von der Leyens Offener Brief zum ‚Haltungsproblem‘: Nicht mehr von Einzelfällen sprechen
Nach den Ereignissen der vergangenen Woche und ihrem Interview im ZDF am (gestrigen) Sonntag hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nachgelegt: Am (heutigen) 1. Mai wandte sich die CDU-Politikerin in einem Offenen Brief an die Truppe.
Zunächst mal nur zur Dokumentation* das Schreiben, wie es vom Ministerium im Internet veröffentlicht wurde – und dort auch als Offener Brief bezeichnet wird, obwohl solche Schreiben an die Truppe sonst eher als Tagesbefehl verbreitet werden:
Liebe Soldatinnen und Soldaten, liebe zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundeswehr,
Sie alle haben in der vergangenen Woche erfahren, dass unsere Bundeswehr nach den Vorfällen in Pfullendorf, Bad Reichenhall und Sondershausen erneut negativ in die Schlagzeilen geraten ist. Staatsanwaltschaft und MAD ermitteln gegen einen Oberleutnant aus unseren Reihen wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Noch ist nicht vollständig erwiesen, wie schwer das Fehlverhalten des Beschuldigten gemessen an den Normen des Strafrechts wiegt und es ist auch noch nicht abschließend geklärt, welche Rolle andere Beschäftigte der Bundeswehr in dieser ernsten Angelegenheit spielen. Ich habe darüber hinaus den Generalinspekteur angewiesen, das militärische Umfeld des Beschuldigten auf weitere extremistische und fremdenfeindliche Tendenzen auszuleuchten, aber auch intensiv der Frage nachzugehen, warum existierende Hinweise auf problematische Tendenzen über so lange Zeit in der Truppe folgenlos bleiben konnten. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich zum gegenwärtigen Stand der Ermittlungen auch nicht auf jedes bereits zu Tage geförderte Detail öffentlich eingehen kann und darf.
Ich möchte Sie heute um Ihr Vertrauen bitten und um Geduld. Ich weiß, dass es für alle Angehörigen der Bundeswehr augenblicklich sehr hart ist, die öffentliche Diskussion zu verfolgen. So manches verkürzte öffentliche Urteil über die Bundeswehr erscheint in seiner Pauschalität überzogen und ungerecht. Als Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt bin ich nach wie vor fest davon überzeugt, dass die übergroße Mehrheit von Ihnen ob in den Einsätzen oder im Grundbetrieb tagtäglich anständig und tadellos ihren wichtigen Dienst für unser Land leistet. Auch die große Mehrheit der Bundeswehrangehörigen, die Führungsaufgaben wahrnimmt, tut dies mit großem Verantwortungsgefühl für die ihnen anvertrauten Menschen und voller Respekt vor der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Dafür lege ich nach dreieinhalb Jahren Erfahrung mit der Truppe jederzeit meine Hand ins Feuer.
Wahr ist aber auch, dass wir nach allem, was wir inzwischen wissen, gegenüber der Öffentlichkeit und dem Parlament nicht mehr von Einzelfällen sprechen können. Zu groß ist die Zahl der Vorfälle, zu gravierend die zutage getretenen Fehlentscheidungen, wie zum Teil auf vorgesetzten Ebenen mit klaren Verfehlungen umgegangen wurde. Die Bundeswehr ist keine Institution und auch kein Arbeitgeber wie jeder andere. Die Bundeswehr ist existenziell darauf angewiesen, dass ihr guter Ruf in der Bevölkerung, aber auch im Parlament Bestand hat. Deswegen müssen wir Missstände offen aussprechen und diskutieren.
Es geht darum, welche Haltung wir als Angehörige der Bundeswehr repräsentieren und einnehmen. Welches Meinungsspektrum ist in einer demokratischen Institution wie unserer erlaubt und auszuhalten? Und wo ist die Grenze zum Extremismus überschritten, den wir in keiner Form in der Truppe dulden? Was ist angemessener militärischer Ausbildung und Erziehung geschuldet und wo überschreiten wir die Grenze zu überzogener Härte, Herabwürdigung und Schikane? Und ganz besonders wichtig: Welche Unregelmäßigkeiten und Missstände regeln wir kameradschaftlich untereinander und wo ist auch nach unserem Verständnis von soldatischer Führung die Grenze zu pflichtwidrigem Wegschauen aus falsch verstandenem Korpsgeist überschritten. Ob Pfullendorf, ob Sondershausen, Bad Reichenhall oder nun der Fall des Oberleutnants, für dessen fragwürdige Gesinnung es frühe Hinweise gab: Die Summe der in den vergangenen Wochen zutage getretenen Ereignisse zeigt dem Generalinspekteur und mir, dass es in zu vielen Bereichen der Bundeswehr keinen Konsens über diese wichtigen Punkte zu geben scheint. Deswegen müssen wir handeln. Wir müssen unsere Haltung klarer definieren, wir müssen unsere Ausbildungskonzepte hinterfragen – von den Mannschaften bis zu den Offizieren – und über Sicherungsmechanismen nachdenken, die Folgen gravierender Fehleinschätzungen wie im Fall der Masterarbeit oder unterbrochener Meldeketten wie in Pfullendorf ausgleichen.
Die Bundeswehr lebt davon, dass auf allen Ebenen Verantwortung übernommen wird in dem klaren Wissen, was von Führung erwartet wird. Wenn diese Führungsverantwortung nicht mehr ausgefüllt wird, dann funktioniert in unserer Bundeswehr etwas ganz Grundlegendes nicht mehr. Als Verteidigungsministerin, die jederzeit die Gesamtverantwortung für alles trägt, was in der Bundeswehr geschieht, möchte ich Sie deswegen von Herzen bitten, den schmerzhaften, aber notwendigen Prozess der schonungslosen Aufklärung und Diskussion zu unterstützen, der uns in den kommenden Wochen und Monaten bevorsteht. Die Sicherheitslage hat sich für alle wahrnehmbar verschärft. Deutschland braucht gerade jetzt seine Bundeswehr und ist auch nach langer Zeit wieder bereit, in die Modernisierung und Zukunftsfähigkeit seiner Streitkräfte zu investieren. Ich weiß, die Mehrheit von Ihnen leistet einen hervorragenden Dienst, aber in dieser Phase ist es wichtiger denn je, dass die Truppe nach innen und außen alles für ihre Glaubwürdigkeit tut.
Dr. Ursula von der Leyen
* Ich habe mich zur Dokumentation des vollständigen Wortlauts entschlossen, weil das Content Management System der Webseite des Verteidigungsministeriums in absehbarer Zeit umgestellt wird und ich sicherstellen wollte, dass dieser Offene Brief auch danach noch verfügbar ist.
(Vorerst stelle ich zu diesem Eintrag nicht alle Kommentare auf moderiert, ändere das aber ggf. kurzfristig.)
(Archivbild: von der Leyen in der Bundespressekonferenz in Berlin am 9. März 2017 – Thomas Trutschel/ photothek.net )
Ist der Brief eigentlich gelesen worden?
„Als Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt bin ich nach wie vor fest davon überzeugt, dass die übergroße Mehrheit von Ihnen ob in den Einsätzen oder im Grundbetrieb tagtäglich anständig und tadellos ihren wichtigen Dienst für unser Land leistet. Auch die große Mehrheit der Bundeswehrangehörigen, die Führungsaufgaben wahrnimmt, tut dies mit großem Verantwortungsgefühl für die ihnen anvertrauten Menschen und voller Respekt vor der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Dafür lege ich nach dreieinhalb Jahren Erfahrung mit der Truppe jederzeit meine Hand ins Feuer.“
@Sönke Marahrens | 01. Mai 2017 – 20:27
Haben Sie die Kommentare genau hierzu gelesen?
Die Aussage soll offenbar das gestrige Pauschalurteil wieder medial einfangen.
Mir scheint der ganze Brief ist das Ergebnis von Rückmeldungen nach den gestrigen Auftritt im ZDF u.a. über den DBwV.
Ja, der Brief IST gelesen worden – und wahrscheinlich bei weitem nicht nur von mir.
Auch, daß sie schrieb „Deswegen müssen wir Missstände offen aussprechen und diskutieren.“
Welcher General / Admiral wird denn mit der IBuK diskutieren, wenn er befürchten muß, sogar ohne irgendeine Begründung jederzeit, quasi nach Gutsdamenart, in den Ruhestand versetzt zu werden ?!
DAS ist Fehler-, Diskussions- und Führungs-KULTUR ??
@Sönke Marahrens | 01. Mai 2017 – 20:27
„Wahr ist aber auch, dass wir nach allem, was wir inzwischen wissen, gegenüber der Öffentlichkeit und dem Parlament nicht mehr von Einzelfällen sprechen können. Zu groß ist die Zahl der Vorfälle, zu gravierend die zutage getretenen Fehlentscheidungen, wie zum Teil auf vorgesetzten Ebenen mit klaren Verfehlungen umgegangen wurde.“
Hmm, ein halbes Dutzend Vorfälle von straf- und disziplinarrechtlich mittlerer bis geringer Bedeutung (so unappetitlich einige davon auch sein mögen), bei fast 180.000 Soldaten?! Da spreche ich eindeutig von (ärgerlich) Einzelfällen.
Und nach allem was ich gelesen habe, wurden in allen Fällen (möglicherweise mit Ausnahme der Masterarbeit) die richtigen Schritte durch die zuständigen Stellen (KpChef/BtlKdr und WDA) unternommen.
Das die IBuK vielleicht nicht mit den Entscheidungen der zuständigen Vorgesetzten glücklich ist, gestehe ich ihr zu, aber wir sind nun einmal (glücklicherweise) immer noch in einem Rechtsstaat und von daher wird sie damit leben müssen…
@BlueLagoon | 01. Mai 2017 – 20:36
„Welcher General / Admiral wird denn mit der IBuK diskutieren, wenn er befürchten muß, sogar ohne irgendeine Begründung jederzeit, quasi nach Gutsdamenart, in den Ruhestand versetzt zu werden ?!“
+1 (leider)
„Gutsdamenart“ Hihi ;)
In der WELT ein eindeutiger Kommentar („Die Bundeswehr hat ein Führungsproblem – an der Spitze“).
Mal sehen, ob dieses Mal die mediale Aufregung auch wieder schnell weiter zieht.
Die Welt hat gerade einen vernichtenden (!) Kommentar veröffentlicht…
Titel „Die Bundeswehr hat ein Führungsproblem – an der Spitze“
Ein Tagesbefehl richtet sich an die Truppe und an die Wehrverwaltung, also SP: Innenwirkung. Ein offener Brief zielt primär auf die Öffentlichkeit, also: Außenwirkung.
@Memoria „Die Aussage soll offenbar das gestrige Pauschalurteil wieder medial einfangen.“
Genau das war mein erster Gedanke, als ich den Brief heute las. Und wenn ich nicht das Interview gesehen hätte, wäre der Brief bei mir sogar ganz gut angekommen (gemessen an dem, was ich mir von ihr inzwischen erwarte…). So aber betrachte ich es als (schwachen) Rückzieher. Ich hoffe, dass die Episode mit dieser Dame bald vorüber ist. Zu viel, über das ich mich geärgert habe, fast nichts, bei dem ich ihr beigepflichtet hätte. Nur: wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass es mit dem Nachfolger/-in besser wird? Soldat wird man nun mal aus anderen Motiven als man Minister wird…
Wenn ich mich richtig an den Artikel hier sowie die Kommentare aus 08’2016 anl. des Rauswurfs des Kdr FüAk erinnere, den nach einer Version der GI „hat informieren lassen“, nach der anderen „selbst telefonisch informiert“ hat, so traf auch hier die „Führungs-KULTUR“ nicht ungeteilte Zustimmung.
Im vorliegenden Fall erfährt „die Truppe“ über die Existenz und den Inhalt des Briefes ihrer Dienstherrin aus den Medien bzw. dem Internet.
„Kultur“ geht m.E. anders …
@JayBee
Ablösung IBuK noch vor der Wahl?
Dann müsste die Kanzlerin quasi über Nacht die Fähigkeit der Spontanreaktion erlernt haben. So groß ist der Druck – noch – nicht. Außerdem geht es einer Mitbewerberin an den Kragen. Zudem, wer wollte sich das jetzt antun, nachzufolgen?
Dafür spräche allerdings, es würde ein ggf. lästiges Wahlkampfthema zeitgünstig abgeräumt!
@Memorial
Ich habe mich gestern schon nicht angesprochen gefühlt, daher kann ich mit Pauschalverurteilung nichrs anfangen. Aber nehmen wir doch mal den Punkt Haltung:
Wieviele posten denn hier im Blog unter ihrem Klarnamen?
Und als nächste Frage Warum? Weil sie Repressalien fürchten? In einer Demokratie?
Um mit Ihren Worten zu sprechen: Nun kämpft mal schon?
@Blue Lagoon
Bei Ihrer Rede an der FüAk Anfang November, bei der ich dabei war, hat sie klar und deutlich geäußert, warum sie den vormaligen Kommandeur abgelöst hat.
@Sönke Marahrens
Interessant.
M.W. werden die Gründe doch angeblich nicht genannt, weil die Sache dann „justitiabel“ würde.
Gilt das dann nach 3 Monaten nicht mehr ?
Aber ich will auch nicht abschweifen.
Mir geht es um die „Führungs-KULTUR“ …
@Blue Lagoon
Werden kann, nicht würde,
Sie hat es transparent gemacht,
Was wollen Sie denn nun? Ihre Vorurteile pflegen?
@BlueLagoon | 01. Mai 2017 – 21:23
„M.W. werden die Gründe doch angeblich nicht genannt, weil die Sache dann „justitiabel“ würde.“
Ja und nein. Tatsächlich spielen die Gründe keine Rolle, denn der einzige Grund für einen einstweiligen Ruhestand ist der Verlust des Vertrauens.
Allerdings müssen die Gründe (intern) ggü. dem Bundespräsidenten natürlich sehr wohl glaubhaft sein…
„Aber ich will auch nicht abschweifen.
Mir geht es um die „Führungs-KULTUR“ …“
Absolute Zustimmung. Die IBuK hat in den letzten Monaten m.E.n. einen beklagenswerten Mangel an im Bereich der Menschenführung offenbart und dazu gehört u.a. die mangelnden Führungskultur. Vertrauen in den eigenen Bereich… Sich vor seinen Männer stellen… Andere Lösungen als die eigenen Wunschliste zu akzeptieren… Würdig mit verdienten Offizieren umgehen… Die Bedürfnisse des unterstellten Bereichs vor die eigenen stellen… um nur mal einige zu nennen.
Insgesamt hat sie offensichtlich niemals akzeptiert, dass die Bundeswehr anders ist als ihre bisherigen Geschäftsbereiche. Man hört, dass es sie auch wohl einfach nicht interessiert hat.
Wer Menschen führen will, muss Menschen mögen. Das heißt auch, auf Menschen zu und zu ihnen hinzugehen. Mein Eindruck ist derzeit aber, dass sich seit geraumer Zeit im Ministerium eine kleine Gruppe von Politikern, Beamten und Beratern systematisch von den Menschen in der Bundeswehr abgeschottet hat. Dabei wirken sie wie von der nationalen Aufgabe und sich selbst besoffen. Ihnen fehlt jedes Verständnis für Sozialisation und Prägung von Soldatinnen und Soldaten. Statt sich damit zu befassen, was einen (jungen) Menschen zum Soldaten macht, feiern sie sich für den Erfolg einer unterhaltsamen Web-Serie, die sie mit der Realität verwechseln. Sie sind Gefangene ihrer eigenen Inszenierung.
Das aber gilt gleichermaßen auch für Teile der Truppe. Beispielsweise die, die es seit Jahrzehnten nicht schaffen, sich von ihrer Wehrmachtsfolklore zu lösen, und schlimmer noch, die den Afghanistan-Einsatz nutzen, um diese wieder aufleben zu lassen. Das ist Führungsversagen auf allen Ebenen. Die fast schon logische Konsequenz: Rette sich wer kann.
@Koffer
Das Sie der grosse Relativator sind, weiß ich bereits, danke, dass sie mich noch mal daran erinnern.
1 Woche nach Einrichtung der neuen Meldestelle nach Pfullendorf,(auch hier im Blog zerissen) hatte ich die Möglichkeit, die Referatsleiterin beim Führungskräfteseminar zu hören: zu dem Zeitpunkt hatte sie bereits 32 Meldungen von Betroffenen.. sicherlich aus Ihrer Sicht nur Einzelfälle, aber eben 32 Menschen.
Und ihr Argument mit den Generalen führt Ihre eigene Argumentation ad absurdum….Wenn Sie es mal in Ruhe durchdenken, kommen Sie vielleicht selber darauf.
Und würden Sie das Wort Gutsdamenhaft auch benutzen, wenn Sie hier mit ihrem eigenem Namen posten?
Mich macht insbesondere die Unprofessionalitaet des BMVg betroffen. Die Bw hat jedes Recht und auch die Pflicht selbstbewusst und integer zu sein.
Saemtliche Vorfaelle gehoeren ordentlich aufgeklaert und disziplinar oder/und strafrechtlich gewuerdigt, und sollte Fehlverhalten bisher nicht ausreichend gewuerdigt worden sein, so gibt es, innerhalb der Verjaehrungs- und Ahndungsregeln die Moeglichkeit der Wiederaufnahme.
Aber diese Hektik und das Publikationschaos ohne ‚belastbare‘ Erkenntnisse ist befremdlich und unproduktiv. Der Bw – und wahrscheinlich auch sich selbst – hat UvdL damit einen schlechten Dienst erwiesen.
@ Sönke Marahrens | 01. Mai 2017 – 21:16
„Wieviele posten denn hier im Blog unter ihrem Klarnamen?
Und als nächste Frage Warum? Weil sie Repressalien fürchten? In einer Demokratie?“
Trifft zwar auf mich nicht zu, aber da bereits ’social nets‘ nach ‚Rechtsradikalen‘ in der Bw abgesucht werden sollen, liegt die Idee nahe, Kritiker im blog mit dienstlichen ‚earmarks‘ zu versehen.
MikeMolto
Ich habe bereits vor einem Vorgestzten wegen des hier bloggens gestanden,
Ich bin Staatsbürger in Uniform
Ihre Aussage würde bedeuten, dass die Ministerin gestern noch mehr recht gehabt hat..
@Sönke Marahrens | 01. Mai 2017 – 20:27
Ist der Brief eigentlich gelesen worden?
Sie haben sich Ihre Stelle herausgesucht. Für mich ist das die entscheidende Stelle:
den schmerzhaften, aber notwendigen Prozess der schonungslosen Aufklärung und Diskussion zu unterstützen
Das ist Führen durch Angst.
Gestrenge Vorgesetzte, die die ganze Republik abgrasen für eine VJTF in Bataillonsstärke bzw. abgrasen lassen?
Sollten bitte Auftragstaktik und Führen durch Einsicht in Erwägung ziehen.
Man sollte aufpassen, dass man den Personalkörper nicht der Beliebigkeit und dem Stumpfsinn ausliefert.
@ Sönke Marahrens | 01. Mai 2017 – 21:55
Satz 1+2 ehrt Sie.
“ Ihre Aussage würde bedeuten, dass die Ministerin gestern noch mehr recht gehabt hat.“
Fr vdL hat doch selbst einen neuen Meldeweg fuer ‚politisch brisante‘ Informationen, zusaetztlich zu BV und allen sonstigen Meldegruenden eingefuehrt und ein neue Stabselemente installiert. Ich teile Ihre o.a. Beurteilung nicht.
@MikeMolto | 01. Mai 2017 – 22:12
„Fr vdL hat doch selbst einen neuen Meldeweg fuer ‚politisch brisante‘ Informationen, zusaetztlich zu BV und allen sonstigen Meldegruenden eingefuehrt und ein neue Stabselemente installiert.“
Nicht zu vergessen zuständige Vorgesetzte entmachtet/umgangen und Kernbereiche der Innenren Führung beim eigenen Handeln ignoriert.
Nur mal als Hinweis: Es gibt Kommentare, deren Ton dazu führt, dass ich sie gleich wegwerfe/lösche.
Dazu gehört sicherlich auch, wenn die neu eingerichtete Meldestelle für sexualisierte Gewalt durchgehend als „Denunziationshotline“ diffamiert werden soll. Von einem, der bei manchen Begriffen für seine Haltung so richtig zimperlich wird.
So bitte nicht.
@ Sascha Stoltenow
Sie haben das Grunddilemma sehr gut beschrieben. Alle sitzen im Glashaus, werfen aber ungerührt mit Steinen. Scherben sind da kein Wunder. Das Ministerium und die Truppe finden offenbar keine gemeinsame Sprache mehr. Wie soll da was Ordentliches herauskommen?
@ Sönke Marahnens
Solange jeder das schreibt, was er auch offen vertreten kann, bedarf es keinen Klarnamens. Ein Pseudonym erleichtert im Gegenteil einen herrschaftsfreien und unvoreingenommenen Diskurs. Ich gebe Ihnen aber Recht: Das zwingt zu Selbstdisziplin, die nicht jeder aufbringt.
@Sachlicher
Ich kann in ihrem Zitat kein Führen aus Angst erkennen,
Was ist an einer schonungslosen Aufklärung falsch?
Wer ist für die VJTF verantwortlich? Ist eindeutig geregelt!
Auftragstaktik heisst es sind Fehler in der Erfüllung der übergeordneten Ziele zu dulden, nicht aber dass sich ausserhalb der Absicht der übergeordneten Führung stellen und dann sich wundern, wenn man zur Rechenschaft gezogen wird.
Mithin einer der Gründe, warum der Begriff Auftragstaktik (den seine Gegner erfunden haben) heute gern durch Führen mit Auftrag ersetzt wird, das bedeutet eben mehr Kontrolle.
Aber das möchte ja niemand hören.
Also, mein Phrasenschwein hat mittlerweile Verstopfung.
„Wer Menschen führen will, muss Menschen mögen“ BlaBlaBla………
Gen N. hat einmal als GI gesagt, dass seine größte Sorge das „Harmoniebedürfnis“ in der Truppe sei. Nun lommt da eine IBUK und wagt in die Blase der selbstgefälligen Fleckttarn-Group-Think-Echokammer zu stechen und das Entsetzen und die Empörung a la „Was erlaube Strunz“ ist geraadezu gewaltig. Kann ja verstehen, dass einige nun bluten wegen dieser Blasenperforation, aber bitte blutet doch leise ;-)
@ klabautermann
lol
Ok, @klabautermann, Sie mögen schon mal keine Menschen. Auch das muss man aushalten. Warum Sie aber das, was ich schreibe als Versuch sehen, die eine Echokammer aufrecht zu erhalten, vermag ich nicht zu sagen.
@Klaus-Peter Kaikowsky – Nein, ich rechne nicht vor der Wahl damit. Ganz unabhängig von der Tatsache, dass bald wieder BT-Wahlen anstehen meinte ich einfach nur, dass ich nicht mit einem neuen IBuK rechne (wann immer der kommt und egal ob aufgrund vorzeitiger Ablösung oder wg. Neuwahl und evtl. Regierungswechsel o.ä.), der allen Erwartungen (und damit auch denen aus der Truppe) gerecht wird. Fairerweise sollte man wohl sagen: „…gerecht werden kann.“ Ich gehöre nicht zu denjenigen, die glauben, dass sie den Job besser machen würden. *Den* Job möchte ich nicht haben.
Sönke Marahrens | 01. Mai 2017 – 21:16
„Wieviele posten denn hier im Blog unter ihrem Klarnamen?“
Ein Klarname führt also zu wertvolleren, integeren Beiträgen. Das sieht mal mindestens der Hausherr anders.
„Und als nächste Frage Warum? Weil sie Repressalien fürchten? In einer Demokratie?“
Sie selbst schreiben ja auch von einem Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten. Selbstverständlich sind Repressalien zu fürchten: Stichwort „Beurteilung“. Alles andere hielte ich für eine naive Einschätzung.
Da könnte man übrigens auch mal ansetzen als IBuK.
Mit Blick auf die allgemeine Resonanz und bspw. die klaren Statements DBwV bin ich nicht sicher, ob es geschickt ist, die Ministerin in diesem Falle so einseitig und unter Klarname zu verteidigen.
@aufmerksam
Herr Wüstner hat seine Sicht der Dinge, ich meine!
Plurale Gesellschaft! Deswegen kündige ich aber nicht meine Mitgliedschaft im DBWV.
Einseitig bin ich doch nur, weil ich gerade nicht dem Mainstream folge…., oder?
Ich begreife es als Chance für die Bw, nicht als ihren Untergang, wie es einige hier befürchten.
@aufmerksam: Warum sollte es nicht geschickt sein, die Ministerin unter Klarnamen zu verteidigen? Weil sonst nämlich was droht?
@Sönke Marahrens | 01. Mai 2017 – 22:18
Wer ist für die VJTF verantwortlich? Ist eindeutig geregelt!
Sie haben mich schon verstanden.
Auftragstaktik heisst es sind Fehler in der Erfüllung der übergeordneten Ziele zu dulden, nicht aber dass sich ausserhalb der Absicht der übergeordneten Führung stellen und dann sich wundern, wenn man zur Rechenschaft gezogen wird.
Danke. Das hätte ich natürlich nicht gewusst.
Mithin einer der Gründe, warum der Begriff Auftragstaktik (den seine Gegner erfunden haben) heute gern durch Führen mit Auftrag ersetzt wird, das bedeutet eben mehr Kontrolle.
Aber das möchte ja niemand hören.
Dann ersetzen und kontrollieren Sie mal schön.
@ Sönke Marahrens |
„01. Mai 2017 – 21:29
@Blue Lagoon
Werden kann, nicht würde,
Sie hat es transparent gemacht,
Was wollen Sie denn nun? Ihre Vorurteile pflegen ?“
Haben Sie einen schlechten Tag gehabt ?
Habe ich Ihnen vors Knie getreten ?
Oder was soll diese Unterstellung ?
Sönke Marahrens | 01. Mai 2017 – 22:43
Schon klar, nur manchmal ist es im Leben wie auf der Autobahn, wenn einem ganz, ganz viele Autos entgegenkommen: in der falschen Richtung unterwegs.
…just saying…
Die online- Medien, die dieses Thema aufgegriffen haben, erfahren sehr viele Leserantworten. Es sieht nach einem ggü. der Ministerin sehr kritischen Meinungsbild aus.
Und sie selbst hat das Thema für den morgigen Dienstag als relevant gesetzt. Ohne Not. und sie wird erneut reagieren müssen.
@aufmerksam | 01. Mai 2017 – 22:36
„Mit Blick auf die allgemeine Resonanz und bspw. die klaren Statements DBwV bin ich nicht sicher, ob es geschickt ist, die Ministerin in diesem Falle so einseitig und unter Klarname zu verteidigen.“
Da muss ich aber @Sönke Marahrens beispringen!!
Auch wenn ich seine Meinung inhaltlich ablehne und (argumentativ) bekämpfe, so ist es doch sein gutes Recht das zu tun.
Zudem glaube ich an die Bundeswehr und kann mir nicht vorstellen, dass bei uns jemand wegen so etwas einen Nachteil unter Kameraden oder bei Vorgesetzten hat!
Und wenn es so wäre, dann müsste man es ja vielleicht gerade machen, oder?
Sascha Stoltenow | 01. Mai 2017 – 22:50
Weil kein Mensch eine Insel ist. Gerade nicht im hierarchischen, kameradschaftlichen, militärischen Kontext.
Und hier ist die Anonymität auch eine gute Fürsorgemaßnahme des Hausherrn.
„Droht“ ist als Begriff m.M.n. ohnehin zu hart. Aber: Kommunikation hat immer Folgen. Wissen Sie als PR- Profi viel besser als ich.
Die Ministerin ist klug, durchsetzungstark, mit dem Willen die Bundeswehr gut zu führen.
Das alles mit einem Apparat welcher kurz vor ihrer Übernahme zertrümmert wurde, dabei mit mehr Aufträgen, weniger Material und Personal zurecht kommen muss. Auch, dass die Inspekteure kaum noch Zugang zu ihr haben ist ein Ergebnis der Reform. Die Neuausrichtung, SAP, Pers-Reduzierung, Einsätze überfordern die Bw.
Die Frag ist, wer berät sie? Wer sagt ihr über welche Stöckchen sie springen muss?
Wer hat ihr Herr Pfeffer empfohlen? Wer lässt noch immer nach angeblicher Überprüfung Kasernen schließen? Wer berät sie beim zertrümmern unsere Dienstgradstruktur? Wer berät sie zu WDO/WBO? Wer legt ihr die Berichte der Wehrbeauftragten vor? Wer hat sie in der Vergangenheit beraten, wie man die Punkte des WB abarbeitet? Wer berät sie zu den Themen HPR/GVPA uvm?
@Elahan | 01. Mai 2017 – 23:12
„Die Ministerin ist klug, durchsetzungstark, mit dem Willen die Bundeswehr gut zu führen.“
Das ist sie zweifellos. Die Frage ist, ob sie versteht was es bedeutet die Bundeswehr zu führen und ob sie wirklich bereit ist, sich darauf einzulassen und ggf. ihre Bedürfnisse hinten an zu stellen…
„Auch, dass die Inspekteure kaum noch Zugang zu ihr haben ist ein Ergebnis der Reform.“
Das müsste nicht ansich schlecht sein, wenn ein selbstbewusster, militärischer Führungsrat den GI beraten würde und der GI auch nach innen und außen als echter „Chief of Defense“ aufträten würde/dürfte.
„Die Frag ist, wer berät sie? Wer sagt ihr über welche Stöckchen sie springen muss?“
Also ich höre aus dem BMVg (zwar zugegebener Maßen nur Gerüchte, aber immerhin von mehreren Seiten), dass sie von Anfang an ihre mitgebrachte bzw. handverlesene Mannschaft hat (hatte) und niemand außerhalb dieser Blase an sich heranlässt…
Vielleicht wacht die vertraute Runde der Morgenlage im Ministerbüro nun einfach mal auf und fängt an zu reflektieren. Wenn Wüstner alleine das schafft, bin ich ihm dankbar. @ Elahan liegt richtig. Nicht mal die ALs im BMVg haben regelmäßig Zugang, Ausnahmen bestätigen die Regel. Warten wir ab, wie es weitergeht. Der offene Brief reicht m.E. nicht.
Der Bw-Sprech kennt kein „geht nicht“, auch wenn es faktisch mal so ist.
Hohe Offiziere machten Karriere mit dem Hirnriss des dynamischen Verfügbarkeitsmanagement.
Wer das in Frage stellte wurde kaltgestellt …
Hier genau und exemplarisch setzte ja auch der Wehrbeauftragte an mit seinem Vorwurf der „degenerierten Fehlerkultur“ !
Mit Recht !!!
Wir haben es mit vielen Jahrgängen hoher Führer zu tun die soviele geworden sind wie nie zuvor in der Bw und mit der geringsten Truppenstärke.
Der deutsche Soldat und die Improvisation wurde und wird zur Tugend erhoben, gut so, aber sie wurde die Regel !!! Schlecht so !
Wer ernsthaft ändern will muß unsere Zentralisierung abschaffen und die Truppe wieder zur Truppe machen. So einfach die Erkenntnis, und doch so schwer …
Ein Haupttenor der meisten hier gelesen Kommentare laeuft darauf hinaus, wie unrecht die Verteidigungsministerin hat und wie unprofessionell sie ist.
Der andere ist der des voelligen Unverstaendnisses fuer den Inhalt des Briefes, das abstreiten der aufgezeigten Problematik, das verweisen auf Ursachen fuer Probelem ganz woanders -und im uebrigen keinerlei Berietschaft von sich aus etwas zur Besserung der Lage zu tun.
Leute, die immer genau wissen warum etwas nicht funktionieren kann und noch mehr weil es nicht geaendert werden kann, wenn es nicht von ihnen erfunden wurde, oder ihren Illusionen entspricht.
Also fuer mich sieht das alles aus wie quasi eine Bestaetigung der von der Ministerin angefuehrten Probleme aufgrund vorhandener Fuehrungsmaengel.
Beispiele von allesamt unqualifierten Luschen und Dummschwaetzern.
Welcher Extremismus ist gemeint? Wegen eines Falles, der wie angesprochen noch nicht einmal vollständig aufgeklärt ist, ein strukturelles Problem herbeizuschreiben ist sehr gewagt, da es sich eben auch negativ auf das herrschende Klima auswirken wird. Es wäre doch zumindest hilfreich, wenn man dies mit Daten untermauern würde.
Persönlich kann ich keinen Rechtsruck in der Gesellschaft feststellen, im Gegenteil: Vor ein paar Jahren hätte es bei der Zensur von „Hatespeech“ und dem Erzeugen von sog. chilling effects, da falsch positive Treffer keine Konsequenzen haben, starke Gegenwehr ggü. „Zensursula“ gegeben.
Medial hat die Zunahme des Boulevard-Journalismus und der damit einhergehen Fokussierung auf Feindbilder sowie entsprechendes Framing zu einer Verhärtung der Filterblasen geführt. Das genannte Ansprechen und Diskutieren von Missständen funktioniert nicht mehr.
@ KeLaBe 01. Mai 2017 – 19:56
Ich bin mit meiner Replik etwas spät; aber ich hatte bereits zu einem früheren Zeitpunkt versucht, meinen Beitrag zu posten; aber das ist, wie ich jetzt festgestelt habe, offenbar nicht gelungen.
Ihr Versuch, von der Diskussion des Führungsverhaltens der Ministerin dadurch abzulenken, dass Sie ein Problem Rechtsextremismus in der Bundeswehr suggerieren, ist so durchsichtig wie erfolglos. Die Bundeswehr hat viele Probleme, ein ernsthaftes Problem mit Rechtsextremismus habe ich jedenfalls in der Bundeswehr bislang nicht wahrgenommen. Auch aus der Berichterstattung der Medien oder den Einlassungen des WB gab es dafür außer dem allgemeinen Hinweis, dass Streitkräfte für Rechtsextreme attraktiv sein könnten, keine Anhaltspunkte. Ein einzelnes recht bizarres Vorkommnis, über das bisher wenig Erhellendes an die Öffentlichkeit gedrungen ist und möglicherweise auch nicht dringen wird, wie die Ministerin in ihrem Brief schon einmal vorsorglich feststellt, nun als Beleg für ein systemisches Versagen zu nehmen, ist schon sehr weit hergeholt. Dabei hat es rechtsextremistische Vorfälle wie auch Verstöße gegen die Prinzipien der InFü natürlich gelegentlich gegeben und wird es in einer Institution dieser Größe auch künftig geben. Daran kann auch ein zentralistisches Kontrollregime nichts ändern, das einer Institution, deren Führungskultur und Effizienz sehr stark von der Auftragstaktik bestimmt waren, ohnehin zutiefst fremd ist. Im Übrigen weise ich darauf hin, dass das negative Urteil der Ministerin über die Institution, an deren Spitze sie steht, ja bereits vor dem aktuellen Fall feststand: Ein verstaubter Club Gestriger.
Man fragt sich einigermaßen erstaunt, wie es dieser verstaubte Club Gestriger es geschafft hat, trotz vieler einschränkender Rahmenbedingungen seine vielfältigen Einsatzaufträge auch nach internationalem Urteil glänzend zu erfüllen und offenbar für andere europäische Nationen so attraktiv zu sein, dass diese bestrebt sind, enge Ausbildungskooperationen mit der Bundeswehr einzugehen und sogar eigene Truppenteile in deren Struktur einzugliedern.
Nach vielfältigem Lob aus den verschiedensten Lagern und auch aus dem Mund der Ministerin selbst kommt das jetzige abschätzige Pauschalurteil zur angeblich mangelhaften Haltung und groben Führungsmängeln auf verschiedenen Ebenen ziemlich aus heiterem Himmel und ist natürlich psychologisch verheerend – sowohl nach innen wie nach außen.
Das wichtigste in einer Institution wie den Streitkräften sind die Menschen. Wer führen will, darf das Vertrauen dieser Menschen nicht verspielen. Das hat die Ministerin getan und damit gegen den Führungsgrundsatz Nr. 1 verstoßen. Wer dann noch einen Kriminologen mit Untersuchungen in der Truppe betraut, als gelte es, verbrecherische Machenschaften aufzudecken, braucht nicht mehr zu versuchen, in einem öffentlichen Brief wieder um Vertrauen zu buhlen. Verspielt ist verspielt.
Die schon angekündigten Maßnahmen (Kontrollregime und Mikromanagement) zeigen darüber hinaus, dass die Ministerin ein weiteres grundlegendes Führungsprinzip deutscher Streitkräfte, um das sie vielfach beneidet werden, nicht verstanden hat: Die Auftragstaktik.
Und nicht zuletzt hat auch das Führen durch Beispiel einen hohen Stellenwert. Wer im Umgang mit seinem Führungspersonal selber gegen grundlegende Prinzipien der Menschenführung verstößt (ein Generalmajor, der die Ablösung von seinem DP aus dem Internet erfährt), darf sich nicht wundern, wenn auch in der Hierarchie weiter unten nicht alles perfekt nach den Grundsätzen der InFü läuft.
Die Bundeswehr hatte in ihrer Geschichte nur wenige Minister, die dieses Amt sehr kompetent ausgefüllt haben. Die unfähigen sind leider deutlich in der Überzahl. Seit Minister Struck gibt es auch keinen mehr, der ein Herz für die Truppe entwickelt hätte. Schlecht gefahren ist die Bundeswehr vor allem mit Ministern, die ihr Amt nur als Durchgangsstation zur Kanzlerschaft betrachtet haben. Die Namen brauche ich hier nicht zu nennen.
Frau von der Leyen hat durchaus vieles richtig gemacht. Sie ist klug, wirkt in der Öffentlichkeit charmant, ist rhetorisch gewandt und kann die Belange der Sicherheitspolitik überzeugend im politischen Raum und in der Öffentlichkeit vertreten. Auch die Trendwenden, die sie angestoßen hat, gehen ohne Zweifel in die richtige Richtung. Zu diesen positiven Aspekten kommt jedoch leider eine Eigenschaft, die man wohl als Charaktermangel betrachten muss: skrupelloser Ehrgeiz. Noch eine Legislaturperiode will Frau von der Leyen in diesem gefährlichen Amt nicht zubringen. Erstens muss irgendwann dann auch mal geliefert werden. Und Zweitens zeigen die aktuellen Fälle von Fehlverhalten in der Truppe, wie heiß der Schleuderstuhl als Verteidigungsministerin sein kann, zumal wenn man selbst die Dimension des Fehlverhaltens durch schlecht bedachte und unverantwortliche Äußerungen noch erhöht. Mit diesen Verunglimpfungen ihres gesamten Organisationsbereichs hat Frau von der Leyen einen grundlegenden Fehler begangen, der m.W. in der Geschichte der Bundeswehr einmalig ist. Ich kann nur hoffen, dass sich nicht nur der Bundeswehrverband, sondern auch die Inspekteure dagegen verwahren werden.
@ Paul Neef: es ist wie immer. 30% ist übertrieben, über 30% kann man sich streiten, aber an mindestens 30% ist stets etwas dran. Das betrifft alles, auch ihren Kommentar. Allerdings haben Sie sich im Ton vergriffen. Schade.
@Bluemoon
Anscheinend muss ich Ihnen vor das Knie getreten habe, in dem ich eine ihrer Aussagen korregiert habe.
Mit Sprichwörtern bin ich immer vorsichtig, da gibt es auch andere.
Das Thema ist von der Opposition auf die Tagesordnung gesetzt worden.
@FK70 | 01. Mai 2017 – 23:33:
Für mich wäre hierbei besonders interessant woher die These vom zu starken Korpsgeist kommt.
Gerade der Fall Franco A. hat nach den vorliegenden Informationen nichts mit Korpsgeist zu tun, sondern mit Befolgung der WDO. Die Nichtabgabe an den MAD ist nicht kein Symptom von übersteigertem Korpsgeist, sondern wohl eher der Verwaltungsmentalität. Der Vorgang wird mit einem Minimum an bürokratischem Aufwand gelöst.
Sofern die anderen Fälle anders liegen, dann wäre zuächst eine Sachaufklärung notwendig und dann eine öffentliche Feststellung.
Mir ist weiterhin nicht klar welche Rolle der GI im inneren Zirkel spielt (u.a. Morgenlage). Er scheint hier aber deutlich weniger Einfluss zu haben als Flosdorf.
@Memoria
Die WDO ist eben nach oben hin reichlich ausgehöhlt. Ich habe es schonmal geschrieben und ich wiederhole es gerne: wenn der RB im Kdo dem Disziplinarvorgesetzten empfiehlt doch eher Unterlagen zu fälschen als den Fall zu verfolgen, wenn selbst Generale Petenten anrufen und sie bitten ‚doch bitte zwischen den Zweilen zu lesen, die Untersuchung sei der der Karriere des Genstlers hinderlich‘ und auch der WB letztlich in solchen Fällen die Waffen strecken muss, weil er bei einem hinreichenden Mangel an Kooperation des BMVg recht wenig machen kann…
Grade mit Ämtern und Komandos habe ich eine Erledigungsmentalität erlebt, die einfach unerträglich war – da ging es weniger darum, Fälle korrekt zu bearbeiten, als darum, sie mit minimalen Aufwand aus der Welt zu schaffen.
Aber: und das ist das Lustige daran: ich habe auch die Doppelmoral einer Frau vdL erlebt und Ihre Priorisierung der Bearbeitung von Eingaben – um nicht zu sagen: mit welchen Lappalien sie sich aus verschiedenen Gründen persönlich befasst hat während wirklich wichtige Themen dann halt von Subalternen weggebügelt wurden.
Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass sich daran absehbar etwas ändern würde – dazu müsste man in einem Maße in dem Laden Denkstrukturen ändern, das man personell einfach nicht leisten kann.
@HKL
Hmm, mein Kommentar ist also durchsichtig. Und was sehen Sie da, außer der Sorge um die innere Verfassung der Bundeswehr in ohnehin schon schwierigen Zeiten?
Ich gestehe Ihnen ja gern den Glauben zu, alles sei doch wunderbar und bedürfe keiner weiteren Beachtung. Die Bundeswehr sei vielmehr alles andere als ein Spiegelbild der Gesellschaft, in der extremistisches Denken aller Richtungen bekannterweise wieder eine Renaissance erlebt. Und Gegenteiliges in der Truppe seien allenfalls bedauerliche Einzelfälle. Mir ist eine solche Auffassung zu einfach. Es fragt sich nur, wie man mit dem Thema sinnvoll umgeht.