Neue Details zum Luftangriff auf MSF-Klinik: Hospital unter Taliban-Kontrolle vermutet?
Zu dem Luftangriff auf ein Krankenhaus der Organisation Ärzte ohne Grenzen in der nordafghanischen Stadt Kundus sind neue Einzelheiten bekanntgeworden, die auf schwerwiegende Fehler des US-Militärs hindeuten. Bei dem Luftschlag am 3. Oktober, der vermutlich 30 Menschen das Leben kostete, waren möglicherweise US-Soldaten zwar informiert, dass es sich um ein Krankenhaus handelte – sie gingen aber davon aus, dass es unter Kontrolle der Taliban sei.
Aus der aktuellen Meldung der Associated Press vom (heutigen) Montag:
The Army Green Berets who requested the Oct. 3 airstrike on the Doctors without Borders trauma centre in Afghanistan were aware it was a functioning hospital but believed it was under Taliban control, The Associated Press has learned.
(…)
A day before an American AC130 gunship attacked the hospital, a senior officer in the Green Beret unit wrote in a report that U.S. forces had discussed the hospital with the country director of the medical charity group, presumably in Kabul, according to two people who have seen the document.
Separately, in the days before the attack, „an official in Washington“ asked Doctors without Borders „whether our hospital had a large group of Taliban fighters in it,“ spokesman Tim Shenk said in an email. „We replied that this was not the case. We also stated that we were very clear with both sides to the conflict about the need to respect medical structures.“
Taken together, the revelations add to the growing possibility that U.S. forces destroyed what they knew was a functioning hospital, which would be a violation of the international rules of war.
Die Untersuchungen – des US-Militärs, der NATO und der Afghanen, bislang nicht von unabhängiger dritter Seite – laufen noch; deshalb dürfte es dafür vorerst keine Bestätigung geben. Wenn tatsächlich das Krankenhaus deswegen Ziel war, weil es in feindlicher Hand vermutet wurde, hätte das weitgehende rechtliche Konsequenzen.
(Foto: In this image taken 01 October 2015 staff and doctors in the MSF Trauma Centre in Kunduz, Afghanistan, treat people wounded in fighting that has broken out in the town. This image was taken two days before the hospital came under aerieal attack killing staff members and patients and partially destroying the facility – MSF)
@T. Wiegold
„Wenn tatsächlich das Krankenhaus deswegen Ziel war, weil es in feindlicher Hand vermutet wurde, hätte das weitgehende rechtliche Konsequenzen.“
Welches sind die „weitgehenden rechtlichen Konsequenzen“? Faktenlage oder Schuss in’s Blaue? Oder sollte es nicht besser heißen „… könnte dies …“
Rechtliche Konsequenzen bei den Amerikanern dürften wohl heißen: Verurteilung des möglichst niedrigrangigsten beteiligten Offiziers wegen Kriegsverbrechen gefolgt von kollektivem Schulterklopfen, wie gut das System doch funktioniert.
@ JCR | 26. Oktober 2015 – 20:48
Das „Kriegsverbrechen“ gilt es aber zunächst mal noch (justiziabel) zu verifizieren. Oder?
„Wenn tatsächlich das Krankenhaus deswegen Ziel war, weil es in feindlicher Hand vermutet wurde, hätte das weitgehende rechtliche Konsequenzen.“
Ich sehe nicht, wie es in dieser Konstellation zu „weitgehenden rechtlichen Konsequenzen“ kommen sollte. Wenn die US Streitkräfte zum fraglichen Zeitpunkt guten Grund dazu hatten, von einer militärischen Nutzung des Krankenhauses auszugehen, dann handelten sie in Übereinstimmung mit den entsprechenden völkerrechtlichen Bestimmungen.
Der Angriff auf das MSF Krankenhaus wäre unter diesen Voraussetzungen gerechtfertigt gewesen.
@ T. Spiegler
Selbst wenn das Krankenhaus feindlich genutzt wird ist es doch kein legitimes Ziel.
Was erzählen sie denn da für einen Quatsch?
Natürlich ist es dann ein legitimes Ziel. Das Krankenhaus als „No Strike“-Facility verliert seinen Schutzstatus wenn es zu einem militärischen Zweck missbraucht wird.
Je nachdem welche ROE vorliegt obliegt es dann dem jeweiligen militärischen Befehlshaber, den militärischen Nutzen eines Angriffes mit dem zu erwartenden Schaden an der Zivilbevölkerung abzuwägen.
@Tobias Spiegler
Eine Frage:
Wo setzt das HVR, Genfer Konvention… Kontrolle einer medizinischen Einrichtung durch eine Partei mit der Legitmierung von Angriffen gleich?
Dann erklären sie mir doch bitte warum sich das von dem Benutzen des RK als Zielscheibe auf BW Sanfahrzeugen unterscheidet?
Aka warum sollte das im Fall Hospital des MSF in Ordnung sein, bei BW SanFahrzeugen aber nicht?
@ T. Spiegler:
Äh, bitte was? Wie soll das denn aussehen, wenn ein „Krankenhaus für militärische Zwecke missbraucht“ wird? Fällt darunter nach Ihrem Verständnis auch, wenn verwundete feindliche Kämpfer dort behandelt werden?
Ich verweise nochmal auf die von T.W. zitierte Quelle oben. Dort steht nichts von „Missbrauch“, dort steht etwas von „unter Taliban – Kontrolle“. Das dürfte für jede medizinische Einrichtung in von Taliban kontrolliertem Gebiet gelten.
@T.Spiegler
Bitte, bitte sagen sie nicht, das sie ein Soldat sind. Sondern irgend ein ahnungsloser Neunmalklug, der gerade irgend einen sinnlosen Gehirnf…. von sich gegeben hat.
Ergänzend muss man anführen, daß die Betreiber der Krankenhaus dem US-Militär lange bekannt sind. Hätte man den Verdacht gehabt, wäre es ein Leichtes gewesen, ihn zu verifizieren.
Aber selbst wenn die Taliban unter dem Krankenhaus ein Hochregallager für Waffen und Selbstmordattentäter betrieben hätten, wäre der Angriff immer noch ein Kriegsverbrechen.
„Wo setzt das HVR, Genfer Konvention… Kontrolle einer medizinischen Einrichtung durch eine Partei mit der Legitmierung von Angriffen gleich?“
Wenn die medizinische Einrichtung zu Durchführung oder Vorbereitung militärischer Aktionen genutzt, wird endet der durch die Genfer Konventionen gewährte Schutz (siehe auch IV. Genfer Abkommen Art. 19 und ZP I Art. 13)
„Dann erklären sie mir doch bitte warum sich das von dem Benutzen des RK als Zielscheibe auf BW Sanfahrzeugen unterscheidet?“
Sanitätsdienstliche Einrichtungen und Fahrzeuge der Bundeswehr werden ausschließlich zur Versorgung Verwundeter genutzt und sind auch als solche gekennzeichnet (siehe auch I. Genfer Abkommen Art. 19)
Das mittlerweile von dieser Praxis in Konflikten wie Afghanistan abwischen werden muss und auch Sanitätsfahrzeuge und Sanitätspersonal zum Eigenschutz bewaffnet werden mussten, liegt daran das der Feind eben diesen Schutzstatus konsequent missachtet hat.
Fassen wir mal im zeitlichen Ablauf die bisher gegebenen Erklärungen für den Angriff auf das Krankenhaus zusammen:
1. Das Krankenhaus sei versehentlich beschossen worden, Präsident Obama entschuldigt sich bei „Ärzte ohne Grenzen“.
2. Aufständische haben sich auf dem Krankenhausgelände versteckt und haben auf die Spzialkräfte der Amerikaner, die bei der Wiedereroberung von Kunduz beteiligt waren, geschossen.
3. Es waren keine amerikanischen Spezialkräfte beteiligt, sondern nur afghanische Spezialkräfte. Diese hätten auch den Luftschlag infolge „Troop in Contact“ (TIC) angefordert.
4. Der afg Minister erklärt die Truppen wurden nicht vom Krankenhausgelände aus beschossen, aber das Krankenhaus sei eine Ressource der Taliban
5. In dem Krankenhaus habe sich laut Erkenntnissen der Amerikaner ein pakistanischen Führungsoffizier der Taliban aufgehalten.
6. Der Luftschlag ist doch nicht von den Afghanen angefordert worden, sondern das Ziel wurde Tage vorher von einem amerikanischen Aufklärungstrupp / Nachrichtentrupp aufgeklärt und als feindliches Ziel deklariert. Die Vernichtung war nur zufällig zeitgleich übereinstimmend mit den Kämpfen zur Wiedereroberung von Kunduz.
7. Es haben doch amerikanische Stellen den Luftschlag angefordert / angeordnet. Es waren keine TIC, sondern ein „preplanned strike“. Tage vorher wurde Ärzte ohne Grenzen gefragt, ob sie eine größere Gruppe Taliban beherbergt.
8. Die amerikanischen Spezialtruppen vertrauen der Aussage von Ärzte ohne Grenzen nicht und vernichten mit „Wissen und Vorsatz“ das Krankenhaus mit ca. 30 Personen.
Wo gibt es da noch eine Frage, ob dies ein Kriegsverbrechen sei ?
Oder ist es nach den Regeln des Völkerrechts üblich, Krankenhäuser des Gegners zu bombardieren ?
Jetzt war dies nicht einmal ein Krankenhaus des Gegners, sodern das Krankenhaus einer internationalen neutralen Hilfsorganisation, die zugegebenermaßen Hilfsbedürftige von allen Konfliktseiten behandelte.
@Tobias Spiegler
Wurde das Hospital dazu genutzt?
Ist Kontrolle gleichzusetzen mit Mißbrauch?
@Georg
Diese Post hat eines wunderbar gezeigt: Niemand weiß derzeit was Faktenlage ist, da es so viele sich widersprechende Meldungen gibt.
Und die Herren sollten vielleicht eine Sache bedenken: Ich habe nie behauptet, dass der Angriff auf das MSF Krankenhaus gerechtfertigt war.
Ich habe lediglich die (faktisch richtige) Aussage getätigt, dass unter der Prämisse einer militärische Nutzung des Krankenhauses (anderer Zweck als die Versorgung Verwundeter) ein Angriff auf diese Einrichtung im Einvernehmen mit den geltenden völkerrechtlichen Bestimmungen erfolgt seien könnte. Wie bereits aufgezeigt, würde das Krankenhaus in diesem Fall seinen Schutzstatus verlieren und wäre somit ein legitimes militärische Ziel.
@ThoDan
Es kommt darauf, was Kontrolle in diesem konkreten Fall bedeutet.
Wurde das Hospital nur durch die Taliban vereinnahmt und nur zur Versorgung deren Verwundeter genutzt wurde, behält das Krankenhaus weiterhin seinen Schutzstaus, da es weiterhin als medizinische Einrichtung im Sinne des Völkerrechtes betrieben wurde.
Wurde das Krankenhaus jedoch militärisch genutzt (z.B. Lagerung von Waffen und Munition, als Gefechtsstand oder durch bewaffnete Kämpfer besetzt), verliert es aufgrund dieses Missbrauchs seinen Schutzstatus und ist ein legitimes militärisches Ziel.
@Tobias Spiegler
„Ich sehe nicht, wie es in dieser Konstellation zu „weitgehenden rechtlichen Konsequenzen“ kommen sollte.“
Kontrolle mit Mißbrauch gleichzusetzen wirkt auf mich Neusprech
@ Tobias Spiegler
Eigentlich wollte ich mit der zeitlichen Schilderung den Weg von
„Es war ein Versehen, wir bedauern die Toten und Entschuldigung des Präsidenten“ bis hin zum „vorsätzlicher Angriff mit den Wissen um den Schutzstatus“ aufzeigen.
Vielleicht ist ja die jetzige Aussage nur der Versuch sich argumentativ in der Rechtfertigung auf den vorsätzlichen Angriff „hinzuarbeiten“.
@ThoDan
Wenn schon zitieren dann aber richtig und nicht nur auszugsweise:
„Ich sehe nicht, wie es in dieser Konstellation zu „weitgehenden rechtlichen Konsequenzen“ kommen sollte. Wenn die US Streitkräfte zum fraglichen Zeitpunkt guten Grund dazu hatten, von einer militärischen Nutzung des Krankenhauses auszugehen, dann handelten sie in Übereinstimmung mit den entsprechenden völkerrechtlichen Bestimmungen.“
Wie bereits gesagt, Kontrolle kann viel bedeuten, schließt jedoch den Missbrauch des Krankenhauses zu militärischen Zwecken nicht aus. Von vornherein die Geschehnisse als Kriegsverbrechen zu deklarieren halte ich genauso für einseitig, falsch und verfrüht.
@ Georg
Hier sollte man nicht vergessen, dass eine Entschuldigung nicht mit einem Schuldeingeständnis gleichzusetzen ist.
Und auch ein „vorsätzlicher Angriff mit den Wissen um den Schutzstatus“ ist wie bereits von mir dargelegt nicht gleich mit einem Kriegsverbrechen gleichzusetzen.
Wie gesagt, wenn die US Streitkräfte zum fraglichen Zeitpunkt guten Grund dazu hatten, von einer militärischen Nutzung des Krankenhauses auszugehen, dann hätte dieses auch seinen völkerrechtlichen Schutzstatus verloren. Ein Angriff mit Wissen und Wollen (Vorsatz) wäre nach Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit somit durchaus völkerrechtlich legitimiert gewesen.
@ T. Spiegler:
„Wurde das Krankenhaus jedoch militärisch genutzt (z.B. Lagerung von Waffen und Munition, als Gefechtsstand oder durch bewaffnete Kämpfer besetzt), verliert es aufgrund dieses Missbrauchs seinen Schutzstatus und ist ein legitimes militärisches Ziel.“
Da haben Sie danebengeschossen, und zwar gleich mehrmals.
1. In diesem konkreten Fall hat MSF konsistent erklärt, es seien keine Insurgents anwesend gewesen. Also nichts mit „militärischer Nutzung“. (Von der Anhäufung an Unklarheiten bzw. erwiesenen Falschaussagen zu diesem Thema aus den USA fange ich jetzt nicht an. Georg hat die ja schon dargestellt.)
2. In einem hypothetischen Fall, dass in einem bewaffneten Konflikt der Gegner geschützte Einrichtungen in der von Ihnen geschriebenen Weise nutzt – selbst dann ist der Schutzstatus nicht sofort und nach Belieben der schießenden Seite weg.
@Tobias Spiegler „Wurde das Krankenhaus jedoch militärisch genutzt (z.B. Lagerung von Waffen und Munition, als Gefechtsstand oder durch bewaffnete Kämpfer besetzt), verliert es aufgrund dieses Missbrauchs seinen Schutzstatus und ist ein legitimes militärisches Ziel.“:
Da stimmt so nicht.
Auch wenn der Schutz entfallen WÜRDE, darf der Schutz erst entzogen werden, „nachdem eine Warnung, die in allen Fällen, soweit angängig, eine angemessene Frist setzt, unbeachtet geblieben ist.“ (zitiert aus Artikel 21).
Zudem darf, siehe Artikel 22, das Personal einer Sanitätseinheit zu Verteidigungszwecken bewaffnet sein und ersatzweise darf die Einheit durch andere Truppen verteidigt werden.
Das Krankenhaus hätte sich sogar durch bewaffnete Taliban verteidigen lassen dürfen.
„Art. 19
Der den Zivilspitälern gebührende Schutz darf nur aufhören, wenn sie ausserhalb
ihrer humanitären Aufgaben zur Begehung von Handlungen verwendet werden, die
den Feind schädigen. Immerhin darf ihnen der Schutz erst entzogen werden,
nachdem eine Warnung, die in allen Fällen, soweit angängig, eine angemessene Frist
setzt, unbeachtet geblieben ist.
Die Pflege von verwundeten oder kranken Militärpersonen in diesen Spitälern oder
das Vorhandensein von Handwaffen und von Munition, die diesen Personen abge-
nommen und der zuständigen Dienststelle noch nicht abgeliefert worden sind, gelten
nicht als eine den Feind schädigende Handlung. “ Die Diskussion erübrigt sich vermutlich am Punkt über die „angemessene Frist“.
Das lagern von Munition ist aber tatsächlich nur dann erlaubt, wenn es Verwundeten Kombatanten abgenommen wurde. Eine geplante Einlagerung von Waffen oder Munition, oder auch nicht verwundeten Kombatanten führt automatisch wieder zur angemessenen Frist. Danach, und erst danach, ist das ganze ein legitimes, militärisches Ziel.
@Roland_09
1. Was MSF erklärt und was der Wirklichkeit entspricht sind immer noch zwei unterschiedliche Paar Schuhe.
Wenn man die USA schon der absichtlichen Lüge bezichtigt, dann ist es nur fair auch die Aussagen von MSF mit entsprechendem Vorbehalt zu genießen.
2. Wie gesagt: Es kommt auf die Rahmenbedingungen an. Aber grundsätzlich kann der Schutzstatus einer entsprechenden zivilen Einrichtung einfach so erlöschen.
Das lass ich mal hier so als ergänzung stehen:
Art. 22
Folgende Umstände gelten nicht als Begründung für den Entzug des Schutzes, der einer Sanitätsformation oder -anstalt durch Artikel 19 zugesichert ist:
1.
wenn das Personal der Formation oder der Anstalt bewaffnet ist und von seinen Waffen zur eigenen Verteidigung oder zur Verteidigung seiner Verwundeten und Kranken Gebrauch macht;
2.
wenn in Ermangelung bewaffneter eigener Pfleger die Formation oder die Anstalt von einer Truppenabteilung oder von Schildwachen oder von einem Geleite geschützt wird;
3.
wenn sich in der Formation oder in der Anstalt Handwaffen und Munition vorfinden, die den Verwundeten oder Kranken abgenommen und der zuständigen Dienststelle noch nicht abgeliefert worden sind;
4.
wenn sich Personal und Material des Veterinärdienstes in der Formation oder der Anstalt befinden, ohne integrierender Bestandteil derselben zu sein;
5.
wenn sich die humanitäre Tätigkeit der Sanitätsformationen und -anstalten oder ihres Personals auf verwundete oder kranke Zivilpersonen erstreckt.
@Ein Leser
Die zitierten Artikel des IV. Genfer Abkommen (Art. 21 und 22) sind jeweils der „Transport der Verwundeten und Kranken“ und „Lufttransporte“ respektive.
Ich glaube Sie meinen ZP I Art 12 und 13
Zu den „Waffen zu Verteidigungszwecken“: Hier wird von leichten Waffen gesprochen. Schwere Bewaffnung (AK, RPG, RPK) fällt schon mal nicht darunter. Deswegen wurden in der Bundeswehr Sanitär ja auch lange Zeit vornehmlich nur an der Pistole ausgebildet und damit bewaffnet, da dies ihre mit den Genfer Konventionen zu vereinbarende Bewaffnung darstellte.
@Ein Leser @Vulpes Vulpes
Hinsichtlich der „Warnung“: Sollte der Angriff aus Selbstverteidigungsgründen erfolgt sein, greift diese Regelung nicht. Denn keine völkerrechtliche Regelung kann das Recht auf Selbstverteidigung außer Kraft setzen.
@ T. Spiegler:
„1. Was MSF erklärt und was der Wirklichkeit entspricht sind immer noch zwei unterschiedliche Paar Schuhe.“
Welche von den Angaben, die MSF gemacht hat, stimmen denn nicht?
– MSF hat die Lage des Krankenhauses mehrmals und vor langer Zeit an alle Konfliktparteien gemeldet.
– MSF hat während des Beschusses um Feuereinstellung gebeten.
– MSF erklärt, Aufständische seien nicht anwesend gewesen.
Welche von diesen Aussagen können Sie denn falsifizieren? Gerne auch mit Belegen. Ich bin gespannt.
„Wenn man die USA schon der absichtlichen Lüge bezichtigt, dann ist es nur fair auch die Aussagen von MSF mit entsprechendem Vorbehalt zu genießen.“
Dieser Satz ist bar jeder Logik. Georg hat weiter oben zutreffend die Abfolge der Erklärungen aus den USA und der afghanischen Regierung zu diesem Vorfall wiedergegeben. Diese Erklärungen widersprechen einander und schließen sich gegenseitig aus, können also nicht allesamt zutreffend sein.
Sie sagen also sinngemäß, wenn A lügt, muss auch B lügen (um hier mal Ihren Terminus der Lüge zu verwenden, ich hatte das vorher nicht getan)? Das ist Unsinn.
@T. Spiegler:
„Hinsichtlich der „Warnung“: Sollte der Angriff aus Selbstverteidigungsgründen erfolgt sein, greift diese Regelung nicht. Denn keine völkerrechtliche Regelung kann das Recht auf Selbstverteidigung außer Kraft setzen.“
Ach seufz, jetzt wird es aber arg hypothetisch, oder? Warum bleiben Sie nicht beim beim konkreten Vorfall, nämlich dem Beschuss des MSF – Krankenhauses in Kunduz am 3. Oktober 2015?
Die Variante der Selbstverteidigung per AC-130 ist doch schon lange erledigt, siehe Punkt 4 aus dem mehrfach referenzierten Beitrag weiter oben.
@ tobias spiegler
Danke das Sie sich hier so tapfer für die objektive völkerrechtslage ins zeug legen.
ich hab das mittlerweile aufgegeben da die reaktionen meist ähnlich emotionalisierend waren wie es hier zum wiederholten male der fall ist und obwohl das ganze schon in diversen anderen threads hier in extenso dargestellt wurde.
manche möchten eben das sich realität und rechtslage nach ihrem subjektiven gesinnungsethischen empfinden richtet und kein noch so substantiierter rechtsvortrag wird sie davon abbringen.
@Roland_09
Welche Aussagen kann ich falsifizieren? Keine
Aber welche Aussagen kann ich denn unabhängig bestätigen? Keine.
Objektiv betrachtet ist MSF nicht mehr und nicht weniger glaubwürdig als die US Regierung.
Und nur weil MSF dies oder jenes behauptet, bedeutet dies noch lange nicht, das dies auch der Wahrheit entspricht.
@Roland_09
Ach seufz. Erneut: Ich bin hypothetisch weil es zum derzeitigen Zeitpunkt keinen Sinn macht zu spekulieren, da die Faktenlage noch lange nicht geklärt ist. Was ich immer gesagt habe: Unter bestimmten Bedingungen wäre der Beschuss des Krankenhauses völkerrechtlich gerechtfertigt.
Gleich „Kriegsverbrechen“ zu schreien ist zum derzeitigen Zeitpunkt einfach verfrüht und bis zur Klärung der Fakten unberechtigt.
Und auch wenn ich die Aussagen der USA und MSF mit skeptisch sehe, so schenke ich den Aussagen der afghanischen Regierung noch weit weniger Vertrauen. Alles was mir diese Aussage zeigt ist, dass man hier versucht sich gegenseitig den schwarzen Peter zuzustecken.
Sie haben insofern Recht, dass der völkerrechtliche Schutz eines Krankenhauses unter bestimmten Umständen eingeschränkt (nicht: aufgehoben!) sein kann.
Allerdings sind diese Umstände äußerst eng umgrenzt. Und weder die USA noch die afghanische Regierung machen bislang Angaben, die die Annahme solcher Umstände nahelegen könnten (bzw. haben entsprechende Angaben nachträglich korrigiert).Und nein, „Da war mal ein pakistanischer Geheimdienstoffizier!“ oder „Das Krankenhaus war unter Taliban – Kontrolle!“ reichen bei Weitem nicht aus.
An dieser Stelle ist die Betrachtung eine rein abstrakt-völkerrechtliche; d,. h. auf eine Bewertung der Glaubwürdigkeit von USA/AFG/MSF kann – nur an dieser Stelle! – sogar verzichtet werden: Nach dem, was die Akteure derzeit erzählen, wäre der Beschuss völkerrechtswidrig.
Wenn wir aber von Glaubwürdigkeit sprechen wollen, dann erschließt sich mir nicht, wie Sie angesichts des wechselnden Narratives der einen Seite darauf kommen, die andere Seite wäre (auch) nicht vertrauenswürdig. Es ist ja nicht so, dass von den USA bzw. der afghanischen Regierung in Richtung MSF der Vorwurf erhoben würde, deren Aussagen würden nicht zutreffen.
Vor allem ist es aber so, dass der Rechtfertigungsdruck hier bei den USA liegt. Wer ein Krankenhaus zusammenschießt, muss sich anschließend fragen lassen, was er sich dabei gedacht hat. Das ist kein Antiamerikanismus.
Vulpes Vulpes zitierte Art. 22 [quote]Folgende Umstände gelten nicht als Begründung für den Entzug des Schutzes, der einer Sanitätsformation oder -anstalt durch Artikel 19 zugesichert ist:
1.
wenn das Personal der Formation oder der Anstalt bewaffnet ist und von seinen Waffen zur eigenen Verteidigung oder zur Verteidigung seiner Verwundeten und Kranken Gebrauch macht;[/quote]
Das muesste doch auch implizieren, selbst wenn ANA oder US von dem Hospital aus mit Kleinwaffen beschossen worden waeren, koennten sie daraus nicht schliessen, dass eine ihre Konfliktpartei schaedigende Handlung vorliegt, da es Selbstschutz des Spitals sein koennte.
Wenn ein Zurueckweichen moeglich ist, und der vermeintliche Gegner am Spital nicht nachrueckt, kann sich dann doch auch nicht auf Selbstverteidigung berufen werden?
Das wuerde auch die von Georg aufgefuehrte zweite Ausflucht bedeutungslos machen:
[quote]2. Aufständische haben sich auf dem Krankenhausgelände versteckt und haben auf die Spzialkräfte der Amerikaner, die bei der Wiedereroberung von Kunduz beteiligt waren, geschossen.[/quote]
Ich vermute mal die seltsamen „stand your ground“ Gesetze die in Teilen der USA gelten werden sich vermutlich keine entsprechung in HVR und Nato RoE haben. Allerdings sind Genfer Konvention, HVR etc sehr unuebersichtlich fuer Laien, und es ist auch nie klar was die USA tatsaechlich ratifiziert haben.
@Tobias Spiegler
Recht gebe ich ihnen, wenn sie darauf hinweisen, dass vor einer völkerrechtlichen Beurteilung der Sachverhalt klar sein muss, den es zu beurteilen gilt. Und da es da noch so manche Lücke gibt, findet hier bisher eher Spekulation als Sachverhaltskenntnis in tatsächlicher Hinsicht statt.
Zur rechtlichen Einordnung: Da es sich hier um einen nicht internationalen bewaffneten Konflikt handelt, dürfte das Zusatzprotokoll (ZP) II anwendbar sein, nicht das ZP I, welches die völkerrechtliche Lage in einem internationalen bewaffneten Konflikt regelt (vgl. zum sachlichen Anwendungsbereich Art. 1 ZP II i.V.m. Art. 1 Abs. 3 und 4 ZP I).
Die einschlägigen Art. 7 ff. ZP II sind sehr viel „weicher“ formuliert, als die entsprechenden Regelungen im ZP I.
Herr Spiegler,
vielen Dank für Ihre erfrischenden Kommentare. Und auch dafür, dass Sie den Langmut beweisen, gegen die hier eher einseitig festgelegte Meinung im Sinne von „böser Amerikaner und klares Kriegsverbrechen“ auch noch durchgehend sachlich zu argumentieren, einschließlich angemessener Sprachwahl.
Alleine der Entschluss ein Krankenhaus zusammenzuschießen zeigt mir das kein Respekt vor den Kranken und Verwunden vorhanden war. Egal ob Taliban oder nicht, wer sich zu so einem Schritt entscheidet stellt sich auf die gleiche Stufe wie die Taliban. Ob feindliche Kämpfer im Krankenhaus sind kann bestimmt auch anders festgestellt werden. Erst bomben und dann schauen ist offensichtlich die falsche Reihenfolge.
Ich halte es schon für angemessen, den Angriff auf das Krankenhaus (vorläufig) als Kriegsverbrechen zu bezeichnen.
Begründung:
Im Allgemeinen genießt ein Krankenhaus in einem bewaffneten Konflikt einen besonderen Schutzstatus und darf folglich nicht angegriffen werden. Nur in besonderen Fällen ist ein Angriff gerechtfertigt, und zwar genau dann, wenn der Schutzstatus des Krankenhauses durch die gegnerische Partei missbraucht wird.
Somit ist im Allgemeinen der Angriff auf ein Krankenhaus ein Kriegsverbrechen. Nur mit dem Nachweis eines besonderen Falls, kann der Angreifer von der Schuld, ein Kriegsverbrechen begangen zu haben, freigesprochen werden.
Nicht das Krankenhaus muss beweisen, dass es kein legitimes Ziel war, sondern der Angreifer muss beweisen, dass es zum Zeitpunkt des Angriffs sehr wohl ein legitimes Ziel war. Solange der Angreifer das nicht tun will oder kann, ist es ein Kriegsverbrechen.
Die Unschuldsvermutung gilt hier zu Gunsten des Krankenhauses, nicht zu Gunsten des Angreifers!
Alles andere würde den besonderen Schutzstatus eines Krankenhauses in einem Konflikt ad absurdum führen und damit auch den besonderen Schutzstatus nicht an Kampfhandlungen beteiligter Menschen.
@Roland_09
Hier schießen Sie sich doch klar ein Eigentor.
„[…]Und weder die USA noch die afghanische Regierung machen bislang Angaben, die die Annahme solcher Umstände nahelegen könnten[…]“
„[…]Nach dem, was die Akteure derzeit erzählen, wäre der Beschuss völkerrechtswidrig.[…]“
Das bedeutet, dass Sie ihre Schlussfolgerung einzig und allein auf den derzeitigen, sich teils widersprechenden Aussagen unterschiedlicher Akteure treffen.
Alles was ich (seit Beginn dieser Diskussion) gesagt habe war, dass unter der Prämisse einer militärischen Nutzung des Krankenhauses durch die Taliban der Beschuss des Krankenhauses durchaus gerechtfertigt seien könnte.
Die derzeitige Faktenlage ist aber so unschlüssig, dass sowohl ein Völkerrechtsverstoß (was nicht automatisch ein Kriegsverbrechen bedeutet), als auch Handeln im Einverständnis mit dem Völkerecht möglich wäre. Und daher lasse ich mich nicht zu vorschnellen Schlussfolgerungen hinreißen, bevor eine vollständige Sichtung und Aufarbeitung aller Fakten stattgefunden hat.
Und ja: Die Glaubwürdigkeit der Akteure kann durchaus eine Rolle spielen. Und zum derzeitigen Zeitpunkt hat mir MSF keinen Anlass dazu gegeben, dass ich ihren Aussagen eine höhere Wertigkeit zuordnen sollte, als denen des US Militärs.
@all
Man sollte vielleicht eine Tatsache nicht aus den Augen verlieren: Die völkerrechtlichen Regelungen hinsichtlich des Schutzes sanitätsdienstlicher Einrichtungen sind keine Einbahnstraße.
Auch die andere Konfliktpartei (in diesem Fall Taliban) haben alle ihnen zu Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um einem irrtümlichen Angriff vorzubeugen, siehe auch Genfer Abkommen IV. Art 14, 15, 17, 18.
Wenn schon spekulieren, dann in beide Richtungen. Dann stellt sich die Frage: Haben die Taliban alle Möglichkeiten ausgeschöpft um einen eventuell irrtümlichen Angriff auf das Krankenhaus vorzubeugen? Und wenn nein, können diese Handlungen dann unter Umständen eben jenen irrtümlichen Angriff auf das Krankenhaus provoziert haben?
@ Tobias Spiegler 9:22 Uhr
Die „andere Konfliktpartei“ ist in diesem Fall die Taliban (wie Sie ja auch richtig schreiben) und nicht die MSF. Es war auch nicht das Krankenhaus der Taliban (wie ihre Aussage unterschwellig vermuten lässt), sondern das Krankenhaus einer internationalen neutralen Hilfsorganisation, die sich nur vom ethischen Gebot leiten hat lassen, dem Hilfe zu gewähren der Hilfe benötigt.
Damit ist auch ihre Schlussfolgerung falsch, ob die Taliban alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben um einen irrtümlichen Angriff zu vermeiden, bzw. ob sie ihn sogar provoziert haben.
Es handelte sich um einen vorgeplanten Angriff auf ein bekanntes Ziel, das von den Koordinaten bekannt war, als auch von der Beleuchtung in der Nacht voll erkennbar war. Dieser Angriff wurde vorsätzlich und nicht irrtümlich ausgeführt.
Jetzt liegt es an den USA (wie @nope 08:23 Uhr schön hergeleitet hat) zu beweisen, dass der Angriff gerechtfertigt war. Bis dahin kann aufgrund der objektiven Umstände von einer Verletzung des besonderen Schutzes von Krankenhäusern in einem nicht internationalen bewaffneten Konflikt ausgegangen werden. (Wobei die USA sicherlich zum internationalen Teil dieses Konfliktes gehören, genauso wie Pakistan).
Welche Bedeutung hat eigentlich fehlende Kenntlichmachung durch Kennzeichen d.h. fehlendes Rotes Kreuz?
@Georg
Das ist so nicht richtig. Wenn das Krankenhaus sich zum fraglichen Zeitpunkt immer noch unter der Kontrolle von MSF befunden hat, dann haben die Taliban als Konfliktpartei genauso die Verantwortung und die Pflicht alles in ihrer Macht stehende zu tun, um den völkerrechtlichen Schutz dieser Sanitätseinrichtung zu gewährleisten.
Das Beziehen von Stellungen im Krankenhaus selber oder etwa die Stationierung von Truppen in der unmittelbaren Nähe des Krankenhauses wären eben solche Maßnahmen. Denn hier würde genau die Gefahr bestehen, dass die Gegenseite aufgrund dieser Handlungen die militärische Nutzung des Krankenhauses annimmt und entsprechend auf dieses Lage militärisch reagiert.
In diese Konstellation hätten die Taliban eben nicht alles in ihrer Macht stehende getan um einen irrtümlichen (irrtümlich im Sinne, dass eine militärische Nutzung des Krankenhauses wahrgenommen wird, wo unter Umständen keine beseht) Angriff auf eine Sanitätseinrichtung entgegenwirken.
Und nun dazu dass es sich bei den Angriff um einen „preplanned attack“ gehandelt haben soll (und hier begebe ich mich jetzt in Reich der Spekulationen):
Wenn das MSF Krankenhaus ein „preplanned target“ gewesen wäre, wären zwei Dinge eingetreten
1. Das Krankenhaus wäre nicht von einem AC130 Gunship beschossen worden. Für einen „preplanned attack“ wäre hier z.B. ein B1 Bomber das adäquatere Mittel der Wahl gewesen.
2. Wäre in diesem Fall das Krankenhaus völlig dem Erdboden gleich gemacht worden. Fakt ist jedoch: Die relativ geringe Anzahl an zivilen Opfern (22 von mehr als 200) legt den Schluss nahe, dass entweder nur ein bestimmter Teil des Krankenhauses beschossen wurden oder Feindkräfte in der Nähe des Krankenhauses beschossen wurden und der Schaden am Krankenhaus ein nicht intendierter „collateral damage“ war
@ Georg – 09:49, @ all
Und wieder kommen wir zu dem Punkt „starke Vermutung bei dünner Faktenlage“. Auch ihre unterschwellige Emotionalität macht es nicht einfacher, den Gegenstand sachlich zu betrachten.
Die hier geführte Diskussion zeigt vor allem, dass die Diskutanten sich zwar das HVR et al. um die Ohren knallen können, dabei aber vergessen zu scheinen, das dieses aus einer Zeit kommt, die deutlich von (vom) großen Massenschlachten geprägt war und Szenarien wie Afghanistan oder Irak eher undenkbar waren. Es regelt also das Zusammentreffen von Staaten, nicht Selbiges mit regulären und irregulären Konflikparteien auf dem gleichen Gefechtsacker. Dass sich dabei INS und gerade die Taliban genau NULL für HVR o.ä. Regelungen interessieren, kompliziert die Sachlage noch zusätzlich, weswegen ständige Verweise auch nicht zwangsläufig zielführend sind.
Ich rate dringend dazu, erst einmal mehr Fakten zusammenzutragen, bevor das doch arg laienhafte Tribunal ausartet.
@ ThoDan
Genfer Abkommen IV Art. 18
[…] Die am Konflikt beteiligten Parteien ergreifen, soweit es die militärischen Erfordernisse gestatten, die notwendigen Maßnahmen, um die die Zivilkrankenhäuser kennzeichnenden Schutzzeichen den feindlichen Land-, Luft- und Seestreitkräften deutlich sichtbar zu machen und auf diese Weise die Möglichkeit jeder Angriffshandlung auszuschalten.Im Hinblick auf die Gefahren, denen Krankenhäuser durch in der Nähe liegende militärische Ziele ausgesetzt sein könnten, ist es angezeigt, darüber zu wachen, daß sie von solchen Zielen soweit wie möglich entfernt sind.
@Tobias Spiegler | 27. Oktober 2015 – 9:06
MSF hat sich in seinen eigenen Angaben bisher (nach meiner Kenntnis) nicht selbst widersprochen oder diese wiederholt korrigieren müssen.
Die USA (und AFG) hingegen…nun ja siehe @Georg 26. Oktober 2015 – 21:50
@Voodoo
Den kompletten Beitrag kaufe ich mit einer Ausnahme: Natürlich halten sich irreguläre Kräfte nicht an das Völkerrecht, vor allem da es gegenüber diesen keine Sanktionsmöglichkeit gibt.
Staaten jedoch müssen sich auch in nicht-international bewaffneten Konflikten an die entsprechenden völkerrechtlichen Verträge halten, so unpraktisch dies manchmal auch erscheint.
Und da komme ich zu dem zurück was hier seit Anfang an sage und stimme Ihnen zu: Zum derzeitigen Zeitpunkt ist die Faktenlage so konfus, dass niemand genau sagen kann was genau geschehen ist. Von dem was bekannt ist kann es aber in beide Richtungen gehen: Völkerrechtsverstoß (was noch lange kein Kriegsverbrechen ist) oder Angriff im Einvernehmen mit dem Völkerrecht.
Und bevor die Untersuchung hier nicht abgeschlossen sind, sperre ich mich gegen ein prophylaktischen Vorverurteilung der USA
@jungchen
Die USA habe als solche keine singuläre Aussage getroffen. Man sollte hier bedenken, dass unterschiedliche militärische und politische Entscheidungsträger zu unterschiedlichen Zeitpunkten, mit unterschiedlichem Informationsstand Aussagen getroffen haben. Da sind Konfusion und Widersprüche schon eine Gesetzmäßigkeit.
@ Tobias Spiegler
Den von ihn aufgegriffenen Punkt hätte ich deutlicher herausarbeiten sollen, das stimmt. Natürlich müss(t)en sich Staaten selbst in asymetrischen Konflikten weiterhin an alle Konventionen halten, welche sie unterzeichnet haben.
Allerdings bietet selbst das HVR Interpretationsspielraum, weswegen man, wie bereits genannt, z.B. im Sommer 2009 im Dt. Ktgt ISAF zu dem Schluß kam, dass das Abtarnen des Roten Kreuzes und zusätzlich eine Bewaffnung der BAT/SanTrps mit MG zu vertreten sei und dringend durchgeführt werden sollte. Aber darauf waren Sie schon eingegangen, weshalb ich diesen Punkt nicht weiter ausführen muss.
Ich stimme Ihnen zu und habe den Eindruck, dass die im westlichen Recht so wichtige „Unschuldsvermutung bis zum Beweis der Gegenteiligkeit“, hier also die Rechtfertigung des Angriffes auf ein bekanntes Hospital und eine rechtliche Bewertung dazu, schnell beiseite gewischt wird, weil „der amerikanische Cowboy mal wieder gewütet hat“. Diese Pauschalverurteilung lässt mich mit dem Kopf schütteln, denn vor ein paar Jahren war die Bombardierung von Tanklastzügen anfangs auch noch völlig ok – bis man dann nach Monaten viele Details erst(malig) auf dem Tisch hatte… Ich dachte, daraus hätten wir gelernt.
Die USA liefern den Saudis die „intelligence“ über Luftangriffsziele in Jemen. Sie (luft-)betanken zudem die saudischen Flieger und liefern die Waffen.
Und nun dieses:
Yemen hospital hit by Saudi-led air strikes: Medecins Sans Frontieres
Wetten das die genauen Koordinaten des Krankenhauses den Amerikanern und Saudis mehrfach mitgeteilt wurden?
Konspirativ veranlagte Menschen könnten jetzt schlussfolgern das die vehemente Ablehnung des TTP Handelsvertages durch MSF (wegen der dadurch erheblich teurer werdenden Medikamente in der dritten Welt) eine gewisse Abneigung durch die USA hervorgerufen hat. …
@Voodoo
Die Parallelen zum Luftschlag von Kunduz sind unverkennbar. Auch damals gab es eine Vielzahl von Äußerungen von militärischen und politischen Entscheidungsträgern der Bundesrepublik, die sich mit fortschreitender Zeit widersprachen.
Und wie damals wurden von bestimmten Gruppen (ohne das es eine klare Faktenlage gab) Worte wie „Kriegsverbrechen“ skandiert und eine sofortige Verurteilung des Verantwortlichen gefordert.
Und Ultimativ? Schlussendlich kam man zu dem Ergebnis, dass der Luftschlag im Einvernehmen mit dem Völkerecht von statten gegangen ist und weder ein Kriegsverbrechen, noch ein Völkerrechtsverstoß vorlag.
Ich sage nicht, dass im derzeitigen Fall am Ende dasselbe Resultat herausrauskommen muss. Dies wird die entsprechende Untersuchung zeigen.
Wie Sie schon sagten: Jeder ist erstmals unschuldig, bis seine Schuld bewiesen wurde. Und bis es hier kein Ergebnis gibt, sind derartige Schlussfolgerungen einfach verfrüht.
Mit Dank @ Georg | 26. Oktober 2015 – 21:50 für die Zusammenstellung der wesentlichen Punkte: Zumindest hat es der Große Verbündete geschafft, sich mit seinen verlogenen Ausreden auf das Niveau der Putin-Trolle in Sachen MH17 runter zu beamen. In Moskau dürfte man sich die Hände reiben. Die USA haben sich endlich wieder auf Augenhöhe mit den Russen herunter begeben. Mir fällt da nur noch Helmut Kohl ein „. . . wir haben eine große Niederlage errungen . . .“