Mali-Sammler: Ausrüstungsmangel auch bei den Niederländern
In den vergangenen Tagen gab es einige Meldungen aus Mali und dem MINUSMA-Einsatz in dem westafrikanischen Land. Da vieles davon hierzulande untergeht, eine Sammlung mit einigen Merkposten:
• Die niederländischen Soldaten, die (zusammen mit der Bundeswehr) in Gao im unruhigen Norden Malis im Einsatz sind, kämpfen mit einem Mangel an Ausrüstung und müssen deshalb ihre Patrouillentätigkeit einschränken – das berichten niederländische Medien, zu allererst das Allgemeen Dagblad. Es fehle vor allem an Nachtsichtbrillen (kommt bekannt vor?) und Jammern gegen ferngezündete Sprengfallen (RCIED). Eine englische Zusammenfassung gibt es hier.
• Eine Französin (genauer: mit französischer und Schweizer Staatsbürgerschaft), die in Gao eine Hilfsorganisation leitete, ist am Heiligabend entführt worden. Angaben zu den Entführern gibt es bislang nicht, außer dass es sich um bewaffnete Männer handele. Die französischen Streitkräfte in der Region haben eine Suche nach der Entführten gestartet.
• Bereits Mitte Dezember hat die französische Luftwaffe ihren Airbus A400M gestestet – auf der Landebahn in Gao. Die Tests sollten der Erprobung der Maschine bei Start und Landung auf Behelfspisten dienen, teilten die französischen Streitkräfte mit.
• Gespannt warte ich auf die Januar-Ausgabe des Magazins loyal des Reservistenverbandes – zum Titelthema Im malischen Treibsand gibt es hier einen kleinen Teaser. (Der mich daran erinnert, mal der Frage nachzugehen, was denn mit möglichen Planungen für einen Mantis-Einsatz in Gao ist.)
• MINUSMA veröffentlichte am (heutigen) Dienstag ein Video, das eine Patrouille nordöstlich von Kidal zeigt:
(Direktlink: https://youtu.be/O0iQmIo3ABo)
• Danke für den Leserhinweis auf – teilweise recht grundlegenden – Lesestoff zum Thema Mali:
• Ein Nachtrag zum Angriff auf den Flughafen von Gao im November:
UN aircraft were targeted in Mali airport attack
Es gibt bestimmt noch mehr; Ergänzungen bitte in den Kommentaren.
(Foto: Aus einer MINUSMA-Fotoreportage über einen Tag mit den UN-Soldaten aus dem Tschad im Einsatz bei Kidal – Foto Sylvain Liechti/MINUSMA)
Nachtrag (06. Januar 2017 – 22:34) zu den ersten zwei aus Mali abgezogenen NLD Apache. Die CH-47 waren beauftragt mit Aufkl, Begleitschutz Lu/Bo, Show oft Force und FeuerUstg.
Ein Termin zum Abzug der letzten zwei Maschinen ist nicht genannt, politisch ist jedoch am 28. Februar ’17 Ende of Tour!
https://www.defensie.nl/actueel/nieuws/2017/01/06/eerste-apaches-terug-uit-mali
NLD fliegt zwar keine eigenen C-17, hat aber Zugriff über „Strategic Airlift Capability C-17 (SAC-17)“
in dem sich 12 Nationen zusammen geschlossen haben, davon 10 x NATO plus Finnland und Schweden als PfP-Nationen.
Der Zusammenschluss betreibt vom der ungarischen Pápa-Airbase aus drei C-17.
Die Besatzungen rekrutieren sich querschnittlich aus den 12 Betreiber-Nationen, die den Nutzerkontrakt für zunächst 30 Jahre geschlossen haben.
Die NLD haben sich 500 Flugstunden pro Jahr „gekauft“. – Wir sind natürlich nicht dabei -. Jedes Land entscheidet Zweck und Ziel der Einsätze eigenständig.
https://www.defensie.nl/onderwerpen/internationale-samenwerking/inhoud/luchttransport-en-luchtruim/europese-samenwerking-c-17-transportvliegtuigen
Gibt’s sicher auch in Englisch, hab‘ ich aber nicht.
Koennte mir bitte ‚mal jemand erklaeren ( link unter Memoria 19:35) warum die Bw eine ‚Parlamentsarmee‘ sein soll oder ist?
@MikeMolto
… hat sich das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit „out of area“-Einsatz und zusammenhängenden Verfassungsklagen ausgedacht. Zumindest konnten mittels dieses Vehikels die Grünen – meist – ins Boot geholt werden.
Anlässlich des Einsatzes des Deutschen Unterstützungsverbands Somalia (DtUstgVbd Somalia, März ’93 – März ’94) hat das BVfG im Urteil vom 12. Juli 1994 die Notwendigkeit einer konstitutiven Beteiligung des Bundestages für jeden Einsatz bewaffneter Streitkräfte festgestellt und diese Ansicht in weiteren Entscheidungen bestätigt.
Das wird als Prinzip der Parlamentsarmee bezeichnet und ist die Geburtsstunde des Begriffs für Deutschland nach 1945. Ähnliches gab es bereits in der Bundesverfassung von 1848 durch das Budgetrecht.
Am 18. März 2005 hat der Deutsche Bundestag mit der Verabschiedung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes eine gesetzliche Grundlage für die Auslandseinsätze der Bundeswehr geschaffen und damit das Prinzip der Parlamentsarmee verfestigt.
Gegensatz dazu ist die Präsidialarmee, in der wie in FRA, den USA der Präsident (im weitesten Sinn) eigenständig entscheidet.
@MikeMolto: Einfach mal die Verbündeten (US/F/UK/ . . .) fragen. Die nennen die Rolle des BT immer mals wieder als eine der Ursachen dafür, dass unsere Verteidigungspolitik so aussieht wie sie eben aussieht.
@Zivi a.D.
Ist dies in anderen Ländern anders? Ich glaube: nein (‚weiß es aber nicht). Bisher hat der BT noch immer jeglichem Mandat zugestimmt und es dann auch, wie von der BReg vorgelegt, verlängert.
Allerdings waren dies eher „schwache“ Mandate mit recht vielen caveats (vulgo: nationalen Befindlichkeiten).
Interessant finde ich, daß der text der CDU/CSU impliziert, daß der Einsatz zumindest bis Ende 2018 weitergeführt werden wird; die Tatsache selbst ist natürlich nicht überraschend.
http://augengeradeaus.net/2016/12/mali-sammler-ausruestungsmangel-auch-bei-den-niederlaendern/comment-page-1/#comment-256348
Die mit dem Wechsel am 01.12.16 vom „Korps Commandotroepen“ zu „11 luchtmobiele brigade“ bekannt gewordenen Mängel bei Ausstattung und Ausrüstung sind – weitgehend – behoben, ca eine Woche früher als vorgesehen.
https://www.defensie.nl/actueel/nieuws/2016/12/27/taakgroep-desert-falcon-in-mali-neemt-taken-over
Die „Special Operations Land Task Group (SOLTG) Scorpions“ von den „Commando’s hat an die „Long-Range Reconnaissance Patrol Task Group Desert Falcon (TGDF)“ der Luftlander übergeben, die im neuen Jahr bereits erste AufklEins absolviert hat.
TGDF besteht aus leichter Infanterie und Aufklärern der einzigen NLD LLBrig. Im o.g. Bericht ist hervorgehoben, dass „luchtmobiel“ auch ohne LuftUstg einsetzbar ist.
Diese Aussage korrespondiert mit Forderungen, die im Parlament (tweede kamer) bei der parlamentarischen Aussprache zum Ersatz der Apache durch DEU Tiger aufgestellt wurde.
Zur Erinnerung, das NLD Parlament hat dem Verbleib NLD Bodentruppen unter der Bedingung zugestimmt, dass DEU BT der Entsendung von Tigern mit Mehrheit zustimmt.
Das soll ja dann demnächst der Fall sein.
@MikeMolto | 07. Januar 2017 – 20:29
Der Einsatz der Bundeswehr muss ausdrücklich durch den Bundestag genehmigt werden; Kennzeichen einer Parlamentsarmee.
Zusammenfassung der Lageentwicklung in Mali im letzten Jahr:
http://www.longwarjournal.org/archives/2017/01/over-250-al-qaeda-linked-attacks-in-west-africa-in-2016.php
Es gibt nicht wirklich Anzeichen einer Trendwende.
In Gao wurde diese Woche erneut ein IKRK Mitarbeiter erschossen.
Ich kann weiter nicht erkennen, wie diese Situation wirklich verändert werden soll.
@Memoria
Ich meine, die Lage wird tendenziell schlechter, zumal sich die Konflikte auch auf bisher eher ruhige Gebiete ausdehnen.
Die Gefahr eines Bürgerkriegs ist m.E. latent – Fulbe / Peul, dann aber ggf. sogar grenzübergreifend (Siedlungsgebiet).
Das GoM scheint mir eher „passiv“ und läßt Machtvakua zu, auch in Zentral-MALI.
Und: die Legitimität von zunächst BARKHANE, aber dann auch MINUSMA und ggf. EUTM MLI wird zusehends untergraben bzw. in Frage gestellt, der Rückhalt in der Bevölkerung schwindet.
@Zivi a.D.
Wie würde denn unsere Verteidigungspolitik aussehen, wenn nur die Regierung bestimmen würde?
Noch WENIGER durchdacht, begründet und nachhaltig wie sie jetzt schon ist?
Wann hat der BT einen sinnvollen Antrag der Bundesregierung abgelehnt?
Evtl fehlt es ja an sinnvollen Anträgen!
Das ist um so bedauerlicher als daß es in MALI durchaus ein bürgerliches Staatsverständnis und eine „malische Identität“ gibt, jenseits des Tribalismus; die Tuareg lasse ich da ‚mal außen vor.
Der malische Staatspräsident möchte den ins Stocken geratenen Friedensprozess durch eine Konferenz wieder in Gang bringen:
http://www.africanews.com/2017/01/01/mali-president-calls-for-dialogue-amid-rising-insecurity/
Zudem sollen im ersten Quartal des Jahres die lokalen Wahlen in unsicheren Gebieten nachgeholt werden.
Es wird also absehbar ereignisreich werden – und wir mittendrin.
@Edgar Lefgrün @MikeMolto @Zivi a.D.
Die „Bauchschmerzen“ unserer Hauptverbündeten in Sachen Parlamentsbeteiligung begründen sich nicht in der Tatsache parlamentarischer Beteiligung an sich (wie sollte es auch, schließlich ist der BT Ausfluss angelsächsischer Lehre nach ’45), sondern in der Reaktionsgeschwindigkeit nach Erkennen der Einsatznotwendigkeit, respektive der Unfähigkeit mit Parlamentsbeteiligung präemptiv agieren zu können.
Übrigens kennen die NLD auch die Parlamentsbeteiligung, kannten diese lange vor uns, unaufgeregt. Siehe dazu meine Hinweise in diesem Faden zur Verlängerung des Verbleibs NLD Bodentruppen NACH Abzug eigener HubSchr Kapazitäten!
Weitgehend untergegangen ist dazu die gesellschaftliche Auseinandersetzung zum Thema „Vorratsbeschluss“ um die Crux unzureichender Reaktionsgeschwindigkeit bei Beschlussfassungen zum Einsatz deutscher Streitkräfte auszuschalten.
Falsch ist nämlich die von interessierter Seite ins Feld geführte Argumentation hiermit würde – z.B. der Freibrief zum „angriffsweisen Einsatz“ einer Task Force [meine Formulierung] der Weg geebnet -. Zweck ist vielmehr die einen Einsatz vorbereitende Nutzung von NATO Ressourcen zu erleichtern, bei Kommandostrukturen, Logistik, Aufklärung (AWACS) etc.
@T.W.:
Eine Redakteurin von loyal hat einen Bericht hat über Gao für die FNP geschrieben („Eine Reportage aus dem Feldlager der Bundeswehr in Mali: Auf gefährlicher Mission“, online verfügbar). Der realistische Tenor ist sicher auch im Bericht in der loyal wiederzufinden.
Der letzte Satz ist eine sehr gute Zusammenfassung :
„Doch die Stimmung ist gedrückt, denn die Soldaten wissen, dass draußen vor den Mauern des Camps etwas geschieht, von dem sie keine Ahnung haben. Sie ahnen, dass es nichts Gutes ist.“
Allein schon die zuvor beschriebenen Steinwürfe sind erneut ein Zeichen für wachsenden Unmut über die internationalen „Helfer“.
@Klaus-Peter Kaikowsky
Das auch die Reaktionsgeschwindigkeit konnte man am Beschluss Dez 2015 und der anschließenden Verlegung der Tornados in die Türkei Jan 2016 erkennen. Bis zur Vorbereitung zum Kampfeinsatz kann alles während der Vorbereitung zum Beschluss geschehen. Die Truppe benötigt die Zeit und wir sind froh, wenn es nicht ganz so schnell geht. Meist kommt das BMVg mit der Erstellung der Befehle nicht nach ;-)
Wenn sie wollen, können sie schnell. Aber was nützt ein schneller Beschluss, wenn Mat (einschl Mun), Pers und Log fehlt.
Sehr interessanter Fachaufsatz über den Wandel von Blauhelmeinsätzen am Beispiel von MINUSMA:
http://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/01436597.2016.1268907
Besonders interessant sind die möglichen Implikationen der engen Kooperation mit Barkhane:
„Furthermore, it is not merely hypothetical whether MINUSMA is a peace enforcement mission, but a reality, even when it is only providing ‘targeting packs’, and not acting on its mandate to take direct action. The ramifications may be far-reaching and concern not only the mission itself, but also other parts of the UN family on the ground.“
Insgesamt wird erneut sehr deutlich, dass MINUSMA eine Art Testlabor für neue Konzepte des UN Peace Enforcement ist.
Der Autor stellt abschließend fest:
„Abductive reasoning leads us to the conclusion that MINUSMA could be considered a counter-insurgency operation; and, given its collaboration with Opération Barkhane, could also indirectly be considered a counter-terrorism operation.“
Sind sich die Entscheidungsträger in Berlin darüber bewusst?
Die Ministerin war ja noch beim Besuch in Mali im Dezember der Ansicht, dass ein Vergleich mit Afghanistan „unfair“ sei.
Der Autor plädiert jedoch auch dafür die offensiven COIN- und CT-Aufgaben nicht den UN oder einer Art FIB zu übertragen.
Bin mal gespannt, ob das Thema hier auf Interesse stößt.
@Zimdarsen
Come on, „Bis zur Vorbereitung zum Kampfeinsatz …“
– ich, der angenommene Bundesrichter am BvG: das Auftanken der Kampfpanzer ist Vorbereitung eines Kampfeinsatzes, denn im Frieden braucht’s das nicht, …“
Ausgesprochen sorry, aber alles einsatzfremde Gefechtsfeldlyrik.
Wir haben keine ad hoc Reaktionsfähigkeit!
Die Zusammenarbeit der HERON bei MINUSMA mit dem Infanteriebataillon aus Bangladesch wird erheblich verbessert:
http://tinyurl.com/grcfja4
Gut zu wissen, daß es in diesem Bereich zu pragmatischen Lösungen kommt.
„Pragmatische Lösungen“; nun gut.