Bundeswehr und Tradition: Zum Beispiel Richthofen
Eigentlich hatte ich gehofft, die Debatte über die Bundeswehr und ihre Traditionspflege käme – nach zig Einträgen und Tausenden von Kommentaren allein hier im Blog – langsam ein wenig zur Ruhe. Dennoch scheint ein weiterer Eintrag nötig: Die Rede, die der stellvertretende Kommodore des Taktischen Luftwaffengeschwaders 71 Richthofen, Oberstleutnant Gero Finke, am vergangenen Wochenende beim Richthofentreffen in Wittmund gehalten hat, dürfte die Diskussion erneut anfachen.
Finkes Rede wurde bereits von der Lokalpresse aufgegriffen, und damit ist es ohnehin nur eine Frage der Zeit, bis sie weitere Kreise zieht. Deshalb dokumentiere ich sie hier (weitgehend) im Wortlaut:
Traditionen pflegen wir auch mit diesem alljährlichen Richthofentreffen.
Unser Namensgeber, Manfred Freiherr von Richthofen, starb am 21. April 1918. Ein Jahr zuvor – am 26. Juni 1917 – gründete er das erste Deutsche Jagdgeschwader, das folgerichtig den Namen JG 1 erhielt. Mit der Einsatztaktik, mehrere Jagdstaffeln zu einem großen Verband, sprich einem Geschwader, zusammenzuführen, um lokal schnell eine deutliche Luftüberlegenheit herzustellen, schlug Richthofen wie häufig zuvor neue und zukunftsweisende Wege ein, die sich bis heute in den Organisationsstrukturen aller Luftwaffen so weltweit wiederfinden.
Die Traditionsgemeinschaft Richthofen zusammen mit mir hat daher dieses fast genau auf den heutigen Tag 100jährige Jubiläum zum Anlass genommen, es als Motto unseres heutigen Richthofentreffens zu wählen. Darum steht auf der Einladungskarte, die Sie vor einigen Monaten erhalten haben: „100 Jahre vom JG 1 zum Taktischen Luftwaffengeschwader 71 Richthofen.“
Was einige Wochen nach dem Versand der Einladungen dann folgte, konnte ich nicht vorhersehen und es machte mich sprachlos.
Die Vorgänge um einen rechtsradikalen Oberleutnant A. waren aufgedeckt worden und beschäftigen seitdem die Bundeswehr und die Öffentlichkeit im Allgemeinen. Seitdem steht das Thema Traditionen in der Bundeswehr und der Umgang mit ihnen im Focus. Es ist folglich für uns in der Truppe ein stark beherrschendes Thema. Daher ist es mir nicht nur ein persönliches Anliegen, zu diesem Themenkomplex im Rahmen dieses ausgesprochen traditionsbewussten Richthofentreffens ein paar Worte zu sagen. Nein, zeitgleich mit der kurzfristigst befohlenen bundeswehrweiten Suche nach Wehrmachtsdevotionalien im Rahmen der Aufarbeitung der Vorgänge um Oberleutnant A. bekam ich einen Brief vom Kommandierenden General der Luftwaffe.
Ich zitiere auszugsweise:
„In Ihrer Einladung stellen Sie die diesjährige Veranstaltung auch unter das Motto „100 Jahre vom Jagdgeschwader 1 zum Taktischen Luftwaffengeschwader 71 Richthofen“. Durch diesen missverständlichen Titel wird eine direkte Verbindung des Taktischen Luftwaffengeschwader 71 Richthofen zu den ehemaligen Richthofen-Geschwadern der Kaiserzeit sowie des Dritten Reiches hergestellt und damit eine ungebrochene Traditionslinie unserer Luftwaffe zur Wehrmacht impliziert.
Dies widerspricht dem Traditionsverständnis der Bundeswehr und damit auch der Luftwaffe. Ich weise Sie an, während der Veranstaltung das gewählte Motto in Bezug auf das vorgenannte Traditionsverständnis richtigzustellen und keinen Zweifel an der kritischen Auseinandersetzung der Luftwaffe mit der Geschichte zu belassen. Ich erwarte diesbezüglich eine eindeutige Klarstellung.“
Zitat Ende
Ich frage mich nun: Wie konnte das passieren? Was hat dazu geführt, dass es eine solche Anweisung geben muss? Wieso stehen ich, die Traditionsgemeinschaft Richthofen und möglicherweise das Geschwader insgesamt in einem Verdacht, die Gräueltaten eines menschenverachtenden, mörderischen Regimes eventuell zu befürworten oder wertzuschätzen? Wieso müssen wir uns von etwas distanzieren, neben dem wir selbstverständlich niemals gestanden haben?
Die kürzeste Erklärung, die ich auch im Rahmen meiner diversen Diskussionen im Kreise der Soldaten zu dieser Anweisung hörte, könnte lauten: wir befinden uns kurz vor einer Bundestagswahl. Damit wäre schon alles zusammengefasst. Die unsäglichen, inakzeptablen Vorgänge um einen Oberleutnant A. und seine Kumpanen, die sich als rechtsradikale Spinner mit staatsgefährdenden Straftaten im Hinterkopf herausstellen, haben so, kurz vor den Wahlen, zu einem Absicherungsaktionismus geführt, der in den heute zu beobachtenden Ausprägungen und Befehlen gipfelte.
Diese Antwort ist sicherlich in Teilen richtig, in meinen Augen aber deutlich zu kurz gegriffen.
Es werden derzeit immer noch Geschichte und Tradition vermischt und verwechselt. Es werden Anschuldigungen und Generalverdachte ausgesprochen – oder unabsichtlich impliziert – , die unhaltbar sind und das innere Gefüge der Truppe schwer belasten. Es werden Bilder ab und wieder aufgehängt. Stuben werden ohne Verdachtsmomente durchsucht.
Der hektische Aktionismus der letzten Tage und Wochen wird der Bedeutung und Wichtigkeit dieses Themas nicht gerecht und beweist keinen souveränen Umgang mit einem für eine Armee – und besonders unsere Deutsche Bundeswehr – so wichtigen Thema. Eine Armee, die auch 61 Jahre nach ihrer Gründung offensichtlich immer noch nicht in sich selbst ruhen kann und darf, sondern bei der kleinsten Störung ihrer verdienten, tiefen gesellschaftlichen und staatsbürgerlichen Verankerung in den Verdacht gerät, den Staat stürzen, Menschen anderer Religionen oder Überzeugungen systematisch vernichten und brandstiftend durch Europa und die Welt ziehen zu wollen. Ich finde das beschämend!
Ich finde es auch schwach von einzelnen Presseorganen und politisch motivierten Kreisen uns in der Bundeswehr insgesamt immer wieder in ein solches Licht zu stellen, wenn es denn nur den eigenen fraglichen Motivationen genüge tut.
Aber bei genauerem Nachdenken bin ich auch stolz, in einer Armee zu dienen, die die Werte eines Staates verteidigt, der genau dieses ermöglicht. Pressefreiheit und Meinungsfreiheit des Einzelnen sind zwei der elementaren Grundpfeiler unseres freiheitlich demokratischen Staates – unserer offenen, toleranten Gesellschaft. Wir sehen aktuell, wie es in anderen Ländern der Welt, auch in Europa und sogar in NATO-Staaten, um diese Themen bestellt ist.
Die Bundeswehr wirbt übrigens derzeit in einer sehr aufwändigen Kampagne unter anderem mit dem Slogan: „Wir kämpfen auch dafür, dass du gegen uns sein kannst.“
Das finde ich absolut treffend und gut. Und es suggeriert Souveränität im Umgang mit anderen Meinungen. Mit einem stolzen Blick auf die Verdienste der Bundeswehr der letzten 61 Jahre, auf die jahrzehntelangen Leistungen der überwältigenden Mehrheit ihrer Soldaten, würde ich mir daher auch eine viel gelassenere und mutigere Bearbeitung der aktuellen Vorfälle wünschen.
Auf die kurz vor einer Bundestagswahl natürlich rein politisch motivierte Frage – mit dem Ziel, die Verteidigungsministerin unter Beschuss zu nehmen – , ob es noch mehr solche Figuren wie den besagten Oberleutnant A. in der Truppe gebe – hätte man souverän antworten können: „Möglich, das werden wir genau und gründlich prüfen.“ Damit wäre in meinen Augen weniger Verunsicherung in der Truppe entstanden, als durch die extrem kurzfristige und inhaltlich nicht klar geregelte Suche nach Wehrmachtsdevotionalien, aus der man höchstens den Eindruck einer verschreckten und nicht im Vertrauen auf die Truppe ruhenden Führung ableiten müsste.
Natürlich gibt es Menschen wie Oberleutnant A, die es leider in die Truppe schaffen und dort viel zu lange nicht auffallen. Und leider gibt es auch Vorgesetzte, die ihrer Verantwortung aus welchen Gründen auch immer manchmal nicht gerecht werden und so die vorhandenen Mechanismen und Regelwerke – wie in diesem Falle zum Beispiel den MAD – nicht nutzen. Aber das ist die absolute Ausnahme in einer Truppe von fast 180.000 Menschen. Menschen im Übrigen wie Sie und Ihr Nachbar – und ich. Denn die Truppe ist – und so soll es auch sein – ein Spiegelbild der Gesellschaft. Die Bundeswehr wurde genau mit dieser Idee des Staatsbürgers in Uniform gegründet.
Eines Staatsbürgers, der den freiheitlich demokratischen Staat, in dem wir leben, verteidigt, gerade weil er dessen Werte und Traditionen schätzt.
Auf diesen Ideen fußte auch die Idee der Wehrpflicht, die eine möglichst große Transparenz und Erfahrung mit der Funktionsweise, den Abläufen und den Aufträgen der Bundeswehr für möglichst viele Bürger erreichen sollte. Ich persönlich empfehle daher auch die Wehrpflicht – oder alternativ verpflichtende soziale Aufgaben – dringend wieder einzuführen – selbstverständlich auch für Frauen. Unsere Landes- und Bündnisverteidigung beginnt nicht bei der Bundeswehr und im Fernsehen. Sie betrifft alle Bürger, die von diesem Schutz und der Sicherung unserer Werte und Interessen profitieren wollen. Dieser Schutz ist nicht per se gegeben. Das haben die Ereignisse der letzten Monate, in denen unsere Nachbarn und wir selbst Opfer von terroristischen Angriffen geworden sind, klar vor Augen geführt. Deshalb sollte sich jeder Bürger für die Verteidigung und Wahrung unserer Werte und Traditionen engagieren – sei es auch nur für eine begrenzte Zeit, die aber dann auf jeden Fall Verständnis weckt für diejenigen, die diese wichtige und unverzichtbare Aufgabe zum Wohle aller zu ihrem Beruf gemacht haben.
Ich könnte mir in diesem Zusammenhang auch einen Bundestag der Zukunft vorstellen, überwiegend besetzt mit Mitgliedern, die in der Bundeswehr in irgendeiner Form gedient haben und die somit die Verhältnisse und Vorgänge der Bundeswehr aus eigener Erfahrung kennen. So könnten sie noch fundiertere Entscheidungen treffen, sei es im Hinblick auf die mittlerweile weltweiten Einsätze oder die sehr komplizierten Zusammenhänge bei der Ausrüstungsbeschaffung.
Dann wäre auch allen ganz klar, dass wir eben nicht einfach nur eine Firma in Konkurrenz zu anderen sind. Die Verteidigung unseres Landes ist kein Job wie jeder andere. Ich kenne beispielsweise keine Firmen, die von ihren Mitarbeitern per Eid erwarten, dass diese bereit sind im Extremfall ihr Leben für die Sicherung der Firmenphilosophie zu geben. Oder zum Schutz anderer Mitarbeiter. Und besser noch besonders zum Schutz der Geschäftsführung. Darüber hinaus sind wir in einem weiteren Aspekt absolut nicht vergleichbar, den man sich in einer öffentlichen oder politischen Debatte auch nicht wirklich traut anzusprechen. Von uns Soldaten wird erwartet, dass wir höchst professionell in der Verteidigung unserer Gesellschaft sind und im Extremfall bereit sein müssen dafür auch andere Menschen zu töten.
Um dieses sicherzustellen, steckt die Bundesregierung jedes Jahr Milliarden von Euro in die Ausbildung und die Ausrüstung unserer Männer und Frauen. Sicher – zuallererst in der Hoffnung, dass die bloße Androhung, dass wir unsere Aufgabe exzellent beherrschen, schon ausreicht, die tatsächliche Ausführung zu vermeiden. Wir schicken unsere Mitarbeiter aber inzwischen zur Verteidigung der Demokratie auch in Länder wie Afghanistan, den Irak oder Mali, in denen es leider nicht mehr nur mit dem professionellen Eindruck getan ist. Dort sollen und müssen sie sich – wenn es denn gar nicht mehr anders geht – auch aktiv mit der Waffe durchsetzen können, weil sonst ihr eigenes Leben in Gefahr gerät. Dort gibt es Menschen, die exakt nur darauf aus sind unsere Mitarbeiter töten zu wollen.
Spätestens wenn man sich dieses vor Augen führt, wird klar, dass wir keine Firma sind. Und es wird auch klar, dass wir unter diesen widrigen Voraussetzungen im Vergleich niemals der attraktivste Arbeitgeber sein können. Es wird aber auch klar, dass wir auf keinen Fall nur Mitarbeiter haben wollen, die genau nur diese Aspekte attraktiv finden. Denn dann sind wir sehr schnell bei einer Söldner-Armee. Söldner, die nur für das Geld kämpfen – und eben nicht für ihre Mitbürger, nicht für ihre Werte und auch nicht für ihre Traditionen.
Nein, wir wollen den Staatsbürger in Uniform. Der gut verankert in unserer Gesellschaft ist und deren Werte und Traditionen schätzt und, wenn nötig, mit seinem Leben verteidigt.
Traditionen beruhen auf selbstbestimmten, ausgewählten Werten. Es ist somit richtig sie immer wieder zu prüfen und zu hinterfragen, ob sie noch zu unserer Gesellschaft passen. Das hat unsere Ministerin nun im Lichte der Geschehnisse der letzten Wochen veranlasst. Sie hat angewiesen, den Traditionserlass von 1982 zu überarbeiten. Das halte ich auch für dringend geboten. Was unsere Gesellschaft und unser Land an Veränderungen seit 1982 erlebt hat, ist schließlich eine Menge. Aus dem kalten Krieg mit permanenter nuklearer Bedrohung, in eine Wiedervereinigung mit gleichzeitigem Zerfall der Sowjetunion und dem vermeintlichen Wegfall des Feindes. Mit der Bundeswehr aus der starren Verteidigung der Landesgrenzen ohne nennenswerte Einsätze hin zu einer Armee, die weltweit im Einsatz ist.
Um so weiter wir heute unsere Soldaten wegschicken, um so länger sie weg sind und um so gefährlicher der Auftrag ist, um so wichtiger ist es ihnen Ankerpunkte mitgeben zu können. Damit sie sich auch zu jeder Zeit bewusst sind, wofür sie das alles tun und ihr Leben riskieren.
Und für solche Zeiten und Situationen sind Traditionen manchmal unerlässlich oder zumindest sehr hilfreich.
Wir dienen hier in Wittmund zum Beispiel in einem Jagdgeschwader. Auch wenn wir mittlerweile mit dem Begriff „Taktisches Luftwaffengeschwader“ eine etwas sperrige Bezeichnung dafür gefunden haben, so fliegen wir immer noch Jagdflugzeuge. In einer hoffentlich nie eintretenden, kriegerischen Auseinandersetzung mit uns nicht wohlgesonnenen Menschen wäre auch heute unser Auftrag, andere Jagdflugzeuge als letztes Mittel der Wahl abzuschießen, es dabei selber zu überleben und dieses so lange durchzuführen, bis die andere Seite besiegt wurde. In solchen ultimativen Grenzerfahrungen ist es wertvoll, sich daran erinnern oder einen Halt darin finden zu können, dass andere Menschen so etwas schon bestanden haben.
Und dass manche es nicht einfach nur bestanden haben, sondern ihre Aufgabe in fliegerisch vorbildlichster Art und Weise getan haben. Solche Menschen können dann Vorbilder sein, an denen man sich ausrichtet und eventuell ihre Herangehensweise, oder ihre Einstellung kopiert. Diese Persönlichkeiten können vielleicht sogar einem selber helfen, motivierter und damit noch besser zu werden, um länger überleben zu können und um dem Auftrag noch gerechter zu werden.
So eine Persönlichkeit war Manfred von Richthofen.
Er hat keine Symphonien oder Gedichte geschrieben. Er hat keine Baudenkmäler oder Kulturstätten errichtet. Er hat keine Kunstwerke von übernatürlicher Schönheit erschaffen. Er war lediglich der beste Jagdflieger seiner Zeit, den selbst seine Gegner bewunderten. Er war so gut, so professionell, so ansteckend motivierend, dass er in Kürze selber zur Legende wurde. Er und das Image, das mit seinem Namen verbunden ist, ist sein Lebenswerk.
Natürlich muss man heute die Gesamtleistung und den Menschen selber auch kritisch analysieren und sich dabei nicht von Mythen und Legenden blenden lassen. Aber man muss auch fair dabei bleiben und den Kontext der Zeit damals nicht aus dem Auge verlieren – ein brutaler, insgesamt menschenverachtender Weltkrieg, in dem Richthofen nur 25 Jahre alt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war er der erste Geschwader-Kommodore. Er hat Taktiken und Verfahren entwickelt, die bis heute gelten. Und trotz heutiger rückblickender Kritik an seiner Person wurde er damals sogar von seinen ärgsten Feinden respektiert und geehrt. Wenn man heute irgendjemanden irgendwo auf der Welt fragt, wer der beste Jagdflieger aller Zeiten ist, dann verspreche ich die 100% Antwort: der rote Baron. Manfred von Richthofen.
Das betrachte ich auch aus heutiger Sicht als eine Leistung, die wir als Soldaten der Bundeswehr ruhig in dem Kanon unserer Traditionen belassen können.
Lassen Sie uns aber auch mit Stolz auf uns selber blicken. Das, wofür der Name Richthofen seit 61 Jahren in der Bundeswehr mit diesem Geschwader steht – die hervorragenden Leistungen, die die Soldatinnen und Soldaten und zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in diesem Geschwader dienten, erbracht haben – bilden schon längst selber eine tadellose und herausragende Tradition. Wir Richthofener haben uns über sechs Jahrzehnte das Vertrauen unserer Demokratie erarbeitet und es verdient.
Wir müssen uns also ganz sicher nicht von etwas distanzieren, neben dem wir niemals standen.
Lassen Sie uns deshalb alle täglich weiter daran arbeiten und dafür sorgen, dass man sich auch in Zukunft auf den Schutz eines Richthofen-Geschwaders – ganz in der Tradition seines Gründers – verlassen kann.
(Die Kommentare zu diesem Eintrag stehen auf moderiert.)
(Archivbild 23. April 1917: Jagdstaffel I, Jagdstaffel 11, Manfred v. Richthofen – Abgebildete Personen: Richthofen (in der Albatros D.III). Von links nach rechts, stehend: unbekannt (möglicherweise Leutnant Karl Allmenroeder); Hans Hintsch; Vizfeldwebel Sebastian Festner; Leutnant Karl Emil Schaefer; Oberleutnant Kurt Wolff; Georg Simon; Leutnant Otto Brauneck. Sitzend: Esser; Krefft; Leutnant Lothar von Richthofen – Bundesarchiv Bild 183-2004-0430-501 unter CC-BY-SA 3.0)
Dass wir unsere Tradition im militärischen Untergang finden ist schon bezeichnend für vieles. Erklärt evtl auch das Kaputtreformieren der Bundeswehr. Selbst das Wort Kaputt ist in andere Sprachen tradiert und hat eine internationale Sonderbedeutung, da es aus dem Deutschen in viele andere Sprachen eingesickert ist.
Warum nur hängt die Bundeswehr so an diesen Untergehern?
Oder einmal anders gefragt: Warum ehrt sie nicht die historischen Sieger? Da sind zum Beispiel die Freiheitskämpfer von 1848/49, da sind Hecker und Becker, Willich und Dortu. Und Wilhelm Rüstow, der später Garibaldis Generalstab führte. Und Franz Sigel, den in Manhattan ein riesiges Reiterstandbild feiert. Denn er kämpfte nicht nur in Deutschland für die Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk, sondern auch unter Lincoln im Amerikanischen Bürgerkrieg. (Die Zeit)
…..aber wer braucht schon Heilige. Eine bessere Bildung und Fokussierung auf diesen Teil der deutschen Geschichte wäre sehr gut für unseren Geist.
Die Tradition mit der Tradition….
Das ganze Thema ist so aufgeladen und wird meiner Ansicht nach viel zu emotional diskutiert – vor allem im Bezug auf Menschen.
Mal meine Gedanken dazu
1.) Was momentan in der Bundeswehr abläuft hat mit logischem Denken wenig zu tun. Es geht um Empfindsamkeiten und Wahlkampf
2.) Menschen eignen sich nicht (niemals, keiner, wirklich NIEMAND) als ganzheitliches Vorbild. Man kann jemanden wegen einer Sache, meinetwegen auch zwei als Vorbild nehmen. Aber jemanden idealisieren und als ganzheitliches Vorbild bezeichnen funktioniert nicht. Dafür ist der Mensch zu schlecht. Bei jedem lässt sich was finden was seine Vorbildhaftigkeit in dem einen Bereich aufhebt. (Beispiele dafür gibt es zu Hauf. Siehe begnadete Fußballspieler die es andererseits mit ihrer Steuererklärung nicht so genau nehmen, US-Präsidenten die fremd gehen, Luftkampfasse des 1. Weltkriegs die zum Kriegsverbrecher werden usw. usf.)
3.) Vorbilder sind das eine – Heldenverehrung das andere. Das ist ein schmaler Grad und viel zu oft stehen Leute da auf der anderen Seite
4.) Ich war schon bei etlichen Treffen aktiver und auch ehemaliger Soldaten. Und spätestens nach 1-2 Flaschen Bier wurde da so häufige der deutsche Waffenstolz zelebriert das man merkt: die kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte hat noch nicht jeden erreicht. Da wird einem dann Otto Skorzeny um die Ohren gehauen, zusammen mit Michael Wittmann, Werner Mölders, Rommels Erwin und Paul Hausser…völlig unkritisch alle direkt nebeneinander gestellt als Beispiele der Leistungsfähigkeit des deutschen Landsers. Spätestens da merkt man: hier muss noch etliches gemacht werden.
5.) Die Bundeswehr muss es schlicht und ergreifend schaffen sich selbst zu begreifen. Berufsethos, Stolz auf eigene Leistung und dergleichen ja…aber warum muss dafür immer der Opa und dessen Opa herhalten? Solange wie das nicht klappt ist es mit der Identität des deutschen Soldaten nicht weit her…dann leben wir in der Vergangenheit ohne Chance auf eine sinnvolle Zukunft
Ich möchte nochmal zwei Gedankengänge zum sehr allgemeinen und breit gefächerten Thema Bundeswehr und Militärgeschichte hier posten, die mir seit gestern im Kopf herumspuken.
1.) Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß die oberste militärische Führung auf Druck der politischen Führung des Ministeriums hier Beihilfe zum ersten Schritt der Tabuisierung des gesamten Themas Militärgeschichte an sich leistet. Mir drängt sich die Frage auf, ob der Staat durch dieses „Verschweigen“ nicht das Thema an sich preisgibt und damit genau jenen Kräften Raum gibt, die diese Frage eben nicht im Sinne der FDGO untersuchen wollen, sondern diese zur Erlangung der „Deutungshoheit“ und zur Publikmachung ihrer revisionistisch-nationalistischen Propaganda auszunutzen gedenken.
Ein unrühmliches Beispiel für so eine Preisgabe eines Themenfeldes ist das Schweigen des politischen Berlin zu Fragen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik (jenseits von nichtssagenden und sinnentleerten politisch-korrekten Floskeln), wodurch die öffentliche Wahrnehmung durch die lautstarken Äußerungen der anti-westlichen und anti-militärischen Kreise von linken äußeren Rand zu einem großen Teil bestimmt wird. Oder nehmen Sie die Kampagne für Zivilklauseln an deutschen Unis, wo eine kleine Gruppe höchst erfolgreich dafür agiert und agitiert, eben weil ihr niemand entgegentritt. Oder der von links gesteuerte „Widerstand“ gegen den Besuch von Jugendoffizieren der Bundeswehr in deutschen Schulen … Wenn man Themenfelder aus Angst vor politischen (und persönlichen) Konsequenzen preisgibt, dann darf man sich weder wundern noch beschweren, wenn andere (zum Teil anti-demokratische) Kräfte diese besetzen und für ihre Zwecke nutzen.
2.) Daraus folgt Punkt 2. Verbote und Tabus mögen sich einfach aussprechen lassen, aber wir alle wissen doch um den Reiz des Verbotenen. Wer jungen Menschen auf Sinnsuche nichts anzubieten hat als politisch-korrekte Phrasen und abstrakte und der alltäglichen Realität komplett entrückte „Vorbilder“, der muß sich nicht wundern wenn sich diese jungen Menschen woanders nach Leitlinien umsehen und sie möglicherweise genau dort finden, wo nur Rattenfänger und Agitatoren am Werke sind.
Die Frage ist doch eine gab andere!
Impliziert das Motto der Einladung zur Veranstaltung „100 Jahre vom Jagdgeschwader 1 zum Taktischen Luftwaffengeschwader 71 Richthofen“ eine direkte Verbindung des Taktischen Luftwaffengeschwader 71 Richthofen zu den ehemaligen Richthofen-Geschwadern der Kaiserzeit sowie des Dritten Reiches und damit eine ungebrochene Traditionslinie unserer Luftwaffe zur Wehrmacht?
Ist der Befehl rechtmäßig und verbindlich?
Darf ein Stabsoffizier in Funktion seinen Vorgesetzten öffentlich zitieren und kritisieren?
Wenn das Tradition wird, dann wünsche ich mir die gleichen offenen Worte der sog -Lehmschicht- zum Thema Einsatzbereitschaft und Mat/Pers Ausstattung, denn da schweigen sie alle.
In jedem Fall ist die Lw Führung gerade dabei unsere Traditionen zu begraben.
Die Luftwaffe zeigt ihre Kompetenz vornehmlich in der dritten Dimension, doch General Müllner formuliert es anlässlich des Spatenstiches (OSLw Roth) treffend: „Wer gen Himmel strebt, muss zuerst in die Tiefe graben!“
@Zimdarsen | 06. Juli 2017 – 16:18
„In jedem Fall ist die Lw Führung gerade dabei unsere Traditionen zu begraben.“
In der Tag :(
Sosehr ich starke (!) Traditionslinien von vor 1955 für notwendig und wichtig halte, so erschüttert bin ich von den Standortentscheidungen in den letzten Jahren.
Wie man ernsthaft die OSLw nach ROTH verlegen kann und damit den Tod eines der (Wieder)-Geburtsorte der Lw nach ’45 verursachen kann verstehe ich nicht…
Daran erkennt man doch, dass für politische Leitung und militärische Führung (aller TSK) Tradition häufig nur ein lästiges Lippenbekenntnis ist :(
*Tat
Die Traditionsdebatte in der BW scheint weiterhin nicht enden zu wollen, zum Leidwesen unseres Hausherren. Denn hat hat sich mit Hauptmann der Reserve Wencke Sarrach sich in der Welt die Ministerin vorgeknöpft und fordert von der Kanzlerin „Frau Merkel, geben Sie der BW ihre Würde wieder“, was ich nur als Aufforderung zur Entlassung der Ministerin verstehen kann.
Sie wirft der Ministerin vor, keinen Charakter und keine Menschlichkeit zu haben und daß dann Kitas und Umstandsmode nicht hilft, wenn man dies nicht hat und daß ihr Umfeld ungedient ist, die Truppe nicht kennt und deshalb den Korpsgeist nicht versteht, der durch Kameradschaft entsteht.
Sehr schön auch der Satz, was kommt als nächstes, die öffentliche Verbrennung des Liederbuches der BW?
Oder ihr Vorwurf, Angst regiert die Truppe, Angst negativ aufzufallen.
Jetzt auch noch von einer Frau zerrissen zu werden, als erste Verteidigungsministerin, kann man nur als technischen K.O. der Ministerin bewerten, daß selbst dort ihre Kitas und ihre Umstandsmode nicht (mehr) ankommt.
Auf jeden Fall ist das Thema ein steter Unruheherd und droht so langsam auf den CDU/CSU-Wahlkampf abzufärben. Ich glaube, die Ministerin hat sicher nicht damit gerechnet, dass sie so massiv und so beständig Gegenwind bekommt… Nun muss sie aufpassen, Merkels „vollstes Vertrauen“ hat sie ja schon… ;-)
@closius | 06. Juli 2017 – 22:10
Oder ihr Vorwurf, Angst regiert die Truppe, Angst negativ aufzufallen.
Es ist nicht nur diese Angst. Es kommt eine Angst hinzu, die die Autorin im Folgeabsatz aufgreift:
Im Artikel wird zitiert: „Der preußische Gehorsam ist der einer freien Entscheidung, nicht der einer unterwürfigen Dienstwilligkeit.“ (Portalspruch der Hauptkadettenanstalt Berlin-Lichterfelde).
Nie wieder dürfen unsere braven und tapferen Frauen und Männer auf irgendeinem Schlachtfeld dieser Welt politischen Zwecken geopfert, dürfen diese mißbraucht und/oder verheizt werden, weil charakterschwache Vorgesetzte sich nicht trauen angemessen zu beraten oder eben auch nein im richtigen und passenden Moment zu sagen.
Nicht zuletzt wies Helmut Schmidt in seiner Gelöbnisrede darauf hin.
Und so wird Geschichte, wird Tradition eben zum Gradmesser für die Frauen und Männer, die geführt werden – ob sie nun selbst Vorgesetzte sind oder nicht.
Jetzt auch noch von einer Frau zerrissen zu werden, als erste Verteidigungsministerin, kann man nur als technischen K.O. der Ministerin bewerten, daß selbst dort ihre Kitas und ihre Umstandsmode nicht (mehr) ankommt.
Mit Verlaub, aber das ist von Ihnen zu kurz gesprungen. Selbstverständlich sind unsere Frauen (die mit und die ohne Uniform) grundätzlich an funktionierenden Streitkräften interessiert, die ihren Auftrag erfüllen können und wollen. Und funktioniert etwas nicht, dann äußern sie eben Kritik.
Lesetip: „Frauen in der Bundeswehr – Man kann nicht Everybody’s Darling sein“ (sehr lesenswertes Interview von Friederike Schröter mit -mittlerweile, wenn ich mich nicht falsch erinnere Oberstveterinär, seinerzeit OFVet Dr. Katalyn Roßmann) auf Zeit online 20. März 2014, online auffindbar.
Zurück zur Autorin des offenen Briefes: Sie bekennt sich „als liberal-konservativ denkender Mensch“. Als solcher wird man -ganz sicher nicht von der Ministerin persönlich, aber z. B. medial, vom Zeitgeist,…- zunehmend in eine Ecke gestellt -neben die christlich konservativen und anderen- aus der die Dämonen des Ewiggestrigen die Weltmacht anstreben…sorry für die Überzeichnung…sachlich: Es wird diesen Menschen nicht (mehr) zugetraut modern und zeitgemäß zu führen, interkulturell und interrelligiös kompetent zu führen; Diversity sei mit diesen Menschen nicht zu machen. Und das stimmt eben einfach nicht.
Dennoch weiß jeder dieser Menschen, was die Stunde geschlagen hat: Ein Anruf bei der Hotline 0800/von der Leyen -zitiere ich, war hier schon formuliert- und der Tanz beginnt.
Man darf nicht jammern und ich sage klar: Diversity, Workshop sexuelle Vielfalt, gemeinsam die Führungskultur zu entwickeln auf allen Ebenen, Kitas, Umstandsmode -Stichwort Teilhabe über gemeinsame Uniform- FKK; das waren die richtigen Ideen und Ansätze.
Geendet hat es vorläufig in Briefen wie „vom Kommandierenden General der Luftwaffe“ (Zitat), in den Zuständen wie im Brief von Hauptmann der Reserve Wencke Sarrach benannt, in Hohn und Spott für den GI -was diesem an sich verdienten Mann ganz sicher nicht gerecht wird- und so weiter.
Ich schließe mit diesem Zitat aus dem offenen Brief: „Als mündiger Staatsbürger in Uniform ist es seine Pflicht, selber zu denken und nicht blind zu folgen. Die Bundeswehr kennt keinen unbedingten Gehorsam.“
Das zu leben ist unsere Verpflichtung gegenüber unseren aus allen Teilen und in allen Facetten des Deutschen Volkes anvertrauten Frauen und Männern, gegenüber der Geschichte aber auch gegenüber der IBuK.
Ein deutscher Soldat muss denken können! Es ist dabei egal, ob dies moral-ethische, militär-fachliche oder eben auch geschichtliche Fragen verlangen.