GI soll militärisches Umfeld von Offizier-als-Syrien-Flüchtling durchleuchten (m. Transkript)

Parallel zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen einen Bundeswehr-Oberleutnant, der sich bei deutschen Behörden als syrischer Flüchtling ausgab, durchleuchtet die Bundeswehr die Beziehungen des Offiziers innerhalb der Truppe. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen habe Generalinspekteur Volker Wieker angewiesen, unabhängig von den strafrechtlichen Untersuchungen das militärische Umfeld des Beschuldigten zu beleuchten, sagte Ministeriumssprecher Jens Flosdorff am (heutigen) Freitag vor der Bundespressekonferenz in Berlin. Die Ermittler hatten am (gestrigen) Donnerstag darauf verwiesen, dass es Anhaltspunkte gebe, die für einen fremdenfeindlichen Hintergrund des Bundeswehrsoldaten sprechen.

Nähe Angaben zu Erkenntnissen der Bundeswehr zu diesem Vorfall wollte Flosdorff unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main nicht machen. Er verwies lediglich darauf, dass der Soldat, der beim Jägerbataillon 291 in Illkirch bei Straßburg stationiert war, bisher nicht auffällig geworden sei. Auch die Sicherheitsüberprüfung bei der Einstellung vor acht Jahren habe keine ungewöhnlichen Ergebnisse gebracht. Unklar blieb dabei, ob es noch spätere Sicherheitsüberprüfungen des Offiziers gab.

Laut Bundesinnenministerium wurde der 28-jährige nicht, wie in einigen Berichten gemeldet, als Asylberechtigter anerkannt. Ihm sei aber nach einer Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 2016 subsidiärer Schutz als Kriegsflüchtling aus Syrien zugebilligt worden, sagte Ministeriumsprecher Tobias Plate: Diese Entscheidung war falsch. Ministerium und BAMF würden nun jeden Stein umdrehen, bis geklärt sei, wie es zu diesem Fehler kommen konnte. Das Problem seien nicht strukturelle Mängel im Asylverfahren, sondern offensichtlich nicht beachtete Vorschriften. Der Deutsche, der inzwischen in Untersuchungshaft sitzt, sprach offensichtlich nur wenig Arabisch und konnte sich dennoch als Syrer ausgeben.

Nachtrag: Das Transkript der Aussagen von Flosdorff und Plate in der Bundespressekonferenz:

Plate: Ich habe heute aktiv etwas mitgebracht zu dem Fall des Bundeswehr-Soldaten, der sich ja – wie man lesen kann – im Asylverfahren als Syrer ausgegeben hat und anerkannt worden ist. Dazu habe ich Folgendes vorzutragen:

Der Verdächtige wurde im Rahmen seines Asylantrages ordnungsgemäß erkennungsdienstlich behandelt und mit sicherheitsbehördlichen Datenbanken abgeglichen. Es gab seinerzeit keine Treffer. Im November 2016 wurde er im BAMF angehört. Das war nach der Phase sehr hoher Zahlen Schutzsuchender, in der von einer besonderen Belastung der beteiligten Stellen gesprochen werden konnte. Auf Basis dieser Anhörung wurde ihm subsidiärer Schutz zuerkannt. Diese Entscheidung war falsch. BMI und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge werden jetzt jeden Stein umdrehen, bis wir wissen, wie es dazu kommen konnte und, wenn es Mängel gibt, diese abstellen. Wie es zu diesem Fehler kommen konnte, ist darüber hinaus ja auch Gegenstand der laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, die das BMI und das BAMF selbstverständlich intensiv unterstützen.

Wir haben in den letzten zwei Jahren sehr großen Wert darauf gelegt, an verschiedenen Stellen zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen ins Asylverfahren einzuziehen. Wir haben dafür gesorgt, dass keine Asylentscheidungen ohne eine persönliche Anhörung getroffen werden können. Wir haben für eine frühzeitige und lückenlose biometrische Registrierung aller Schutzsuchenden gesorgt. Im Rahmen dieser Registrierung erfolgt stets ein Abgleich mit den sicherheitsbehördlichen Datenbanken. Mit dem Datenaustauschverbesserungsgesetz und dem Ankunftsnachweis haben wir eine zentrale biometrische Datenbank geschaffen, auf die alle Behörden zugreifen können, die dies für ihre Aufgaben können müssen. Wir haben ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die Möglichkeit enthält, bei Zweifeln über die Identität von Asylbewerbern und/oder ihre Staatsangehörigkeit ergänzend ihre Handys auszulesen.

Dieser Fall zeigt erneut, dass es das Missbrauchspotenzial gibt, das uns zu all diesen Maßnahmen veranlasst hat. Sie waren richtig und notwendig, auch wenn sie den konkreten Fall nicht verhindern konnten.

Unsere bisherigen Erkenntnisse stützen nicht die These struktureller Mängel im Asylverfahren. Es scheinen vielmehr etablierte und zwingende Sicherheitsvorkehrungen, die allen Beteiligten hätten bekannt sein müssen, nicht befolgt worden zu sein. Wir werden jetzt gemeinsam jeden einzelnen Verfahrensschritt daraufhin ausleuchten, ob weitere Verbesserungen notwendig sind und wenn ja, welche.

Frage: Ich habe in diesem Zusammenhang eine Frage an den Sprecher des Verteidigungsministeriums. Es heißt, es seien diverse Waffen bei dem Soldaten gefunden worden. Können Sie uns sagen, welche Waffen das sind und woher sie stammen?

Meine zweite Frage ist: Haben Sie eine Erklärung dafür, dass dieser Soldat im Bereich der Bundeswehr bei seinen Dienstvorgesetzten nicht mit seinem Doppelleben und seinen augenscheinlich fremdenfeindlichen Einstellungen aufgefallen ist?

Flosdorff: Sie wissen ja – es hat ja gestern eine Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft gegeben -, dass gegen einen Soldaten der Bundeswehr wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ermittelt wird. Diese Ermittlungen laufen ja schon seit einigen Wochen und werden unsererseits intensiv unterstützt.

Es wird Sie jetzt nicht überraschen, dass die Frage, die Sie stellen, die laufenden Ermittlungen betrifft und ich Ihnen jetzt keine Informationen geben kann, die aufgrund der federführenden Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main noch weiter ausermittelt werden.

Sie haben ja mitbekommen, dass es in dieser Woche Untersuchungen gegeben hat – Befragungen, Festnahmen, auch Feststellung von Beweismaterial. Die Auswertung dieses Beweismateriales läuft in Federführung der Staatsanwaltschaft, also nicht der Bundeswehr selber.

Ich kann Ihnen von Seiten des Verteidigungsministeriums und für die Bundeswehr sagen, dass wir seit Beginn der Ermittlungen im Februar intensiv und eng mit der federführenden Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten und sie unterstützen, wo immer es geht, auch bei allen Ermittlungen. Unabhängig davon hat die Verteidigungsministerin den Generalinspekteur angewiesen, das militärische Umfeld des Beschuldigten zu beleuchten und gegebenenfalls in Rede stehende extremistische und fremdenfeindliche Tendenzen innerhalb dieses Umfeldes aufzuklären.

Ich kann Ihnen zu der technischen Frage, warum so etwas nicht auffällt, Folgendes sagen: Bei Soldaten ist das wie bei zivilen Beschäftigten. Auch dort gibt es keine permanente Anwesenheitspflicht. Es gibt Urlaub. Es gibt Feierabend. Es gibt Wochenenden, an denen sie nicht an den Standort gebunden sind. Bisher gab es bei dieser betreffenden Person keine Auffälligkeiten. Es gab eine Sicherheitsüberprüfung nach der Einstellung, wie es Usus ist. Allerdings liegt diese Einstellung ja auch schon acht Jahre zurück.

Für weitere Informationen zur Person würde ich jetzt gern „unter drei“ gehen.

Vors. Welty: Dann gehen wir „unter drei“ und unterbrechen die Ton- und Bildübertragung.

– Es folgt ein Teil „unter 3“ –

Vors. Welty: Dann sind wir wieder „unter eins“.

Frage: Herr Plate, können Sie sagen, wann die nachträgliche umfangreiche Überprüfung aller Asylverfahrensanträge abgeschlossen ist oder läuft sie gar nicht?

Plate: Ich weiß nicht so ganz genau, wovon sie reden. Also für eine nachträgliche Überprüfung aller Asylbescheide – so muss ich Sie wahrscheinlich verstehen – gibt es keine Rechtsgrundlage. Das ist in einem Rechtsstaat anlasslos so nicht möglich.

Richtig ist aber, dass überall dort, wo Anhaltspunkte sind – das ist natürlich ein Verfahren, das in dem Sinne niemals abgeschlossen ist, weil es ja immer wieder neue Anhaltspunkte geben kann -, die Überprüfung ebenso intensiv wie zeitnah vorgenommen wird. Ich denke, das müsste Ihre Frage beantworten.

Zusatzfrage: In der Vergangenheit hatte der Bundesminister Müller und jetzt hat der bayerische Landesminister die nachträgliche Überprüfung gefordert. Habe ich das richtig verstanden, das sind dann Forderungen ohne Rechtsgrundlage?

Plate: Die Forderungen liegen mir jetzt im Einzelnen nicht vor. Jüngere Forderungen, die Herr Hermann offenbar erhoben hat, scheinen mir auf einer Grundlage erhoben worden zu sein, die möglicherweise so nicht besteht. Ich meine, es ist ja hier gar kein Fall, der im schriftlichen Verfahren entschieden worden wäre. Wenn ich Herrn Hermann richtig verstanden habe, dann hat er diesen Fall zum Anlass genommen die Forderung aufzustellen, dass man sich die Leute vorher genau ansehen und, wenn das nicht geschehen ist, das Ganze gegebenenfalls noch einmal überprüfen muss.

Hier ist es ja so, dass dieser Fall nach einer persönlichen mündlichen Anhörung entschieden worden ist, sodass man sagen muss: Politische Forderungen sind immer dann besonders gut zu erheben, wenn sie auf Grundlage eines gesicherten Sachverhalts gestellt werden. Also möchte ich, ehrlich gesagt, nicht bewerten, wie sich diese Forderungen, die mir, wie gesagt, im Einzelnen nicht vorliegen, in unsere Rechtsordnung einpassen. Richtig ist jedenfalls das, was ich vorhin gesagt habe, dass eine anlasslose Überprüfung aller Asylbescheide jedenfalls nach dem geltenden Recht nach meiner Kenntnis keine Grundlage hat.

Zusatzfrage: Ich habe das nur gefragt, weil ja Herr Herrmann der nächste Bundesinnenminister wird. Deswegen frage ich mich schon, ob er als Politiker Forderungen aufstellt, die keine Rechtsgrundlage haben. Dann müsste man ja von Amts wegen gegen den Mann vorgehen.

Plate: Ich glaube, eine Frage an mich war das nicht. Deswegehen sehe ich mich auch nicht zu einer Antwort aufgerufen.

Frage : Herr Plate, die „Hessenschau“ berichtet, dass der verdächtige Soldat nur subsidiären Schutz bekommen hat und kein Asyl. Können Sie das bestätigen?

Herr Flosdorff, laut „Tagesschau“ hat der MAD Mitwisser im Kameradenkreis der Bundeswehr bestätigt. Können Sie uns das bestätigen? Wenn ja, wie viele Mitwisser gab es?

Plate: Vielleicht ganz kurz zunächst zu der Frage, die an mich gerichtet war. Es ist richtig. Er hat subsidiären Schutz bekommen. Das habe ich, glaube ich, gerade auch im Rahmen meines aktiven Vortrages gesagt.

Zuruf : Da hatte ich nicht richtig zugehört.

Plate: Das kann ich gern noch einmal bestätigen. So ist es.

Flosdorff: Ich weiß nicht, was die Quelle der „Tagesschau“ ist. Die Ermittlungen führt nicht federführend die Bundeswehr und auch nicht der MAD. Natürlich tauschen sich die Behörden intensiv aus und arbeiten zusammen. Hier handelt es sich um Details, die ausermittelt werden durch die Auswertung von Handys, Informationstechnik, Computer, Daten. Ich kann Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, mit wie vielen Personen der Beschuldigte in Kontakt stand. Es wird in alle Richtungen ermittelt.

Ich habe Ihnen ja eben auch schon gesagt, dass die Ministerin den Generalinspekteur angewiesen hat, das militärische Umfeld des Beschuldigten innerhalb der Bundeswehr intensiv auszuleuchten, insbesondere mit dem Fokus, festzustellen, ob es dort auch weitere fremdenfeindliche beziehungsweise extremistische Tendenzen gibt.

Zusatzfrage : Wurden denn schon irgendwelche anderen potenziellen Mitwisser, Soldaten oder Kameraden suspendiert oder festgenommen?

Flosdorff: Ich muss Sie bitten, sich mit diesen Fragen an die federführende Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main zu wenden. Ich darf Ihnen hier gar keine Details, die solche Ermittlungen betreffen, nennen.

Frage: Herr Plate, Sie haben gerade gesagt, es sei ein Fehler gewesen, dass ihm, wenn ich das richtig verstanden habe, subsidiärer Schutz zugewiesen worden ist. Was war da genau der Fehler?

Herr Flosdorff, wie bewertet die Bundeswehr das abseits der Festnahme? Es ist ja eine relativ lange Zeit zwischen dem Waffenfund und der jetzigen Festnahme vergangen. Wie gefährlich war das eigentlich für das Innenleben der Bundeswehr, wenn jemandem illegaler Waffenbesitz nachgewiesen wird und nachher noch rechtsradikale Tendenzen aufgetreten sind? Gab es da auch eine Gefährdung innerhalb der Bundeswehr? Er war ja bis Mittwochmorgen ganz normal als Soldat aktiv, sogar in Hammelburg in der Einzelkämpferausbildung.

Plate: Vielleicht zunächst zu dem, wonach Sie mich gefragt haben: Ich kann jetzt natürlich mit Blick auf die laufenden Ermittlungen nicht ganz ins Detail dieser Anhörung gehen, wenn Sie das interessiert. Aber das, was ich sagen kann, reicht, glaube ich, aus, um relativ klar festzustellen, dass das Ergebnis des Asylbescheids falsch ist. Er ist nämlich kein syrischer Staatsangehöriger und auch kein sonstiger ausländischer Staatsangehöriger, sondern deutscher Staatsangehöriger, und für einen solchen ist die Gewährung subsidiären Schutzes im Asylverfahren definitiv ein nicht richtiges Ergebnis.

Flosdorff: Ich darf Ihnen dazu sagen, dass dieser betreffende Soldat natürlich seit dem ersten Kontakt, nachdem die federführenden ermittelnden Behörden, die auch das ganze Verfahren angestoßen haben, die Bundeswehr und die zuständigen Überwachungsbehörden innerhalb der Bundeswehr informiert haben – seit dem Beginn des Februars -, unter intensiver Beobachtung stand. Es gibt natürlich ein berechtigtes Interesse der ermittelnden Behörden daran, dass es auch zeitlich die Gelegenheit gibt, intensiv die Hintergründe zu ermitteln, bevor Aktionen und Ermittlungen öffentlich werden und dann auch dem Beschuldigten selbst bekannt werden.