Bundeswehr und Tradition: Zum Beispiel Richthofen
Eigentlich hatte ich gehofft, die Debatte über die Bundeswehr und ihre Traditionspflege käme – nach zig Einträgen und Tausenden von Kommentaren allein hier im Blog – langsam ein wenig zur Ruhe. Dennoch scheint ein weiterer Eintrag nötig: Die Rede, die der stellvertretende Kommodore des Taktischen Luftwaffengeschwaders 71 Richthofen, Oberstleutnant Gero Finke, am vergangenen Wochenende beim Richthofentreffen in Wittmund gehalten hat, dürfte die Diskussion erneut anfachen.
Finkes Rede wurde bereits von der Lokalpresse aufgegriffen, und damit ist es ohnehin nur eine Frage der Zeit, bis sie weitere Kreise zieht. Deshalb dokumentiere ich sie hier (weitgehend) im Wortlaut:
Traditionen pflegen wir auch mit diesem alljährlichen Richthofentreffen.
Unser Namensgeber, Manfred Freiherr von Richthofen, starb am 21. April 1918. Ein Jahr zuvor – am 26. Juni 1917 – gründete er das erste Deutsche Jagdgeschwader, das folgerichtig den Namen JG 1 erhielt. Mit der Einsatztaktik, mehrere Jagdstaffeln zu einem großen Verband, sprich einem Geschwader, zusammenzuführen, um lokal schnell eine deutliche Luftüberlegenheit herzustellen, schlug Richthofen wie häufig zuvor neue und zukunftsweisende Wege ein, die sich bis heute in den Organisationsstrukturen aller Luftwaffen so weltweit wiederfinden.
Die Traditionsgemeinschaft Richthofen zusammen mit mir hat daher dieses fast genau auf den heutigen Tag 100jährige Jubiläum zum Anlass genommen, es als Motto unseres heutigen Richthofentreffens zu wählen. Darum steht auf der Einladungskarte, die Sie vor einigen Monaten erhalten haben: „100 Jahre vom JG 1 zum Taktischen Luftwaffengeschwader 71 Richthofen.“
Was einige Wochen nach dem Versand der Einladungen dann folgte, konnte ich nicht vorhersehen und es machte mich sprachlos.
Die Vorgänge um einen rechtsradikalen Oberleutnant A. waren aufgedeckt worden und beschäftigen seitdem die Bundeswehr und die Öffentlichkeit im Allgemeinen. Seitdem steht das Thema Traditionen in der Bundeswehr und der Umgang mit ihnen im Focus. Es ist folglich für uns in der Truppe ein stark beherrschendes Thema. Daher ist es mir nicht nur ein persönliches Anliegen, zu diesem Themenkomplex im Rahmen dieses ausgesprochen traditionsbewussten Richthofentreffens ein paar Worte zu sagen. Nein, zeitgleich mit der kurzfristigst befohlenen bundeswehrweiten Suche nach Wehrmachtsdevotionalien im Rahmen der Aufarbeitung der Vorgänge um Oberleutnant A. bekam ich einen Brief vom Kommandierenden General der Luftwaffe.
Ich zitiere auszugsweise:
„In Ihrer Einladung stellen Sie die diesjährige Veranstaltung auch unter das Motto „100 Jahre vom Jagdgeschwader 1 zum Taktischen Luftwaffengeschwader 71 Richthofen“. Durch diesen missverständlichen Titel wird eine direkte Verbindung des Taktischen Luftwaffengeschwader 71 Richthofen zu den ehemaligen Richthofen-Geschwadern der Kaiserzeit sowie des Dritten Reiches hergestellt und damit eine ungebrochene Traditionslinie unserer Luftwaffe zur Wehrmacht impliziert.
Dies widerspricht dem Traditionsverständnis der Bundeswehr und damit auch der Luftwaffe. Ich weise Sie an, während der Veranstaltung das gewählte Motto in Bezug auf das vorgenannte Traditionsverständnis richtigzustellen und keinen Zweifel an der kritischen Auseinandersetzung der Luftwaffe mit der Geschichte zu belassen. Ich erwarte diesbezüglich eine eindeutige Klarstellung.“
Zitat Ende
Ich frage mich nun: Wie konnte das passieren? Was hat dazu geführt, dass es eine solche Anweisung geben muss? Wieso stehen ich, die Traditionsgemeinschaft Richthofen und möglicherweise das Geschwader insgesamt in einem Verdacht, die Gräueltaten eines menschenverachtenden, mörderischen Regimes eventuell zu befürworten oder wertzuschätzen? Wieso müssen wir uns von etwas distanzieren, neben dem wir selbstverständlich niemals gestanden haben?
Die kürzeste Erklärung, die ich auch im Rahmen meiner diversen Diskussionen im Kreise der Soldaten zu dieser Anweisung hörte, könnte lauten: wir befinden uns kurz vor einer Bundestagswahl. Damit wäre schon alles zusammengefasst. Die unsäglichen, inakzeptablen Vorgänge um einen Oberleutnant A. und seine Kumpanen, die sich als rechtsradikale Spinner mit staatsgefährdenden Straftaten im Hinterkopf herausstellen, haben so, kurz vor den Wahlen, zu einem Absicherungsaktionismus geführt, der in den heute zu beobachtenden Ausprägungen und Befehlen gipfelte.
Diese Antwort ist sicherlich in Teilen richtig, in meinen Augen aber deutlich zu kurz gegriffen.
Es werden derzeit immer noch Geschichte und Tradition vermischt und verwechselt. Es werden Anschuldigungen und Generalverdachte ausgesprochen – oder unabsichtlich impliziert – , die unhaltbar sind und das innere Gefüge der Truppe schwer belasten. Es werden Bilder ab und wieder aufgehängt. Stuben werden ohne Verdachtsmomente durchsucht.
Der hektische Aktionismus der letzten Tage und Wochen wird der Bedeutung und Wichtigkeit dieses Themas nicht gerecht und beweist keinen souveränen Umgang mit einem für eine Armee – und besonders unsere Deutsche Bundeswehr – so wichtigen Thema. Eine Armee, die auch 61 Jahre nach ihrer Gründung offensichtlich immer noch nicht in sich selbst ruhen kann und darf, sondern bei der kleinsten Störung ihrer verdienten, tiefen gesellschaftlichen und staatsbürgerlichen Verankerung in den Verdacht gerät, den Staat stürzen, Menschen anderer Religionen oder Überzeugungen systematisch vernichten und brandstiftend durch Europa und die Welt ziehen zu wollen. Ich finde das beschämend!
Ich finde es auch schwach von einzelnen Presseorganen und politisch motivierten Kreisen uns in der Bundeswehr insgesamt immer wieder in ein solches Licht zu stellen, wenn es denn nur den eigenen fraglichen Motivationen genüge tut.
Aber bei genauerem Nachdenken bin ich auch stolz, in einer Armee zu dienen, die die Werte eines Staates verteidigt, der genau dieses ermöglicht. Pressefreiheit und Meinungsfreiheit des Einzelnen sind zwei der elementaren Grundpfeiler unseres freiheitlich demokratischen Staates – unserer offenen, toleranten Gesellschaft. Wir sehen aktuell, wie es in anderen Ländern der Welt, auch in Europa und sogar in NATO-Staaten, um diese Themen bestellt ist.
Die Bundeswehr wirbt übrigens derzeit in einer sehr aufwändigen Kampagne unter anderem mit dem Slogan: „Wir kämpfen auch dafür, dass du gegen uns sein kannst.“
Das finde ich absolut treffend und gut. Und es suggeriert Souveränität im Umgang mit anderen Meinungen. Mit einem stolzen Blick auf die Verdienste der Bundeswehr der letzten 61 Jahre, auf die jahrzehntelangen Leistungen der überwältigenden Mehrheit ihrer Soldaten, würde ich mir daher auch eine viel gelassenere und mutigere Bearbeitung der aktuellen Vorfälle wünschen.
Auf die kurz vor einer Bundestagswahl natürlich rein politisch motivierte Frage – mit dem Ziel, die Verteidigungsministerin unter Beschuss zu nehmen – , ob es noch mehr solche Figuren wie den besagten Oberleutnant A. in der Truppe gebe – hätte man souverän antworten können: „Möglich, das werden wir genau und gründlich prüfen.“ Damit wäre in meinen Augen weniger Verunsicherung in der Truppe entstanden, als durch die extrem kurzfristige und inhaltlich nicht klar geregelte Suche nach Wehrmachtsdevotionalien, aus der man höchstens den Eindruck einer verschreckten und nicht im Vertrauen auf die Truppe ruhenden Führung ableiten müsste.
Natürlich gibt es Menschen wie Oberleutnant A, die es leider in die Truppe schaffen und dort viel zu lange nicht auffallen. Und leider gibt es auch Vorgesetzte, die ihrer Verantwortung aus welchen Gründen auch immer manchmal nicht gerecht werden und so die vorhandenen Mechanismen und Regelwerke – wie in diesem Falle zum Beispiel den MAD – nicht nutzen. Aber das ist die absolute Ausnahme in einer Truppe von fast 180.000 Menschen. Menschen im Übrigen wie Sie und Ihr Nachbar – und ich. Denn die Truppe ist – und so soll es auch sein – ein Spiegelbild der Gesellschaft. Die Bundeswehr wurde genau mit dieser Idee des Staatsbürgers in Uniform gegründet.
Eines Staatsbürgers, der den freiheitlich demokratischen Staat, in dem wir leben, verteidigt, gerade weil er dessen Werte und Traditionen schätzt.
Auf diesen Ideen fußte auch die Idee der Wehrpflicht, die eine möglichst große Transparenz und Erfahrung mit der Funktionsweise, den Abläufen und den Aufträgen der Bundeswehr für möglichst viele Bürger erreichen sollte. Ich persönlich empfehle daher auch die Wehrpflicht – oder alternativ verpflichtende soziale Aufgaben – dringend wieder einzuführen – selbstverständlich auch für Frauen. Unsere Landes- und Bündnisverteidigung beginnt nicht bei der Bundeswehr und im Fernsehen. Sie betrifft alle Bürger, die von diesem Schutz und der Sicherung unserer Werte und Interessen profitieren wollen. Dieser Schutz ist nicht per se gegeben. Das haben die Ereignisse der letzten Monate, in denen unsere Nachbarn und wir selbst Opfer von terroristischen Angriffen geworden sind, klar vor Augen geführt. Deshalb sollte sich jeder Bürger für die Verteidigung und Wahrung unserer Werte und Traditionen engagieren – sei es auch nur für eine begrenzte Zeit, die aber dann auf jeden Fall Verständnis weckt für diejenigen, die diese wichtige und unverzichtbare Aufgabe zum Wohle aller zu ihrem Beruf gemacht haben.
Ich könnte mir in diesem Zusammenhang auch einen Bundestag der Zukunft vorstellen, überwiegend besetzt mit Mitgliedern, die in der Bundeswehr in irgendeiner Form gedient haben und die somit die Verhältnisse und Vorgänge der Bundeswehr aus eigener Erfahrung kennen. So könnten sie noch fundiertere Entscheidungen treffen, sei es im Hinblick auf die mittlerweile weltweiten Einsätze oder die sehr komplizierten Zusammenhänge bei der Ausrüstungsbeschaffung.
Dann wäre auch allen ganz klar, dass wir eben nicht einfach nur eine Firma in Konkurrenz zu anderen sind. Die Verteidigung unseres Landes ist kein Job wie jeder andere. Ich kenne beispielsweise keine Firmen, die von ihren Mitarbeitern per Eid erwarten, dass diese bereit sind im Extremfall ihr Leben für die Sicherung der Firmenphilosophie zu geben. Oder zum Schutz anderer Mitarbeiter. Und besser noch besonders zum Schutz der Geschäftsführung. Darüber hinaus sind wir in einem weiteren Aspekt absolut nicht vergleichbar, den man sich in einer öffentlichen oder politischen Debatte auch nicht wirklich traut anzusprechen. Von uns Soldaten wird erwartet, dass wir höchst professionell in der Verteidigung unserer Gesellschaft sind und im Extremfall bereit sein müssen dafür auch andere Menschen zu töten.
Um dieses sicherzustellen, steckt die Bundesregierung jedes Jahr Milliarden von Euro in die Ausbildung und die Ausrüstung unserer Männer und Frauen. Sicher – zuallererst in der Hoffnung, dass die bloße Androhung, dass wir unsere Aufgabe exzellent beherrschen, schon ausreicht, die tatsächliche Ausführung zu vermeiden. Wir schicken unsere Mitarbeiter aber inzwischen zur Verteidigung der Demokratie auch in Länder wie Afghanistan, den Irak oder Mali, in denen es leider nicht mehr nur mit dem professionellen Eindruck getan ist. Dort sollen und müssen sie sich – wenn es denn gar nicht mehr anders geht – auch aktiv mit der Waffe durchsetzen können, weil sonst ihr eigenes Leben in Gefahr gerät. Dort gibt es Menschen, die exakt nur darauf aus sind unsere Mitarbeiter töten zu wollen.
Spätestens wenn man sich dieses vor Augen führt, wird klar, dass wir keine Firma sind. Und es wird auch klar, dass wir unter diesen widrigen Voraussetzungen im Vergleich niemals der attraktivste Arbeitgeber sein können. Es wird aber auch klar, dass wir auf keinen Fall nur Mitarbeiter haben wollen, die genau nur diese Aspekte attraktiv finden. Denn dann sind wir sehr schnell bei einer Söldner-Armee. Söldner, die nur für das Geld kämpfen – und eben nicht für ihre Mitbürger, nicht für ihre Werte und auch nicht für ihre Traditionen.
Nein, wir wollen den Staatsbürger in Uniform. Der gut verankert in unserer Gesellschaft ist und deren Werte und Traditionen schätzt und, wenn nötig, mit seinem Leben verteidigt.
Traditionen beruhen auf selbstbestimmten, ausgewählten Werten. Es ist somit richtig sie immer wieder zu prüfen und zu hinterfragen, ob sie noch zu unserer Gesellschaft passen. Das hat unsere Ministerin nun im Lichte der Geschehnisse der letzten Wochen veranlasst. Sie hat angewiesen, den Traditionserlass von 1982 zu überarbeiten. Das halte ich auch für dringend geboten. Was unsere Gesellschaft und unser Land an Veränderungen seit 1982 erlebt hat, ist schließlich eine Menge. Aus dem kalten Krieg mit permanenter nuklearer Bedrohung, in eine Wiedervereinigung mit gleichzeitigem Zerfall der Sowjetunion und dem vermeintlichen Wegfall des Feindes. Mit der Bundeswehr aus der starren Verteidigung der Landesgrenzen ohne nennenswerte Einsätze hin zu einer Armee, die weltweit im Einsatz ist.
Um so weiter wir heute unsere Soldaten wegschicken, um so länger sie weg sind und um so gefährlicher der Auftrag ist, um so wichtiger ist es ihnen Ankerpunkte mitgeben zu können. Damit sie sich auch zu jeder Zeit bewusst sind, wofür sie das alles tun und ihr Leben riskieren.
Und für solche Zeiten und Situationen sind Traditionen manchmal unerlässlich oder zumindest sehr hilfreich.
Wir dienen hier in Wittmund zum Beispiel in einem Jagdgeschwader. Auch wenn wir mittlerweile mit dem Begriff „Taktisches Luftwaffengeschwader“ eine etwas sperrige Bezeichnung dafür gefunden haben, so fliegen wir immer noch Jagdflugzeuge. In einer hoffentlich nie eintretenden, kriegerischen Auseinandersetzung mit uns nicht wohlgesonnenen Menschen wäre auch heute unser Auftrag, andere Jagdflugzeuge als letztes Mittel der Wahl abzuschießen, es dabei selber zu überleben und dieses so lange durchzuführen, bis die andere Seite besiegt wurde. In solchen ultimativen Grenzerfahrungen ist es wertvoll, sich daran erinnern oder einen Halt darin finden zu können, dass andere Menschen so etwas schon bestanden haben.
Und dass manche es nicht einfach nur bestanden haben, sondern ihre Aufgabe in fliegerisch vorbildlichster Art und Weise getan haben. Solche Menschen können dann Vorbilder sein, an denen man sich ausrichtet und eventuell ihre Herangehensweise, oder ihre Einstellung kopiert. Diese Persönlichkeiten können vielleicht sogar einem selber helfen, motivierter und damit noch besser zu werden, um länger überleben zu können und um dem Auftrag noch gerechter zu werden.
So eine Persönlichkeit war Manfred von Richthofen.
Er hat keine Symphonien oder Gedichte geschrieben. Er hat keine Baudenkmäler oder Kulturstätten errichtet. Er hat keine Kunstwerke von übernatürlicher Schönheit erschaffen. Er war lediglich der beste Jagdflieger seiner Zeit, den selbst seine Gegner bewunderten. Er war so gut, so professionell, so ansteckend motivierend, dass er in Kürze selber zur Legende wurde. Er und das Image, das mit seinem Namen verbunden ist, ist sein Lebenswerk.
Natürlich muss man heute die Gesamtleistung und den Menschen selber auch kritisch analysieren und sich dabei nicht von Mythen und Legenden blenden lassen. Aber man muss auch fair dabei bleiben und den Kontext der Zeit damals nicht aus dem Auge verlieren – ein brutaler, insgesamt menschenverachtender Weltkrieg, in dem Richthofen nur 25 Jahre alt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war er der erste Geschwader-Kommodore. Er hat Taktiken und Verfahren entwickelt, die bis heute gelten. Und trotz heutiger rückblickender Kritik an seiner Person wurde er damals sogar von seinen ärgsten Feinden respektiert und geehrt. Wenn man heute irgendjemanden irgendwo auf der Welt fragt, wer der beste Jagdflieger aller Zeiten ist, dann verspreche ich die 100% Antwort: der rote Baron. Manfred von Richthofen.
Das betrachte ich auch aus heutiger Sicht als eine Leistung, die wir als Soldaten der Bundeswehr ruhig in dem Kanon unserer Traditionen belassen können.
Lassen Sie uns aber auch mit Stolz auf uns selber blicken. Das, wofür der Name Richthofen seit 61 Jahren in der Bundeswehr mit diesem Geschwader steht – die hervorragenden Leistungen, die die Soldatinnen und Soldaten und zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in diesem Geschwader dienten, erbracht haben – bilden schon längst selber eine tadellose und herausragende Tradition. Wir Richthofener haben uns über sechs Jahrzehnte das Vertrauen unserer Demokratie erarbeitet und es verdient.
Wir müssen uns also ganz sicher nicht von etwas distanzieren, neben dem wir niemals standen.
Lassen Sie uns deshalb alle täglich weiter daran arbeiten und dafür sorgen, dass man sich auch in Zukunft auf den Schutz eines Richthofen-Geschwaders – ganz in der Tradition seines Gründers – verlassen kann.
(Die Kommentare zu diesem Eintrag stehen auf moderiert.)
(Archivbild 23. April 1917: Jagdstaffel I, Jagdstaffel 11, Manfred v. Richthofen – Abgebildete Personen: Richthofen (in der Albatros D.III). Von links nach rechts, stehend: unbekannt (möglicherweise Leutnant Karl Allmenroeder); Hans Hintsch; Vizfeldwebel Sebastian Festner; Leutnant Karl Emil Schaefer; Oberleutnant Kurt Wolff; Georg Simon; Leutnant Otto Brauneck. Sitzend: Esser; Krefft; Leutnant Lothar von Richthofen – Bundesarchiv Bild 183-2004-0430-501 unter CC-BY-SA 3.0)
Ich finde die Rede von OTL Finke eindrucksvoll und angemessen. Auch sein Inspekteur sollte sich glücklich schätzen, dass er einen Kommodore hat, der zu seinen Prinzipien steht und sich darüber hinaus selbst ein Urteil bildet.
Allein die historische Person von Richthofen nur auf ihre Funktion als Namensgeber für ein Luftwaffengeschwader im Nationalsozialismus zu reduzieren, ist, wie Finke richtig schreibt, beschämend. Vor allem bei DIESER Persönlichkeit!
„Legende“: Ja, dort liegt das Problem. Man braucht keine Ikonen, die bekanntlich idealisiert dargestellt werden.
Viele berühmte Personen, selbst humanistische Philosophen mit weitreichenden Lehren, waren ziemliche menschenverachtende Arschlöcher. Als Beispiel möchte ich Luther anführen: „Tötet alle Juden, verbrennt ihre Häuser und Synagogen.“ Hat er das wirklich inhaltlich so gesagt? Ja!
Als ich den Befehl des KG (interessanter Begriff in der Lw ;) ) „Ich weise Sie an, während der Veranstaltung das gewählte Motto in Bezug auf das vorgenannte Traditionsverständnis richtigzustellen und keinen Zweifel an der kritischen Auseinandersetzung der Luftwaffe mit der Geschichte zu belassen.“ las war ich zunächst sprachlos und dann wurde ich aggressiv.
Soviel Absicherungsdenken, soviel Geschichtsvergessenheit und so wenig soldatische Konsequenz bei einem KG machen mich traurig und bringen zugleich meinen Puls nach oben.
Aber dann haben mich die klugen, besonnen und überzeugenden Worte des stellvertretenden Kommodore wieder „runter geholt“. Wenn es auch (wieder einmal) nicht die Generalität ist, die in diesem Fall überzeugt, so argumentiert doch „wenigstens“ ein StOffz öffentlich mutig und gleichzeitig ausgeglichen und sachlich.
Gut gemacht Kamerad, gut gemacht!
Nur der kurze Hinweis, dass man eine historische Person immer im Kontext ihrer Zeit lesen muss: Damit lag Luther so ziemlich konform mit vielen Geistlichen seiner Zeit – die war nämlich das frühe 16. Jahrhundert. Bis zu einem Toleranzedikt bedurfte es da in deutschen Landen noch über weitere 100 Jahre.
Bezogen auf Richthofen bedeutet dies schlicht, dass er nichts dafür konnte, das man seinen Namen zwanzig Jahre später „mißbraucht“ (in Anführungszeichen, weil wir dieses Urteil ebenfalls im 21. Jahrhundert fällen). Das sollte man der Luftwaffenführung evtl. nochmal kurz erklären.
Erstmal vielen Dank an den Hausherren für die Dokumentation dieser guten Rede hier!
Zur Tradition gehört auch, daß ein Jagdgeschwader immer ein Jagdgeschwader bleibt und deshalb gefällt mir die (versteckte) Kritik an dem Sprachmonster Taktisches Luftwaffengeschwader sehr gut. Egal welcher Bürokrat sich dies ausgedacht hat, im Sinne der Tradition sollten die Jagdgeschwader wieder Jagdgeschwader heißen, die Jagdbombergeschwader wieder Jagdbombergeschwader und das Aufklärungsgeschwader wieder Aufklärungsgeschwader! Das Heer erfindet auch keine Sprachmonster, wie taktische mechanisierte Brigade, für seine Panzerbrigaden, nur weil die Panzerbrigaden nicht mehr reinrassig Panzerverbände sind, sondern mittlerweile auch aus Nichtpanzertruppen bestehen.
Aus 100 Jahren Richthofengeschwader schließt niemand auf die Nazi-Zeit, weil doch außerhalb der der Luftwaffe, und hier AG, die meisten Menschen in Deutschland gar nicht wissen, daß drei Traditionsgeschwader der Luftwaffe(von insgesamt 4) auch schon in der Wehrmacht existiert haben.
Und mit Richthofen wird der Rote Baron, sein berühmter roter Dreidecker und der 1. Weltkrieg assoziiert, aber doch nicht die Wehrmacht.
Nur die Frage wär der beste Jagdflieger der Welt war, würde ich nicht zu laut stellen, weil sicherlich viele den Roten Baron nennen würden, aber es wären auch Antworten wie Mölders, Marseille oder Bubi Hartmann möglich.
Und mit der Marseille Kaserne hat die Verteidigungsministerin ja wohl ein Problem….und wenn man auf Luftkampftaktik abstellt, dann kämpfen alle Luftwaffen der Welt noch nach dem Vierfingerschwarm, den Werner Wölders entwickelt hat!
Der Kommandierende General der Luftwaffe scheint noch nichts aus dem Fall Helmut Schmidt und dem abhängen dessen Wehrmachtsbildes gelernt zu haben, denn dies hier ist genauso eine panische Überreaktion, daß Richthofengeschwader in die Nähe der Wehrmacht zu stellen!
Vielmehr zeigt dies mir, daß es der BW besser gehen würde, diese traditionell gesünder wäre, wenn ihre Einheiten sich auf preußisch/kaiserliche Einheiten oder Personen stützen dürften, weil dann wird die Wehrmacht weniger gebraucht.
Und da Luftwaffe, Marine und Infanterie ihre Helden und Idole aus der Kaiserzeit nehmen können, bräuchte nur die Panzertruppe die Wehrmacht für ihre Tradition, wie hier schon an anderer Stelle in vorherigen Threads ausgeführt wurde.
@closius | 04. Juli 2017 – 0:26
„Zur Tradition gehört auch, daß ein Jagdgeschwader immer ein Jagdgeschwader bleibt und deshalb gefällt mir die (versteckte) Kritik an dem Sprachmonster Taktisches Luftwaffengeschwader sehr gut.“
Naja, besonders versteckt ist sie ja nicht gewesen ;)
Dafür aber umso berechtigter!
Der Mitkommentator @Elahan hatte in anderen Faden um 03. Juli 2017 – 19:21 gefragt was man denn tun können um die Bw-eigene Tradition zu stärken.
Die Rückbenennung der Geschwader der Lw zu ihren traditionellen Bezeichnungen wäre sicherlich ein guter Anfang… „Taktischen Luftwaffengeschwader“ was für eine dusselige Bezeichnung :(
Die Rede ist sehr gut und spricht das aus, was viele Soldaten denken. Ich möchte hier nur anmerken, dass die Marine 2013 ‚100 Jahre Marineflieger‘ gefeiert hat. Dazu gab es damals sogar einen grossen Zapfenstreich (18.08.2013., Nordholz). Mir ist nicht bekannt, dass es damals in der Bundeswehr dem Bundesverteidigungsministerium oder der Marine auch nur irgendein Problem mit dem Feiern dieser „ungebrochenen Traditionslinie“ gab. Und das war gut!
Inwiefern hat sich denn Manfred von Richthofen durch sein gesamtes Wirken oder eine herausragende Tat um Freiheit und Recht verdient gemacht? Die Möllers und Wettes dieser Welt werden nicht plötzlich halt machen.
Die Weisung des Generals gibt letztendlich nur das wieder, was Politiker und Militärs im BMVg haben wollen. Das wird eben konsequent und kompromisslos umgesetzt, egal welche absurden Ausmaße das annimmt. Gesunder Menschenverstand zählt nicht.
Eine vorbildliche Rede des stellvertretenden Kommodore dank abgewogener Argumentation die ideologische Denkverbote ignoriert, weil sie im Gegensatz zu unserer Gesellschaftsordnung stehen.
Gut, dass die Bundeswehr immer noch -auch- solche Stabsoffiziere hat.
mil Vorgesetzter
mil Untergebener
Anweisung zu bestimmten Verhalten
schriftlich, mündlich, …
Anspruch auf gehorsam
Der Befehl scheint mir rechtmäßig zu sein.
Inhaltlich bin ich absolut beim Herrn Oberstleutnant, denn er spricht mir aus dem Herz.
Da ich von meinen unterstellten Soldaten auch bei unbeliebten Befehlen Gehorsamkeit erwarten muss (solange ich ich mich im rechtlich zulässigem Rahmen bewege) weiß ich noch nicht wie ich diese Positionierung einordnen kann.
Sehr beeindruckend. Ich hoffe sehr dass die Karriere des Kommodoro auch trotzdem noch viele weitere Jahre anhält.
Als ehemaliges Besatzungsmitglied der Fregatte Karlsruhe, die als fünftes Schiff mit diesem Namen vor wenigen Wochen außer Dienst gestellt wurde, muss man sich jetzt leider auch für immer von diesem Namen verabschieden, da nur zwei Schiffe mit diesem Namen ihre Seemeilen in den Marinen der Bundeswehr abgerissen haben.
Und auch der Wahlspruch der „Karlsuhe“ V, Dem Ruf allzeit verpflichtet, der aus dem internationalen Rufzeichen DRAV abgeleitet wurde, hätte man in diesen Tagen sicherlich auch vom Schiffsblech abkratzen lassen.
Für die Luftwaffe, präziser: die Jagdflieger (die jetzt sicher „taktische Luftwaffengeschwadercockpitangehörige“ heißen) ist es vermutlich schwer, sich auf 60 Jahre Bundeswehr reduzieren zu müssen. Einsatz? Fehlanzeige! Das Bisschen Air Policing dürfte für ein stolzes Trafitionsbewusstsein kaum reichen.
@ALex:
Braucht man Ikonen? Ich behaupte mal, Vorbilder sind durchaus brauchbar und nützlich. Und das von Ihnen gewählte Beispiel Luther zeigt ja, dass man ein Vorbild auch dann feiern kann, wenn es dunkle Seiten hat – die ja auch im „Reformationsjahr“ nicht verheimlicht werden.
Hierzu muss man übrigens nicht idealisieren.
Vielleicht kann man es ja mit militärischen Vorbildern so machen wie mit Luther?
Meinen Respekt einem Mann der wagt auszusprechen was viele Denken und für das alle in der Bundeswehr stehen – heute wie vormals in 61 Jahren. Einen Mann wie ihn bräuchte die Bundeswehr in höchsten Führungsverantwortungen, den Rückgrad und Weitsicht und Augenmaß sind Dinge, die heute nur noch wenige Führungskräfte haben.
Mit dieser Rede sollte eigentlich allen klar sein, daß das Tischtuch zwischen „erweiterter Schlammzone“ und Ministerium komplett zerschnitten ist, eine mögliche Fortsetzung der Amtsführung BMVg durch Frau von der Leyen kann und darf es nicht mehr geben ohne daß man massivste Beschädigung der Bundeswehr an sich und v.a. ihres inneren Gefüges riskiert.
Allerdings kann ich mir ein schiefes Grinsen ob der Naivität des Herrn Oberstleutnant in punkto seines Plädoyers für eine Wehrpflicht nicht verkneifen.
Als ob dieser Schlag Menschen (die MdBs werden) von vereinzelten Ausnahmen abgesehen so einen Dienst verrichten würden … junger Geld- und Politikadel hat immer Mittel und Wege sich solcher lästiger Karriereunterbrecher zu entledigen.
Hut ab, Herr Oberstleutnant!
Das war eine Rede, die sicher nicht nur den Angehörigen und Gästen der Traditionsgemeinschaft Richthofen aus dem Herzen gesprochen hat… sondern zumindest auch mir!
Ich wünsche nun in den nächsten Tagen und Wochen gute Mitarbeiter und Vorgesetzte, vor allem aber viel Soldatenglück beim aussegeln des nun (leider) wohl mit Sicherheit entstehenden „Sturmes im Wasserglas“…
Bezüglich TaktLwG: Die Vision, die sich dorthinter verbirgt, ist, dass jeder Jet-Verband mehrrollenfähig sein soll, daher die einheitliche Bezeichnung. Dass dies schon vor dem Hintergrund der Ausstattung mit Tornado und Eurofighter, Tranche 1, völliger Humbug ist, ist eine Tatsache: Tornado kann keinen Luftkampf, Eurofighter Tranche 1 kein Luft/Boden. Dass man darüber hinaus eine Ausbildung hinbekommt, die Luft/Luft und Luft/Boden ohne Qualitätseinbußen im Vergleich zu einer jeweils „reinen“ Ausbildung vermittelt, kann ich mir schwerlich vorstellen.
Als nächster Schritt kommt vermutlich, dass man sich Gedanken über die Bezeichnung Luftwaffe macht, um eine Verwechslung mit der „alten“ Luftwaffe bzw. eine implizite Traditionslinie zu vermeiden. Man sollte in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass man seitens der Luftwaffe bisweilen recht resolut verfährt: An der OSLw waren die Straßen nach Piloten benannt. Da sich darunter nicht ausschließlich Heilige befanden, hat man alle Straßen in „Straße der Luftwaffe“ benannt – wenn man Kopfschmerzen hat, schneidet man eben den Kopf ab ;-).
Der Aspekt eines Pflichtjahres für alle jungen Menschen, unter Einbeziehug der Bundeswehr,
ist interessant.
Eine Idee, die ich schon zu Zeiten der Gewissensprüfungen hatte,
die damals – auch wegen der weiblichen Dienstpflicht – als absurd, vor allem von Militärs, hingestellt wurde.
Eine inhaltlich wohlüberlegte Rede! Gut gemacht. Leider wird sie dem KG und auch VdL nicht schmecken, zu viel Kritik und das öffentlich. Ich fürchte, die Karriere des Kameraden OTL wird dann bald im Sande verlaufen. Dabei braucht man aufrichtige Offiziere wie ihn, gerade zu dieser Zeit.
(seufz)
Dolle Rede, Herr OTL.
However, was hat denn Wehrpflicht und BT mit „MdB d.R.“ mit der Thematik Geschwadertradition zu tun ? Wie viele und welche der zur BT-Wahl antretenden Parteien haben denn „Wehrpflicht wieder einsetzen – Bundeswehr stärken“ in ihrem Programm ? Was will denn ein Jagdgeschwader mit Wehrpflichtigen anfangen ? Zu wenig Ordonnanzen im Kasino ? Ziemlich weiter politischer Bogen, den sie da spannen wegen des KG-Briefes.
Klassischer Fall von non-denial denial. Ich distanziere mich mit großem politischem TamTam von etwas, von dem ich mich eigentlich gar nicht distanzieren muß, denn die Aufforderung zum distanzieren ist ungerechtfertigt, da diese Aufforderung eigentlich nur eine wahlkampftaktische, absicherungsaktionistische und kleinkarierte Petitesse ist.
Wenn sie als „Staatsbürger-in-Uniform“ am Wahlkampf teilnehmen wollen, dann bitte außerhalb der Kaserne und in zivil…..würde ich einmal sagen.
@Koffer
Ja, die Neuausrichtung hat nicht nur Tradition zerstört sondern echte Bw Identifikation, gerade in der Luftwaffe.
Nach dem Motto Hauptsache -anders- ohne Sinn und scheinbar Verstand.
Wir hatten wie Sie schon erwähnten öfter hier im Blog.
Das beste Beispiel ist TAZ (technisches Ausbildungszentrum) verteilt in der ganzen Republik.
Selbst eine Berufsschule würde sich einen anderen Namen (Zusatz) geben.
Was A. Wüstner bewegte lässt wohl, zum Glück, noch in einigen StOffzen mehr endlich den Mund aufmachen.
Dass die Bundeswehr und ihre Angehörigen mißbraucht werden und wir dies nicht unwidersprochen lassen können, ist die zentrale Botschaft.
Offiziere welche dieses Spiel mitmachen zeigen das eigentliche Haltungsproblem welches nicht Tradition werden sollte. Doch dieses Haltungsproblem meine UvdL und der Präsident des VdRBw wohl leider nicht.
Sehr gut, Herr Oberstleutnant! Leute wie dieser KG machen mich sprachlos und ich frage mich, wie es um sein geschichtlich-politisches Wissen, sowie Denk- und Urteilsvermögen steht. PolBil scheint hier dringend geboten! Ansonsten wird es höchste Zeit, dass Politik und militärische Führung sich endlich den wahren Problemen unserer Armee zuwenden und schnelle Lösungen herbeiführen, anstatt Ressourcen mit solchen Nebenkriegsschauplätzen zu verschwenden.
Auch wenn es thematisch etwas ausschweifend war, mit dem Thema Wehrpflicht.
Dieser OTL erklärt, ordnet ein, und das im Sinne der Soldaten. Dass er möglicherweise der militärischen Leitung und politischen Leitung nicht nach dem Mund redet ist eben das Dilemma, in dem sich die Bw zur Zeit befindet.
Und nebenbei, die Namensgebung taktisches Luftwaffengeschwader habe ich noch nie verstanden. Vor allem weil ja nicht der Anspruch besteht, dass jedes Geschwader alles kann. Konsequent wäre es jedoch, das LTG in Wunstorf strategisches Luftwaffengeschwader zu nennen…
Und hier einmal ein Artikel zum Mythos Roter Baron:
http://www.sueddeutsche.de/politik/jagdflieger-im-ersten-weltkrieg-pardon-kenne-ich-nicht-mehr-1.526957
Dolles Vorbild für die Jagdflieger der BW 100 Jahre nach dem Tod dieses „Vorbildes“.
Mann, oh Mann….;-(
Nachdem es meines Wissens nur einen Kommandierenden General der Luftwaffe gibt, nämlich den Kommandierenden General des Luftwaffentruppenkommandos, Herrn Generalleutnant Helmut Schütz, müsste die streitige Anweisung von diesem erfolgt sein.
@T.Wiegold: Gibt es denn eine Stellungnahme des Ministerium zu der Anweisung des Kommandierenden Generals? Steht das Ministerium dahinter oder sieht das Ministerium darin eine Überreaktion?
@Logistiker
Und der Herr OTL hat den Befehl befolgt
„Ich weise Sie an, während der Veranstaltung das gewählte Motto in Bezug auf das vorgenannte Traditionsverständnis richtigzustellen und keinen Zweifel an der kritischen Auseinandersetzung der Luftwaffe mit der Geschichte zu belassen. Ich erwarte diesbezüglich eine eindeutige Klarstellung.“
Genau das hat er gemacht. Nach dieser Rede habe ich keinen Zweifel an der kritischen Auseinandersetzung der Luftwaffe mit der Geschichte.
…… wo ist das Problem?
Alex schrieb: „Viele berühmte Personen, selbst humanistische Philosophen mit weitreichenden Lehren, waren ziemliche menschenverachtende Arschlöcher. Als Beispiel möchte ich Luther anführen: „Tötet alle Juden, verbrennt ihre Häuser und Synagogen.“ Hat er das wirklich inhaltlich so gesagt? Ja!“
Bitte nicht den üblichen Fehler machen, und das Verhalten einzelner Personen aus den historischen Kontext reißen: Um 1500 war religiöser Antisemitismus der Normalfall in Europa, die Vertreibung der Juden aus Spanien war erst ein paar Jahre alt.
Das Problem mit vielen Deutschen, also auch Wehrmachtsangehörigen, war doch, dass sie im 20. Jahrhundert auf Verhaltenmuster zurückfielen, die ohne weiteres ins Mittelalter gepasst hätten und im 20. Jahrhundert eben nicht mehr Maß der Dinge waren. Gerade deshalb kam es doch zu den Nürnberger Prozessen.
P.S. Und man sollte bei der Gelegenheit sich auch den Unterschied zwischen religiösen Antisemitismus (Luther) und rassischen Antisemitismus (NS) klarmachen.
Nur zur Klarstellung und um Missverständnissen vorzubeugen: die Bezeichnung KG trägt in der Lw nur der Kommandierende General des Luftwaffentruppenkommandos, und nicht der Inspekteur der Luftwaffe. Der KG LwTrKdo ist in dem Text vermutlich auch gemeint. Einen KG Lw gibt es nicht und ist wohl ein Fehler.
Ach, Leute, bisweilen geht es vielleicht auch eine Nummer kleiner. „Dass die Bundeswehr und ihre Angehörigen missbraucht werden“ …. hallo? Manches wird hier aber arg aufgeblasen und entwertet damit das, was eigentlich die Debatte sein sollte.
Erfreut zu lesen, dass es noch solche Offiziere gibt. Ich hoffe, dass nach Ende der leyenhaften gegenwärtigen Führung wieder Vernunft einkehren wird. Es ist inzwischen mehr als offensichtlich, dass das Tischtuch zwischen aktueller politischer Führung und der Truppe zerschnitten ist.
Wir müssen dringend erlernen, mit unserer Geschichte angemessen umzugehen.
Gut formuliert wurde auch dieses ehrabschneidende Verhalten:
„Ich frage mich nun: Wie konnte das passieren? Was hat dazu geführt, dass es eine solche Anweisung geben muss? Wieso stehen ich, die Traditionsgemeinschaft Richthofen und möglicherweise das Geschwader insgesamt in einem Verdacht, die Gräueltaten eines menschenverachtenden, mörderischen Regimes eventuell zu befürworten oder wertzuschätzen? Wieso müssen wir uns von etwas distanzieren, neben dem wir selbstverständlich niemals gestanden haben?“
Es ist modern geworden, Leuten solche Stöcken vorzuhalten und damit den Umgang miteinander zu vergiften. In der Bundeswehr hat dieses Gift schon stark gewirkt. Es wird lange dauern, die Schäden im Miteinander wieder zu heilen.
@T.W.
Ich sehe den Ursprung der Debatte und die Beweggründe der Berater/Spitze BMVg schon in der politischen Rechtfertigung beginnend mit Workshop sexuelle Orientierung-Pfullendorf-Illkirchen-Durchsuchung Liegenschaften Bw (ist nicht meine Vermischung der Fälle).
Dass die Betroffenen in der Bundeswehr und deren Angehörige in diesem Vorgang als Mittel zum politischen Zweck verwendet (gerne eine Nummer kleiner) werden und wir dies nicht unwidersprochen lassen können, ist für mich die zentrale Botschaft.
Ein Frage zum Verständnis, ist es normal, dass der Stellvertreter so eine Ansprache bei dem Treffen hält? (Kann ja sein, dass der eigentliche Kommodore gerade im Einsatz/auf Lehrgang ist)
Zweitens, stimmt das, dass die Anzahl der aktiven Generale der Lw bei der Veranstaltung in diesem Jahr sehr überschaulich war? (Auch hier eine ernst gemeinte Frage, vielleicht war ja einer der Mitdiskutierenden dieses Jahr da, habe es bis jetzt nur über stille Post am Rande einer Veranstaltung vernommen und kann daher nicht einordnen ob es stimmt oder nicht.)
@Wa-Ge
zur Ihrer ersten Frage – ich hatte oben den Begrüßungsteil der Rede aus der Dokumentation weggelassen:
Luther und Co sind Teil der Neuzeit, nicht des Mittelalters und btw. vergleichen sie das bitte mal mit der damaligen weltlichen Rechtspflege.
@Logistiker
Ist der Befehl legitim?
Ehrenhaft?
Sinnvoll?
Ethisch?
Wurde er nicht umgesetzt?
Zum Heulen | 04. Juli 2017 – 10:45:
“ … Es ist modern geworden, Leuten solche Stöcken vorzuhalten und damit den Umgang miteinander zu vergiften. In der Bundeswehr hat dieses Gift schon stark gewirkt. …“
Hier im Blog auch schon – trotz aller Bemühungen des Hausherrn.
Hans Schommer
Das dumme ist halt bloß, dass wenn ich 100 Jahre „Richthofengeschwader“ zurück verfolge, dann stolpere ich über……..Hermann Göring.
Der war nämlich genau wie der Rote Baron begeisteter Jäger und Jagflieger und der letzte Geschwaderchef von Richthofens „Fliegendem Zirkus“ im WK I; und natürlich ein Bewunderer und Förderer des Baron und dessen zu Propagandazwecken künstlich geschaffenen Mythos ….nun, was Herr Göring vor und im WK II so getrieben hat, das sollte man eben wissen als StvKmdre des Richthofensgeschwader der deutschen Luftwaffe, insbesondere weil Göring ja „Luftwaffe“ als TSK erfunden hat unter kontinuierlicher Beibehaltung und Pflege der auf „Beute zur Strecke bringen, Striche und Karriere machen sowie Orden sammeln“ getrimmten Jagdfliegerkultur des Roten Baron.
Aber das blenden wir mal völlig aus in einer Rede anläßlich einer Richthofen „Gedenkfeier“ unter dem Motto „100 Jahre vom JG 1 zum Taktischen Luftwaffengeschwader 71 Richthofen.“
Der Rote Baron nicht traditionswürdig ? Na, da muß man doch eine Lanze brechen – auch das hat ja Tradition bei der Luftwaffe. Wie war das mit „Korpsgeist“
In den momentanen Zeiten ist es sehr erfreulich und aufmunternd zu sehen, wenn es Vorgesetzte wie Herrn OTL Finke gibt! Größten Respekt für den Mut zur lauten Kritik!
Im Idealfall sollte auch ein InspLw aus diesem Holz geschnitzt sein.Leider verspielt dieser sich gerade das Vertrauen einer ganzen Armee.
@Klabautermann
Was versteht der Autor dieser Zeilen eigentlich unter ritterlich?
@ klabautermann – 09:38
der von Ihnen verlinkte Artikel ist dermaßen schlecht geschrieben, dass es schon schmerzt. Auch hier isoliert man die historische Person von ihrem geschichtlichen Kontext und urteilt anschließend munter aus dem sicheren Sessel des Jahres 2008 drauf los. Darüber hinaus nimmt man ihre Memoiren, sucht sich ein vermeintlich anrüchigen Satz und bastelt daraus eine Überschrift. Ganz großes Kino…
Abgesehen davon: Als Marinemann ist die Traditionslinie „Emden“ für Sie wahrscheinlich voll ok? Das würde mich mal interessieren.
Am Rande: Der GI dürfte peinlich berührt sein, ist die Erwiderung mit Bezug zum Wahlkampf doch gewissermaßen auch eine Replik auf seinen Ausspruch, man müsse den politischen Souverän in Zeiten des Wahlkampfs schützen…
Herr Oberstleutnant, BZ.
@ThoDan
Ic bin mir sicher, dass er dem Befehl nachkam und ich bin mir auch sicher, das der Befehlsgeber etwas anderes erwartet hatte.
Wohl hätte er dann seinen Befehl unmissverständlich erlassen müssen und seine Absicht klar und deutlich machen. Dies hätte jedoch verdeutlicht, dass der Befehl dann ggf unverbindliche gewesen wäre.
Gemäß § 11 SG muss ein Befehl nicht ausgeführt werden, sofern er keinen dienstlichen Zweck erfüllt, gegen die Menschenwürde verstößt oder seine Befolgung für den Soldaten unzumutbar ist.
……und darüber kann man sich dann streiten ob der Befehl
– einen dienstlichen Zweck erfüllt
– gegen die Menschenwürde verstößt
– seine Befolgung für den Soldaten unzumutbar ist.
Meiner Meinung nach wär ein Befehl welcher zum Inhalt hat, dass ein Soldat eine Einladung/dessen Motto mit eigenen Worten relativieren muss was gar nicht impliziert wurde für unzumutbar.
Es hätte der Lw Führung freigestanden in diesem Rahmen die offizielle Position durch den stv Komodore verlesen zu lassen. Was er dann indirekt tat, aber so wohl nicht gewollt war.
klabautermann | 04. Juli 2017 – 11:05:
„Das dumme ist halt bloß, dass wenn ich 100 Jahre „Richthofengeschwader“ zurück verfolge, dann stolpere ich über……..Hermann Göring.“
So isses doch – Mann stolpert über Göring. Andere, die mit Geschichte umgehen können, ordnen u.a. Göring in die Zeit ein. Auch hier kann gelten: Was tut’s der deutschen Eiche, wenn sich ’ne Wildsau an ihr scheuert? Gar nix. Daher ist Herr Meier im Kontext mit der Geschwadertradition nur eine Randerscheinung – mehr nicht.
Hans Schommer
Sorry, Leute, es geht schon wieder los, dass andere Meinungen mit persönlichen Anwürfen quittiert werden. Die Kommentare schmeiße ich raus. So bitte nicht die Diskussion führen.
@voodoo
…..klabauter…
Zitat :Abgesehen davon: Als Marinemann ist die Traditionslinie „Emden“ für Sie wahrscheinlich voll ok? Das würde mich mal interessieren.Zitat Ende
Mich auch…
hab Emden V mit in Dienst gestellt, mehr Tradition geht nicht. Stichwort Gefecht bei den Kokosinseln, Eisernes Kreuz Träger…
@ klabauter. ..Treffer – versenkt :-)
Eine erfrischende und Mut machende Rede des Kommodore.
Wer sich seine Vorgänger aussucht, seine Vorbilder vorgibt und eine geschichtliche Zeitlinie um unliebe Abschnitte herum zeichnet, macht es sich zu leicht und beschäftigt sich eben gerade nicht mit der eigenen Geschichte sondern bastelt sich seine Welt zusammen.
Voodoo | 04. Juli 2017 – 11:17
Es ist halt so, dass der „Soldatenberuf“ in Deutschland seit Aufstellung der BW eben nicht nur ein „handwerklicher“, sondern auch ein „politischer“ ist – deswegen ja das Instrumentarium der InFü in Sachen „Staatsbürger-in-Uniform“.. Man kann diesen Beruf nicht mehr auf das rein handwerkliche „reduzieren“ und dann auch noch als „sui-generis“ politisch einkapseln. Und damit hat man in Sachen handwerkliche „Vorbilder“ aus der Zeit des Kaiser oder 3,Reiches immer das Problem der Truppe überzeugend auch aus „geschichtspolitisch korrekter“ Sicht zu erklären, warum dieser oder jener „Name“ wichtig ist für ihr heutiges, berufliches Selbstverständnis als „Staatsbürger-in-Uniform“. Und diese Frage meiden die Protagonisten eines „Mölders“ und eines „Richthofen“ wie die Pest, weil sie vermutlich politisch nicht wirklich mit beiden Beinen fest auf den Grundlagen der InFü stehen.
Natürlich ist der von mir verlinkte Artikel nicht besonders gut im wissenschaftlichen Sinne, denn – genau wie bei Mölders – ist einfach die Original- Quellenlage in Sachen „Selbstverständnis“ des Roten Baron relativ dünn. Der Artikel gibt aber einen wichtigen Hinweis auf die selbst verfasste Biographie des „Baron“ Richthofen – finden sie im Netz bei googlebooks. Würden sie so ein „Selbstverständnis“ einem heutigen Jagdflieger als „vorbildlich“ empfehlen für sein berufliches Selbstverständnis als Offizier der Lw im „weltweiten Einsätzen“? Ich denke einmal, dass Tradition nicht auf Mythen aufbauen kann über „Kriegshandwerker“, deren Jäger- Ethos in der heutigen BW nun absolut gar nichts mehr zu suchen hat. Über Tote soll man ja nur gutes sagen, das gilt aber nicht für tote „Helden“, die vielleicht gar keine waren, sondern durch die Kriegspropaganda zum Helden in ihrem Krieg gemacht worden sind. Aber wenn sie der Auffassung sind, dass es gute Tradition ist in der BW, die Kriege der deutschen Vergangenheit immer wieder neu zu führen, dann würde ich nicht unbedingt wiedersprechen /IRONIE
;-)
Just my 2 cents.
ThoDan: „Luther und Co sind Teil der Neuzeit, nicht des Mittelalters und btw. vergleichen sie das bitte mal mit der damaligen weltlichen Rechtspflege.“
Niemand hat geschrieben, dass Luther im Mittelalter gelebt hat. Das ist ein „Lesefehler“ deinerseits. Aber grundsätzlich: Ob ich 1500 als Mittelalter oder Neuzeit definiere ändert am Problem nichts: Religiöser Antisemitismus war Mainstream in Europa, Luther war deshalb kein Ausreißer, aber auch kein Heiliger.
Dagegen war das Verhalten der deutschen Streitkräfte an der Ostfront, insbesondere die Behandlung von Zivilisten, nicht die akzeptierte Norm. Berücksichtigt man dann noch die „Reinwaschung“ der Wehrmacht nach dem zweiten Weltkrieg, dann sind einige konzeptionelle Probleme mit der Traditionspflege IMHO hausgemacht.
Kompliment an einen OTL, der das klar formuliert hat, was die Mehrheit in der Truppe denkt. Hut ab!
@klabautermann | 04. Juli 2017 – 11:05
Dieser Logik nach, dürfen die Soldaten der Bundeswehr die Nationalhymne nicht singen und der Besuch der Kanzlerin bei den Wagner-Festspielen in Bayreuth sind dann wohl auch verwerflich.
Die Nazis haben viele Sachen und Menschen missbraucht, wenn es darum geht sich von allem zu distanzieren, was die Nazis in den Mund/ die Hand genommen haben, dann sollten wie hier wohl auch in englischer oder französischer Sprache schreiben.
@T.W. Danke für die Klarstellung bezüglich des Redners.
@Ulenspiegel
Entschuldigung, so habe ich das in ihrem Post verstanden.
Was die Wehrmacht, nicht nur an der Ostfront und die „Reinwaschung“ einschliesslich des Eides d´accord.
@klabautermann
Ab einem bestimmten Rang/Funktion war das militärische Handwerk nie von der Kunst der Politik zu trennen.