Geplante gemeinsame Übung von Polizei und Bundeswehr: Nicht so viel hoheitliche Aufgaben?

Bereits im November vergangenen Jahres hatten die Innenminister der Länder angekündigt, dass die seit dem vergangenen Sommer diskutierte gemeinsame Übung von Bundeswehr und Polizei vom 7. bis zum 9. März stattfinden soll. Der Einsatz der Streitkräfte im Innern zur Unterstützung der Polizei soll dabei das üben, was die derzeitige Gesetzeslage wie auch höchstrichterliche Entscheidungen zulassen. Inzwischen, so heißt es nach Informationen von Deutschem Bundeswehrverband und Bild-Zeitung, steht auch das Szenario mit zahlreichen parallelen Terroranschlägen in Deutschland; Übungsname GETEX 2017:

Nachdem erste Attentate in England, Spanien und den Niederlanden erfolgreich waren, mehren sich auch hierzulande die Hinweise auf bevorstehende Anschläge. Durch konsequente Observierung können Gefährder festgenommen werden. Doch damit ist die Polizei ausgelastet. „Es ist festzustellen, dass die Kräfteverfügbarkeit der Polizeien weitestgehend erschöpft ist“, heißt es in dem Szenario – also wird auch die Bundeswehr eingeschaltet.

Doch es ist zu spät. Eine Kampfeinheit, die sich in der Übung „Kata ´aib Saif Alnabi“ nennt, attackiert Deutschland. Zuerst explodiert in einem bayerischen Bahnhof eine Bombe, tötet 20 Menschen. In Bremen ereignet sich in einer Schule eine Schießerei, in einer Nachbar-Schule explodiert ebenfalls eine Bombe.
Auch den Flughafen Düsseldorf nehmen die Terroristen ins Visier: Im Terminal fordert eine weitere Bombe 20 Menschenleben, außerdem wird auf dem Flugfeld eine Flugabwehrwaffe gefunden. In dieses Chaos platzt eine weitere Hiobsbotschaft: In Bayern haben Terroristen einen Linienbus entführt und fordern die Ausstrahlung eines Videos – die Forderung wird nicht erfüllt, eine Geisel wird getötet.

Nach den Debatten des vergangenen Jahres wird die interessante Frage bei dieser Übung: Wie viel hoheitliches Handeln der Bundeswehr ist in diesem Szenario vorgesehen? Denn die rein technische Amtshilfe war schon bisher kein Problem. Die eigentliche Neuerung, die nach Ansicht sowohl von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen als auch Innenminister Thomas de Maizière geübt werden muss, ist das hoheitliche Handeln der Bundeswehr zur Unterstützung der Polizei in einem katastrophischen Unglücksfall, wie es der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages übersichtlich erläutert hat.

In diesem Zusammenhang empfiehlt sich der Blick in den Befehl Nr. 1 zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung einer gemeinsamen Stabsrahmenübung zur „Zusammenarbeit von Bundes- und Landesbehörden mit der Bundeswehr im Falle eines durch eine terroristische Großlage eintretenden Katastrophenfalls“, den das Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr Ende vergangenen Jahres erließ. Und vor allem ein genauerer Blick auf den möglichen Fähigkeitsbeitrag der Bundeswehr:

„Unikat-Fähigkeiten“ der bundeswehr sowie Fähigkeiten mit hohem Bedarf für die zivilen Akteure (z.B.):
• Suchen, Retten, Bergen
• Absicherungsaufgaben, Absperren von Räumen (zur unmittelbaren Abwendung von Gefahren/Schäden, nicht präventiv)
• Kampfmittelaufklärung
• ABC-Abwehr, Gefahrenabwehr
• Sanitätsdienstliche Versorung/psychologische Betreuung,
• Transportkapazitäten Land und Luft,
• Ausrüstung und Arbeits-/Pioniergerät
• GeoInfo-Unterstützung, Detektion von Radioaktivität in Boden, Wasser, Luft
• Einsatz der Spezialinstitute der Bw: Wehrwissenschaftliches Institut für Werk-, Explosiv- und Betriebsstoffe (WIWEB), Wehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien (WIS), Wehrtechnische Dienststelle (WTD), Amt für GeoInformationswesen der Bw (GeoInfoBw), ABC-Schule,
• Verpflegung, Liegenschaften, Notunterkünfte.

Bis auf den zweiten Punkt, das Absperren von Räumen, ist auf dieser Liste eigentlich nichts, was hoheitliches Handeln von Bundeswehrangehörigen erfordert und über die technische Amtshilfe hinausgeht. Mal sehen, ob sich das so im endgültigen Übungsplan wiederfindet – oder doch, politisch gewollt, mehr Soldaten mit Exekutivaufgaben in dem Szenario vorgesehen werden.

(Archivbild Mai 2016: Bundeswehrsoldaten vom Fallschirmjägerregiment 31 trainieren gemeinsam mit Kameraden aus Belgien, Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien bei der internationalen Übung Storm Tide III in Belgien die Evakuierung einer Schule – Bundeswehr/Jane Schmidt)