Ermittlungen wegen angeblichen „Putschaufrufs“: Ministerium hält sich bedeckt

Die Sache ist wieder mal für hoch emotionale Debatten gut, deshalb hier vorerst nur die an den Fakten orientierte Sachdarstellung: Nachdem der Spiegel in der vergangenen Woche berichtet hatte, ein anscheinend als Überspitzung und Scherz geäußerter Aufruf eines Offiziers zum Putsch gegen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen führe zu Vorermittlungen der zuständigen Staatsanwaltschaft, will das Ministerium selbst die Sache vorerst auf der Ebene des zuständigen Disziplinarvorgesetzten belassen und sich zum Fall selbst nicht äußern.

Hintergrund ist die Aussage eines Oberstleutnants im Mai, über die der Spiegel so berichtet:

Konkret wirft die Bundeswehr dem Offizier vor, er habe bei einer Veranstaltung am 12. Mai in einer Kaserne in Wildflecken zum Putsch gegen die in der Truppe aktuell hoch umstrittene Befehlshaberin aufgerufen.

(…)
Tatsächlich, das räumt der Oberstleutnant in einer schriftlichen Stellungnahme ein, hatte er die Ministerin vor seinen Kameraden dafür kritisiert, dass sie die Truppe nach der Aufdeckung der rechtsextremen Zelle rund um Franco A. pauschal verurteilt und ihr ein Haltungsproblem attestiert hatte. (…)
Als Witz, er selbst spricht von einer „satirischen Übertreibung“, habe er danach gesagt, die Soldaten müssten nun „endlich den Mund aufmachen oder putschen“. Daraufhin, so seine Version, „lachte der ganze Saal“. Für alle Soldaten sei die Aussage klar als Witz erkennbar gewesen.

Nach Angaben des Blattes prüft jetzt die Staatsanwaltschaft Bonn, ob diese Aussage strafrechtlich relevant ist: Die Bundeswehr hatte den Fall des Oberstleutnants am Zentrum für Geoinformationswesen an die Strafverfolger abgegeben.

Der Sprecher des Ministeriums, Oberst Boris Nannt, lehnte es am (heutigen) Montag vor der Bundespressekonferenz ab, sich zu dem konkreten Fall zu äußern. Das BMVg habe erst durch den Spiegel-Bericht von der Abgabe an die Staatsanwaltschaft erfahren. Es sei sinnvoll, dass in solchen Fällen die disziplinarischen Ermittlungen durch die zuständigen Vorgesetzten geführt würden, die auch über eine mögliche Einbeziehung der Staatsanwaltschaft entschieden.

Nannts Aussagen zum Nachhören (ein Teil war „unter 3“, also nicht zur journalistischen Verwendung; die Auslassung ist im Audio durch einen Piepton gekennzeichnet):

BPK_Bw-Ermittlungen_12jun2017     

 

 

(Auf der Meta-Diskussionsebene: Im Zusammenhang mit den Ereignissen/Vorwürfen/Ermittlungen beim Thema Pfullendorf ist hier von etlichen dem Ministerium vorgeworfen worden, es habe sich zu schnell öffentlich geäußert, anstatt zunächst das Ermittlungsergebnis abzuwarten und dann öffentlich zu reagieren. In diesem Fall scheint sich das Ministerium genau so zu verhalten – ich bin gespannt, ob sich das in den Kommentaren niederschlägt. Und bei Bedarf, das nur vorsorglich, setze ich auch die Kommentarfunktion auf moderiert.)

(Foto: von der Leyen in Augustdorf beim Tag der Bundeswehr am 10. Juni 2017 – Bundeswehr/Sebastian Wilke)