Gefechte um Kundus gehen in den dritten Tag

Die Gefechte um die nordafghanische Provinzhauptstadt Kundus gingen am (heutigen) Mittwoch in den dritten Tag, und es zeichnet sich eines ab: Die vergleichsweise kleine Zahl von Taliban – sie wird von westlichen Militärs auf rund 500 geschätzt – hat die Stadt offensichtlich nicht nur kurzfristig unter Kontrolle bringen können. Die afghanischen Sicherheitskräfte waren bislang, trotz Luftunterstützung durch die USA, nicht in der Lage, die Aufständischen aus der Stadt hinauszudrängen. Nach den – etwas unübersichtlichen – Berichten wurden zudem Verstärkungen der Regierungstruppen auf dem Marsch nach Kundus zumindest vorübergehend gestoppt.

Als eine Momentaufnahme aus der Übersicht von Reuters am Morgen:

Around 5,000 Afghan troops massed at Kunduz airport early on Wednesday after fighting there raged late into the night, an Afghan security official said, and Taliban fighters were driven back with the help a second U.S. air strike.
However, the morale of Afghan troops was flagging after two days of continuous fighting there, a district official said.

„We still have enough forces to take on the Taliban but sadly there is no will or resolve to fight,“ said Mohammad Zahir Niazi, chief of Chardara, a district in Kunduz.

Laut AFP sind Spezialkräfte verschiedener NATO-Länder in Kundus eingetroffen. (Allerdings ist nicht so ganz klar, ob damit möglicherweise ein 40 Mann starkes Beratungsteam der Mission Resolute Support gemeint ist, darunter elf Deutsche, die sich am Dienstag auf dem Flughafen mit afghanischen Sicherheitskräften zu einem Abstimmungsgespräch getroffen hatten, am gleichen Tag aber auch wieder ausflogen):

NATO special forces have reached Kunduz to bolster Afghan troops after the Taliban seized the strategic northern city, the military coalition said Wednesday.
„Coalition special forces are on the ground in Kunduz advising their Afghan counterparts,“ a NATO spokesman said.
The forces are comprised of US, British and German troops, a Western military source told AFP on condition of anonymity, without specifying the number.

(Nachtrag dazu: Der Pressestelle des Einsatzführungskommandos war am Mittwochmorgen nichts von deutschen Soldaten in Kundus bekannt.)

Derweil geht in Deutschland die Debatte über Schlussfolgerungen aus der erfolgreichen Taliban-Aktion weiter. Während in der Politik eine Verlängerung der internationalen Präsenz in Afghanistan diskutiert wird, geht der ehemalige Befehlshaber des NATO Joint Forces Command Brunssum, der deutsche General a.D. Egon Ramms, einen Schritt weiter – und fordert mehr Engagement der internationalen Truppen über die reine Beratung hinaus:

[Die Bundeswehrsoldaten] sollten zumindest mit den afghanischen Truppenteilen raus aus den Lagern gehen und eine entsprechende Unterstützung sicherstellen, beispielsweise im Bereich Artillerie-Unterstützung, beispielsweise im Bereich, wie jetzt die Amerikaner das machen in Kundus, mit Luftunterstützung.

sagte Ramms im Deutschlandfunk.

Nachtrag: Es scheint nicht gut auszusehen für die afghanischen Sicherheitskräfte, wie das Wall Street Journal berichtet:

The Taliban seized control of one of the Afghan government’s remaining strongholds in the northern city of Kunduz, an Afghan security official said Wednesday, after 60 soldiers surrendered to the militants.
The strategic Bala Hisar hill overlooks the city and is one of two positions that had remained in the hands of the Afghan military following the group’s offensive on Kunduz on Monday.
Afghan officials said they expect the Taliban to capture the second position, the city’s airport, with troops preparing for a likely evacuation.

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