Vormerken für Mittwoch: Operation Pegasus – Einsatz oder bewaffnete Dienstreise?

Mit zwölf schwer bewaffneten Fallschirmjägern und acht Militärpolizisten an Bord flogen am 26. Februar 2011 zwei Transall-Maschinen der Luftwaffe in die libysche Wüste. Am Rande des beginnenden Bürgerkriegs in dem nordafrikanischen Land holten die deutschen Soldaten 132 Europäer von einem Ölfeld nahe der libyschen Stadt Nafura ab. Probleme gab es nicht, es fiel kein einziger Schuss.

Die Mission, Operation Pegasus, war kein bewaffneter Einsatz der Bundeswehr.

So sah es jedenfalls die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung. Zwar hatten die Soldaten ein beachtliches Waffenarsenal dabei: 14 Sturmgewehre G36  mit 2.100 Schuss Munition, zwei Maschinengewehre MG3 mit 960 Patronen, zwei Sturmgewehre G3 mit Zielfernrohr und 200 Schuss Munition, 19 Pistolen P8 mit insgesamt 750 Patronen. Dennoch sei die „klare Erwartung“ gewesen, „dass die Soldaten die mitgeführten Waffen nicht würden einsetzen müssen“, beschieden das damals FDP-geführte Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium auf eine Anfrage der Grünen-Opposition. Die Bundeswehr-Angehörigen, so die Berliner Einschätzung vor Beginn der Operation, würden „nicht in eine bewaffnete Unternehmung einbezogen“.

Über die damalige Einschätzung der damaligen Bundesregierung wird am kommenden Mittwoch (23. September) das Bundesverfassungsgericht sein Urteil abgeben. Denn die – damalige wie heutige – Opposition will nicht hinnehmen, dass mit der Einstufung der Operation als Nicht-Einsatz auch das Mitspracherecht des Bundestages entfallen soll. Die Grünen hatten deswegen in Karlsruhe geklagt. Und das Gericht scheint sich sehr grundsätzliche Gedanken gemacht zu haben, wie sein Präsident nach der Anhörung im Januar deutlich gemacht hatte, laut Reuters:

Wir wollen Maßstäbe entwickeln, mit denen man auch in Zukunft vernünftig arbeiten kann“, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle am Mittwoch in Karlsruhe. Es gehe darum, wann die Schwelle von einem – nicht zustimmungsbedürftigen – humanitären Einsatz zu einem „Einsatz bewaffneter Streitkräfte“ überschritten ist.

Nun erwartet niemand im Bundestag, auch nicht die Opposition, dass die Bundesregierung vor einer Evakuierungsoperation das übliche Verfahren für die Mandatierung eines bewaffneten Einsatzes der Streitkräfte im Ausland in Gang setzt: Kabinettsbeschluss, erste Lesung, Ausschüsse, zweite Lesung und Beschlussfassung im Bundestag… Aber die vorgesehene Möglichkeit, auch einen wegen Gefahr im Verzug zunächst mal nur von der Regierung auf den Weg gebrachten Einsatz nachträglich billigen oder ablehnen zu können, wollen sich zumindest einige Parlamentarier nicht nehmen lassen.

Wenn das Verfassungsgericht tatsächlich nicht nur über den Einzelfall Pegasus entscheidet, sondern darüber hinaus gehende Maßstäbe setzt, wird das auch für den weiteren Gang der Gesetzgebung interessant. Denn nach den Überlegungen der Rühe-Kommission zu den Rechten des Parlaments dürfte eine Novellierung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes anstehen – dann mit deutlichen Vorgaben aus Karlsruhe. Ich weiß ja nicht, ob die Bundesregierung so was 2011 schon berücksichtigt hat.

(Diesen Eintrag habe ich mal vorgeschrieben, weil ich am 23. September unterwegs bin und aktuell nicht auf das Thema werde eingehen können.)

(Foto: Bundeswehr)