Kräftiger Schluck aus der Pulle: Bundeswehr plant fast 200.000 Soldaten für 2024

Die Bundeswehr soll in den nächsten sieben Jahren von derzeit rund 178.000 Soldatinnen und Soldaten auf fast 200.000 Soldaten wachsen. Der so genannte Zielumfang der deutschen Streitkräfte soll sich bis zum Jahr 2024 auf insgesamt 198.000 Soldaten und rund 61.400 zivile Stellen erhöhen; dafür soll es über die Planung des vergangenen Jahres hinaus zusätzlich 5.000 militärische Dienstposten, 500 weitere Reservistenstellen und 1.000 Haushaltsstellen für Zivilbeschäftigte geben. Eine entsprechende Planung legte das Personalboard, eine interne Kommission des Verteidigungsministeriums, am (heutigen) Dienstag vor.

Im Mai vergangenen Jahres hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die Trendwende Personal ausgerufen und eine Vergrößerung der Bundeswehr um zunächst rechnerisch 7.000 Planstellen Soldatinen und Soldaten angekündigt. Die konkreten Planungsschritte für die Folgejahre sollen jährlich vom Personalboard festgelegt werden, dem unter anderem die Ministerin, die Staatssekretäre, der Generalinspekteur und sein Stellvertreter, die Abteilungsleiter Personal und Planung sowie andere Spitzenbeamte des Ministeriums angehören. Allerdings haben ihre Festlegungen nur Empfehlungscharakter, weil ja letztendlich der Bundestag über die Größe der Streitkräfte bestimmt.

Mit der Mittelfristigen Personalplanung, die die zuvor geltenden Obergrenzen des militärischen Personal abgelöst hatte, soll die Bundeswehr den sicherheitspolitischen Anforderungen flexibel angepasst werden können – und das heißt derzeit eher: nach oben. (Randbemerkung: Das jetzt mit der Zielgröße 198.000 definierte Jahr 2024 ist auch das Jahr, in dem nach den derzeit heiß diskutierten NATO-Festlegungen der Anteil von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigungsausgaben erreicht werden soll.)

Die interessante Frage ist natürlich, wie die Bundeswehr wachsen will, wenn die Truppe bislang schon die angepeilte Größe nicht erreicht: Im zurückliegenden Jahr war die Bundeswehr unter dem möglichen und angepeilten Umfang geblieben; insbesondere die vorgesehene Zahl von 170.000 Berufs- und Zeitsoldaten wurde nicht geschafft, und im Juni vergangenen Jahres gab es sogar die kleinste Bundeswehr aller Zeiten.

Mit anderen Worten: Da muss mehr neues Personal geworben werden – wie viel, sagt das Ministerium leider so konkret nicht. Denn die Aufstockung soll insgesamt, auch das wie in der Vorjahresplanung, durch einen Mix aus neuen Männern und Frauen und dem längeren Dienst der schon vorhandenen geschafft werden:

Der weitere personelle militärische Aufwuchs bis 2024 wird maßgeblich durch die Verschiebung des anzustrebenden durchschnittlichen Zurruhesetzungsalters (unter Beibehaltung des bisherigen gesetzlichen Rahmens der besonderen und allgemeinen Altersgrenzen), die spürbare Erhöhung der Übernahmequoten zur Berufssoldatin bzw. zum Berufssoldaten sowie die Anhebung der durchschnittlichen Verpflichtungszeit bei den Fachunteroffizieren erreicht. Somit kann vermehrt bewährtem Personal eine längerfristige Perspektive beim Arbeitgeber Bundeswehr aufgezeigt werden. Dieser kann im Gegenzug dauerhaft auf die gewonnenen Erfahrungen zurückgreifen. Dies stärkt zugleich die Demografiefestigkeit des militärischen Personalkörpers. Dazu dient auch die Erhöhung des Anteils der Berufssoldatinnen /-soldaten um 6.000 auf 56.000.

Das mit der besonderen Altersgrenze war Ende vergangenen Jahres schon mal Thema; vereinfacht gesagt: So automatisch wie bisher soll ein Berufssoldat nicht mehr damit rechnen können, eher als mit Erreichen der allgemeinen Altersgrenze in den Ruhestand gehen zu können. Vor allem aber: Es sollen, so die Absicht, mehr Soldaten als bisher eine längere Perspektive in den Streitkräften bekommen.

Nachdem im vergangenen Jahr schon ausgewählte Bereiche oder gar Einheiten für einen Personalaufwuchs genannt worden waren (siehe die Tabelle hier), fügte das Personalboard weitere Bereiche hinzu (allerdings scheint es da auch Überschneidungen zu den im Vorjahr genannten Maßnahmen zu geben):

Insgesamt sind 99 Einzelmaßnahmen geplant, um die Leistungsfähigkeit der Bundeswehr zu steigern. Dazu gehören unter anderen Spezialisten für den neuen Organisationsbereich Cyber- und Informationsraum, Besatzungen für die Korvetten K 130 (2. Los), Stärkung der Unterstützungskräfte der Streitkräftebasis (Logistik/ABC-Abwehr), Aufstellung eines 6. Panzerbataillons, Ausbau unserer Sanitätsversorgung im In- und Ausland sowie weitere Schritte, mit denen wir Auswirkungen der EU-Arbeitszeitrichtlinie abfedern wollen.

Zu den heutigen Beschlüssen des Personalboards gibt’s auch grafische Darstellungen, die den Unterschied zwischen Planung 2016 und aktueller Planung deutlich machen – hier zunächst der geplante Aufwuchs über die nächsten Jahre bei militärischem Personal (plus knapp 5.000) und zivilen Stellen (plus 1.000) in der Mittelfristigen Personalplanung (MPP):

… und noch eine sehr interessante Grafik: Die eigentlich schon für Ende vergangenen Jahres geplante Zahl von 170.000 Berufs- und Zeitsoldaten soll nun bis zum Sommer dieses Jahres erreicht werden:

(KORREKTUR: In der Überschrift und im Text stand mehrfach die falsche Jahreszahl 2014, statt 2024 – ich  bitte um Entschuldigung.)

(Foto: Ein Rekrut pausiert während der Allgemeinen Grundausbildung auf dem Truppenübungsplatz Döberitzer Heide am 16.11.2016 – Bundeswehr/Jane Schmidt)