Neues Mandat für UN-Einsatz in Mali: Hubschrauber „übergangsweise“ bis Mitte 2018 (m. Nachtrag)

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Die Bundeswehr soll sich weiterhin am Blauhelmeinsatz der Vereinten Nationen in Mali beteiligen und dafür ab März auch Hubschrauber zur Verfügung stellen – allerdings zeitlich begrenzt bis Mitte 2018. Dafür wird die mögliche personelle Obergrenze für den MINUSMA-Einsatz von bislang 650 auf künftig 1.000 Soldatinnen und Soldaten erhöht, beschlos das Bundeskabinett am (heutigen) Mittwoch. Das neue, erweiterte Mandat soll noch im Januar vom Bundestag gebilligt werden.

Der geplante Einsatz von Hubschraubern – sowohl NH90 für Transport und medizinische Evakuierung als auch Tiger-Kampfhubschrauber – war bereits seit dem Spätsommer vergangenen Jahres absehbar: Die Niederlande, die wie die Bundeswehr in Gao im unruhigen Norden Malis stationiert sind und mit ihr gemeinsam das Camp Castor betreiben, hatten den Abzug ihrer Hubschrauber schon angekündigt. Ersatz für die niederländischen Chinook-Transporthubschrauber und Apache-Kampfhelikopter war dringend nötig, um die so genannte Rettungskette sicherzustellen: Für die Deutschen, aber auch für die Niederländer soll sichergestellt sein, dass Soldaten nach einer Verwundung innerhalb von einer Stunde in ärztlicher Versorgung sind.

Die Bundesregierung hatte sich zunächst schwer getan, sich zur Ablösung dieser niederländischen Kräfte bereit zu erklären: Nicht Deutschland steht in der Pflicht und schon gar nicht in der ersten Reihe, wenn Ersatz gesucht werde, hatte Außenminister Frank-Walter Steinmeier betont. Dem Vernehmen nach hatte deshalb auch das Auswärtige Amt die Entscheidung über die Entsendung der deutschen Hubschrauber gebremst.

Vermutlich auch aus diesem Grund findet sich im Zusammenhang mit dem neuen Mandat auch die interessante Formulierung, dass der deutsche Hubschraubereinsatz nur übergangsweise stattfindet und bis Mitte 2018 begrenzt sein soll. Das steht zwar nicht im eigentlichen Mandatstext (da wäre es auch schwer unterzubringen, weil dort nur die Fähigkeiten für die einjährige Laufzeit des Mandats genannt werden, nicht aber zeitlich darüber hinaus gehende Absichtserklärungen). Aber in der Begründung wird das eindeutig festgelegt:

Zur Deckung der durch den Abzug der niederländischen Hubschrauber entstehenden Lücke wird Deutschland Transporthubschrauber NH90 und Kampfhubschrauber Tiger übergangsweise bis Mitte 2018 in den Einsatz entsenden. Damit wird Deutschland dazu beitragen, eine Lücke in den Schlüsselfähigkeiten von MINUSMA zu reduzieren und damit die Wirksamkeit der Mission zu verbessern.

Zugleich ist vor allem die Entsendung der Hubschrauber die wesentliche Begründung für den Personalaufwuchs. Aus dem Anschreiben von Auswärtigem Amt und Verteidigungsministerium zur Mandatsbefassung im Kabinett:

Erhöhte logistische Aufwände in Gao, verbunden mit einem stärkeren Personalansatz für den Objektschutz sowie der geplante, zeitlich begrenzte Einsatz der Fähigkeiten Lufttransport inklusive luftgestützter qualifizierter Verwundetenversorgung und Unterstützung aus der Luft, machen bis zu 350 Soldatinnen und Soldaten zusätzlich erforderlich.
Es sollen damit insgesamt bis zu 1.000 Soldatinnen und Soldaten bei MINUSMA eingesetzt werden.

Damit wird das deutsche Engagement in Mali ab dem Bundestagsbeschluss, der für den 26. oder 27. Januar erwartet wird, die größte Auslandsmission der Bundeswehr. Schon die Obergrenze für die Blauhelme in der UN-Mission liegt formal knapp über der für den Einsatz in Afghanistan (980). Hinzu kommen die bis zu 300 (derzeit aber nur rund 125) deutschen Soldaten in der EU-Ausbildungsmission in Mali, die künftig aus dem vergleichsweise sicheren Süden zum Teil in den Norden und auch nach Gao ausgedehnt werden soll.

Den kompletten Wortlaut des Mandats und der Begründung gibt es hier. Der ist interessant zu lesen: Ausführlich geht die Bundesregierung auf die anderen, nichtmilitärischen Aktivitäten Deutschlands in Mali und in der Sahel-Zone ein. Das wirkt wie eine Reaktion auf den Vorwurf unter anderem vom Deutschen Bundeswehrverband, dass der viel zitierte vernetzte Ansatz der verschiedenen Ressorts der Bundesregierung in den Einsatzregionen noch lange nicht Realität sei.

Nachtrag: Dazu aus der Bundespressekonferenz am Mittwoch von Oberst Boris Nannt vom Verteidigungsministerium und Martin Schäfer vom Auswärtigen Amt:

Frage: (…)  Zunächst zu den Hubschraubern in Mali, deren Einsatz ja zeitlich befristet sein soll. Gibt es schon Hinweise, welche Nationen die Deutschen dann ablösen könnten? Ursprünglich gab es ja Überlegungen, dass die Niederländer dann vielleicht wieder einsteigen. Oder muss sich Deutschland darauf einstellen, dass das zwar zeitlich befristet ist, aber letztlich immer wieder verlängert wird? (…)

Nannt: Ich beginne mit Mali. Wir sind bezüglich des Mali-Einsatzes und auch des Einsatzes der Hubschrauber gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt schon seit Längerem in direkten Gesprächen mit den Vereinten Nationen. Es gibt eine ganz klare Absprache, und zwar ist es Ziel der Vereinten Nationen, ein Rotationsmodell zu schaffen. Unsere Fähigkeit werden wir bis Mitte 2018 bereitstellen. Das ist auch so mit den Vereinten Nationen abgesprochen. Dann wird diese Fähigkeit durch eine andere Nation oder vielleicht durch Nationen übernommen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich jetzt zu den einzelnen Nationen noch keine Kommentierung vornehmen werde. Aber die Absprachen mit den Vereinten Nationen sind, wie gesagt, so weit getroffen, dass der Einsatz bis Mitte 2018 geplant ist.

(…)

Schäfer: Ich möchte eigentlich nur ergänzen und bestätigen, vielleicht noch etwas verstärken, was Herr Nannt gerade zum Thema Mali und des Einsatzes deutscher Hubschrauber gesagt hat.

Bevor die Bundesregierung die Entscheidung getroffen hat, diese Hubschrauber im Wesentlichen für Zwecke der medizinischen Evakuierung einzusetzen und damit die Niederländer zu ersetzen, hat es klare Ansagen und dann auch Absprachen mit den Vereinten Nationen gegeben, dass das keine Dauerlösung sein kann. Wir hatten und haben Verständnis dafür, dass die Niederländer Schwierigkeiten in der Nachhaltigkeit hatten. Sie haben sich in Mali sehr engagiert. Wir alle haben ein gemeinsames Interesse daran, dass das funktioniert. Aber das kann nicht bedeuten, dass das auf Dauer ist. Wir gehen davon aus, dass die Vereinten Nationen bereits ab jetzt Gespräche darüber führen, in welcher Weise dieser Teil des deutschen Engagements und vielleicht auch andere Teile in Mali, die andere Partner übernehmen, im Wege der Arbeitsteilung der internationalen Gemeinschaft fair und gerecht aufgeteilt werden können und sollen.

Frage : Herr Nannt, nur eine kurze Lernfrage: Am 12. Dezember sagten Sie hier in Bezug auf Mali und die Hubschrauber, dass es bis zu vier Hubschrauber im Bereich der Unterstützungshubschrauber und der Rettungshubschrauber sein werden. Jetzt sind auch Kampfhubschrauber im Gespräch oder geplant.

Wie viele werden es jetzt insgesamt sein? Könnten Sie das sagen? Unterstützungshubschrauber, Rettungshubschrauber, Kampfhubschrauber.

Nannt: Wir werden dort insgesamt acht Hubschrauber bereitstellen. Das sind vier NH90 und vier Kampfhubschrauber Tiger, die für die Schutzfunktion vonnöten sind, also insgesamt acht Hubschrauber.

(Foto: Christina Lux/Kathol. Militärseelsorge)