Aus für das G36: Bundeswehr soll komplett neues Sturmgewehr bekommen (Update: Heckler&Koch)

Das Verteidigungsministerium hat das Aus für das Sturmgewehr G36, die Standardwaffe der Bundeswehr, beschlossen und will ein komplett neues Sturmgewehr für die Streitkräfte beschaffen. Das  wegen mangelnder Treffgenauigkeit umstrittene G36 soll nicht nachgerüstet werden. Ab 2019 sollen die rund 170.000 G36 in den Beständen durch ein neues Sturmgewehr ersetzt werden, die detaillierten Forderungen an die neue Waffe sollen bis zum Jahresende vorliegen.Das teilte Rüstungs-Staatssekretärin Katrin Suder am (heutigen) Dienstag den Obleuten der Fraktionen im Verteidigungsausschuss des Bundestages mit.

Aus der Information an die Parlamentarier, die Augen geradeaus! vorliegt:

Das BMVg hat sich zur langfristigen Lösung der Präzisionsproblmeatik für eine neue Generation des Systems Sturmgewehr Bundeswehr entschieden.
Zwei Gründe waren für die Entscheidung ausschlaggebend:
1. Ursprünglich war das Gewehr G36 für eine Nutzungsdauer von 20 Jahren ausgelegt. Diese Frist wird im Jahr 2016 für die zuerst beschafften Waffen des Konstruktionsstandes A0 erreicht sein.
2. Die Forderungen der Truppe an ein zukünftiges System Sturmgewehr, so wie sie Anfang August als Priorisierter Forderungskatatalog (PFK) gebilligt wurden, gehen weit über eine PV [Produktverbesserung, T.W.] des bestehenden Systems G36 hinaus. (…)
Nach erster Abschätzung könnte, bei Marktverfügbarkeit einer Lösung, ab 2019 mit einer Ablösung der ersten Gewehre G36 begonnen werden.

Bis Mitte November sollen die Arbeiten an der Funktionalen Forderung Fähigkeitslücke (FFF) abgeschlossen sein. Auf dieser Basis soll Generalinspekteur Volker Wieker eine Auswahlentschentscheidung treffen; für die folgende Ausschreibung soll auch das Ergebnis der Marktsichtung berücksichtigt werden, mit der das Bundesamt für Ausrüstung, IT und Nutzung der Bundeswehr bereits begonnen hat.

Ministerin von der Leyen sagte laut Ministerium dazu: Wir haben uns im Einvernehmen mit der militärischen Führung für einen klaren Schnitt entschieden. Nach fast 20 Jahren G36 wollen wir eine neue Generation Sturmgewehr für die Bundeswehr beschaffen. Das neue System soll auch modernere Anforderungen erfüllen als ein punktuell verbessertes G36. Dazu wird es ein offenes und transparentes Ausschreibungsverfahren geben.

Die Entscheidung sieht auf den ersten Blick nach einer deutlichen Absage an den G36-Hersteller Heckler&Koch aus – der seit Beginn des Streits über die Genauigkeit der Waffe Produktverbesserungen angeboten hatte. Interessant wird jetzt, ob sich die Bundeswehr auf bereits am Markt verfügbare Waffen konzentriert oder auf Neuentwicklungen setzt – und ob das eine Abkehr der deutschen Streitkräfte vom bisherigen Dauer-Lieferanten H&K bedeutet.

Und noch etwas scheint offen: Die Frage, ob die Bundeswehr vom mit dem G36 eingeführten kleineren NATO-Standardkaliber 5,56mm auf das zuvor genutzte Standardkaliber 7,62 zurückgeht. Das dürfte allerdings im November mit der FFF klar sein.

Update: Heckler&Koch hat sich zu Wort gemeldet und begrüßt die Absicht des BMVg:

Stellungnahme von Heckler & Koch zur Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums, ein neues Sturmgewehr zu beschaffen
Zur Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums, ein neues Sturmgewehr zu beschaffen, stellt das Unternehmen fest:
„Heckler & Koch begrüßt die Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums ein neues Sturmgewehr beschaffen zu wollen. Aus unserer Sicht ergibt sich durch die angekündigte neue Ausschreibung die Möglichkeit eine klare Grundlage für die weitere Diskussion zum Standardgewehr der deutschen Bundeswehr zu legen. Für den Übergangszeitraum hat Heckler & Koch technische Lösungen entwickelt, um die geänderten Anforderungen für gewisse Szenarien zu unterstützen. Heckler & Koch möchte betonen, dass die gelieferten Gewehre vollumfänglich den technischen Lieferbedingungen von 1996 entsprechen. Wir stehen auch nach 50 Jahren als Entwicklungspartner der Bundeswehr und Nato zur Verfügung. Heckler & Koch wird sich an der neuen Ausschreibung gerne beteiligen, um auch weiterhin das Standardgewehr der deutschen Soldaten herzustellen zu dürfen.“