Die neue Großgeräte-Liste: Weg von den Obergrenzen

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Mit dem Plan des Verteidigungsministeriums, in den nächsten Jahren mehr Geld in die materielle Ausrüstung der Bundeswehr zu stecken, fallen auch die bisher festgeschriebenen Obergrenzen für Großgerät der Truppe. Beginnend im Jahr 2011 wurden im Jahr 2012 feste Obergrenzen für die Hauptwaffensysteme der Bundeswehr festgelegt. Diese erweisen sich für die Erfüllung der aktuellen Aufgaben als nicht mehr zweckmäßig, heißt es in einem am (heutigen) Mittwoch bekannt gewordenen Dokument des Verteidigungsministeriums für den Bundestag. Die neuen  Zahlen sollen allerdings nicht mehr wie bisher als Obergrenzen verstanden werden, sondern als an den derzeitigen Aufgaben orientierte Ausstattung, deren Umfang in der Realisierung bis 2030 auch noch verändert werden kann.

Wesentliche Änderungen der Zahlen waren bereits zuvor schon vom Ministerium bekannt gegeben worden, vor allen die Erhöhung des Bestandes an Kampfpanzern auf 320 und der Kauf zusätzlicher Boxer-Transportpanzer. Bei den übrigen Hauptwaffensystemen gibt es überwiegend keine oder nur geringe Veränderungen, so dass offensichtlich die Absicht im Vordergrund steht, die jetzt genannten Zahlen als aktuelle Planung zu verstehen und nicht als maximale Ausstattung.

Zum Vergleich die beiden Listen – zunächst die als Folge der Neuausrichtung festgelegten Obergrenzen der strukturrelevanten Hauptwaffensysteme, hier in der 2013 veröffentlichten Fassung:

Grossgeraete-Liste1

Grossgeraete-Liste2

Die neue Liste, einschließlich der Anmerkungen:

Kampfpanzer 320
Schützenpanzer Puma/weitere Schützenpanzer (abhängig vom Untersuchungsergebnis Bedarfsergänzung Schützenpanzer; Marder als mögliche Option) 342/196
GTK Boxer/TPz Fuchs (Ableitung des strukturellen Solls noch nicht abgeschlossen) 1.300
Fennek (davon 154 Spähwagen, 70 Joint Fire Support Team, 24 Pioniererkundungsfahrzeuge) 248
Panzerhaubitze 2000 101
Raketenwerfer MARS (keine Außtattung für nicht-aktive Truppenteile) 38
WaBEP (Wirkmittel zur abstandsfähigen Bekämpfung von Einzel- und Punktzielen)
NH90 (zzgl. 22 für internationalen Hubschrauberverbund) 80
UH Tiger 40
Eurofighter 138
Tornado 85
C-160 Transall
A400M 40
CH53/STH (Schwerer Transporthubschrauber incl. Fähigkeit Combat Search and Rescue, CSAR; Ablösung CH53 ab 2025) 64/59
SLWüA (System der signalerfaßenden luftgestützten, weiträumigen überwachung und Aufklärung; HALE-Drohne) 5
GlobalHawk (Beistellung NATO AGS) 4
SAATEG MALE (System der abbildenden Aufklärung in der Tiefe des Einsatzgebiets, MALE-Drohne, bewaffnungsfähig) 16
TLVS (Taktisches Luftverteidigungßystem) 14
MANTIS (Nahbereichßchutz C-RAM) (unter Berücksichtigung der Initiative Nah/Nächstbereichßchutz Bundeswehr) 2
Seefernaufklärer P-3C Orion 8
Marinehubschrauber (18 Marine-Transporthubschrauber SEA LION und 18 Bordhubschrauber als Nachfolge SEA LYNX) 36
Fregatten F123/F124/F125 4/3/4
Korvette K130 5
Mehrzweckkampfschiff 180 6
U-Boot U212 6
Minenabwehreinheiten 10
Flottendienstboot 3
Joint Support Ship (endgültig gestrichen, Fähigkeit soll multinational realisiert werden)

Ergänzung (hatte ich zunächst hier nicht dazu geschrieben): Zu dieser Strukturauffüllung kommen Bedarfe für neue Fähigkeiten (z.B. Cyber und Hubschrauber für Spezialkräfte).
Auch Bedarfe für Modernisierung (z.B. Mobile Taktische Kommunikation, Fahrzeugflotte) kommen hinzu.

(Ein Leser hat mir die nette HTML-Tabelle gebastelt, vielen Dank!)

Nachtrag: Über die Pläne des Verteidigungsministeriums, bis 2030 insgesamt rund 130 Milliarden Euro für militärische Beschaffungen auszugeben und damit fast doppelt so viel wie bislang veranschlagt, gibt es bereits Gespräche zwischen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Finanzminister Wolfgang Schäuble. Das sagte Schäubles Sprecherin Friederike von Tiesenhausen-Cave vor der Bundespressekonferenz:

Frage: Eine Frage an das Finanzministerium. Frau von der Leyen hat für den Ausbau der Bundeswehr erhebliche Summen gefordert oder als nötig erachtet, 130 Milliarden Euro bis 2030. Inwieweit ist das mit dem Finanzminister abgesprochen? Wie weit hat er schon Signale gegeben, dass so etwas möglich ist?

von Tiesenhausen-Cave: Zu diesem Thema sind die beiden Minister in der Tat im Gespräch. Frau von der Leyen hat den Bundesfinanzminister fortlaufend und vertrauensvoll über ihre Planungen informiert.

Lassen Sie mich das aber erst noch prozedural einordnen. Wir gehen jetzt in das Haushaltsaufstellungsverfahren für den Bundeshaushalt 2017 und die Finanzplanung bis 2020. Im Gespräch ist ja eine langfristige, sehr strategische Ausrichtung bis zum Jahr 2030. Das geht also über diesen Zeitraum deutlich hinaus.

Der Herr Minister hat in der letzten Zeit auch schon mehrfach öffentlich gesagt, dass er in den Bereichen der inneren und äußeren Sicherheit durchaus Bedarf sieht. Das heißt aber nicht, dass in diesem konkreten Fall irgendetwas präjudiziert ist. Die Gespräche werden jetzt sorgfältig geführt, und zwar mit allen Ressorts. Nach Abschluss dieser Gespräche im März wird man dann mit dem Eckwertebeschluss zu Ergebnissen kommen.

Allerdings, das muss man inzwischen wohl immer vorsichtshalber dazu sagen: Diese Aussage belegt ja nicht die darauf gestützte Behauptung von Spiegel Online: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat seine Bereitschaft erklärt, den Etat des Verteidigungsministeriums zu erhöhen.

(Archivbild: Schützenpanzer Puma während der dynamischen Vorführung im Erprobungszentrum Unterlüß (EZU) der Projekt System Management (PSM) GmbH am 24.06.2015 – Bundeswehr/Marco Dorow)