Materiallage der Bundeswehr: Mehr Übungen, mehr Beanspruchung – weniger einsatzbereit

Deutlich später als in den Vorjahren hat das Verteidigungsministerium dem Parlament den Bericht zur Materiallage der Hauptwaffensysteme vorgelegt – offizieller Grund ist die späte Konstituierung des Verteidigungsausschusses. Der inzwischen vierte Bericht für das Jahr 2017 – nach den Berichten für 2014, 2015 und 2016 – kann, wenig überraschend, ebenfalls nicht mit guten Nachrichten aufwarten: Nach wie vor ist die Einsatzbereitschaft etlicher Systeme ziemlich gering.

Für den aktuellen Berichtszeitraum hat das Ministerium dafür auch eine zusätzliche Erklärung, die so in den vorangegangenen Berichten nicht enthalten war:

Die vorhandenen Systeme werden sowohl in den Einsätzen als auch in einer Vielzahl von einsatzgleichen Verpflichtungen benötigt. Damit gehen stark erhöhte Anforderungen an Ausbildung und Übungen im Grundbetrieb einher. Insbesondere die gestiegenen Verpflichtungen im Rahmen NATO Response Force und enhanced Forward Presence sind ursächlich für eine deutlich zunehmende Nutzung des Materials. Die vorgeschaltete Ausbildungs- und Übungstätigkeit führt zu einer häufigeren und intensiveren Nutzung der Waffensysteme. Zusätzlich befindet sich die Bundeswehr gegenwärtig in 13 mandatierten Auslandseinsätzen unter teilweise extremen klimatischen Bedingungen weltweit.

Im Ergebnis ist eine höhere Beanspruchung nahezu aller Waffensysteme im Vergleich zu vorherigen Berichten zu beobachten. Dies wirkt sich unmittelbar auf die materielle Einsatzbereitschaft aus.

Das Heer bringt das auf die Aussage

Durch die im Weißbuch 2016 zum Ausdruck gebrachte gestiegene Bedeutung der Landes-/Bündnisverteidigung sind die gepanzerten Fähigkeiten des Heeres wieder in den Fokus gerückt. Dazu wurde die Ausbildung- und Übungstätigkeit der mechanisierten Brigaden angepasst. Die Landsysteme des Heeres unterliegen daher einer deutlich intensiveren Nutzung als in den Vorjahren. Dem daraus entstandenen gestiegenen Bedarf an Instandhaltung ausgefallener Systeme steht die über Jahrzehnte reduzierte Kapazität in der Instandhaltung und die ebenso reduzierten Ersatzteilbestände gegenüber. Die hieraus entstandene Bugwelle kann nicht kurzfristig beseitigt werden und wirkt sich damit unmittelbar auf die materielle Einsatzbereitschaft aus.
Die materielle Einsatzbereitschaft der zur Auftragserfüllung benötigten Waffensysteme ist daher als ausreichend zu bewerten.
Einsätze und einsatzgleiche Verpflichtungen sind sichergestellt. Die Durchführung von Ausbildung und Übungen unterliegt einem zusätzlichen Organisationsaufwand und teilweisen Einschränkungen.

Der Bericht, der Augen geradeaus! vorliegt, ist schon wie der Bericht vom November 2016 nicht eingestuft und lässt sich deshalb ausführlich zitieren.  (Nachtrag: Inzwischen hat der Bundeswehrverband den Gesamt-Bericht online gestellt.) Der Vergleichbarkeit halber orientiere ich mich dabei weitgehend an der Gliederung meiner damaligen Meldung (und wie damals schaue ich nur auf einige ausgewählte Waffensysteme):

GTK Boxer

Der Gesamtbestand der Bundeswehr beläuft sich auf 202 Waffensysteme.
Den Streitkräften standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 167 Systeme zur Verfügung, davon waren durchschnittlich 109 Systeme einsatzbereit. Dies entspricht im Mittel einer materiellen Einsatzbereitschaft von 65%.
Im Rahmen des deutschen Beitrags zum NATO-Konzept „enhanced Forward Presence“ waren im Jahresverlauf 2017 bis heute bis zu 4 Systeme eingebunden. Diese Zahl wächst in 2018 durch Wechsel des Hauptwaffensystems auf 14 GTK BOXER auf.
Zusätzlich werden 32 Systeme seit 01.01.2018 für VJTF (L) 2019 (Bindungsdauer 2018 – 2020) vorgehalten.
Durch die im Jahr 2016 begonnene instandsetzungstechnische Systemausbildung und das Vorliegen der interaktiven elektronischen technischen Dokumentation (IETD) konnte die Einsatzreife des Waffensystems in 2017 hergestellt werden.
Die ab 2018 anlaufende Umrüstung der Fahrzeuge wird voraussichtlich über den Zeitraum von 5 Jahren im Rahmen der planmäßigen Werksinstandsetzung erfolgen. Somit ist trotz Umrüstung eine höhere Verfügbarkeit an Systemen gewährleistet. Zusätzlich laufen der Bundeswehr mit dem 2. Los beginnend ab 2017 weitere 131 GTK BOXER in der Variante Gruppentransportfahrzeug zu.

Schützenpanzer Marder

Der Gesamtbestand der Bundeswehr beläuft sich auf 382 Systeme.
Den Streitkräften standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 319 Systeme zur Verfügung. Hiervon waren durchschnittlich 212 Systeme einsatzbereit. Dies entspricht im Mittel einer materiellen Einsatzbereitschaft von 66%.
Im Rahmen des deutschen Beitrags zum NATO-Konzept „enhanced Forward Presence“ in LITAUEN waren im Jahresverlauf 2017 bis zu 25 Systeme eingebunden. Die Anzahl der Systeme beläuft sich zum Berichtszeitpunkt auf 16 SPz MARDER.
Zusätzlich werden seit 01.01.2018 14 Systeme für VJTF (L) 2019 (Bindungsdauer 2018 – 2020) vorgehalten.
Die Nutzungsdauer des SPz MARDER wurde verlängert, damit dieses „Arbeitspferd“ der Panzergrenadiertruppe bis zur Einsatzreife des SPz PUMA den Fähigkeitserhalt des Heeres garantiert. Dazu sind im Rahmen der Nutzungsdauerverlängerung technische Anpassungen und die Adaption MELLS4 auf SPz MARDER notwendig, um den Erhalt der Panzerabwehrfähigkeit sicherzustellen.
Die Adaption MELLS auf SPz MARDER ist beginnend seit Dezember 2017 mit dem SPz MARDER 1A5 angelaufen. Bis Mai 2018 werden die SPz MARDER 1A5 am Standort HAGENOW umgerüstet und stehen dann für die Very High Readiness Joint Task Force VJTF (L) 2019 zur Verfügung.
Der SPz MARDER ist als verlässliches und bewährtes Hauptwaffensystem, ständiger Bestandteil aktueller einsatzgleicher Verpflichtungen sowie zahlreicher weiterer Großvorhaben des Heeres. Er unterliegt damit einer deutlich intensiveren Nutzung bei gleichzeitig anhaltenden Engpässen in der Versorgung mit Ersatzteilen.
Die Nutzungsdauerverlängerung und intensivere Nutzung der SPz MARDER haben zu besonderen Herausforderungen bei der Verfügbarkeit der Ersatzteile geführt, die sich unmittelbar auf die materielle Einsatzbereitschaft auswirken.
Die initiierte Verbesserung der materiellen Einsatzbereitschaft wird nicht vor Ende 2018 erwartet.

Kampfpanzer Leopard 2

Der Gesamtbestand der Bundeswehr beläuft sich auf 244 Systeme.
Dem Heer standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 176 Systeme zur Verfügung, davon waren durchschnittlich 105 Systeme einsatzbereit. Dies entspricht im Mittel einer materiellen Einsatzbereitschaft von 60%.
Im Rahmen des deutschen Beitrags zum NATO Konzept der „enhanced Forward Presence“ in LITAUEN waren im Jahresverlauf 2017 bis zu 10 Systeme eingebunden.
Zusätzlich werden seit 1.Januar 2018 44 Systeme für VJTF (L) 2019 (Bindungsdauer 2018 – 2020) vorgehalten.
Mit dem Projekt „Fähigkeitsaufwuchs gepanzerter Kampf“ wird durch den vereinbarten Konstruktionsstand KPz LEOPARD 2A7V vor allem in die Zukunft der Panzertruppe investiert. Bis 2023 erhält die Panzertruppe weitere 84 hochmoderne Systeme.
Der KPz LEOPARD 2 ist als verlässliches und bewährtes Hauptwaffensystem ständiger Bestandteil beispielsweise der enhanced Forward Presence sowie zahlreicher weiterer Großvorhaben des Heeres. Der KPz LEOPARD unterliegt damit einer deutlich intensiveren Nutzung bei gleichzeitig noch anhaltenden Engpässen in der Versorgung mit Ersatzteilen.
Die Beschaffung der Ersatzteile ist eingeleitet und die dafür benötigten Haushaltsmittel sind eingestellt. Die Umlaufreserven an Tauschbaugruppen befinden sich derzeit teilweise in der Industrie zur Umrüstung. Die so initiierte Verbesserung der materiellen Einsatzbereitschaft wird nicht vor Ende 2018 erwartet. (…)
Trotz der begrenzten Anzahl einsatzbereiter KPz LEOPARD 2 konnte der deutsche Beitrag eFP in 2017 sichergestellt werden. Für die einsatzgleichen Verpflichtungen eFP und zusätzlich VJTF in 2018 ist das nur unter hohem Koordinierungsaufwand und umfangreichen Materialausgleichen möglich. Die Gesamtlage KPz LEOPARD 2 hat erhebliche Auswirkungen auf Ausbildung, Übungen und Großvorhaben des Heeres.

Schützenpanzer Puma

Der SPz PUMA ist ein nicht einsatzreifes Waffensystem.
Der Gesamtbestand der Bundeswehr beläuft sich derzeit auf 176 Systeme.
Den Streitkräften standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 112 Systeme zur Verfügung, davon waren durchschnittlich 48 Systeme einsatzbereit. Dies entspricht im Mittel einer materiellen Einsatzbereitschaft von 43%.
Durch die im Frühjahr 2017 durchgeführte und im IV. Quartal 2017 fortgeführte Abstimmung mit der Industrie wurde ein Maßnahmenkatalog entwickelt, der die Lieferrate und die Qualität der ausgelieferten Systeme schrittweise stabilisiert hat.
Mit Blick auf das Herstellen der Einsatzreife sind die zügige Verbesserung der Führungsmittelausstattung, die Verbesserung der Sichtmittel Wanne für Kraftfahrer und Schützentrupp, die Bereitstellung der Ausbildungsmittel und die Steigerung der Wirksamkeit (u.a. Mehrrollenfähiges Leichtes Lenkflugkörper System, MELLS und Turmunabhängige Sekundärwaffenanlage, TSWA) erforderlich. Ferner müssen sich die Voraussetzungen für die Instandhaltung (insbesondere Verfügbarkeit der Ersatzteile und der technischen Dokumentation) deutlich verbessern.
Vor diesem Hintergrund wird das Herstellen der Einsatzreife nicht vor 2024 erwartet.

Transportpanzer Fuchs

Der Gesamtbestand der Bundeswehr beläuft sich auf 907 Systeme.
Den Streitkräften standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 684 Systeme zur Verfügung, davon waren durchschnittlich 525 Systeme einsatzbereit. Dies entspricht im Mittel einer materiellen Einsatzbereitschaft von 77%.
Derzeit befinden sich 26 Systeme im Auslandseinsatz.
8 TPz FUCHS sind Bestandteil des deutschen Beitrags zum NATO-Konzept „enhanced Forward Presence“ in LITAUEN.
Zusätzlich werden seit 01.01.2018 90 Systeme für VJTF (L) 2019 (Bindungsdauer 2018 – 2020) vorgehalten.
Der TPz FUCHS ist mit seinen konstanten Bestands- und Einsatzbereitschaftsverläufen, trotz zahlreicher Umrüstungsmaßnahmen und Abstellungen in die Einsatzgebiete, ein solides und belastbares System, welches logistisch vollumfänglich beherrscht wird.

Panzerhaubitze 2000

Der Gesamtbestand der PzH 2000 beläuft sich derzeit auf 121 Systeme.
Dem Heer standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 75 Systeme zur Verfügung, davon waren durchschnittlich 42 Systeme einsatzbereit. Dies entspricht im Mittel einer materiellen Einsatzbereitschaft von 56%.
Insgesamt werden 8 Systeme seit 01.01.2018 für VJTF (L) 2019 (Bindungsdauer 2018 – 2020) vorgehalten.
Der Verfügungsbestand wird durch die Reaktivierung von insgesamt 24 Systemen erhöht. Dies ist bereits für 10 Systeme umgesetzt worden. Weitere 2 Systeme folgen in 2018. Die verbleibenden 12 Systeme werden abhängig von Haushaltsmitteln und Kapazitäten der Industrie in den Jahren 2019 – 2021 reaktiviert. Für die zukünftige Entwicklung des Heeres kommt es darauf an, weitere Systeme der Rüstungsflotte als Basis für eine mögliche Rückgewinnung notwendiger Fähigkeiten für die Landes-/ Bündnisverteidigung zu halten.
Die Ursachen für die niedrige materielle Einsatzbereitschaft liegen vor allem
– in der intensiveren Nutzung des geringen Verfügungsbestandes mit daraus resultierenden höheren Inspektions- und Wartungsmaßnahmen und
– in der Verzögerung der Bereitstellung von aktuellen technischen Lösungen für die altersbedingten technischen Ausfälle.
Der rapide Abfall der Einsatzbereitschaft im Sommer 2017 wurde durch die Sperrung der gesamten Flotte aufgrund mangelnder Ersatzteilqualität bzw. technischer Mängel hervorgerufen. Dieser Entwicklung wurde durch gezielte Instandhaltungsmaßnahmen begegnet, so dass die materielle Einsatzbereitschaft wieder verbessert werden konnte.

Fregatten

Die Bundeswehr hat derzeit 13 Fregatten im Gesamtbestand. Darin enthalten sind 4 Fregatten Klasse F122, die bereits außer Dienst gestellt wurden.
Im Betrachtungszeitraum standen durchschnittlich 6 Einheiten zur Verfügung, davon waren 5 materiell einsatzbereit. Dies entspricht im Mittel einer 83%igen materiellen Einsatzbereitschaft. (…)
Die notwendigen technischen Modernisierungen der 4 Fregatten F123 (Fähigkeitsanpassung Führungsmittel- und Waffeneinsatzsystem sowie Beseitigung zahlreicher Obsoleszenzen) und der 3 Fregatten F124 (Hardwareregeneration Combat Direction System) wurden erfolgreich fortgesetzt. Derzeit befinden sich die Fregatten HAMBURG (F124) und SCHLESWIG-HOLSTEIN (F123) in der Umrüstung. Die getroffene Entscheidung zur Nutzungsdauerverlängerung für die Fregatten F123 bis 2030 wird sich positiv auf den Gesamtbestand auswirken.

U-Boote
(Interessant: Dass derzeit kein einziges U-Boot einsatzbereit ist, erschließt sich nur aus der Formulierung „…sind die Ursachen der gegenwärtig nicht gegebenen Verfügbarkeit und Einsatzbereitschaft der Uboote“.)

Der Gesamtbestand Uboote der Bundeswehr umfasst 6 Systeme. U31 bis U34 gehören zum 1. Los, U35 und U36 bilden das 2. Los.
Der Marine standen im Jahresmittel 2017 2 Systeme zur Verfügung, davon war durchschnittlich 1 Uboot einsatzbereit.
Der durchschnittliche Verfügungsbestand im Berichtszeitraum und die Anzahl einsatzbereiter Systeme ergeben kein ganzheitliches Bild. Bis zur Jahresmitte waren in der Regel mindestens 3 Boote verfügbar und zwei einsatzbereit.
Folgenschwere technische Defekte und Ausfälle, Nichtverfügbarkeit von Ersatzteilen, erhebliche Verlängerungen von Werftliegezeiten (WLZ), mangelnde Werftkapazitäten und eine nautische Havarie sind die Ursachen der gegenwärtig nicht gegebenen Verfügbarkeit und Einsatzbereitschaft der Uboote.
Durch die zeitweise Nicht-Verfügbarkeit der UBoote konnten die Ausbildung und Zertifizierung des Personals nicht vollständig sichergestellt werden; dies gilt es schnellstmöglich nachzuholen. Die Uboote waren in den Einsätzen 2017 nicht gefordert. Die Verpflichtung zur Gestellung eines Ubootes im 1. Halbjahr 2017 als DEU Beitrag zur NATO NRF konnte erfüllt werden.

Und damit zu den Sorgenkindern, den fliegenden Systemen:

Unterstützungshubschrauber Tiger

Der Unterstützungshubschrauber (UH) TIGER wird zur Aufklärung, als Begleitschutz und zur Bekämpfung von Bodenzielen aller Art, auch bei Nacht und eingeschränkter Sicht, eingesetzt.
Das Heer verfügt damit über einen der modernsten Hubschrauber, dessen Fähigkeitsprofil auch zukünftig zum Beispiel mit der für 2018 geplanten Einsatzprüfung des Lenkflugkörpers PARS 3LR erweitert wird.
Der Gesamtbestand der Bundeswehr beläuft sich derzeit auf 52 Systeme.
Dem Heer standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 39 Systeme zur Verfügung. Insgesamt waren im Schnitt 12 Systeme einsatzbereit. Die materielle Einsatzbereitschaft betrug somit im Mittel 31%. Im Jahr 2018 wird die Serienfertigung mit Auslieferung weiterer vier Unterstützungshubschrauber abgeschlossen.
Derzeit befinden sich 4 Systeme im Rahmen der VN-Mission MINUSMA im Einsatz, wo das Waffensystem mit seinen Fähigkeiten die Operationsführung unterstützt.
Die Flotte konnte weiter auf zwei Bauzustände vereinheitlicht und das Inspektionssystem signifikant optimiert werden. Die Versorgung mit Ersatz- und Austauschteilen kann zu 90% zeitgerecht sichergestellt werden. Einzelne Engpassmaterialien hemmen derzeit im Gegenzug eine weitere signifikante Steigerung der Einsatzbereitschaft.
Der UH TIGER ist ein nicht einsatzreifes Waffensystem. (…)
Nur durch die Bündelung aller Ressourcen und aufbauend auf die Erfahrungen des AFGHANISTAN-Einsatzes konnten 4 Systeme des Bauzustandes ASGARD F8 bereitgestellt und nach MALI verbracht werden.
Der tragische Absturz eines UH TIGER während einer Mission in MALI führte im Bereich der materiellen Einsatzbereitschaft zu einem deutlichen Einschnitt. Die Untersuchung aller Begleitumstände dauert weiterhin an.
Das Herstellen der Einsatzreife ist die Grundlage für eine verlässliche und strukturierte Ausbildungs-, Übungs- und Einsatzplanung des UH TIGER.
Der Einsatz MINUSMA kann mit UH TIGER sichergestellt werden. Die Bindung der Ressourcen im Einsatz führt zu einer Gefährdung der Durchhaltefähigkeit bei den qualifizierten Einsatzbesatzungen ab Mitte 2018. Daher ist die Rückverlegung – wie den Vereinten Nationen angezeigt – zwingend erforderlich.

Hubschrauber NH90

Der Transporthubschrauber NH90 ist ein nicht einsatzreifer, weiterhin im Bestandsaufwuchs befindlicher leichter Mehrzweckhubschrauber. Er wird derzeit in der Version Tactical Transport Helicopter (TTH) im Heer eingesetzt.
Der Gesamtbestand der Bundeswehr an NH90 beläuft sich derzeit auf 58 Systeme. Dem Heer standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 37 Systeme zur Verfügung, von denen durchschnittlich 13 Systeme einsatzbereit waren. Dies entspricht im Mittel einer materiellen Einsatzbereitschaft von 35%.
Der zeitlich befristete Einsatz von insgesamt 4 Luftfahrzeugen im Rahmen der VN- Mission MINUSMA ist mit technisch-logistischen Herausforderungen verbunden.
Die geringe materielle Einsatzbereitschaft wird nach wie vor durch die hohe Anzahl von Vorserienhubschraubern, durch fehlende Ersatzteile sowie insbesondere durch fehlende militärische und industrielle Kapazitäten zur Durchführung der zu aufwändigen Wartungs- und Inspektionsmaßnahmen beschränkt. (…)
Der Einsatz MINUSMA kann mit NH90 sichergestellt werden. Die Bindung der Ressourcen im Einsatz führt zu einer Gefährdung der Durchhaltefähigkeit bei den qualifizierten Einsatzbesatzungen ab Mitte 2018. Daher ist die Rückverlegung – wie den Vereinten Nationen angezeigt – zwingend erforderlich.

Hubschrauber Sea Lynx

Der Gesamtbestand der Bundeswehr beläuft sich auf 22 Hubschrauber des Typs SEA LYNX Mk 88A. Im Jahresmittel standen der Marine 19 Helikopter des Typs zur Verfügung. Die Einsatzbereitschaft des Waffensystems stabilisierte sich im Verlauf des Jahres 2017 auf ein Niveau von durchschnittlich 6 einsatzbereiten Maschinen. Dies entspricht ca. 32%.
Der operative Bedarf von mindestens 6 materiell einsatzbereiten Luftfahrzeugen für Einsatz und Ausbildung konnte in 2017 erstmals überwiegend erreicht werden.
Die Hubschrauber wurden in den laufenden Einsätzen nicht benötigt.

Hubschrauber Sea King

Derzeit beträgt der Gesamtbestand der Bundeswehr 21 Hubschrauber vom Typ SEA KING Mk 41.
Das System ist einsatzreif.
Der durchschnittliche Verfügungsbestand betrug im Betrachtungszeitraum 16, davon waren durchschnittlich 5 einsatzbereit. Dies entspricht im Mittel einer 31%igen materiellen Einsatzbereitschaft.
Die materielle Einsatzbereitschaft ist bedingt durch das hohe Alter der Hubschrauber nur mit hohem Aufwand aufrechtzuerhalten. Insbesondere die Beschaffung von Ersatzteilen stellt eine Herausforderung dar.
Sowohl die zwischen dem BMVI und dem BMVg vereinbarte Aufgabenwahrnehmung des zivilen SAR-Dienstes entsprechend der International Civil Aviation Organization (ICAO), als auch der militärische SAR Dienst See konnten durch die materiell einsatzbereiten Luftfahrzeuge reduziert auf nur eine statt zwei SAR-Außenstellen gewährleistet werden.
Über den SAR Dienst hinausgehende Aufgaben, wie zum Beispiel operative Einschiffungen an Bord oder Unterstützungsaufgaben der Spezialkräfte (SOF Air),sind aufgrund der geringen Verfügbarkeit weiterhin nur im Einzelfall und zeitlich nur sehr begrenzt möglich.
Auch wenn eine geringfügige Verbesserung festzustellen ist, verbleibt die durchschnittlich erreichte materielle Einsatzbereitschaft weiterhin unter dem erforderlichen operativen Minimalbedarf von 6 Luftfahrzeugen, die für den durchhaltefähigen SAR-Einsatz auf nur einer SAR-Außenstelle sowie für die Ausbildung erforderlich sind.
Priorität haben daher weiterhin alle Maßnahmen, mit denen es gelingt, Fähigkeitslücken und Kompetenzverlust zu vermeiden und den erforderlichen Weiterbetrieb SEA KING Mk 41 bis 2023 zu gewährleisten, um eine bruchfreie Übernahme der Fähigkeiten durch das Nachfolgesystem NH90 NTH SEA LION, beginnend ab dem IV. Quartal 2019, sicherzustellen.

Eurofighter

Der Gesamtbestand Bundeswehr an EUROFIGHTER wuchs im Betrachtungszeitraum auf 128 an.
Der Luftwaffe standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 81 Luftfahrzeuge zur Verfügung. Im Schnitt waren davon 39 Luftfahrzeuge einsatzbereit; dies entspricht im Mittel einer materiellen Einsatzbereitschaft von ca. 48%.
Das Materialerhaltungskonzept sieht eine starke Abstützung auf die Industrie vor. Daher wirken sich Instandhaltungs- und Hochrüstmaßnahmen bei der Industrie direkt auf den verfügbaren Bestand aus.
Für dieses weiterhin unbefriedigende Verhältnis von Verfügungsbestand zu Gesamtbestand waren unverändert lang andauernde Instandhaltungsmaßnahmen und das Fehlen verschiedenster Ersatzteile verantwortlich. Eingeleitete Beschaffungsmaßnahmen können wegen langer Lieferzeiten erst mittelfristig wirken. Der im August 2016 angelaufene Verfügbarkeitsvertrag für Ersatzteile hat zwar zu einer ersten Stabilisierung der Ersatzteillage beigetragen, bislang aber noch nicht zu einer gesteigerten Einsatzbereitschaft der Luftfahrzeuge geführt.
Das Verstärkte Air Policing Baltikum wie auch die Dauereinsatzaufgabe Sicherheit im Luftraum konnten sichergestellt werden; NRF-Verpflichtungen können erfüllt werden. Die geringe materielle Einsatzbereitschaft wirkte sich jedoch zunehmend auf die Einsatzbereitschaft des fliegenden Personals aus. Der zusätzliche Ausbildungsbedarf durch die seit Anfang 2018 verfügbare Mehrrollenfähigkeit des EUROFIGHTER ist mit Blick auf die zusätzlichen NRF-Verpflichtungen in 2019 nur teilweise gedeckt.

Tornado

Der Gesamtbestand Bundeswehr an TORNADO lag konstant bei 93 Luftfahrzeugen. Abzüglich der Luftfahrzeuge, die für die technische Ausbildung, für Erprobungszwecke an das BAAINBw sowie zu Instandhaltungs- und Hochrüstmaßnahmen an die Industrie abgegeben waren, standen der Luftwaffe im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 63 Luftfahrzeuge zur Verfügung. Im Schnitt waren davon 26 Luftfahrzeuge einsatzbereit; dies entspricht im Mittel einer materiellen Einsatzbereitschaft von ca. 41%.
Derzeit befinden sich bis zu sechs TORNADO im Einsatz Counter DAESH.
Die materielle Einsatzbereitschaft wurde maßgeblich durch die mangelnde Verfügbarkeit verschiedenster Ersatzteile, die Alterung und damit die Störanfälligkeit des Luftfahrzeugs, sowie fehlendes technisches Personal beeinflusst. Letzteres wurde insbesondere durch die laufende Einsatzgestellung verschärft.

Hubschrauber CH-53

Der Gesamtbestand der Bundeswehr an CH-53 belief sich unverändert auf 72 Hubschrauber.
Der Luftwaffe standen im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 40 Hubschrauber zur Verfügung. Im Schnitt waren davon 16 Hubschrauber einsatzbereit; dies entspricht im Mittel einer materiellen Einsatzbereitschaft von 40%.
Derzeit befinden sich 5 CH-53 Hubschrauber im Einsatz Resolute Support in Afghanistan.
Die eingeschränkte Verfügbarkeit ergab sich – wie auch beim Waffensystem TORNADO –aus Abstellungen für industrielle Instandhaltungen und zur Depotinstandsetzung, als Erprobungsträger an das BAAINBw sowie für die technische Ausbildung.
Die materielle Einsatzbereitschaft wurde zunehmend vom Waffensystemalter beeinflusst. Hier waren die laufenden Umrüstmaßnahmen zur Gewährleistung eines Weiterbetriebs CH-53 bis zur Ablösung durch den schweren Transporthubschrauber (STH), die mangelnde Verfügbarkeit von Ersatzteilen sowie das Fehl an technischem Personal im Inland bei gleichzeitiger Einsatzgestellung bestimmende Faktoren.
Die mangelnde materielle Einsatzbereitschaft wirkte sich zunehmend auf die Ausbildung des fliegenden Personals aus. Der Einsatz in Afghanistan war nur noch durch eine konsequente Priorisierung auf die Einsatzausbildung möglich, was eine zunehmende Erosion der Fähigkeiten des fliegenden Personals mit sich brachte.

Transall

Der Gesamtbestand Bundeswehr an C-160 TRANSALL sank im Betrachtungszeitraum auf 29 Luftfahrzeugen ab.
Ohne die Luftfahrzeuge, die sich in der Instandhaltung bei der Industrie befanden bzw. dauerhaft für die technische Ausbildung oder als Erprobungsträger an das BAAINBw abgestellt waren, standen der Luftwaffe im betrachteten Zeitraum durchschnittlich 25 Luftfahrzeuge zur Verfügung. Im Schnitt waren davon 17 Luftfahrzeuge einsatzbereit; dies entspricht im Mittel einer materiellen Einsatzbereitschaft von 68%.
Derzeit befinden sich 2 Luftfahrzeuge im Auslandseinsatz.
Die C-160 TRANSALL verbleibt aufgrund Auslieferungsverzögerungen beim A400M bis in das Jahr 2021 in der Nutzung. Dafür erforderliche Maßnahmen wurden identifiziert und erfolgreich umgesetzt.
Die materielle Einsatzbereitschaft wurde maßgeblich vom Alter des Waffensystems und damit einhergehenden Versorgungsengpässen bestimmt. Trotz der zunehmend angespannten Verfügbarkeit von Ersatzteilen konnte die Einsatzbereitschaft durch Abstützung auf die aus der Hochwertteilegewinnung gewonnenen Teile im Jahr 2017 verbessert werden.

A400M

Der Gesamtbestand der Bundeswehr an A400M wuchs im Betrachtungszeitraum auf 15 Luftfahrzeuge an.
Der Luftwaffe standen durchschnittlich 8 Luftfahrzeuge zur Verfügung. Im Schnitt waren davon 3 Luftfahrzeuge einsatzbereit; dies entspricht im Mittel einer materiellen Einsatzbereitschaft von ca. 38%.
Der A400M befindet sich damit unverändert im Anfangsflugbetrieb. Ein eingeschwungener Zustand bzw. eine Einsatzreife ist nicht erreicht.
Einsatzbereite Luftfahrzeuge waren in Flugkampagnen zur Einsatzprüfung, hier insbesondere zur ersten Erprobung des Selbstschutzes sowie der Fähigkeit zur Luftbetankung und zunehmend in Einsatzaufgaben gebunden. Die Übernahme der Fähigkeit zum qualifizierten Patiententransport konnte in 2017 noch nicht abgeschlossen werden.
Die geringe und deutlich unter den Erwartungen liegende materielle Einsatzbereitschaft resultierte im Kern aus aufwändigen, nicht planbaren Instandhaltungsmaßnahmen, die auch durch Qualitätsmängel verursacht waren.
Die Annäherung an die erwartete materielle Einsatzbereitschaft hängt wesentlich vom Fortgang der bis mindestens 2023 andauernden Hochrüstmaßnahmen ab. Negative Auswirkungen auf den Aufbau und den Erhalt der Einsatzbereitschaft der Luftfahrzeugbesatzungen aufgrund des verzögerten Zulaufs waren in 2017 noch vermeidbar.

So weit, so schlecht und so wenig überraschend. Vielleicht kommt es mir nur so vor, aber mein Eindruck ist, dass die Ersatzteillage im Vergleich zu den Vorjahren noch mal dramatischer geworden ist. Was an und für sich ebenfalls nicht überraschend ist – die Frage ist nur, wann die Bundeswehr an dieser Stelle über den Berg sein wird.

(Foto: Marinehubschrauber SAR MK41 Sea King bei der Seenotrettungsübung am Tag der Bundeswehr am 10. Juni 2017 in Stralsund – Bundeswehr/Jonas Weber)