteilungsrunden lasse ich mir das Feld “ Wirtschaftlichkeit“ aus meiner Beurteilung mit “ n.b.“ bewerten.es ist einfach eine Farce zu meinen ,man könne wirtschaftlich arbeiten, wenn wir durch viele nicht selbstverschuldete Umstände das Geld des Steuerzahler-unsere Gelder- tagtäglich zum Fenster rauswerfen müssen.
Es wird nicht besser werden, nur anders.