Umstrittener Sinnspruch ‚Treue um Treue‘ – jetzt im Museum
Im Sommer vergangenen Jahres verbot der damalige Heeresinspekteur Bruno Kasdorf den Sinnspruch Treue um Treue, den sich Fallschirmjäger für ihren Einsatz in Afghanistan gewählt hatten. Das führte hier bei Augen geradeaus! zu einer der heftigsten, auf jeden Fall zur längsten Diskussion zu einem Eintrag. Nun wird dieser Aspekt auch historisch angegangen:
Das Plakat, das die Fallschirmjäger im November 2010 vor den Vorresten eines beim Karfreitagsgefecht 2010 ausgebrannten Dingos aufhängten und das neben dem Spruch Treue um Treue die Namen der gefallenen Kameraden enthält, hängt jetzt im Museum. In der Sonderausstellung 60 Jahre Bundeswehr des Militärhistorischen Museums in Dresden, die am (morgigen) Montag eröffnet wird. Zusammen mit anderen Originalexponaten aus dem Afghanistaneinsatz gehört es zu dem Teil der Ausstellung, der das nicht zuletzt durch die Mission am Hindukusch gewandelte Bild des Bundeswehrsoldaten zeigt – verkürzt gesagt: Der deutsche Soldat als Kämpfer
Interessant wird ja, ob dieses Exponat die Debatte wieder anfacht.
Nachtrag: Ein Foto mit diesem Exponat taucht auch im offiziellen Bericht auf der Bundeswehr-Webseite auf.
Nachtrag 4. November: Da hier (und vielleicht auch anderswo) das Gerücht aufkam, die Zelle des gesprengten Dingo stehe irgendwo in einer Garage des Militärhistorischen Museums, habe ich den Pressesprecher des Museums mal direkt gefragt.
Seine Antwort: Definitiv nicht. Wir haben keine Kenntnis, wo er gelandet ist und gehen davon aus, dass er in AFG verschrottet wurde.
(Weiterhin bin ich überwiegend außer Gefecht, nur punktuell online, deshalb auch weiterhin alle Kommentare auf moderiert.)
(Foto oben: Der beim Karfreitagsgefecht beschädigte, von der Bundeswehr gesprengte und später wieder sicher gestellte Dingo in Isa Kehl, mit Gedenken an die Gefallenen – via Johannes Clair/“Vier Tage im November“); Foto unten: Militärhistorisches Museum)
Wie immer gilt:
„Neuer Inspekteur*, neues Glück! Alles zurück auf Anfang und Neustart!“
*Kann wahlweise auch mit Kommandeur, Chef, Kommandant, Chefarzt, Kommodore, Kommandierender General, AL, Referatsleiter, … ersetzt werden.
Richtig so !
Glück Ab!
Das ist eine sehr gute Sache! Ich hoffe, Gen a.D. Kasdorf geht dorthin und sieht sich das auch an und reflektiert seinen unsäglichen Befehl entsprechend.
„Treue um Treue“ sollte wieder Salonfähig werden. Ich wünsche das den Kameraden der FschJgTr sehr! Glück ab!
mal sehen wie lange es dauert bis die gesinnungspolizei auch im Museum Lustration betreibt.
der ganze verhalten der mil. führung bezgl. der soldatischen ehrung gefallener kameraden war jedenfalls eine erbärmliche farce
Wie auch („damals“) schon gesagt:
Es geht hier weniger um einen „Ausspruch“-sondern um eine absolut unterschiedliche gesellschaftliche Einstellung.
Während man sich „in der Truppe“ als das sieht (oder sehen möchte), was einen Soldaten ausmacht (nämlich „Kämpfer“ zu sein, für den der Einsatz und-im Einzelfall-das Töten zum Berufsbild dazugehört), wird von der übergeordneten Führung-die ohnehin mehr „Politik“ als „Führung“ ist-jeder kleine Funke „Tradition“ bewusst vernichtet-ganz im Sinne der (falsch ausgelegten) 68er-Tradition.
Unsere Gesellschaft hat sich nun mal so weit von ihrer konservativen Mitte entfernt, das jeder, der eine nationale oder konservative Einstellung hat, von der „neuen linken Mitte“ als „Rechts“ dargestellt wird-sehr schön zu sehen auch anhand der Kommentare diverser (fast aller) Politiker zum Thema Flüchtlingspolitik.
Wer „Ja-Sager“ züchtet, der muss auch mit Ja-Sagern leben-und die Abrechnung kommt immer ganz zum Schluss….
Treue um Treue!
@O. Punkt
Ein neuer Inspekteur hat damit nichts zu tun, weil die fachliche Arbeit des MHM außerhalb der Befehlskette geschieht. Stünde das Museum im Verdacht, nach Gusto der Bundeswehrführung auszustellen, könnte es als anerkanntes Museum der Spitzenklasse einpacken.
Als „Ehemaliger“ (1956-1985) und politisch eher „Links“ orienttiert, bin ich froh nie einem solchen „Herren“ gehorchen zu müssen. Die Casdorf´s kommen und gehen, „Treue um Treue“ bleibt bestehen.
@ Axel Schrader | 02. November 2015 – 7:18
Ihre Meinung in Ehren, aber dafuer hat die Ministerin den Ausspruch:‘ Das gefaellt mir nicht’….Und alle fallen um.
Welcher Text hängt zu diesem Exponat in der Vitrine? Man kanns leider nicht entziffern.
Moin,
erfreulich, dass sich das Museum dieser Thematik annimmt. Das hätte ich offen gestanden nicht für möglich gehalten. Aber wie Rado schon schreibt, ich würde schon gerne wissen, wie das aufbereitet wird… Denn dies könnte -auch in diesem Forum- überaus kontrovers sein…
@MikeMolto: Ich denke, dass dafür weniger die Meinung der Ministerin verantwortlich ist sondern der Unterschied zwischen der Dokumentation im Museum gegenüber der Verwendung in der Truppe. Denn die Präsentation desTuchs mit „Treue um Treue“ im Museum ergibt eine völlig andere Botschaft als die Präsentation in einer Kaserne oder sonst im Zusammenhang mit dem laufenden Betrieb eines Truppenteils. Das Museum dokumentiert lediglich den Fakt, dass die beteiligten Soildaten sich so gesehen haben und liefert einen weiteren (m.E. wichtigen) Anhaltspunkt für die (letztlich nie endende) Diskussion, wie die BW mit ihrer Vorgeschichte ungehen soll; ob überhaupt irgendetwas aus der Wehrmacht „traditionsfähig“ sein kann. Die laufende Verwendung in der aktiven Truppe schränkt dagegen diese Diskussion sofort ein, weil damit automatisch Zustimmung gefordert wird, weil Kritik an dem Motto als mangelnde Zustimmung (“ . . . keine Solidarität, kein Respekt für die Soldaten, die ihr Leben für diesen Staat riskieren . . .“) zur Truppe interpretiert wird.
Ein Museum hat die Aufgaben „bewahren – erhalten – erforschen – ausstellen“. Von daher steht es jedem Museum gut, ab und zu zu provozieren, im guten Sinne zum Nachdenken anzuregen. Leider ist das in der Bundeswehr wie vielen anderen politisch geprägten Bereichen immer weniger erwünscht. Wer querdenkt, stört, wird nicht befördert, schlecht beurteilt und abgeschoben. Wer es nicht tut, dem stehen alle Wege offen.
Da das Museum nicht befördert werden kann, muss es sich auch mit Provokationen profilieren dürfen! Gut so. Erstaunlich ist nur, dass später auch jeder General oder Politiker diesen Teil der Ausstellung „bemerkenswert“ finden wird.
Sehr ordentlich! Das MHM wird seinem Anspruch, zur kritischen Diskussion beitragen zu wollen, wieder einmal voll gerecht. Ich gebe zu, dieses Exponat spricht den Soldaten in mir mehr an als Wollkleider für Panzer. Einen Glückwunsch an dieser Stelle auch an den Akquisiteur! Der Kamerad (ich vermute, es ist noch P. H.) geht echt mit viel Herzblut an die Sache.
Mal aus Erfahrung:
Die fachliche Arbeit des MHM ist natürlich nicht wirklich außerhalb der Befehlskette. Aber wenn die BwFü ohnehin die vorherrschende zivile Meinung – oft gegen das Verständnis der Truppe – vertritt, das im MHM auch nicht ungewöhnlich ist, braucht es keiner sonderlich großen Einflußname.
Warum war/ist man im LwMus in der Ausstellung 50 Jahre Luftwaffe ohne den Angriff gegen Serbien ausgekommen?
das original das auf dem dingo hängt kann eigentlich nicht mit dem exponat im museum identisch sein.
das original bedeckt die gesamte dingo außenwand wärend das museumsstück signifikant kleiner ist/erscheint.
täuscht das nur perspektivisch oder wurde hier eine verkleienrte reproduktion augestellt?
@wacaffe
So weit ich weiß, ist es das Original – und ich vermute eine Täuschung durch die Perspektive.
Vielleicht weil man bei der Luftwaffe weis das es da nichts rühmliches gibt , schlimm genug das Grundgesetz oder Völkerrecht für unsere Politiker keine bedeutung haben
Wo war das Motto „Treue um Treue“ denn umstritten? Bei denen, die unter diesem Motto ihr Leben riskierten, gewiss nicht.
@huey….. Wahre Worte…. Leider
Kann mir jemand an konkreten Punkten erklären was für oder gegen den Spruch steht?
Mir fallen da die weisen Worte meines Grossvaters ein, wenn Dir ein Motto nicht gefällt, würde Dir das Gegenteil gefallen?
Das es ebenfalls das Motto der Fallschirmjäger des III Reiches war.
Vergleichen wir das hiermit
Repugnant battle honours of the Indian Army
https://en.wikipedia.org/wiki/Repugnant_battle_honours_of_the_Indian_Army
The Government of India has declared repugnant some battle honours earned by Indian Army units, which are descended from erstwhile units of the British East India Company. Indian Army units do not inscribe these battle honours on their colours and do not celebrate commemoration days associated with these battles. This decision was taken post-independence regarding those battle honours concerned with the subjugation of India and in some cases, neighbouring countries
Wenn dieses Motto ein Problem ist, frage ich mich, warum das Wachbattalion der BW immer noch mit den „belasteten“ Karabinern 98k auftritt.
Die böse Aura muss einem guten Deutschen doch die Gänsehaut aufziehen?
@ThoDan
Warum sollte man dem „Dritten Reich“ den Anspruch zugestehen, wesentlich ältere militärische Traditionen (darunter fällt auch das wesentlich weiter zurückreichende Motto „Treue um Treue“) zu repräsentieren? Wer das Motto mit dem „Dritten Reich“ identifiziert und nicht mit seiner tatsächlichen Herkunft (nämlich den Befreiungskriegen), gewährt nicht nur dem „Dritten Reich“ einen unverdienten späten Sieg, sondern handelt m.E. auch sehr unschön gegenüber jenen, welche die Tradition eigentlich geschaffen haben.
Und auch wenn Sie wohl nicht darunterfallen, so soll zudem nicht unerwähnt bleiben, dass es in der deutschen Diskussion leider auch solche Stimmen gibt, für die mutmaßliche und notfalls herbeikonstruierte NS-Bezüge nur ein willkommener Vorwand für die Bekämpfung aller militärischen Dinge sind. Ich erinnere nur an die unsägliche Kampagne gegen die Ausbildungsschrift „Einsatznah ausbilden“.
@HvS
„Wer querdenkt, stört, wird nicht befördert, schlecht beurteilt und abgeschoben. Wer es nicht tut, dem stehen alle Wege offen.“
Ich kann es ja nicht mehr hören! Diese Verallgemeinerung vermeintlich ach so begabter „Querdenker“ und derjenigen, „die es nicht tun.“ Querdenker sind dem Wahnsinn manchmal deutlich näher sind als dem Genie, werden zu Recht abgewatscht und fühlen sich dann trotzdem noch ungerecht behandelt.
Habe im Übrigen nicht mitbekommen, dass irgendein Kamerad wegen dieses Tuches belangt worden wäre und für sonderlich „querdenkerisch“ halte ich den Spruch auch nicht. Ist ein soldatisches Motto und darüber regen sich manche immer noch auf. Who cares!
@Soldat: Erstmal hier nachlesen
http://augengeradeaus.net/2014/06/probleme-mit-der-tradition-bundeswehr-verbietet-treue-um-treue/
Da ist die Diskussion (968 gepostete Kommentare!) bereits in epischer Breite geführt worden, wir müssen das ja nicht noch einmal durch die Mühle drehen.
NB: Getretener Quark wird breit, nicht stark.
@Zivi a.D.
Und welcher der 968 Kommentare gibt nun das wider, was Sie mir mit Ihrem Kommentar zu sagen versuchten?
Ein guter Schritt, auch wenn ich befürchte, dass das Wrack der Öffentlichkeit weiter vorenthalten wird. Ich denke ein offener Umgang mit dem Leben und auch Sterben im Einsatz sollte auch so ein Exponat nicht ausschließen.
@all
Fun Fact: Das Plakat mit dem Schriftzug wird auch im offiziellen Bericht auf der Bundeswehr-Webseite gezeigt.
@Mufflon
So wie ich es verstanden habe, weiß keiner so recht, wo das Wrack abgeblieben ist.
Als normalerweise stiller Mitleser möchte ich jetzt auch mal etwas zur Diskussion beitragen. Ich bin durch Zufall auf folgenden Post im Forum der Wehrmacht (hat aber nichts mit der Wehrmacht zu tun) gestoßen:
http://www.forum-der-wehrmacht.de/index.php/Thread/44005-Was-kann-das-sein/?postID=462244
Wie „Soldat“ schon geschrieben hat, und das Abzeichen beweist, ist das Motto „Treue um Treue“ schon seit ca. 100 Jahren, und wahrscheinlich auch noch länger, Teil des deutschen Militärs
Verstehe ich das richtig, dass das Wrack des Dingo nach Deutschland verbracht wurde?
Also das es aus WWI belegt ist, legitmiert diesen Satz nicht wirklich.
Im Sinne von Fetzen Papier, Giftgaseinsatz.
@Soldat
Interessant, das wußte ich nicht, aber dieselbe Argumentation habe ich mal bezüglich des Eisernen Kreuzes gebracht.
Was ich aber für zu hinterfragen halte(WENN es stimmt, WENN!) ist das anscheinend Fallschirmjäger der BW den Tag der Eroberung Kretas als inoffiziellen Tag der Fallschirmjäger o.ä. betrachten.
Weil ich nicht weiß, inwiefern darüber bewusst geschwiegen wird, nenne ich jetzt lieber keinen Namen. Aber mir wurde gesagt, dass sich das Wrack des Dingos im Lagerbestand des MHMs befindet. Gesehen habe ich es nicht.
@Soldat: Im freundlichsten Falle ist es eine Selbsttäuschung, von „mutmaßlichen und notfalls herbeikonstruierten NS-Bezügen“ zu reden, wie ja schon der Hinweis von ThoDan auf den „Tag der Fallschirmjäger“ zeigt (und eine ganze Reihe von Statements in der ursprünglichen Diskussion). Die Tatsache, dass es den Nazis gelungen ist, ältere Traditionen für die eigenen Zwecke zu missbrauchen, führt zu zwei Fragen:
Zum einen kann/muss analytisch auseinander gehalten werden,was zur Nazi-Ideologie gehört, was zu den Nazis hinführende Vorläufer sind und was an Traditionen von den Nazis nicht berührt wurde. Der zweite Punkt ist aber ganz klar: Diese älteren Traditionen (Befreiungskriege etc.) haben sich als zu leicht missbrauchbar erwiesen, der praktische Wert ist mithin fraglich. Man muss sich der Frage stellen, wie weit die von den Nazis verursachten Zerstörungen in dieser Hinsicht reichen.
@Zivi a.D.
Die Befreiungskriege sind offiziell für die Bundeswehr traditionsgebend.
Ehrlich stört es mich das im Wachbataillon Hakenkreuze in Ordnung waren, aber Churchill in die Rechte Ecke gestellt werden kann und darf von Offizieren.
@Zivi a.D.:
„Man muss sich der Frage stellen, wie weit die von den Nazis verursachten Zerstörungen in dieser Hinsicht reichen.“
Das sehe ich anders: Kultur- und Traditionsgut kann nicht „zerstört“ werden wie eine Vase odergleichen. Man kann es beantspruchen und wenn man ausreichenden Einfluss bzw. ausreichende Autorität hat, dann kann man diesen Anspruch durchsetzen. Und dann glauben einem die Leute irgendwann, dass man in dieser oder jener Tradition steht.
Die Frage ist also nicht „Welche Traditionen haben die Nazis zerstört?“ sondern „Bei welchen Traditionen sind wir bereit und willens sie für unsere heutige Gesellschaft zu beanspruchen?“. Und in der Gegenfrage: „Welche Traditionen möchten wir weiterhin den Nazis widerspruchslos überlassen?“
@ThoDan | 04. November 2015 – 13:39:
Nein,
die preussischen Heeresreformen sind eine der Traditionslinien.
Die Befreiungskriege selbst spielen somit in der offiziellen Tradition der Bundeswehr eine voellig untergeordnete Rolle.
Imho beklagte dies, dass Bewaehrung im Kampf von anderen deutschen Armeen in der offiziellen Bundeswehr-Tradition keinen Platz findet (finden darf) schon Gen Schultze-Rhonhof (oder doch Gen Guenzel?) vor vielen Jahren.
@ThoDan: Wo Sie schon den „Kreta-Tag“ ansprechen, nur eine interessante Beobachtung am Rande: Die Weisung des damaligen Inspekteurs datiert vom 6. Mai und trat in Kraft am 20. Mai 2014. Der 20. Mai ist tatsächlich der „Kreta-Tag“ (Beginn der „Operation Merkur“ am 20. Mai 1941).
Etwas Besseres als das Militär-Historische-Museum (MHM) hätte dem Exponat, der Diskussion um dieses und auch den Betroffenen nicht passieren können. Das MHM steht mit der Offizierschule Dresden und der nach wie vor durch ihre militärische Vergangenheit komplett geprägten Albertstadt in einem Dreiklang der gemeinsammen glanzvollen, aber auch dunklen Geschichte der wechselseitigsten Traditionen. Also steht das MHM im Brennpunkt einer durchaus offenen, kontroversen und kritischen Ausseinandersetzung mit den Zeitgeschehen sowie auch mit der Zukunft und Dresden ist dafür auch historisch und gegenwärtig gesehen, ein bestens geeigneter, durchaus sensibler und auf erkämpft-erlebt-erlernter Objektivität bedachter „Nährboden“.
So meine persönliche Einschätzung aus ca. 4 Jahren Tätigkeit in und nach wie vor gegebenen Kontakten zu Dresden.
Ich bin deshalb überzeugt, daß das BMVg und/oder die Bw-Führung – wenn überhaupt – nicht einmal näherungsweise eine Debatte dort aufnehmen wird, wo Kasdorf sehr unglücklich geendet hat. Man wird das nunmehr „öffentliche“ Exponat klugerweise dem Maßstab der Geschichte und dem Urteilsvermögen mündiger Staatsbürger überlassen müssen, statt diese – wie von Kasdorf im militärischen Bereich zumindest versucht – zu bevormunden.
Es bleibt zudem zu hoffen, daß auch das DINGO-Wrack von Isa Kehl ins MHM gefunden hat und dieses eines Tages zusammen mit dem Tuch-Exponat ausgestellt wird. Einen besseren und plausibleren Konnex, der im konkreten Fall jegliche abstruse Zuordnung Richtung „Nazi-Traditionen“ jedem logisch denkenden Menschen verbietet, kann es m.M.n. nicht geben.
@Mufflon: Sie übersehen, dass auch „Kulturgut“ seine Geschichte hat und die Bedeutung von Motti und Symbolen daher nicht statisch ist sondern durch diese Geschichte verändert wird. Es werden neue Bezüge hinzugefügt, andere schleifen sich ab. So ist aus der Reformation eine protestantische Kirche hervorgegangen obwohl Luthers Absicht ja keineswegs eine neue Kirche war sondern im Gegenteil die Wiederherstellung der „ursprünglichen“ katholischen. Das „Urprüngliche“ lässt sich aber sowenig restaurieren wie die Unschuld, wenn sie einmal verloren gegangen ist.
Das gilt auch hier: „Treue um Treue“ ist von den Nazis nachhaltig eingefärbt worden.Der Bezug zu den Nazis ist zum Teil des Mottos (der Geschichte) geworden weil die Nazis sich diese Tradition eben zu Eigen (n.b.) gemacht haben. Das lässt sich nie mehr rückgängig machen. Egal wie tief man gräbt, um den „ursprünglichen“ Sinn zu exhumieren und darauf herum schrubbt, um die braune Farbe zu beseitigen: Am Ende schimmert immer wieder das Hakenkreuz durch. Es gibt immer genug Leute, die sich dieses Bezugs erinnern und damit als Teil der Bedeutungen festhalten. Daher stehen die Nazis immer mit im Raum, wenn dieses Motto beschworen wird.
@FlaOffz
Also trennt man Sinn, Zweck , Grund von der Tradsitionslinie!
Jetzt verstehe ich wie Gen Schultze-Rhonhof zu seinen interessant – einzigartigen historischen Schlussfolgerungen kommen konnte.
@ThoDan | 04. November 2015 – 9:14
„Was ich aber für zu hinterfragen halte(WENN es stimmt, WENN!) ist das anscheinend Fallschirmjäger der BW den Tag der Eroberung Kretas als inoffiziellen Tag der Fallschirmjäger o.ä. betrachten.“
Es ist nicht der Tag der Fallschirmjäger, sondern der Kreta-Tag.
Und es ist hoffentlich unproblematisch, wenn man einer Truppengattung zugesteht um die Gefallenen einer der verlustreichsten LLOp der Geschichte zu trauern und dem Heldenmut derjenigen zu Gedenken, die in dunklen Tagen heldenhaft handelten.
Erst recht, weil die Op Merkur gleichzeitig ein planerischen und strategisches Fiasko war.
Sicherlich mag es Zeiten gegeben haben an denen der Kreta-Tag unreflektiert gefeiert wurde, dieses war sicherlich falsch. Aber in komplett zu ignorieren ist genauso falsch.
Nebenbei: gerade mit der Entscheidung des InspH am 20. Mai (sic!) den mit neuem Sinn gefüllten Spruch Treue um Treue zu verbieten, wurde wieder einmal eine Chance verpasst eigene Bw-Traditionen entstehen zu lassen. Denn die Nutzung in AFG war nicht von irgendwelchen „alten Adlern“ (so heißen bei uns die WKII Kameraden) erzwungen worden, sondern war eine neue Singstiftung zu diesem schon lange vor den 12 dunklen Jahren verwendeten Spruch.
Chance verpasst :(
@Koffer
Heldentum hat nicht automatisch eine ethische Komponente(Achilles in seinem Zelt)
http://augengeradeaus.net/2015/11/umstrittener-sinnspruch-treue-um-treue-jetzt-im-museum/#comment-215542
Gedenken ja, Erinnern ja , Feiern NEIN!
Auch wenn es nur meine eigenen Erfahrungen sind, und diese damit natürlich nur einen kleinen, nicht repräsentativen Eindruck darstellen, möchte ich trotzdem etwas zu angeblichen Gedenken des Kreta Tages in der Fallschirmjägertruppe sagen.
Ich selbst habe in 10 Jahren nicht eine einzige Gedenkveranstaltung zu diesem Tag mit erlebt. Ich kenne natürlich die Geschichten dazu und kann mir durchaus vorstellen das es sowas, in welcher Form auch immer, früher gegeben hat. Dürfte aber auch nicht so verwunderlich sein, zumindest in den Anfangsjahren der Bundeswehr wird es auch Soldaten gegeben haben, die den Krieg oder genauer die Schlacht um Kreta selbst miterlebt haben. Das soll keine Rechtfertigung sein, aber vielleicht eine kleine Erklärung. Gefühlt scheint das aber über die Jahre immer weniger geworden zu sein.
Heutzutage gibt es dies jedenfalls so nicht mehr. Ich will und kann nicht ausschließen, dass es im kleinen noch irgendwas in der Richtung gibt, offiziell jedoch nicht. Viele Kameraden sind nun auch nicht sonderlich an Militärgeschichte interessiert, der ein oder andere weiß bestimmt das es die Schlacht um Kreta gegeben hat, aber wann genau, geschweige denn an welchem Tag, dürfte eher auf wenige zutreffen. Man sollte jedenfalls keinen Generalverdacht auf die heutigen Fallschirmjäger erheben.
Zum „Treue um Treue“ Spruch aus dem Jahr 2010. Ich selbst habe zum damaligen Zeitpunkt in der 3./ ASB Kunduz gedient. Zumindest in dieser Kompanie war das Motto so nicht wirklich geläufig. Ich selbst habe „Treue um Treue“ das erste mal nach der Operation Halmazag wahrgenommen. Das soll das ganze auf keinen Fall abwerten. Ich kenne die Aussage von J.Clair dazu und will ihm selbst in keiner Weise widersprechen.
Nur sollte nicht der Eindruck entstehen, dass dieses Motto damals allgegenwärtig war, in Form von Nutzung bei Antreten etc.
Das man sich auf seine Kameraden verlassen konnte und auch hat, Treue untereinander gelebt wurde, kann ich allerdings bestätigen.
Das Plakat an dem Dingo sollte dieses wohl auch so verdeutlichen. Es waren unsere Kameraden die im Frühjahr gefallen sind und verwundet wurden, der Dingo in Isa Khel war etwas, was man unbedingt zurückholen wollte. Als dies erreicht wurde, war dass auch ein Zeichen der Verbundenheit mit den zuvor dort kämpfenden Kameraden.
@ThoDan | 04. November 2015 – 19:40
„Heldentum hat nicht automatisch eine ethische Komponente(Achilles in seinem Zelt)“
Stimmt.
„Gedenken ja, Erinnern ja , Feiern NEIN!“
Stimmt.Habe ich wörtlich auch in meinem Beitrag so ausgeführt.
Und jetzt?
@Zivi a.D.: Nun, da driften wir ins philosophische ab. Ob es nun die Traditionen sind, die sich im Laufe der Geschichte verändern, oder bloß ihre Interpretation, ist im Grunde völlig einerlei. Es läuft auf dasselbe hinaus: Die Preußen haben bestimmte Traditionen für sich beansprucht und sie mit der erwünschten Bedeutung belegt. Die Nazis haben Traditionen beansprucht und mit ihrer eigenen Bedeutung „überschrieben“.
Wenn wir wollten, könnten wir das ebenfalls tun und den Traditionen, wie dem Sinnspruch „Treue um Treue“, eine demokratische Bedeutung und Legitimation verpassen.
Oder anders formuliert: Sie sagen selbst, Traditionen werden durch die Geschichte verändert. Ja gerne, das mag so sein. Wir sind Teil der Geschichte, wir können sie auch ändern. Dann heißt es in 70 Jahren vielleicht, „Treue um Treue“ sei untrennbar mit dem Gedanken des Staatsbürgers in Uniform und der soldatischen Treue zur Demokratie verbunden. Wer weiß… ;)
Oben mal nachgetragen:
Da hier (und vielleicht auch anderswo) das Gerücht aufkam, die Zelle des gesprengten Dingo stehe irgendwo in einer Garage des Militärhistorischen Museums, habe ich den Pressesprecher des Museums mal direkt gefragt.
Seine Antwort: Definitiv nicht. Wir haben keine Kenntnis, wo er gelandet ist und gehen davon aus, dass er in AFG verschrottet wurde.
@Mufflon: Darauf können wir uns ohne weiteres einigen, die Geschichte bleibt ja nicht stehen. Das bringt uns die Ausgangsfrage zurück: Ist „Treue um Treue“ heute brauchbar? M.E. klar mit Nein zu beantworten, weil die Truppe andernfalls ganz unversehens mitten hinein gerät in die ganze Diskussion Flüchtlinge, die rechten Hetzer a la Pegida-Bachmann etc. Die BW und ihre Truppe sollten sich da vor falschen Freunden und dem Eindruck hüten, sie gehörten zu den heimlichen Verbündeten dieser Art von Rechten. Zumal dann ja auch eine andere Art von Tradition des deutschen/preussischen Militärs auf den Tisch käme, die des Büttels eines Obrigkeitsstaates wie des Bismark-Reichs, dass an der Spitze völlig verfault und verkommen war und wohl sogar die Nazis an Korruption übertroffen hat – zusammengehalten und geschützt von einem überwiegend adligen Offizierskorps, dass ebenfalls glaubte, die Traditionen der Befreiungskriege hochzuhalten. Spätestens dann wird es ziemlich schwierig.
@Zivi a.D. | 05. November 2015 – 8:17
Und was hat Ihre offensichtliche Aversion gegen das Kaiserreich jetzt mit der Nutzung von jungen Menschen im hier und jetzt zu tun?
Der Spruch ansich ist nicht beanstandungswürdig, sondern ist mir der Kameradschaftspflicht gut vereinbar.
Der Spruch ist auch nicht „verbrannt“, denn er wurde weder von der NSDAP noch von einer ihrer Unterorganisationen genutzt.
Der Spruch wurde nicht von ewig gestrigen der Truppe übergestülpt, sondern ist (wie es der Traditions“erlass“ fordert!) aus der Truppe heraus als passend empfunden worden.
Also alles gut!
Also hier vom Zivilisten und mit Migrationshintergrund. Ich habe hier Marken von vor vier Generationen mit Kaiser Wilhelm verliehen an den Ur-Urgroßvater deutscher Linie … „Für Tapferkeit und treue“, „Treue um Treue“,
So weit ich weis gab es diese Insignien schon um die Zeit der Deutschritter. Und die hatten wohlweislich muslimische Gelehrte am Hof. Demnach @ Zivi a.D alles kein Problem.
I.d.S „Treue um Treue“ an die gefallenen Kameraden auch von mir.