Exercise Watch: ‚Siil‘, Estlands größtes Manöver (Nachtrag zu ‚Dynamic Mongoose‘)
In Estland beginnt in diesen Tagen die Übung Siil (zu deutsch Igel, englisch Hedegehog), für die das kleine baltische Land so viele Soldaten wie noch nie mobilisiert hat. Unter den 13.000 Teilnehmern sind rund 7.000 estnische Reservisten – angesichts von 3.500 Wehrpflichtigen, die jedes Jahr ausgebildet werden, und einer Gesamtstärke von 60.000 Reservisten eine enorme Zahl.
Mehr Details dazu auf der Seite des estnischen International Centre for Defence and Security:
The Siil (Hedgehog) exercise will take place from 4 to 15 May in different parts of the country. The objective: the staging of the 1st Infantry Brigade for the first time in full (personnel, equipment, supplies), this being the main manoeuver unit and strike force of the Estonian Defence Forces. A total of 13,000 are expected to participate, including reservists, conscripts, active-duty personnel, officials, Defence League members and allied troops. (…)
The exercise is taking place both at Defence Forces training grounds and in the midst of everyday life in public areas (conditions in which the battlefield would be located in a real war).
Unter den zahlreichen Truppen aus anderen NATO-Ländern sind auch 80 Bundeswehrsoldaten. Sie beteiligen sich mit Flugabwehrtrupps auf Ozelot an der Übung. Die können sich dann auf die Abwehr von A-10 Erdkampfflugzeugen der USA, britische Eurofighter und polnische Su-22 einstellen.
Siil ist Teil der Manöverserie Steadfast Javelin und sicherlich auch ein demonstratives Zeichen der Allianz in dem Land an der Grenze zu Russland. Sehr interessant finde ich in den beiden verlinkten estnischen Berichten, wie sehr die Einbindung der Bedvölkerung in die Verteidigungsbemühungen betont wird.
Die Russen haben das natürlich auch im Blick: Major War Games Kick Off in Estonia
Nachtrag: In den Kommentaren hier ist schon eine andere Übung angesprochen worden, die ebenfalls heute beginnt: Dynamic Mongoose, eine U-Boot-Abwehrübung im Nordatlantik. Von der Deutschen Marine ist (unter anderem? ich weiß es nicht, auf der Marineseite gibt’s noch nix dazu) das U-Boot U33 dabei, wie das Foto bei dieser Meldung von Reuters zeigt:
NATO launched one of its biggest-ever anti-submarine exercises in the North Sea on Monday, inviting non-member Sweden for the first time, amid increasing tensions between Russia and its northern neighbours.
More than a dozen vessels from 11 countries are participating in the „Dynamic Mongoose“ exercise. NATO will simulate detecting and attacking submarines in one of the most hostile seas, with rugged but shallow underwater canyons, rapid currents and unusually high sound pollution from freshwater pouring in from Norway’s fjords.
(Archivbild: Estnische Soldaten bei einer Übung im März 2015 – Estonian Defence Forces)
Die EST Volltruppenübung reiht sich nahtlos ein in deutlich erhöhte Verteidigungsanstrengungen in NOR (KPz Leopard 2,) Beschaffung von Fuchs 1A8 in Lettland, Benachrichtigung von 900.000 Res in Finnland und der „Operation Fearless Guardian“ (Ausbildungsunterstützung für UKR durch U.S. Fallschirmjäger) sowie „Dragoon Ride“ der 2nd U.S. Cavalry Lettland – Vilseck.
Erfreulich dabei, dass die RUS-Anrainer handeln, und dies in einem Ausmaß, das deutlich über den bisherigen Vg-Haushalten der Betroffenen liegt.
Anmerken mag man zwar, dass die nackten Zahlen Herrn Putin nicht ins Schwitzen bringen können, ist aber auch nicht der Punkt. Vielmehr zeigt solche Entschlossenheit zum einen, „wir kennen Euch Russen“ zum anderen vollzieht sich deren klares Handeln mit demonstrativer U.S Unterstützung. Nicht unerwähnt bleiben darf dabei verstärktes air-policing für das Baltikum, mit Unterstützung der Lw.
Es zeigt sich, obwohl bei den größeren EUR-Partnern mehr passieren darf, das, was NATO zusammenhält, nämlich Bündnisssolidarität.
Allerdings entwickelt sich bei mir leider zunehmend der Eindruck, die Bedrohung im Osten rückt in die zweite Reihe, angesichts der Herausforderungen im Mittelmeer, bei NSA-BND und der GDL sowie, leider, diversen Bw-Baustellen.
Ich habe ein Bild im Kopf wenn ich mir vorstelle wie 7.000 Bw Reservisten üben, muss ich mir das bei den Esten anders vorstellen?
@Fred
Entwickeln Sie doch mal Ihr Bild. Dann können wir weiter philosophieren und orakeln, wie unsere Reservisten üben.
Das ganze beginnt mit der Tatsache das nach der Einkleidung, 3000 keine Stiefel haben, 2000 keinen großen Rucksack und Schießbrillen sind eh aus.
„……….high sound pollution from freshwater pouring in from Norway’s fjords………..“
Unglaublich, da verschmutzen doch glatt die Norweger den salzkristallklaren Klang der Nordsee mit Frischwasser aus ihren Fjorden ;-) Manche Journalisten……..
U33 darf also den „Irren Iwan“ spielen……falls die Reuter-Meldung stimmt: ziemlich öder Job.
„Dynamic Mongoose“ weckt auch – zumindest bei mir – Erinnerungen an „Operation Mongoose“:
http://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Mongoose
Das wird Putin bestimmt Sorgen bereiten ;-)
Zu Dynamic Mongoose: Neben U33 ist ein weiteres deutsches Schiff dabei, evtl der Beitrag zu SNMG2?
Quelle: http://www.aco.nato.int/nato-antisubmarine-warfare-exercise-begins-in-norway.aspx
http://de.wikipedia.org/wiki/Operation_Mongoose
Das wird Putin bestimmt nervös machen, dieses Dynamic Mongoose.
Außerdem ist es imho ein Skandal, dass die Norweger mit ihrem Fjordfrischwasser den salzkristallklaren Klang der Nordsee verschmutzen !
Die große Mehrheit der deutschen Reservisten unterstützt im Rahmen ihrer RDLs den Grundbetrieb, d.h. sie nimmt administrative Aufgaben wahr und übt nicht auf ihrem eigentlichen Dienstposten.
Für die große Mehrheit, inkl. der nichtaktiven Truppenteile, existiert von der persönlichen Waffe angefangen kein Material. Schon die aktive Truppe verfügt, von Helmen abgesehen, über nicht genug Schutzausstattung, Waffen und Gerät.
Sollen wir weitermachen?
@Fred
Wenn es beorderte Reservisten sind (also mit einem Dienstposten) sind sie idR grund- bis gut / vollständig ausgestattet, inkl. Stiefeln.
Was fehlt ist die ABC-Schutzausstattung (Maske, u.a.).
@Thomas Melber | 04. Mai 2015 – 16:21
und das rosa Schießbuch fehlt auch den meisten, oder ist per „Kurier“ unterwegs
Gut ausgestattet auf Stand Mitte der 90er, ja ;)
Waffen und Schutzausrüstung haben sie dann auch noch nicht, von Gerät ganz zu schweigen. Und nichts davon wird vorgehalten.
@Fred
Die Versorgung von Reservedienstleistenden mit Ausrüstung ist nicht das Problem.
Wie schon geschrieben sind beorderte Reservisten, was die Kleidung und Teile der Schutzausrüstung angeht, mit einem für ihre Tätigkeit notwendigem Soll ausgestattet.
Das Problem besteht eher darin, dass bei kurzen Übungen übermäßig viel Zeit für notwenidge Formalitäten wie Materialausgabe, medizinische Untersuchungen usw. notwendig ist. Dies gilt insbesondere für verwaltungstechnisch noch nicht „bearbeitete“ Reservisten.
Das Hochwasser 2013 hat aber gezeigt, dass schnell und unbürokratisch Reservisten der RSU Kräfte „eingezogen“, eingekleidet und eingesetzt wurden.
Der Papierkrieg wurde hinterher geführt.
Die Verfügbarkeit von Ausrüstung ist letztendlich eine Frage des politischen Willens. In den letzten Jahrzehnten wurden, nicht zuletzt wegen zurückgehender großer Truppenübungen, Lagerbestände aus Kostengründen abgebaut.
Ich bin mir sicher, die Industrie wird für Geld alles benötigte schnell und in ausreichender Zahl liefern was benötigt wird.
Die Verteilung der Ausrüstung hat man zu Zeiten der Wehrpflicht hingekriegt und ich sehe keinen Grund, warum dies heute nicht klappen sollte.
Ich konnte mir ein schmunzeln nicht verkneifen, allein der Gedanke an die 3 Monate Vorlaufzeit für die Einberufung durchs PersAmtBW und die Karrierecenter würde unser System zum kollabieren bringen. Das schaffen die ja nicht mal im Grundbetrieb.
Und dann ein schallendes Lachen bei dem Gedanken daran, das die Kameraden hochmotiviert (ja das sind die meisten wirklich!!) in der LHBw pers. Ausrüstung empfangen sollen………tut mir leid, hier ist spätestens schluss. Denn ich kann nicht mehr……..
ach ja, von dem Zirkus vorher mit den Arbeitgebern für die Freistellung……..da tut mir dann mein Genick weh vor lauter Kopfschütteln
@ Boots on the Ground
Immerhin: Damit stehen die Reservisten nicht schlechter da als eln nicht unerheblicher Teil ihrer aktiven Kameraden. Unsere obere Führung legt schließlich höchsten Wert auf Einheitlichkeit, wenn es um Ausrüstung und Bekleidung geht. (;
@alle
Danke für die Mitarbeit. Jetzt muss ich mich erstmal vom Schaum befreien, der in diesem Beitrag steckt.
Ah so, na dann sind wir ja bestens für den Alarmierungs- / Ernstfall vorbereitet.
SCNR…
Wir haben doch jetzt 120.000 tolle Lochkoppeln, einheitlicher kanns doch gar nicht mehr werden.
Die Ausgangsfrage von @Fred war, „wie … muss ich mir das bei den Esten anders vorstellen?“
Da bislang ausschließlich über RDL usw in der Bw diskutiert wurde, schlage ich vor „back to the roots“, denn bei unserem Reservistenwesen kennen wir uns ja aus, wenn auch in unterschiedlicher Tiefe.
Daher wenige grundsätzliche Feststellungen und ergänzende Meinungen zum Reservestatus. (Wer sich dann Bw-aktuell informieren will: http://www.reservisten.bundeswehr.de/resource/resource/DIw/Zentralerlass)
Estland, hat 1,35 Mio Einwohner, also grob wie München
Estland, hat 45.227 qkm Fläche (vgl. Bayern = 70.550)
Estland, versteht sich als Frontstaat zu Russland, allerdings mit 26% russ.
Bevölkerungsanteil (!)
Estland, war von 1918 -40 bereits einmal unabhängig und hatte dann Gelegenheit im Zuge der Umsetzung des Hitler-Stalin-Paktes erst sowjetische und dann die Besetzung der Wehrmacht zu ertragen. 1992 erreichten die Esten, nach Zusammenbruch der UdSSR, erneut die staatliche Souveränität.
Estland hat ein Heer mit ca. 3.600 Mann, gegliedert in 2 InfBrig nach dem Prinzip einer Reservearmee, also absolut mobilmachungsabhängig. Und, wir aller wissen, dass 3.600 Mann keine 2 InfBrig abbilden können, nicht einmal eine!
Ich stelle dies so heraus, um deutlich zu machen, welch enorme Anstrengung dort unternommen wird, sein Möglichstes für seine Verteidigung auf die Füße zu stellen.
Nun Einiges zu, wie man sich das evtl. mit 7.000 Mann in EST vorstellen kann.
Erste Antwort: weiß ich nicht, kenne EST Armee nicht, war nie dort.
Zweite Antwort als Versuch der Annäherung.
– 7.000 Reservisten auf dem Hof machen schwindelig
– 7.000 Mann sind zu handhaben, wenn eine erfahrene Ausbildungsorganisation sie auffängt
_ 7.000 Mann in EST, unterstelle ich, da Reservearmee mit Mob-Abhängigkeit, werden zu ihren MobTrTl einberufen, jeder auf seinen zugewiesenen Dienstposten. Neue RDL, erhalten auf dem Dienstposten eine kurze AAP, sie kommen aus der Wehrpflicht, das reicht also. Ihre Ausr und Bekl, Ausnahme Waffe, ist zu Haus.
Eine Reservearmee muss das Zusammenspiel der kleinen Kampfgemeinschaften, der TEinh und Einh üben, die Kader, als BS, sollten ihr Handwerk der Führung von Ein und Verb kennen und können.
Wesentlich bei derzeitiger Übung in EST ist
– das multinationale Zusammenspiel und
– das Signal an Putin(!)
Zusammengefasst: läuft in Estland, meine Annahme, weil ein Frontstaat (wie Israel auch) unsere Probleme mit Verteidigungserfordernissen und Selbstverständnis der Streitkräfte sowie deren Stellung in der Gesellschaft nicht kennt!
Meines Wissens nehmen auch JFST der Bw teil.
Na ja da wir nun über Ausstattung gesprochen haben, wie ist es denn mit der Ausbildung? Üben die Regelmäßig , ein Wochenende alle 3 Monate? Oder wie halten die ihre Reservisten in den Grundlagen fit ?
Wie viel der Reservisten bei uns sind den schon NSaK umgeschult oder haben ne aktuelle San Ausbildung?
Das wir schnell Reservisten einziehen die Sandsäcke stapeln können sehe ich ähnlich aber 7000 auf einer Militärischen Großübung?
Das sehe ich selbst mit 2 Jahren Vorlauf nicht.
Nicht zu vergessen:
http://en.wikipedia.org/wiki/Estonian_Defence_League
Ferner:
http://de.wikipedia.org/wiki/Estnisches_Heer#Struktur_seit_2013 (Organisation)
@fred
Mit etwas Erfahrung in nicht ganz unwesentlicher Funktion, eine Truppen-Wehrübung Form 2 über 14 Tage hat -früher- mal in einem eingespielten Btl regelmäßig 3 Monate Vorbereitung beansprucht, für einen Jägerverband.
Das Problem stellen nicht 7.000 Mann dar, meinetwegen auch 10.000 oder mehr. Entscheidend sind die, unser Sprachgebrauch, MobAusbBtl / na TrTl. Wenn ausreichend Kader für 7.000 Mann vorhanden und eingespielt sind, ist’s fast ein Selbstläufer mit der Aufnahme, Ausb und Übung.
Die vorbereitende Ausb (für das Manöver) haben Aktive und RDL zuvor abgesprochen und ausgeplant. Die estnischen 7.000 Mann werden auf ihre jeweiligen Einh und Verb aufgegliedert und dann stehen vorm ZgFhr noch 30 Mann, vor Chef und Spieß noch 100. DIESE sind auszubilden und zu führen. Ihre Summe erst ergibt die 7.000.
Die Österreicher haben eine ähnliche Organisation mit Kaderpräsenzeinheiten (KPE, 100 % befüllt), Kaderrahmeneinheiten (KRE, 50 % befüllt) und Rahmeneinheiten (RE, 30 % befüllt) (Wiki).
@Bin_dabei
Soeben gehört:
Es sind tatsächlich deutsche JFST seitens D/F Brigade für eine Übung in Litauen vorgesehen, einschl. Feuerunterstützungszug.
Aber eventuell ist auch EST gemeint.
Info also unter Vorbehalt.
Jedoch machen JFST/FAC, auch ALO, und Beteiligung von Ozelot (s. Ausgangsmeldung) ausgesprochen Sinn, es sind ja auch A10 dabei. Der Personalrahmen von 80 lässt ja Einiges zu.
@Kaikowsky
Hm, vermutlich nicht – denn es läuft auch etwas in Litauen; Teil der Übungsserie Persistent Presence, wo schon einige Bundeswersoldaten anwesend sind, und die Übung dürfte demnächst hochgefahren werden. Siehe hier im Kalender.
Vorab – ich bin mit einer Litauerin verheiratet und werde seit der Ukrainenkrise regelmäßig mit der Frage „…und was macht Ihr?“ gestellt. Soweit ich es aus den Diskussionen verstanden haben laufen in den drei baltischen Staaten (gesichert für LT und LET) heimatnahe Wochenendübungen der Reservisten. Z.T. auch länger und unangekündigt (ein Anruf Abends und der Mann macht sich auf den Weg). Also auch eine Art Mobilisierungsübung. Es gab auch Übungen bis zu einer Woche. Da sollte schon ein gewisser Übungsstand erzielt worden sein.
Ein Aspekt ist auch: es gibt im Baltikum auch Russen die z.T. bewußt nicht zurück nach Russland wollten… Kritischer ist in LT die Haltung der polnischen Minderheit (welche ja die Sowjetarmee 1991 gebeten hat zu bleiben.. Litauer und Polen mögen sich nicht… Meine Frau hätte alles aber keinen Polen als Heiratskanidat nach Hause bringen dürfen! Fazit: die Bruchlinien sind deutlich vielfältiger als nur „Wieviel Russen habt ihr im Land?“.
„Wir kennen Euch Russen“ – ist ja interessant, wie sind die Russen denn so :-)? Wie oft haben uns die pösen Russen denn in der Geschichte der Menschheit schon überfallen? Und wie oft haben das die „guten“ Amerikaner in den letzten Jahrzehnten mit anderen Ländern so gemacht?
@Christian
Kann es sein, dass die Frage leicht tendenziös ist und statt inhaltlichem Gewinn nur provozieren soll?
Ich kann auch fragen, wie oft haben uns die Amerikaner schon überfallen bzw. wie oft haben die Russen einen Krieg angezettelt. In dem Fall wären jetzt die Amis die Guten, die uns meines Wissens ja noch nicht überfallen haben…
@Christian – z.B. die unfreiwillige Einverleibung 1940 und am Ende von WK II des Baltikums?
Die USA führen keine Kriege wie Russland in der Ukraine und haben auch keine Gebietsansprüche an ihre Nachbarn.
@Ungedienter
„Die USA führen keine Kriege wie Russland in der Ukraine“ – na ja, wie man’s nimmt.
Fragen sie das doch bitte mal die Finnen, Letten, Esten, Litauer , Polen, Afghanen, Tschechen, Slowaken…
Wieviel mal haben Esten und andere Balten noch mal den russischen Bären geohrfeigt?
Ach ja, die finnischen Seelenvervandten der Esten haben es mal gewagt sich zu wehren, erfolgreich unter Mannerheim übrigens, Winterkrieg 1940.
Sie wissen doch, was gemeint ist, oder etwa wirklich nicht.
It’s all about ideology, stupid. (frei nach: Nancy Cohen, U.S. election campaign, 2012)
Hoffe ausdrücklich, die Grenzen der Nettiquette eingehalten zu haben.
@Vodoo
„Ah so, na dann sind wir ja bestens für den Alarmierungs- / Ernstfall vorbereitet.
SCNR…“
Bei Vorliegen eines konkreten Anlasses und politischem Willen ist es durchaus möglich, dass bürokratische Hürden kurzfristig fallen und auch bisher zurückgehaltene Ressourcen eingesetzt werden.
Der hypothetische „Ernstfall“, dass innerhalb kürzester Zeit ganze Einheiten neu aufgestellt und ausgerüstet werden müssen ist mit der aktuellen Bevorratung sicher nicht möglich. Darum ging es in meinem Kommentar aber auch nicht.
Die Notwendigkeit eine Armee zur Landes- und Bündnisverteidigung zu unterhalten wird seit Jahrzehnten in der Bevölkerung sukzessive geringer eingestuft.
Solange dies so ist müssen wir uns keine Gedanken darüber machen, dass man eventuell tausende von Reservisten für ein Manöver einzieht.
@Mediator
Bei den Btl na. kann man das ja einmal als „Trockenübung“ testen.
Si vis pacem para bellum – FIN und das Baltikum machen (uns) das vor.
@Mediator: Aufgrund der überaus durchdachten ZDv 64/10 würden bei uns, wie bei den RSUKr geschehen, bis zu fünfzig Prozent der Motivierten aus kaum nachzuvollziehenden Gründen ausgemustert werden. Hier könnte mit wenig viel erreicht werden.
Sagenhaft! Zehn Mann im gleichen Anzug, diszipliniert, das können keine deutschen Soldaten sein. Traurig, was aus der „schimmernden Wehr“ geworden ist…
@Stubenviech
Ich nehme an Sie haben sich bei der ZDv vertan.
Mit den Abkürzungen haben Reservisten zwar auch zu kämpfen, aber dieser Kampf bietet bei genügend Eigenengagement Aussicht auf Erfolg.
Grundsätzlich gebe ich Ihnen aber recht.
Die verschiedenen Bereiche der Bw ziehen nicht an einem Strang.
Obwohl z.B. in der SKB akuter Mangel an Reservisten herrscht, werden diese durch überzogene Forderungen entweder aktiv aus dem Dienst gedrängt oder abgeschreckt.
Es ist schon zu hinterfragen, warum ein aktiver Soldat „kugelrund“ sein darf während dies bei einem Reservisten zur Ausmusterung führen kann.
Übertrieben gesagt sollte jemand, der zivil erwerbstätig ist, körperlich grundsätzlich in der Lage sein, in einem Stab der Bundeswehr zu arbeiten.
Insgesamt „umschmeicheln“ die vielen Verwaltungsvorschriften den Reservisten, der ja ein rares Gut ist, nichtwirklich, sondern zwingen ihm den Starrsinn längst überholter Verwaltungsvorschriften auf.
Wer heute erwartet, dass Reservisten kurzfristig für Lücken in der Truppe einspringen, der sollte bei der Planung von RDLs auch flexibler sein.
10 Wochen Vorlaufzeit für die Beantragung einer Rdl macht manches Vorhaben einfach schon in der Planungsphase zunichte.
Mit der Überalterung der letzten großen Reservistenkontingente aus der Zeit der Wehrpflicht wird sich dieses Problem aber in wenigen Jahren ganz von selbst lösen.
@Mediator: Sie haben natürlich recht, gemeint war die ZDv 46/1.
Wie Sie schon richtig schreiben, wird der Reservist momentan nach Kräften abgeschreckt. Es ist erschreckend, dass kaum ein über Jahre für viel Geld ausgebildeter Soldat für die Reserve gewonnen werden kann, obwohl es sich ja weitgehend „nur“ um bürokratische Hindernisse handelt.
Dies ist um so abstruser, wenn man bedenkt, wie lange ein Soldat (grade Offiziere und Unteroffiziere/Feldwebel des Fachdienstes) ausgebildet werden und wie kurz sie nur der Truppe zur Verfügung stehen.
Wie ich an anderer Stelle schon einmal erwähnt habe, könnte man die auch in der aktuellen Ausgabe von „Die Bundeswehr“ des Bundeswehrverbandes erwähnte Praktikumsbörse auch für Reservisten (vor allem die studierenden) öffnen.
Durch entsprechende Werbung würde der geeignete Kandidat für den Wehrdienst gelockt, durch die Börse würde er während der sich dem Wehrdienst anschließenden Ausbildung gebunden und würde so als Reservist/Wiedereinsteiger deutlich leichter zur Verfügung stehen.
Auch die zivilen Partner (Fuhrparkservice, etc.) könnten sich, auch aus Eigeninteresse heraus, daran beteiligen.
Der Laufbahnwechsel ist zu harmonisieren.
Mit wenigen Mitteln könnte so in den Bereichen der Nachwuchswerbung, der Mittlerrolle und dem Reservistenwesen viel erreicht werden.
@ Stubenviech:
Wäre schon interessant, mal zu erfahren, WO Reservisten WIE aufgenommen und behandelt werden.
( Ich fürchte nur, daß wir damit über kurz oder lang das Ordnungsglöckchen des Hausherrn läuten hören werden … )
;-)
@BlueLagoon
Diese Gier nach Mikroinformationen ist beachtlich.
Wo: Im Stab einer Division.
Wie: So, dass zügig die Arbeitsbereitschaft hergestellt ist.
Behandlung: Entsprechend des Grundgesetzes.
Aufgaben: Entsprechend ihrer Ausbildung und des Dienstgrades.
Klopapier und Pause haben sie auch.
Und sie kommen wieder.
@Peter Pöpel: Haben Sie eigentlich schonmal etwas informatives oderkonstruktives beigetragen?
Zum Thema: Die Bürokratie stellt nur ein kleines Problem dar. Wesentlich problematischer ist diederzeitige Konzeption, die RDLe im Schwerpunkt in langen RDL in administrativen Verwendungen vorsieht. Wochenlange Abwesenheit können sich nur Selbstständige, Arbeitslose und Studenten erlauben – die Masse der potentiellen Reservisten wird so konzeptionell ausgeschlossen. Eine RDL in einer Verwendung, bei der man eine dem zivilen Beruf entsprechende Position erfüllt, u.U. aber mit mehr Bürokratie und älterer Technik, motiviert nicht sonderlich.
Nicht umsonst basiert das Reservewesen der angloamerikanischen Streitkräfte auf dem Grundsatz „one Weekend a Month, two Weeks a Year“.
Und dass man ehemalige Z12 selten für eine Beorderung begeistern kann, sollte als regelmäßiger Mitleser hier nicht verwundern ;)
@ Peter Popel:
Das mit dem Klopapier, könnten Sie da Näheres ausführen ?
@ Boots on the ground:
Bei Studenten und AL’s stimme ich Ihnen bei „längeren Übungen“ zu, bei Selbständigen auf keinen Fall.
Die leisten sich i.d.R. ( und ich kenne eine Menge ) wenn überhaupt, dann mal 10 – 14 Tage Urlaub – und selbst dann ist das Handy am Mann und die Mails werden regelmäßig gecheckt.
Bei denen läuft kein Gehalt weiter. ( Und wenn dann die USG-Behörde noch zickt, ist das Engagement sehr schnell beendet … ).
@Boots on the Ground
Hm, bis jetzt habe ich regelmäßig aus der Sicht eines Soldaten berichtet. Sicher sind meine Beiträge nicht informativ aber sie entsprechen dem, was ich im Dienst erlebe. Ok, manchmal lasse ich mich von der inhaltlichen Oberflächendynamik einiger Couch-Warrior anstecken.
@BlueLagoon
Das bedeutet, dass wir unsere Reservisten gut behandeln.
Übungen, wo „ein ganzr Verein“ übt, gibt es m.W. gar nicht mehr.
Bei Einzelwehrübungen – pardon: Reservedienstleistungen ( blödes Wort ) – tauscht ein Reservedienstleistender ( noch blöderes Wort ) sein Heim mit einer Kasernenunterkunft.
Freiwillig.
Wenn der dann z. T. ( angeblich ) im Etagenbett einer 4-Mann-Stube mit Dusche und Klo ( mit Papier ! ) auf dem darüber oder darunter liegenden Flur übernachten soll, ist das wie Abenteuerurlaub.
Aktiv. Attraktiv. Anders.
@Boots on the Ground
Um einen motivierten, einsatzbereiten Reservisten in der Hinterhand zu haben, der seinen Einsatz mit Beruf und Familie in Einklang bringen kann, ist es notwendig, eine Vielzahl an Reservisten auszubilden.
Dies geschah „früher“ durch die Wehrpflciht und die größe der Truppe in ausreichender Zahl.
Wer heute bei der Bundeswehr als Reservist gefragt ist, kann in der Regel im Zivilleben auch nicht über einen Mangel an Arbeit klagen.
Strukturierte Lehrgänge mit guten Inhalten, ein ausgewogenes Verhältnis von Einsatz und Verwaltung und nicht zuletzt zeitgemäße Ausrüstung / IT stellen hier fast schon Minimalforderungen dar, um Leute nicht zu verprellen.
Die Realität sieht hier oft leider anders aus.
Auch ist es noch zu selten realisiert worden, dass man Reservisten nicht wie aktive Soldaten behandeln kann was deren zeitliche Vefügbarkeit und zivile Koordinationsprozesse angeht.
In der Masse sorgen diese Faktoren leider dafür, dass durchschnittlich motivierte Leute sich zurückziehen.
Die guten Leute die bleiben tun dies nicht, weil die Bundeswehr die oben genannten motivierenden Faktoren erfüllt, sondern weil sie ihren Auftrag als sinnvoll erachten bzw. aufgrund persönlicher Bindungen ihre Kameraden nicht im Stich lassen wollen.
Wenn als Motivation jedoch nur noch die Bindung an die „Kleine kampfgemeinschaft“ bleibt, dann läuft bereits grundlegend einiges in der Führug dieser Menschen falsch.
Selbstständige können sich wochenlange Wehrübungen im Gegensatz zu Scheinselbstständigen („sozialer Aufstieg dank Unterhaltssicherungshöchstsatz“) nicht leisten. Das führte zwischenzeitlich sogar zu der Feststellung, daß die Qualität eines Reservisten oftmals umgekehrt proportional zu dessen zeitlicher Verfügbarkeit ist. Inzwischen verlangt die Truppe aber nach Planungssicherheit und da ist der Berufsreservist, den man heute anruft, damit er ab morgen für ein halbes Jahr die Stelle eines aktiven Kameraden übernimmt, deutlich bequemer.
@ JPW
Ja. Mehr muss man eigentlich nicht dazu sagen. Oft genug selber erlebt. Wobei eben die „Berufsreservisten“ durchaus auch eine gute Ergänzung sind. Sicherlich mit Einschränkungen, aber auch gute Kameraden.
Aus der Truppe:
Mein Btl hat eine mehr als ausreichende Auslastung an überdurchschnittlich qualifizierten Reservisten. Auch die von uns unterstützte RSU-Kp übt ausreichend oft mit ausreichend Personal. Die Reservisten die die bei uns geübt haben sind hochzufrieden, auch die mit truppenunterkunft. Eine andere Sicht und andere Informationen aus anderen Verbänden habe ich nicht.
Vermutlich kämen die Russen einerseits aus der Gegend um St. Petersburg über den Norden Estlands (da können sie durchrauschen, jeder EST Grenzbeamte dort hat russ. Wurzeln) und von unten über die Enklave Königsberg. Dass die Nervosität dort groß ist, kann man nachvollziehen (was wird denn schon übers Baltikum bei uns berichtet?).
Wir haben unsere Reserven fast komplett aufgelöst. Aufwuchs-Verfahren sind mittlerweile unbekannt, selbst Einzel-WÜ führen zu Chaos bei der Ausrüstung etc. Reservisten sind häufig Ausputzer. Aber das war ja politisch (und militärisch?) so gewollt. Jetzt haben wir den Salat. Ob die Bw eine Delegation nach EST entsandt hat, um zu schauen, wie Armee geht?