Von der Leyen darf Doktortitel behalten (mehr Details, vdL-Statement)

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Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat in ihrer medizinischen Doktorarbeit vor 26 Jahren zwar Fehler gemacht, aber keine Täuschungsabsicht gehabt und darf deshalb ihren Doktortitel behalten. Zu diesem Ergebnis kam der Senat der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) am (heutigen) Mittwoch. Das Muster der Plagiate, vor allem in der Einleitung, spreche nicht für eine Täuschungsabsicht, sagte MHH-Präsident Professor Dr. Christopher Baum. Es handele sich um Fehler, nicht um Fehlverhalten.

Der CDU-Politikerin war vorgeworfen worden, in ihrer Dissertation C-reaktives Protein als diagnostischer Parameter zur Erfassung eines Amnioninfektionssysndroms bei vorzeitigem Blasensprung und therapeutischem Entspannungsbad in der Geburtsvorbereitung zahlreiche Textpassagen übernommen zu haben, ohne die Quelle zu kennzeichnen.  Die Plagiate-Seite vroniplag hatte in einer ersten Bewertung erklärt, die Doktorarbeit enthalte zahlreiche wörtliche und sinngemäße Textübernahmen, die nicht als solche kenntlich gemacht sind. Die Ministerin hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe im vergangenen Jahr selbst auf eine Überprüfung durch die Hochschule gedrungen.  Nach Darstellung der Hochschule machen allerdings die Plagiate auch dann weniger als 20 Prozent aus, wenn alle von vroniplag so eingestuften Textpassagen zu Grunde gelegt würden.

Nach Angaben des MHH-Präsidenten fiel die Entscheidung, von der Leyen den Doktortitel nicht abzuerkennen, im Senat mit sieben zu einer Stimme. Ein Mitglied enthielt sich. Entscheidend für den Beschluss sei gewesen, dass die festgestellten Fehler  den wissenschaftlichen Wert der Doktorarbeit nicht grundsätzlich infrage stellten. Es liege kein durch Täuschungsabsicht geleitetes Fehlverhalten vor.

Die Ministerin, die sich zur Zeit in den USA aufhält (Foto oben), äußerte sich zufrieden mit der Entscheidung. Ihre vom Ressort verbreitete Stellungnahme:

Teile meiner damaligen Arbeit entsprechen nicht den Maßstäben, die ich an mich selber stelle. Ich bin froh, dass die Universität nach eingehender Prüfung zum Schluss gekommen ist, dass meine Experimente für die medizinische Forschung relevant waren und die Arbeit insgesamt die wissenschaftlichen Anforderungen erfüllt.

Das Statement des MHH-Präsidenten zum Nachhören:

 

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Nachtrag: Die Pressemitteilung der MHH zur Entscheidung:

Promotionsüberprüfung: MHH bestätigt Doktortitel für Ursula von der Leyen

Senat hat in heutiger Sitzung mehrheitlich entschieden, den Doktortitel nicht abzuerkennen
Handwerkliche Fehler nachgewiesen, aber keine Täuschungsabsicht erkennbar
Senat folgt damit Empfehlung der Kommission für Gute Wissenschaftliche Praxis (GWP) der MHH

Hannover, 9. März 2016. Der Senat der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) hat in seiner heutigen Sitzung mehrheitlich entschieden, Dr. med. Ursula von der Leyen ihren Doktortitel nicht abzuerkennen. Damit folgt der Senat der Empfehlung der Kommission für Gute Wissenschaftliche Praxis (GWP) an der MHH.
Seit September 2015 hatte sich die GWP-Kommission intensiv mit den gegen Dr. Ursula von der Leyen öffentlich erhobenen Vorwürfen befasst. Dr. Ursula von der Leyen hatte die Hochschule seinerzeit selbst um die Prüfung ihrer Dissertation gebeten.
In das Verfahren wurden unabhängige externe Gutachter involviert, darunter zwei internationale Experten. Die GWP-Kommission fasste ihre Ergebnisse im Februar 2016 in einem Bericht zusammen. Der Senat entschied heute auf der Basis dieses Berichts und der Einsicht in die Unterlagen und bestätigte den Titel.
Übereinstimmend stellten die Kommission und der Senat Mängel fest. Konkret geht es dabei um Fehler in der Form von Plagiaten, also um die Übernahme fremder Textpassagen, ohne die Originalautoren korrekt zu kennzeichnen. Die Kommission und der Senat kamen jedoch zu dem Schluss, dass das Muster der Plagiate nicht für eine Täuschungsabsicht spricht.
„Die zuständigen Gremien der MHH haben sorgfältig, objektiv, ergebnisoffen und ohne Ansehen der Person geprüft. Es wurden Fehler festgestellt, allerdings kein Fehlverhalten“, betonte Professor Dr. Christopher Baum, Präsident der MHH. „Es gibt keine Anhaltspunkte für eine bewusste Täuschung.“
Professor Dr. Thomas Werfel, der als Ombudsmann der MHH das gesamte Verfahren begleitete, führte dazu näher aus: „Die Einhaltung der gültigen Regeln guter wissenschaftlicher Praxis hatte in dem zu prüfenden Fall höchste Priorität. Die GWP-Kommission kam zu dem Ergebnis, dass der überwiegende Teil der festgestellten Mängel in der Dissertation auf eine handwerklich nicht saubere Arbeitsweise zurückzuführen war. Dies beschränkt sich im Wesentlichen auf den Einleitungsteil der Arbeit. Im zentralen Ergebnisteil der Dissertation wurden keine Mängel festgestellt. Die festgestellten Verstöße waren in der ganz überwiegenden Anzahl als nicht schwerwiegend einzustufen. Zudem führte der unterschiedliche Charakter der Verstöße zur Bewertung, dass keine systematische, rechtserhebliche Täuschungshandlung vorliegt“, sagte Professor Werfel.
Die Kommission prüfte auch weitere gegen Dr. Ursula von der Leyen erhobene Vorwürfe. Dabei ging es um eine mögliche Verletzung ethischer Regeln in der betroffenen Studie. Diese Vorwürfe wurden eindeutig ausgeräumt.
„Wir werden in einem Schreiben an Frau Dr. von der Leyen die Kritik an der Arbeit darstellen, den Schweregrad der Mängel erläutern und das abschließende Votum des Senats begründen“, erläuterte Professor Baum abschließend.

(Foto: Defense Secretary Ash Carter welcomes German Defense Minister Ursula von der Leyen with an enhanced honor cordon as she arrives at the Pentagon, March 8, 2016 – DoD photo by Air Force Senior Master Sgt. Adrian Cadiz)