Nachgetragen: Sexuelle Belästigung in der Truppe – Tagesbefehl & ‚Offener Brief‘
Dass Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen den Umgang in der Truppe und vor allem die Auseinandersetzung mit sexueller Belästigung und Mobbing zu einem wichtigen Thema gemacht hat, ist weder neu noch überraschend – und angesichts der diversen so genannten Einzelfälle, die immer wieder bekannt werden, offensichtlich auch nötig. Interessant ist allerdings, dass die Ministerin dabei nicht nur das Grundsätzliche im Auge hat (wie beim Workshop Sexuelle Orientierung und Identität in der Bundeswehr Ende Januar, siehe Foto oben), sondern auch bei einzelnen Fällen (das ist was anderes als Einzelfälle!) nach innen wie nach außen Stellung bezieht.
Aktuelles Beispiel dafür ist ein Fall der sexuellen Belästigung einer Soldatin – und von der Leyen nahm dazu am 21. März in einem Offenen Brief Stellung, der zuvor auch als Tagesbefehl im Intranet der Bundeswehr veröffentlicht worden war. Ihre Kritik richtete sich dabei nicht nur nach Innen, sondern auch an eine Staatsanwaltschaft die in diesem Fall ermittelt hatte – vermutlich deshalb diese etwas ungewöhnliche Form der Publikation. Aus dem vom Ministerium veröffentlichten Wortlaut:
Nun hat mich eine umsichtige militärische Gleichstellungsbeauftragte auf den Fall einer Soldatin hingewiesen, die von einem Kameraden körperlich bedrängt und sexuell belästigt wurde. Und dies zur Anzeige brachte – wie ich finde, der richtige Weg. Was dann folgte, möchte ich als Vorgesetzte aller Soldatinnen und Soldaten wie zivilen Beschäftigten der Bundeswehr nicht unkommentiert stehenlassen. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein. Zu der Bewertung kann sie als unabhängige Behörde kommen.
Was aber völlig inakzeptabel ist, ist die Wortwahl, mit der die zuständige Staatsanwaltschaft ihre Entscheidung gegenüber der betroffenen Soldatin begründet:„Bei dem von Ihnen beschriebenen ,Imponiergehabe‘ des Beschuldigten (Posen, Muskelspiel, Aufforderung zum Sex, Griff an das Gesäß) ist jedoch nach allgemeinem (vorwiegend männlichem) Verständnis davon auszugehen, dass der Beschuldigte sein ,Interesse‘ an Ihnen damit kundtun und nicht, dass er Sie beleidigen wollte.“
Mit dieser Einschätzung bedeutet die Staatsanwaltschaft letztendlich einer Soldatin, sie müsse sich übergriffiges und unverschämtes Verhalten von Kameraden gefallen lassen, weil ein Griff ans Gesäß nach „vorwiegend männlichem Verständnis“ nicht beleidigend gemeint sei. Solche Interpretationen sind abenteuerlich und aus der Zeit gefallen. Denn sie machen den Mut zunichte, sich gegen sexuelle Belästigung zu wehren, und zerstören das Vertrauen von Opfern sexueller Übergriffe, an übergeordneter Stelle Verständnis und Schutz zu finden. Und es signalisiert potenziellen Tätern, dass Übergriffe schon okay sind, wenn es „nur“ darum geht, „Interesse“ an einer Frau oder einem Mann zu bekunden.
Ich möchte hier klarstellen: Für mich ist der Fall, so wie ihn die Gleichstellungsbeauftragte an mich herangetragen hat, – unabhängig von der Bewertung ziviler Instanzen – vor allem auch ein grober Verstoß gegen die Pflicht zur Kameradschaft. Und ich dulde in der Bundeswehr kein Verhalten, das die Würde, die Ehre und die Rechte auf sexuelle Selbstbestimmung von Soldatinnen oder Soldaten und der zivilen Beschäftigten verletzt. Ich sehe alle Vorgesetzten in der Pflicht, diesen Werten im Alltag Geltung zu verschaffen – unabhängig von der neuen Möglichkeit der Ansprechstelle im Ministerium, an die sich Betroffene jederzeit auch in solchen Fällen wenden können.
Wer glaubt, da habe eine Frau einer anderen beistehen wollen, es sei deshalb nicht weiter bedeutsam, sollte vielleicht kurz einen Blick auf einen anderen Einzelfall werfen: In diesen Tagen wurde, zuerst berichtet in der Süddeutschen Zeitung (Link aus bekannten Gründen nicht), der erwartete Bericht des Ministeriums an den Verteidigungsausschuss zu einem Vorfall beim Gebirgsjägerbataillon 231 in Bad Reichenhall bekannt. Dort hatte es ebenfalls sexuelle Belästigungen gegeben, und Ziel war offensichtlich ein Mann.
Aus dem Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs Markus Grübel vom 20. März an den Ausschuss:
Zum Einzelfall: Obergefreiter XX [Namenskürzel geändert, T.W.] hat sich am 5. Oktober 2016 mit einer Eingabe an den Wehrbeauftragten des Bundestages gewandet, weil er nach seinem Truppenpraktikum beim Lufttransportgeschwader 62 die Rückkehr in seine Stammeinheit, der 4. Kompanie des Gebirgsjägerbataillons 231 (GebJgBtl 231), nach Bad Reichenhall fürchtete. Dort sei er zwischen November 2015 und September 2016 durch Mannschaftssoldaten und vereinzelte Vorgesetzte (Ausbilder) seines Zuges mehrfach diskriminiert sowie verbal und tätlich sexuell belästigt und genötigt worden.
(…)
Diese Vorfälle sind – im Gegensatz zu den Vorkommnissen beim Ausbildungszentrum Spezielle Operationen in Pfullendorf – einer Teileinheit zuzuordnen. Die Ermittlungen laufen gegen 14 Beschuldigte, davon zwei Feldwebel, zwei Unteroffiziere ohne Portepee und 10 Mannschaftssoldaten.
Der damalige Teileinheitsführer wurde Mitte Dezember 2016 aus seiner Funktion herausgelöst.
(…)
Die Gleichstellungsvertrauensfrau des GebJgBtl 231 kam zum Ergebnis, dass es keinerlei Anhaltspunkte zu möglichen Verfehlungen gegen weibliche Soldaten gibt.
Ob der – schon länger erwartete – Bericht zu Bad Reichenhall, zusammen mit der erwähnten Information einer Gleichstellungsbeauftragten, die Ministerin zu ihrer Mahnung an die Truppe veranlasst hat, ist Spekulation. Aber für von der Leyen scheint sich da ein Bild zu verdichten. Deshalb darf man gespannt sein, wie das Ergebnis der derzeit laufenden Analyse der Inneren Lage der Bundeswehr ausfallen wird, auf die auch Grübel in seinem Schreiben noch mal hinwies.
Hm könnte man sich mit der Begründung der Staatsanwaltschaft gegen potentielle juristische und/oder disziplinarische Maßnahmen verteidigen, wenn jemand wie ein klassischer Ehrenmann auf diese Übergriffe gegen Kameraden und/oder Damen reagiert hätte?
Also der Gemobbte wurde versetzt?
Klarer Beweis, das die Ombudsstelle und ihre Vollmachten unnötig und überflüssig sind. Not!
Die Formulierung im Brief scheint wohl ein mehrfach genutzter Textbaustein einer Mitarbeiterin der Staatsanwaltschaft Oldenburg gewesen sein und nicht zum ersten mal für Aufregung gesorgt haben.
Trotzdem ein Hohn für alle Betroffen und völlig inakzeptabel. Egal ob an Silvester in Köln, bei einem Fest auf einem Fliegerhorst oder an jedem anderen Ort.
Dieser offene Brief erscheint mir völlig überflüssig und ich habe den Verdacht, daß die Ministerin vergessen hat, vor der Veröffentlichung des offenen Briefes ihre Rechtsberater zu fragen(oder daran zu denken, daß sie vermutlich im Bundekabinett auch über die Strafrechtsänderung abgestimmt hat), weil sonst hätten diese die Ministerin darauf hingewiesen, daß seit dem 10.11.2016 der neue Strattatbestand der Sexuellen Belästigung existiert § 184 i StGB, welcher körperliche Berührungen in sexueller Absicht ausdrücklich unter Strafe stellt. Denn eigentlich wäre es logisch gewesen in dem offenen Brief darauf hinzuweisen, daß sich dies nicht wiederholen kann, weil an das Gesäß fassen mittlerweile eindeutig strafbar ist.
Vor dem 10.11.2016 war sexuelle Belästigung nicht generell strafbar, sondern nur wenn es eine Beleidigung war, aber dies setzte voraus, daß der Täter beleidigen wollte. Und in dem von der Staatsanwaltschaft eingestellten Verfahren, soll der Täter nicht habe beleidigen wollen, als er das Opfer begrabschte.
Hier hätte ein Hinweis der Ministerin auf die geänderte Gesetzeslage ausgereicht. Eine ausführliche Stellungnahme der Ministerin zu dem Fall bei den Gebirgsjägern, wo der Mißbrauch 10 Monate lang erfolgt sein soll, hätte ich für wichtiger empfunden.
Na ja, im Zeitalter von Diversity Managment zur Ausschöpfung aller demographischen Potenziale ist sexuelle Belästigung, Mobbing etc. eben kein betriebliches Tabu- sondern in erster Linie Führungsthema und allenfalls in zweiter Linie ein Justiz-Thema.. Das ist nun einmal die „message“ von UvdL „an die Linie“ und das setzt sie mit ihren Möglichkeiten eben durch. Und imho kritisiert sie auch zu recht die Formulierung der Verfahrenseinstellung durch die Staatsanwaltschaft, die sich ja auch darauf hätte beschränken können, dass der (damals) strafrechtlich relevante Beleidigungstatbestand als nicht nachweisbar ermittelt worden ist. Diesen imho recht chauvinistisch klingenden Tenor hätte sich die Staatsanwaltschaft sparen können….
@Klabautermann: + 1
Habe bald Dienstantritt und am Tag der Musterung war Stauferkaserne und jetzt das. / öhh
Also, so ganz schlau werde ich aus dem Zitat nicht!?
Dort steht doch: “ Bei dem von ihnen beschriebenen ‚Imponiergehabe‘ des Beschuldigten
(Posen, Muskelspiel, Aufforderung zum Sex, Griff an das Gesäß)“
Dort steht nicht! Das er an ihr Gesäß gegriffen hat! Dort ist von Imponiergehabe die rede. An wessen Gesäß hat er den nun gegriffen?
Wenn er an sein eigenes Gesäß gegriffen hat, was sollte denn dann die Staatsanwaltschaft anderes machen!?
Also, vorneweg: Derlei pubertäres Machogehabe ist nicht tolerabel. Das könnte die Ministerin auch in diesem Duktus deutlich sagen.
Hinsichtlich Staatsanwaltschaft: Mich würde die gesamte Begründung interessieren. Denn in der Tat dürfte es schwer sein, „Posen, Muskelspiel, Aufforderung zum Sex, Griff an das Gesäß“ als Beleidigung zu ahnden. Dann könnte man(n) sich demnächst beleidigt fühlen, wenn ihn eine etwas zu deutlich geschminkte Frau „anmacht“. Nicht jeder „Blödsinn“ ist gleich strafbar und das ist gut so.
Ein Griff an das (fremde) Gesäß kann (und sollte!) als sexuelle Belästigung geahndet werden. Warum hat die Staatsanwaltschaft hier nicht weiter geprüft? Beweislage?
@Mike
Gesetzeslage? MKn ist sowas noch nicht sehr lange strafbar, wenn überhaupt.
@closius: „[…] neuer Straftatbestand […]“
Eben: Im Strafrecht ist es so, dass Tatbestände nach den Rechtsgrundlagen bewertet werden die zum Zeitpunkt der Tat Geltung hatten. D. h., wenn das übergriffige Verhalten vor der Reform vom 10.11.2016 stattfand, sind die neuen Vorschriften eben nicht anwendbar.
Schon deshalb ist der offene Brief der Ministerin keineswegs überflüssig.
Ich sehe den Brief als ein deutliches Zeichen, daß das Verhalten inakzeptabel ist und unabhängig von wie auch immer gearteter Rechtssprechung Betroffene dies auf keinen Fall hinnehmen müssen. Viel mehr möchte sie damit Mut machen, solche Fälle öffentlich zu machen.
@ closius: ob der Täter beleidigen wollte oder nicht, ist für die Betroffene egal. Aus eigener Erfahrung (nicht BW) kann ich sagen, daß begrapscht werden immer einfach nur widerlich und absolut besch***en ist. Gerade die Tatsache, daß es als „Balzverhalten“ zu tolerieren war ist sowas von daneben, daß ich da keine „anständigen“ Worte für finde. Die Änderung der Gesetzeslage war mMn mehr als überfällig. Und wie von der Leyen auch schreibt, die Würde, Ehre und sex. Selbstbestimmung eines Menschen gleich welchen Geschlechts etc. sollte selbstverständlich sein. Aus diesem Grund sehe ich im Gegensatz zu Ihnen den Brief nicht als überflüssig an. In der Tat hätte sie aber den Vorfall in Bad Reichenhall mit einbeziehen können. Allerdings schreibt sie auch explizit von „Soldatinnen und Soldaten“ (und den zivilen Beschäftigten).
@closius | 22. März 2017 – 14:25
„Dieser offene Brief erscheint mir völlig überflüssig und ich habe den Verdacht, daß die Ministerin vergessen hat, vor der Veröffentlichung des offenen Briefes ihre Rechtsberater zu fragen“
+1
Der Brief der Staatsanwaltschaft Cloppenburg ist in der Onlineausgabe der NOZ im Wortlaut abgedruckt und liest sich im Gesamtkontext deutlich anders, als die Zeilen der Ministerin es zumindest suggerieren:
“Sehr geehrte Frau _______, soweit Sie gegenüber Hauptmann ______ davon berichtet haben, dass der Beschuldigte Sie während eines Festes bedrängt und belästigt hat, ist mir der Vorgang zuständigkeitshalber vorgelegt worden zur Prüfung einer strafrechtlichen Verfolgung. Ich habe den Sachverhalt überprüft, jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Anklageerhebung gefunden. Nicht jedes unverschämte und aufdringliche Verhalten ist zugleich auch eine Straftat im zivilen Leben. Eine sexuelle Nötigung liegt nur dann vor, wenn ein Täter/eine Täterin mit Gewalt oder unter Androhung von Gewalt sexuell erhebliche Handlungen erzwingt. Ein Kuss oder ein Anfassen oberhalb der Bekleidung, auch an intimen Stellen, fallen regelmäßig nicht unter den Begriff „sexuell erhebliche Handlung“. Auch ist eine kurze Umarmung gegen den Willen einer Person nicht als Gewalt im Sinne des Strafgesetzbuches zu werten. Eine Beleidigung liegt nur dann vor, wenn der Täter/die Täterin einen anderen Menschen in seiner Ehre verletzen und kränken will. Bei dem von Ihnen beschriebenen „Imponiergehabe“ des Beschuldigten (Posen, Muskelspiel, Aufforderung zum Sex, Griff an das Gesäß) ist jedoch nach allgemeinem (vorwiegend männlichem) Verständnis davon auszugehen, dass der Beschuldigte sein „Interesse“ an Ihnen damit kundtun und nicht, dass er Sie beleidigen wollte. Zumindest wird man ihm nicht das Gegenteil beweisen können, auch wenn Sie sein Verhalten sicher anders empfunden haben. Vor diesem Hintergrund ist das Verhalten des Beschuldigten sicher als übergriffig, distanzlos und unverschämt zu werten. Möglicherweise ist dies auch wehrdisziplinarisch zu ahnden. Nach dem zivilen Strafgesetzbuch ist eine Verurteilung wegen einer Straftat jedoch nicht zu erwarten. Ich habe das Verfahren deshalb eingestellt. Gegen diesen Bescheid können Sie binnen zwei Wochen nach Bekanntgabe Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft Oldenburg, Mozartstraße 5, 26135 Oldenburg, einlegen. Die Beschwerde muss innerhalb der angegebenen Frist bei dieser Behörde oder bei der Staats-anwaltschaft Oldenburg eingegangen sein. Durch diese Einstellung werden mögliche zivilrechtliche Ansprüche nicht berührt. Sie müssten sie jedoch selbst gesondert geltend machen. Hochachtungsvoll“
[Normalerweise sprengt ein „Zitat“ in dieser Länge den Rahmen des Zitatrechts – da es sich nicht um einen redaktionellen Text handelt, sondern die Wiedergabe der Aussage der Staatsanwaltschaft, ist das ausnahmsweise ok… Aber bitte nicht zur Regel machen. T.W.]
Dieser Brief ist überflüssig und scheinbar schlecht abgestimmt. Wann ist zuletzt ein Mitglied der Bundesregierung eine Staatsanwaltschaft derart angegangen?
Interessante Einblicke bietet der Artikel aus der heutigen „Neuen Presse“, der seit 18:35 online ist.
Da ist von Halbwahrheiten die Rede. Zitat: „Die Juristin schrieb aber auch: Das Verhalten des Soldaten sei „übergriffig, distanzlos und unverschämt“. Dazu der Hinweis: „Möglicherweise ist das wehrdisziplinarisch zu ahnden.“ Also von der Bundeswehr selbst.“
@Mike:
Die ausführlichere Begründung der Staatsanwaltsschaft gibt es bei DRadio Wissen, einfach nach „An den Hintern fassen ist „Interessens- bekundung“ “ suchen.
Im Kontext liest sich auch der von der Ministerin zitierte Auszug weniger scharf und deplatziert nach meinem Eindruck.
[Deutschlandradio kann hier gerne verlinkt werden:
https://dradiowissen.de/nachrichten/bundeswehr-verfahren-an-den-hintern-fassen-ist-interessensbekundung
T.W.]
@Hunter | 22. März 2017 – 21:44 u. @jungchen | 22. März 2017 – 22:14
Tja, ob die Ministerin da vielleicht bewusst mißleitend formuliert hat um ihre Position (auf Kosten der Sachebene) besser vertreten zu können?!
Und ob es ein Zufall ist, dass die neuerlichen Vorwürfe in Bezug auf die GebJg zum gleichen Zeitpunkt öffentlich werden wie der „offene Brief“ würde mich auch interessieren..
Wir müssen zur Kenntnis nehmen, das sexuell motiviertes, inakzeptables Verhalten sich in verschiedene Bewertungskategorien teilt:
1) Einfach menschlich betrachtet: unangenehm, distanzlos, hirnlos, peinlich, unfreundlich, unhöflich, unschön. Pfui Bäh!
Aber: Strafrechtlich und wehrdisziplinarrechtlich nicht relevant.
2) Wehrdisziplinarrechtlich relevant. Verstoß mindestens gegen §12 SG.
3) Strafrechtlich relevant. Verstoß mindestens gegen § 184 i StGB.
Nicht alles, was gut erzogene Menschen aller Geschlechter und Altersklassen (zu Recht) nicht in Ordnung finden, ist ein Fall für einen Richter.
Die Problematik der menschenunwürdigen Rituale trifft nicht ausschließlich, aber in der jüngeren Vergangenheit gehäuft, Einheiten und Verbände, die sich offiziell oder inoffiziell zu einer Elite innerhalb der Streitkräfte zählen.
Dabei vergessen die betreffenden Soldaten offenbar, dass militärische Exzellenz nicht nur bedeutet, körperlich und geistig besonders leistungsfähig und belastbar zu sein, sondern dabei zusätzlich auch moralisch höheren Maßstäben zu genügen als der Durchschnitt.
Das nur als Denkanstoß.
Derartige Vorfälle sind mitnichten aussschließlich Elitenverbänden zuzurechnen, sondern leider überall anzutreffen. Medial lässt sich mit Schlagwörtern wie „Vorfall in Elitetruppe XY“ nur mehr rausschlagen.
@Semjon M. Gehner
Ich fürchte so einfach ist das nicht. Militärische Eliten wie z.Bsp. die Fallis oder die Gebis stehen nun einmal in einer militär-fachlichen Tradition, die auch sozio-kulturelle Anteile aufweist. Grundsätzlich kann man vermuten, dass militärische „Elite“ und uneingeschränktes „Diversity Management“ im Personalbereich eigentlich nicht „kompatibel“ sind, insbesondere für zwei Personengruppen, die sogar per Gesetz bis in die jüngste Vergangenheit hinein augegrenzt wurden gerade mit Blick auf Gleichbehandlung in Sachen Zugang zu militärischen Eliten:: Homosexuelle und Frauen. Das ist schlicht und einfach ein historisches Faktum. Erst vor genau 20 Jahren, am 11. Juni 1994, wurde der §175 StGB, der so genannte „Schwulen-Paragraf“, gestrichen. Homosexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen gehen den Staat seither nichts an. Und seit wann bitte haben Frauen in der Bw quasi „Zutritt“ zu allen Verwendungsbereichen ? Per „Gesetz über die Gleichbehandlung der Soldatinnen und Soldaten (Soldatinnen- und Soldaten-Gleichbehandlungsgesetz – SoldGG)“ formaljuristisch seit dem 14.08.2006. Nun habe ich erhebliche Zweifel. ob man tatsächlich per Gesetz die über viele Jahrzehnte gewachsenen elitäre Prägung bestimmter Waffengattungen (die ja auch gesetzlich “ gegen Homosexuelle und Frauen quasi abgesichert“ waren) mal eben so umstellt auf einen neo-tayloristischen „Korpsgeist“, der eben keinerlei Traditionswurzeln in der Bw aufweist – ganz im Gegenteil. Hier prallen zwei Welten aufeinander, und das ist eben kein gesetzlich regulierbares Management-Problem, sondern ein sehr fundamentales gesellschaftliches Problem mit dem speziellen „Anwendungsfall“ militärische Elite/Spezialkräfte. Und da kann ich mich des persönlichen Eindrucks nicht ganz erwehren, dass UvdL mit ihrer politisch und juristisch durchaus korrekten Vorgehensweise u.U. mehr kaputt macht als tatsächlich erreicht in Sachen Einsatzbereitschaft/Kampfkraft der Spezialverbände der Streitkräfte. Imho schließen sich ein egalitäres Gesellschaftsbild und Elitenbildung in gewisser Weise gegenseitig aus insbesondere im militärischen (Front)Bereich.
Das nur als Denkanstoß.
Für mich ist erschreckend, wie hier in einzelnen Beiträgen der Vorfall insgesamt heruntergespielt wird. Da scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Für mich ist es einfach intolerabel, egal, wie die rechtliche Seite aussieht. Ich halte es für legitim, bei derartigen Entgleisungen deutliche Worte zu finden und ggf. auch eine staatsanwalttschaftliche Entscheidung zu kritisieren.
vdL hat in meinen Augen vollkommen richtig gehandelt, allein schon, um mögliche Freibriefe, die abgeleitet werden könnten, im Ansatz zu verhindern.
Und ich sehe erst recht nicht, dass Einsatzbereitschaft, Kampfkraft, Elitenbildung leiden, ganz im Gegenteil.
@Mitlesender:
Von den tatsächlichen Spezialkräften hört man diesbezüglich dennoch selten etwas.
Mir kommt es – rein subjektiv – so vor, dass es vermehrt doch eher nur vermeintliche Eliten trifft.
Diese vermeintlichen Eliten sind offenbar mangels eigenem, gewachsenen Selbstbewusstsein mehr mit der Außendarstellung als „harte Jungs“ (ausdrücklich keine Mädels!) beschäftigt, als mit ihrem eigentlichen Auftrag.
@Klabautermann:
Eine Militärische Tradition zu haben ist ja grundsätzlich etwas Gutes.
Keinesfalls darf es aber bedeuten, auf der Stelle zu treten! So wie sich Ausrüstung und Einsatztaktiken immer weiterentwickeln, muss auch der eigene Anspruch an Ethik und Moral mit der Zeit gehen. Und ich würde sogar behaupten, im Bereich von Elite und Exzellenz sogar noch mehr als überall anders.
Ich habe kürzlich einen sehr klugen „Kommandeursbrief“ in meinem Bataillon (gehört übrigens „nur“ zu den spezialisierten Kräften!) zu diesem Thema erhalten.
Dort wurde darauf hingewiesen, dass sich u.a. aus dem militärischen Auftrag ableitet, dass es unsere Aufgabe ist, den Schwachen zu helfen, also denen, die sich nicht selber helfen können.
Das lässt sich auf Landesverteidigung, Bündnisfall, UN-Mission und eben auch auf den Umgang mit Minderheiten und vermeintlich Schwachen in den eigenen Reihen übertragen.
Ich bin weiter davon überzeugt, dass sich eine militärische Elite nicht durch sexuelle Belästigung, Mobbing, Tamponadespielchen, Scheinvergewaltigungen und auszeichnet, sondern durch überdurchschnittliche Leistungen und Ergebnisse in Ausbildung und Einsatz.
„nullum crimen, nulla poena sine lege“. Es ist schon bedenklich, was in diesem Land, das sich zurecht seiner Rechtstaatlichkeit rühmen durfte, in den letzten Monaten passiert ist. Hier werden Recht und Gesetz faktisch außer Kraft gesetzt, par ordre du mu(f)ti, da stellt eine Bundesministerin die Entscheidung einer Staatsanwältin infrage, weil sich diese erdreistete, ihre Entscheidung an Recht und Gesetz zu binden, statt unerhörter Weise an das Gusto von Frau Ministerin – und das, obwohl jene die Tochter des ehemaligen Ministerpräsidenten Niedersachsens ist!
Es lassen sich jedenfalls zwei Dinge wunderbar zeigen:
a) Disziplinarrecht ungleich Strafrecht. Was man gemeinhin als „unverschämt“ und „unerhört“ hält, ist bisweilen keine Straftat – kann aber sehr wohl ein Dienstvergehen darstellen.
b) Um den Zustand der Rechtspflege in der Bundeswehr scheint es nicht allzu gut bestellt zu sein. Ein studierter Jurist (Rechtsberater) sollte beurteilen können, ob ein solcher Fall an die Staatsanwaltschaft abzugeben ist, oder nicht – ich gehe davon aus, dass der jeweilige Disziplinarvorgesetzte mit diesem Verbindung aufgenommen hat. Man kann nur mutmaßen, weshalb der Fall abgegeben wurde. In meinen Augen ein bedenklicher „Trend“. Die Staatsanwaltschaften werden sich freuen, künftig noch mehr Arbeit zu bekommen, im Zweifel lieber einmal zu viel abgeben.
Dass der entsprechende Herr disziplinar einen auf den Deckel bekommen muss, sollte unstrittig sein. Warum man bzw. Frau sich allerdings drei Monate Zeit lässt, ehe man das ganze meldet, naja, da kann man sich auch seinen Teil zu denken.
@Hans Dampf | 23. März 2017 – 11:09
ganz klare Zustimmung in allen Punkten.
Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich jetzt unbeliebt mache: Ja es ist inakzeptabel, dass eine derartige „Anmache“ ohne Folgen bleibt, aber in meiner Vorstellung wäre ein ungewolltes „Begrabschen“ mit einer Ohrfeige sanktioniert worden und dann wäre das Thema beendet gewesen. Aber vielleicht muss in einer Welt, in der diese Ohrfeige beschwerdefähig ist und gar zu einer Abgabe an die Staatsanwaltschaft (Körperverletzung?) und entsprechenden Ermittlungen führt tatsächlich auch die auslösende Handlung unter Strafe gestellt werden. Dies war – wie hier bereits mehrfach ausgeführt – zum Tatzeitpunkt aber noch nicht der Fall. Es ist ein wesentlicher Grundsatz unserer Rechtsauffassung, dass eine nachträgliche Änderung der Rechtslage nicht zur rückwirkenden Bestrafung führen kann.
Die disziplinare Wertung von solchen Handels ist vom Strafrecht getrennt zu betrachten … hier kann ich mich Hans Dampf nur vollumfänglich anschließen. Dass Grenzüberschreitungen in keinem Fall (egal Mann/Frau, Vorgesetzte/Untergebene) toleriert werden dürfen, ist unstrittig, aber man sollte durchaus einem mündigen Erwachsenen zugestehen, manche Dinge auch mal ohne die Zuziehung von Juristen zu klären … es muss ja nicht gleich in eine wüste Prügelei ausarten – körperliche Gewalt ist hier definitiv keine Lösung, aber zwischen Gewalt und Anzeige muss es doch noch was geben …
@Semjon M. Gehner
Da kann ich Ihnen nur zustimmen. Allerdings ist eben dieser Kulturwandel extrem schwierig gerade bei traditionell geprägten „Elitekämpfer“-Strukturen oder anders ausgedrückt: das dauert, denn wie ich versucht habe zu erläutern steckt dahinter imho ein gesellschaaftlicher – sagen wir einmal – Umstellungsprozess, der ja – wie man fast jede Minute in immer wieder aufgebackenen Schlagzeilenmantren nachlesen kann – schon fast an einem Internal Clash of Cultures ähnelt. Kultureller Bürgerkrieg sozusagen. Die Frage ist nun, ob man diesen Umstellungsprozess durch – ich schreibe das jetzt ganz bewußt – unternehmerische „Skandalisierung“ wirklich beschleunigen kann. Da habe ich so meine Zweifel. Alles was aktuell-politisch und juristisch korrekt ist, ist nicht unbedingt klug mit Blick auf Nachhaltigkeit.
Bei dem Satz:
„Bei dem von Ihnen beschriebenen ,Imponiergehabe‘ des Beschuldigten (Posen, Muskelspiel, Aufforderung zum Sex, Griff an das Gesäß) ist jedoch nach allgemeinem (vorwiegend männlichem) Verständnis davon auszugehen, dass der Beschuldigte sein ,Interesse‘ an Ihnen damit kundtun und nicht, dass er Sie beleidigen wollte.“
fühle ich mich als Mann ein wenig diskriminiert. Denn dieses Verhalten habe ich letztmalig im Affengehege eines großen Zoos gesehen. Wenn dieses Verhalten nun von Seiten der Staatsanwaltschaft als Interessensbekundung innerhalb des allgemeinen männlichen Verständnis zu werten ist, dann bin ich entweder weit vor meiner Zeit oder die Staatsanwaltschaft hat einige Schritte der Evolution noch nicht getätigt.
Ich bin voll bei der Ministerin die sagt, dass dieses Verhalten aus derzeit gefallen ist.
@ ChrisKross:
Ja, und, was stimmt daran inhaltlich nicht? Sollte dieses Gehabe eine Beleidigung darstellen? Wohl kaum. Das wäre notwendig gewesen, damit diese staatstragende Geschichte weiterverfolgt worden wäre. Die Staatsanwältin hat in meinen Augen schlüssig begründet, weshalb die Ermittlungen eingestellt wurden. Sie hat das Gehabe übrigens ja auch sehr treffend charakterisiert, nur ist diese Missbilligung keine rechtliche Grundlage/Handhabe, um dagegen strafrechtlich vorzugehen.
Übrigens zielt die Verbalnote von Frau Ministerin in die völlig falsche Richtung! Die Legislative ist für die Gesetze zuständig. Wenn es also zum Tatzeitpunkt nicht strafbar war, dann ist daran nicht die Staatsanwältin schuld, sondern der Gesetzgeber. Gegen den kann sie aber aus nahe liegenden Gründen nicht „schießen“.
Und zu guter letzt: Ich persönlich sehe es als armselig an, dieses Schreiben zu veröffentlichen. Das ist eine Sache zwischen der Staatsanwaltschaft und der (vermeintlich) Geschädigten. Vermutlich wird sich der ein oder andere Staatsanwalt nun überlegen, ob er seinen Entschluss noch detailliert begründet, oder ob er nicht einfach schreibt „Verfahren nach § 153 StPO, Geringfügigkeit und mangelndes Interesse der Öffentlichkeit an der Strafverfolgung, eingestellt. Im Auftrag Meier, StA“
Moin,
@chrisskross 11:49
Tausende von Penisbildern auf z. B. Dating sites sprechen da aber eine andere Sprache, hinsichtlich der Weiterendwicklung des Affen im Manne.
Wie schon mal gesagt, eine weitere Sau die durchs Dorf gejagt wird.
Und zu guter Letzt, ein Schritt vor und zwei zurück.
Männers mir nach.
1. Das Verhalten war auch zum Tatzeitpunkt strafbar. Sie StAin befand lediglich das es aus ihrer Bewertung für den einen § noch nicht „schlimm“ genug war und der andere nicht „Beweisbar“ wäre.2. @Roland_09 Zitat“Eben:
Im Strafrecht ist es so, dass Tatbestände nach den Rechtsgrundlagen
bewertet werden die zum Zeitpunkt der Tat Geltung hatten“NEIN. Im deutschen Strafrecht ist die jeweils mildeste Form des Gesetzes (zwischen Tatzeitpunkt und Urteil) zu beurteilen. Es kann lediglich nicht „härter“ bestraft werden als das Gesetz zum Tatzeitpunkt war und es kann i.d.R. nichts bestraft werden was nicht Verboten war zum Tatzeitpunkt.3.
Aus den Ausführungen der StAin nun herauszulesen das alles quatsch war,
ist mehr als gewagt. Denn ja, die Ministerin hat Rechtsberater und sie
kennt auch den ganzen Fall, nicht nur die Sicht der StAin.4.
Frage ich mich ob es hier einige bis letztes Jahr wirklich völlig in
Ordnung gefunden hätten, hätte ich ihre PartnerIn nicht nur zum Sex
aufgefordert, sondern auch noch unsittlich berührt? War ja angeblich
nicht Strafbar…Aber ich glaube da gehts nicht um die Sache an sich, sondern darum wer es gesagt hat.Wäre der Brief von der AfD und der Vorfall in Köln, wäre auf einmal für einige wohl alles anders.Ich bin froh darüber das meine Ministerin deutliche Worte findet.
@ ACE | 23. März 2017 – 11:39:
Sie haben es ja schon selbst angesprochen: Das Problem an Ihrem Szenario ist, dass der Missetäter die Ohrfeige klaglos hinnehmen müsste. Meiner – natürlich nicht repräsentativen – Erfahrung nach gibt es in den Kasernen der Bundeswehr aber ein immer größer werdendes Klientel, das die „Alte“ erst einmal „geklatscht“ hätte.
Dann doch lieber die Abgabe an den Staatsanwalt.
@klabautermann | 23. März 2017 – 9:46
Ich fürchte so einfach ist das nicht.
Ihre Befürchtung wird in der wissenschaftlichen Literatur als berechtigt charakterisiert. Ich will nicht relativieren, aber es ist kein alleiniges Bundeswehrproblem.
Trivial gefragt: Wieviele bekennende Homosexuelle und/oder Frauen in Führungspositionen in der Pharmazie, der Unikliniken und -labore, im Bankensektor und in der Wirtschaft, kurz: im Alphamännchenbereich kennen wir denn?
Ich finde es gut, dass die Ministerin die Initiative ergreift. Aber das Wording des Briefes ist eine Katastrophe.
Militärische Eliten wie z.Bsp. die Fallis oder die Gebis stehen nun einmal in einer militär-fachlichen Tradition, die auch sozio-kulturelle Anteile aufweist.
Ich verstehe Ihre Aussage. Nicht an Sie gerichtet möchte ich aber zu bedenken geben, dass -wie Ihnen unzweifelhaft bekannt ist – seit den Preußischen Reformen 1807-1813, und später bei allen deutschen Armeen spätestens seit 1871, mit Abschaffung der Prügelstrafe das Anfassen Untergebener und Gleichgestellter (und natürlich Vorgesetzter) ohne Vorliegen eines Grundes bzw. Willensbekundung des Angefassten zu sanktionierendes Verhalten ist.
Es dürfte in der deutschen Armee keinen mehr geben, der die Zeit davor noch kennt. Oder sich darauf berufen könnte hier „bewährte“ Traditionen anzuwenden.
Bei der Ausgrenzung von Homosexuellen ist das sehr vielschichtig. Da gebe ich Ihnen Recht. Hier braucht es knallharte Vorgesetzte. Selbst dann bleibt das sehr schwer bzw wird noch Einiges an Zeit.
Grundsätzlich kann man vermuten, dass militärische „Elite“ und uneingeschränktes „Diversity Management“ im Personalbereich eigentlich nicht „kompatibel“ sind,…
Auch hier meine ich nicht Sie persönlich.
„Elite“, die es nicht schafft selbst einfachste Befehle (bzw. Normen) zu befolgen? Ist keine.
„Elite“, die eigene Regeln erfindet ohne Sachbezug zum Daseinszweck aber ständig von „Disziplin ist nicht alles, aber ohne Disziplin ist alles Nichts“ redet? Ist keine.
Die Handlungen des Herrn Hauptmann ist durch den Staatsanwalt erschöpfend aufgearbeitet und beschrieben. Das „strafrechtliche“ Ergebnis mag einem mißfallen. Das darf die Ministerin auch sagen/schreiben. Aber die persönlichen Vorwürfe ihm gegenüber sind unangemessen.
Wenn die Ministerin etwas mitteilen wollte, hätte sie z. B. den Hauptmann kommen lassen können, ihm gesagt, dass sie ihn nicht mehr zu verwenden gedenkt und anschließend geschrieben: „Meine Damen und Herren Kommandeure, am/um hat ein Hauptmann eine meiner braven Soldateninnen angefasst und in ihrer Person zurückgesetzt. Das dulde ich in meinem Kommandobereich nicht. Ich habe am/um eingeleitet bzw einleiten lassen mit dem Ziel auf Maßnahme yz. Dies werde ich ab sofort immer tun. Unterschrift unleserlich“
@Bürger
„Dann doch lieber die Abgabe an den Staatsanwalt.“ Und genau das kann es doch nicht sein. Dann landet letztendlich von der banalsten Übergriffigkeit bis hin zur parlamentarisch nicht mandatierten „bewaffneten Dienstreise“ letztendlich so ziemlich alles im Bereich der zivilen Rechtspflege. Na, dann können wir uns ja den ganzen gesetzlichen Kanon der Inneren Führung der Bw sparen inkl. WDO etc.. Kann ja sein, dass das so eine Art Wunschtraum in einigen Köpfen ist. …ich hielte das für einen Albtraum, denn das wäre eine Art strukturelle Paralyse der Streitkräfte. Die Führungsstruktur der Streitkräfte muß die Problematik des Diversity Management mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln in den Griff bekommen, sonst graben sie sich selber ihren Führungsanspruch ab und um einmal Herrn Trump zu zitieren: sie machen sich obselet.
@Sachlicher
Sie meldete einem Hauptmann den Vorfall.
@Sachlicher
Bis auf den letzten Absatz stimmen wir wohl so ziemlich überein.
Zum letzten Absatz: eine solche Vorgehensweise wäre ja aus Sicht der Inneren/Truppendienstlichen Führung letztendlich auch „übergriffig“ und dies vermutlich sogar aus justiziabler Sicht. Der/die Inhaber_in der Befehls-und Kommandogewalt ist nun einmal kein_e absolutistische Herrscher_in ;-)
Ich glaube, dass UvdL durchaus das – sagen wir einmal – verteidigungspolitisch Gebotene/Richtige will und tut, allerdings imho etwas zu „forsch“ und damit überlastet sie imho die systemische Adaptionsfähigkeit der existierenden Führungsstrukturen, die am Front End aka Truppe eh schon im overload sind. Die Truppe kann auf zusätzliche mediale stress-tests gegenwärtig und auf absehbare Zeit gut verzichten, insbesondere auf solche, die hausgemacht sind.
Ich finde es unverständlich, dass „männliches Verhalten“ hier als Grund angegeben wird von der StA – mit einer solchen Formulierung könnte man noch ganz andere Straftatbestände abmildern aufgrund der Tatsache, dass ein Geschlecht o. ä. anders agiert als ein anderes. Die StA macht es sich hier aus meiner Sicht zu einfach und die Reaktion der Ministerin kann ich verstehen.
Sie greift, nur um das klarzustellen, auch nicht die Unabhängigkeit der Justiz an, da
a) StA weisungsgebunden sind
b) sie nicht die Entscheidung, sondern die Begründung anficht.
@klabautermann | 23. März 2017 – 13:33
Zum letzten Absatz:
Ja. Ich akzeptiere Ihre Worte als absolut angemessene Richtigstellung. Das war von mir nicht korrekt ausgeführt.
@ klabautermann | 23. März 2017 – 13:11
„Die Führungsstruktur der Streitkräfte muß die Problematik des Diversity Management mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln in den Griff bekommen, sonst graben sie sich selber ihren Führungsanspruch ab und um einmal Herrn Trump zu zitieren: sie machen sich obselet.“
Die Führungskultur der Streitkräfte wird das nicht lösen können. Dafür gibt es folgende Gründe:
1) Die Entmachtung der Disziplinarvorgesetzten führt dazu, dass diese immer mehr Vorfälle an den Rechtsberader/WDA schieben. Sehr oft zum eigenen Schutz, da wenn man des öfteren Probleme mit der vorgesetzten Ebene bekommt wenn man die Grenzen des Disziplinarrechts ausreizt.
2) Es gibt einen großen Teil in der Bevölkerung für die ist PC ein Unwort. Dieser Teil will gar keine vegie Gesellscahft in der alle gleich sind. Er wird mit Fluchen und Leute nach belieben beschimpfen groß. Und dieser Teil lehnt „alternative Lebenswege“ strikt ab, egal ob es politisch gewollt ist oder nicht.
Blöderweise (politisch gesehen) rekrutiert sich ein großer Teil unserer Soldaten aus diesem oder einem ähnlichen Teil der Gesellschaft , weil es einer der wenigen Teile der Gesellschaft ist welcher überhaupt noch bereit ist für sein Land zu dienen und eine Waffe anzufassen. Dieser Teil wird seine Persönlichkeit nicht ändern nur weil es ihm befohlen wird.
@Wa-Ge
Das schlimmste, was der „Führungskultur“ der Streitkräfte passieren kann ist Realitätsverweigerung in Sachen Führungsauftrag und -verantwortung. Das ewige Wegducken hinter Rechtsberatern, politischen Keulungsargumenten wie „PC“ etc. hilft da keinen Schritt weiter. Und die gesellschaftlichen und damit die BW-personalstrukturellen Realitäten werden schon seit Jahren schlicht und einfach durch die demographische Entwicklung bestimmt, die es einfach erzwingen bis in die „social margins“ hinein zu rekrutieren und zu regenerieren. Im übrigen sind imho die Streitkräfte keine politische Echokammer, sondern eine militärische Struktur, in der Recht und Gesetz, Befehl und Gehorsam oberste Priorität haben. Und wer, wenn nicht die FührERstruktur der Streitkräfte ist zuständig und verantwortlich für die durchgängige Durchsetzung der gesetzlichen und politischen „Weisungslage“ mit den Führungsmitteln der Inneren Führung/des Wehrrechts. Dazu gibt es imho keine Alternative, es sei denn man will die strukturelle Einsatzfähigkeit der Streitkräfte zu einem traditionsesoterischen Elfenbeinturm mit einer schönen Fassade aber völlig maroder Statik verkommen lassen.
@ Måneformørkelse:
Das ist typisch. Da wird sich nicht mal ein Satz, sondern ein Bruchteil davon herausgepickt und die Affenjagd beginnt. Die Staatsanwältin hat hergeleitet, weshalb sie der Auffassung ist, dass die dargestellten Handlungen nicht geeignet waren, um den Tatbestand zu erfüllen. Was sie sich daran „einfach gemacht“ haben soll, vermag ich nicht zu erkennen. Wenn schon die Staatsanwältin Zweifel daran hat, ob dies für eine (erfolgversprechende) Anklage ausreichend ist, weshalb soll sie es dann weiterverfolgen? Das ist reine Zeitverschwendung. Für den Fall, dass die Dame mit dieser Sichtweise nicht einverstanden ist, steht ihr ja der Rechtsweg offen. Dass zu diesem neuerdings auch gehört, missliebige Entscheidungen von Staatsanwaltschaften der „Inhaberin der Befehls- und Kommandogewalt“ zur Würdigung vorzulegen, wusste ich bis dato nicht. Und nur mal am Rande erwähnt: in Deutschland fehlen 5.000 Staatsanwälte und Richter – und die, die wir haben, dürfen sich u.a. mit einer solchen Kinkerlitzchen herumschlagen, die so schwerwiegend sind, dass man sie erst Monate später meldet.
@ klabautermann | 23. März 2017 – 15:12
So und das machen Sie mal unseren „Maurern, Metzgern, Mördern“ begreiflich.
Es mag sein, dass der demographische Wandel die Bundeswehr zwingt in allen Gesellschaftsschichten zu rekrutieren, man darf dabei halt nicht vergessen, dass das Stammklientel immer noch aus dem Teil der Gesellschaft kommt, wo anders agiert und gesprochen wird als es von oben verordnet wird.
Wenn man als Zugführer oder KpChef für jeden Spruch direkt die Keule rausholt, wird man in wenigen Tagen nur noch einen Bruchteil der Soldaten auf dem Hof haben.
Nur damit wir uns nicht falsch verstehen, damit soll kein falsches Handeln gerechtfertigt werden, ich will lediglich darauf aufmerksam machen, dass ein großer Teil unserer politischen und militärischen Führung die Realität (Erziehung, Prägung und Naturell der „einfachen“ Soldaten) nicht kennt.
Weil die Kollegen der StA ja auch wahrscheinlich anders entscheiden werden…
@Plato | 23. März 2017 – 13:21
Ja. Sorry, hatte ich schlichtweg falsch verstanden.
Die Skandale bei der BW gehen weiter…..jetzt sollen die Gebirgsjäger in Bad Reichenhall Mäuse mit dem Luftgewehr erschossen haben.
http://www.dw.com/de/bundeswehr-eine-skandalarmee/a-38068992
und die Deutsche Welle titelt schon: „Bundeswehr: eine Skandalarmee?“
Aus ein paar kleinen, unschönen Vorfällen gleich eine Skandalarmee zu machen, geht mir viel zu weit. Und ich bin kein Mäusefreund, nur sollte sich die BW nicht die große Gruppe der Tierschützer unbedingt zum Feind machen.
Verständlich, daß die Gebirgsjäger gerade nicht so gut auf die Presse zu sprechen sind
Und ich wage die Prognose, daß in den nächsten Wochen noch ein paar Skandale an die Öffentlichkeit kommen werden, weil entweder die Presse jetzt das Jagdfieber hat und/oder sich ein paar Opfer jetzt eher getrauen an die Öffentlichkeit zu gehen.
@closius
Den Skandal habe ich nicht finden können. Da ballern ein paar junge Burschen mit dem privaten (?) Luftgewehr auf Mäuse, und? Allgemeine erzieherische Maßnahme vom Spies: lasst das sein, – fertig.
Zum gleichen Zeitpunkt haben wieviel Tausende ohne Uniform ebenfalls Luftgewehrübungen erledigt?
Deutsche Skandaljugend!
Wenn dies tatsächlich einen Skandal beinhaltet, stampfen wir Bw besser komplett ein. Dergleichen passiert tagtäglich 100-fach.
@Klabautermann
Also von den 60 Jahren der Existenz der BW ca 20 bzw. 10, so viele Jahrzehnte sind das auch nicht und wer es in dieser Zeit nicht gelernt hatte damit umzugehen hätte mehr als genug Zeit gehabt um zu gehen.
https://www.youtube.com/watch?v=QaqpoeVgr8U
Wie kann ein Soldat ohne Kameradschaft, ohne Loyalität Ehre haben?
@Hans Dampf
Ja da kann man sich ne Menge denken, es wurde schon einmal eine Einheit Fallschirmjäger der BW aufgelöst
@Wa-Ge
Zu 2) Wollen wir aber diese haben oder sind die vielleicht eines der Gründe warum andere nicht kommen oder bleiben?
@Closius
Haben die Jager wenigstens gut geschossen?
@ Closius:
Ein weiteres Beispiel dafür, dass Kasernen mittlerweile nach Dienst zu zivil bewachten Jugendherbergen verkommen sind. Und auch dafür, wie es in Teilen um die Disziplin bestellt ist. Hat aber ja niemanden gejuckt – und die es juckt, dürfen sich fragen lassen, ob sie nichts wichtigeres zu tun oder die falschen Schwerpunkte haben…
@Hans Dampf
Schlimm, wirklich – das Mitbringen von Waffen ist ja untersagt. Und zudem: wer Mäuse töten kann, der kann auch Menschen töten.
Äh … Soldat? Töten? War da ‚mal ‚was?
Also…
Der Vorfall mit dem Luftgewehr macht aus der Bundeswehr natürlich keine Skandalarmee. Das ist bloße Polemik, da ändert auch das „?“ am Satzende in den Medien nichts.
Das Schießen mit einem Luftgewehr in der Kaserne ist nicht ganz so trivial. Es zeigt nämlich, dass den Soldaten (obwohl im Umgang mit Vorschriften als auch Waffen geübt) nicht ganz klar oder sogar egal war, was dabei im Schlimmsten Falls passieren kann und dass die Ausübung des Jagdrechts in Deutschland nicht jedermann ohne weiteres erlaubt ist.
In der Summe eine klassische Gelegenheit für ein klärendes Gespräch beim Chef oder Kommandeur. Erziehung ist manchmal auch ein „Du, du du!“ und kein Diszi.
@ Thomas Meiner
Ich sagte bewusst „ein weiteres Beispiel“. Es gibt derer weitere. Der Rest Ihrer Äußerung ist absurd – hat Luftgewehrschießen auf Mäuse einen speziellen Nutzen? Ist dies etwas, was man in einer Kaserne tut? Härtet dies ab? Bereitet dies auf’s Töten vor? Ich dachte bislang zu alledem: Nein. Aber es ist ja so einiges im Fluss. Was man so höchstens von den BwUnis kannte, hat man eben jetzt auch in der Wald und Wiesen Kaserne – Chancengleichheit at its best.
@SMG
Da stimme ich Ihnen zu, ein Verstoß gegen die Kasernenordnung / (besondere) Wachanweisung ist es in jedem Fall. Schließlich wollen wir nicht, daß Kellerflure der Kompanien zu Schießständen umfunktioniert werden (das soll ja schon vorgekommen sein).
@HD
Früher hat man (als Jugendlicher!) mit Luftgewehren auf Krähen und auf anderes Getier geschossen. Mäuse sind übrigens Vorratsschädlinge, die auch anders „gejagt“ werden. Gut, sonst ist das Aufgabe des / der KvStO (Kater / Katze vom StO).
Man braucht nicht jede tote Maus zu einem toten Elefanten zu machen.