NATO-Verteidigungsminister beschließen Bataillone für den Osten
Eine Überraschung ist es nicht, aber jetzt ist es offiziell: Die NATO wird vier ständig rotierende Kampfbataillone in den Osten des Bündnisgebiets schicken, davon eines unter deutscher Führung und mit wesentlichem deutschen Anteil. Diesen Beschluss fassten die Verteidigungsminister des Bündnisses am (heutigen) Dienstag bei einem Treffen in Brüssel, wie NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg mitteilte:
“NATO will deploy by rotation four robust multinational battalions to Estonia, Latvia, Lithuania and Poland. And I welcome the commitments made by many Allies today to contribute,” said the Secretary General. He stressed that this sends a clear message that if any Ally is attacked, the whole Alliance will respond as one.
Die Allianz sieht diesen Beschluss, mit dem den östlichen Mitgliedsländern die Rückversicherung des ganzen Bündnisses gegenüber Russland demonstriert werden soll, nach Stoltenbergs Worten als eine Fortsetzung der auf dem NATO-Gipfel in Wales 2014 beschlossenen Maßnahmen. Darüber hinaus seien weitere Aktivitäten im Südosten des Bündnisses, in der Schwarzmeerregion, geplant. Auch die Vorausstationierung von Ausrüstung und Gerät soll weiter vorangetrieben werden.
Der Kern für die vier Bataillone in Estland, Lettland und Litauen sowie Polen mit jeweils bis zu rund 1.200 Soldaten wird von den USA, Großbritannien und Deutschland in Estland, Lettland und Litauen gestellt; als weitere Nation für das Bataillon in Polen ist Kanada im Gespräch. Dafür plant das nordamerikanische Land, erneut Truppen in Deutschland zu stationieren und von hier aus die ständig wechselnden Einheiten an der NATO-Ostflanke zu stellen.
Neben den Rahmennationen sollen weitere Bündnispartner zu den rotierenden Battaillonen beitragen. Allerdings werden die USA ihre Einheit zum größten Teil eigenständig stellen. Großbritannien plant nach Angaben von Verteidigungsminister Michael Fallon einen Anteil von 700 Soldaten. Deutschland stellt sich nach den Worten von Heeresinspekteur Jörg Vollmer darauf ein, für sein Bataillon in Litauen mindestens 600 der 1.200 Soldaten zu stellen – das würde neben einer Stabs- und Versorgungskompanie voraussichtlich zwei Kampfkompanien bedeuten.
Die Einheiten sollen künftig für sechs bis neun Monate in ihrem Partnerland an der Ostflanke bleiben. Vorgesehen sind einsatzbereite Kampfverbände, die mit den Truppen des Gastlandes ständig üben und nach ihrer Phase dort mit ihrem Gerät vollständig abziehen und durch einen anderen Kampfverband ersetzt werden. Die vier Bataillone werden nach den Worten des NATO-Generalsekretärs unter dem Kommando der Allianz stehen, nicht unter nationalem Kommando.
(Foto: Soldaten der 2nd Cavalry der US-Armee überqueren am 8. Juni 2016 mit ihrem Stryker-Schützenpanzer eine Schwimmbrücke, die von deutschen und britischen Pionieren im Rahmen der Übung Anakonda 2016 auf der Weichsel nahe der polnischen Stadt Chelmno errichtet wurde – Staff Sgt. Raymond Boyington/362nd Mobile Public Affairs Detachment)
@all
Zu Steinmeier (und übrigens, auch heute, zu Schröder) habe ich einen neuen Thread aufgemacht; bitte die Debatte dort weiterführen (auch wenn ich dort die Kommentare aus gutem Grund auf moderiert gesetzt habe…)
Patrick Horstmann | 17. Juni 2016 – 15:41:
Der Bericht zeigt aber auch wie gross die Probleme beim Funk sind. Eine schnelle Besserung ist nicht in Sicht.
Aber EFP ist ja auch eher ein Politikum wie zuvor NRF und EUBG und VJTF.
Am Ende sind alle Ampeln grün….
@Memoria | 18. Juni 2016 – 13:50
Dass die EFP-Kräfte ein Politikum sind gebe ich ihnen gerne zu. Alles, was sie in einem Bündnis tun, hat eine politische Dimension. Nehmen sie gerne noch die DF-Brigade oder aktuell die gegenseitige Unterstellungen mit den niederländischen Streitkräften hinzu. Die gegenseitige Integration von Streitkräften ist in NATO und (teilweise) EU gewollt und in meinen Augen auch – um ein inzwischen geflügeltes Wort zu benutzen – alternativlos. Die Zeiten, in denen jeder in seinem eigenen nationalen Sektor agieren konnte und die Integration von Bündnispartnern beim gemeinsamen Empfang in der Offiziermesse anfing sind vorbei.
Aber wenn man sich politisch entschieden hat, wird man sich den notwendigen Integrationsaufgaben bei den nationalen Streitkräften auch militärisch stellen müssen. Das stellt zum Beispiel auf der Ebene der intergrierten höheren Stäben heute niemand mehr ernsthaft in Frage.
Natürlich müssen dabei teilweise dicke Bretter gebohrt werden. Die gemeinsame Führung (organisatorisch und technisch) auch auf taktisch-operativer Ebene gehört sicherlich zu den ersten, wichtigsten und anspruchvollsten Aufgaben. Im übrigen ist das kein spezifisches Problem von Streitkräften. Wer sich nur einmal mit der Einführung des Digitalfunks in Deutschland für die (zivilen) Organisationen mit Sicherheitsaufgaben in 16 Bundesländern plus Bundesebene beschäftigt hat, kann ein Lied davon singen.
Ja, das mit den grünen Ampeln: Ist in meinen Augen vor allem auch eine Angelegenheit der öffentlichen Begleitung von Bundeswehr. Solange sich das Führungspersonal in BMVg und Bundeswehr sicher sein kann, dass unter dem Mantel der Landesverteidigung alles unter der Decke bleibt, kann man natürlich gut in Power-Point-Präsentationen virtuelle Ampeln auf grün schalten. Es gibt sicherlich bei Streitkräften Dinge die vertraulich und geheim sind und bleiben sollten. Es gibt aber auch Angelegenheiten, die zumindest fachöffentlich klar angesprochen und diskutiert werden müssen. Dann wird das Leben in virtuellen Welten schnell ein Ende haben.
Bei der (notwendigen) Öffentlichkeit und der Fehlerkultur hat die Bundeswehr sicherlich noch viel Luft nach oben.