Die G36-Story: Jetzt mit MAD (genauer: doch nicht) – mit Nachtrag
Die Geschichte um die Präzisionsprobleme des Sturmgewehrs G36 ist schon seit geraumer Zeit nicht mehr allein die Geschichte um die Präzisionsprobleme des G36. Die zu Grunde liegenden technischen Fragen werden spätestens seit der eindeutigen Positionierung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen Ende März von der politischen Debatte überschattet: Wer wusste von technischen Problemen, seit wann, und wer hat wann warum nichts unternommen.
Seit dem (gestrigen) Mittwoch ist diese politische Debatte, bei der auch unverändert die Möglichkeit eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Raum steht, um eine Variante reicher: Die G36-Herstellerfirma Heckler&Koch und Teile des Verteidigungsministeriums hätten versucht, so berichten übereinstimmend Spiegel Online und die Süddeutsche Zeitung, mit Hilfe des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) die kritische Berichterstattung über die Waffe zu unterbinden.
Bei Spiegel Online heißt es dazu:
Geheimen Akten zufolge versuchten führende Beamte des Verteidigungsministeriums Ende 2013 in enger Absprache mit dem Hersteller Heckler & Koch, die kritische Berichterstattung über das Gewehr mit allen Mitteln abzuwürgen. So sollte der Militärische Abschirmdienst (MAD) gegen kritische Journalisten und deren „unwahre Medienkampagne“ tätig werden. (…)
Dazu sollte der MAD die Quellen für die Berichte finden und auch die Journalisten ausspähen. (…) Zunächst wurde die Geschäftsführung von Heckler & Koch am 20. November 2013 beim MAD-Präsidenten Ulrich Birkenheier vorstellig, nur sechs Tage später drängte der Vize-Chef der Abteilung AIN auf geheimdienstliche Ermittlungen. Kurz darauf, am 6. Dezember, schrieb AIN-Chef Detlef Selhausen persönlich an den MAD-Präsidenten und warb noch einmal für eine verdeckte Operation der Geheimen gegen die Presse.
Und die Süddeutsche Zeitung* berichtet:
Die „laufende mediale Thematisierung des G36“, heißt es in dem Dokument unter der Zwischenüberschrift „Einschaltung Militärischer Abschirmdienst“, sei „Teil einer gesteuerten Kampagne gegen den Hersteller Heckler & Koch und gegen die Bundeswehr“. Am 20. November 2013, so das Dokument, hätten „die Geschäftsführer des Unternehmens“ (also von Heckler & Koch) den damaligen Präsidenten des MAD besucht – „mit dem Petitum des Tätigwerdens“. Dies sei wegen der „systemischen Bedeutung“ der Firma für die Bundeswehr geschehen, außerdem wegen „der bereits jahrelangen negativen und in Teilen falschen Medienberichterstattung“ sowie „der Bestrebungen, das Unternehmen von dritter Seite zu übernehmen“.
Nun liegt mir, leider, diese Unterlage selbst nicht vor; deswegen kann ich aus eigener Kenntnis nicht sagen, ob mit einer angestrebten Einschaltung des MAD auch Journalisten überwacht werden sollten (was rechtswidrig wäre) oder das gewünschte nachrichtendienstliche Vorgehen allein auf Informationsquellen innerhalb des Verteidigungsministeriums und seiner nachgeordneten Behörden zielte. Nachtrag unten: Jetzt habe ich mal reingeschaut.
Damit kein Missverständnis aufkommt: Wenn Journalisten Unterlagen aus einem Ministerium erhalten, hat das betroffene Ministerium sicherlich das Recht zu klären, wer das war – auch wenn ich das als Journalist politisch nicht für gerechtfertigt halte. Doch das ist eine politische, keine rechtliche Frage.
Aber unabhängig von dieser Frage fällt auf, dass das Ziel einer MAD-Einschaltung offensichtlich nicht eine möglicherweise pflichtwidrige Weitergabe von Informationen sein sollte, sondern die als negativ empfunde Berichterstattung in den Medien. Mit anderen Worten: Gewünscht war anscheinend nicht, dass der Geheimdienst in erster Linie ein mögliches Leck in den eigenen Reihen stopfen sollte. Gewünscht war, dass der Geheimdienst eine Berichterstattung stoppen sollte, die dem Unternehmen und Teilen des Ministeriums nicht passte – selbst wenn das rein formal auf die Übprüfung der Wissenden im eigenen Haus begrenzt werden sollte.
Das scheint auch die Ansicht des Ministeriums zu sein, wie aus dessen Pressemitteilung vom (heutigen) Donnerstag hervorgeht:
Die Bundesverteidigungsministerin nimmt Stellung zur Berichterstattung, im BMVg habe es im Jahr 2013 Unterstützung für eine Heckler & Koch Initiative zu MAD-Ermittlungen gegen Behördenmitarbeiter gegeben, die vertrauliche Dokumente an Journalisten weitergegeben haben sollen.
Ursula von der Leyen: „Dass Heckler & Koch sich im Jahr 2013 an den MAD gewandt hat, ist schon sehr befremdlich. Was aber völlig inakzeptabel ist, ist, dass sich der damalige Abteilungsleiter Rüstung mit einem Brief an den MAD vom 6. Dezember 2013 diese Initiative zu eigen gemacht hat.
Völlig zu Recht hat der MAD-Präsident dieses absurde Ansinnen noch im Jahr 2013 abgelehnt. Der Abteilungsleiter ist inzwischen seines Postens enthoben. Dass es aber überhaupt zu einem solchen Vorgang kommen konnte, muss weiter aufgearbeitet werden. Dazu gehört auch die Frage, wie die Informationen über diese Vorkommnisse in meinem Büro gehandhabt wurden. Wenn sich dabei herausstellt, dass weitere strukturelle und personelle Konsequenzen notwendig sind, werden diese gezogen. Ich habe großes Interesse daran, dass der gesamte Sachverhalt rund um das G36 aufgeklärt wird. Deswegen habe ich bereits zwei Kommissionen unter unabhängiger Führung eingerichtet und viele Tausend Seiten Akten an das Parlament übersandt. Wenn sich das Parlament sich dieser Angelegenheit im Rahmen eines Untersuchungsausschusses annehmen möchte, ist dies sein gutes Recht.“
Auffällig an dieser Erklärung: Im einleitenden Satz wird die bisherige Berichterstattung fälschlich mit der Einschätzung wiedergegeben, im BMVg habe es im Jahr 2013 Unterstützung für eine Heckler & Koch Initiative zu MAD-Ermittlungen gegen Behördenmitarbeiter gegeben, die vertrauliche Dokumente an Journalisten weitergegeben haben sollen. Nein, genau das stand nicht in den Berichten – siehe oben. Da weiß das Ministerium entweder mehr oder will genau das in seinem Sinne interpretiert wissen.
Auffällig ist aber auch: Eine Initiative von Heckler&Koch – und die Unterstützung dafür durch den damaligen Abteilungsleiter Detlef Selhausen – verurteilt die Ministerin ziemlich scharf. Nun kann man mit Recht erwarten, dass es eine solche öffentliche Verurteilung nicht geben würde, wenn sich der damalige Vorgang in völliger Übereinstimmung mit rechtlichen Vorschriften abgespielt hätte. (Dass Selhausen seines damaligen Postens enthoben wurde, und zwar aus ganz anderen Gründen, sollte an dieser Stelle vielleicht noch erwähnt werden.)
Inzwischen meldete sich auch Heckler&Koch zu diesem Thema; die Pressemitteilung im Wortlaut:
Presseinformation 7. Mai 2015
Stellungnahme von Heckler & Koch zu aktueller Berichterstattung
Als Geschäftsführung von Heckler & Koch stellen wir folgende Punkte fest:
• Heckler & Koch verwehrt sich gegen Berichte, in denen behauptet wird, wir hätten auf eine aktive Ausspähung von Journalisten durch den militärischen Abschirmdienst (MAD) gedrungen. Heckler & Koch hat zu keinem Zeitpunkt die Ausspähung von Journalisten gefordert oder forciert.
• Weiterhin haben wir keine gemeinsame Operation mit dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) initiiert, mit der eine Berichterstattung über das Sturmgewehr G36 unterbunden werden sollte. Entsprechend geäußerte Vorwürfe weisen wir entschieden zurück.
Darüber hätte ich gerne mit der Geschäftsführung von Heckler&Koch gesprochen.Weil es da ja einen direkten Widerspruch zwischen den Aussagen der Ministerin und den Aussagen der Firma gibt. Im Prinzip wollte das Unternehmen heute auch mit Journalisten ins Gespräch kommen, wie ich einem Tweet des ARD-Kollegen Oliver Meyer-Rüth entnehme:
ARD filmt exklusiv bei #G36 Hersteller Heckler und Koch. 15 Jahre hat Rüstungsschmiede kein TV Team reingelassen. pic.twitter.com/e7Vr3wtSo8
— oliver mayer-rüth (@oliverreporter) May 7, 2015
Nun weiß ich inzwischen, dass Heckler&Koch nicht nur die ARD eingeladen hat, sondern auch noch paar andere Kollegen – man wolle, so hieß es wohl in der Einladung, einen größtmöglichen Medienmix zusammenbekommen. Leider passte Augen geradeaus! in diesen größtmöglichen Medienmix offensichtlich nicht rein; auch wenn sich das Unternehmen für seine Pressemitteilungen gerne mal hier bedient.
Nachtrag: Da hier von einigen sowohl Spiegel Online und der Süddeutschen Zeitung als auch mir Spekulation im Hinblick auf die Einschaltung des MAD vorgeworfen wird, zur genaueren Einordnung die Fundstellen:
• Aus der Vorlage der BMVg-Abteilung Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (AIN) Genese Gewehr G36 vom 13. März 2014 an die Verteidigungsministerin:
Mediale Berichterstattung
Das mediale Interesse war im gesamten Verlauf der Untersuchungen zum G36 ungebrochen hoch. Die öffentliche Meinungsbildung und Berichterstattung wurde offensichtlich durch mehrere Journalisten gesteuert. Grundlage dieser Berichterstattung waren auch interne, teil [sic] als VS-NfD eingestufte Dokumente der Bundeswehr.
Seit 2013 berichtet vornehmlich ein klar erkennbarer Kreis deutscher Medien mit wiederkehrender Regelmäßigkeit über Heckler & Koch, nämlich „Die Zeit“, „Der Spiegel“, „tageszeitung“ und „Bild am Sonntag“.
Seit Mai 2013 richtet sich die mediale Kritik nicht mehr gegen Heckler & Koch alleine, sondern auch gegen das Bundesministerium der Verteidigung und dessen Beschaffungspraktiken.
Auffällig ist, dass der Verlauf der medialen Berichterstattung mit wesentlichen Aktivitäten der Bundeswehr und der internen Untersuchungen zum Gewehr G36 korrespondiert. (…)
Insbesondere nach der Reportage der ARD (SWR) am 17. September 2013 „Der Minister und das Gewehr“ war eindeutig erkennbar, dass die laufende mediale Thematisierung des G36 Teil einer gesteuerten Kampagne gegen den Hersteller Heckler & Koch und gegen die Bundeswehr ist.(…)
Einschaltung militärischer Abschirmdienst
Auf Grund der systemischen Bedeutung des Herstellers des Gewehrs G36 für die Bundeswehr, der bereits jahrelangen negativen und in Teilen falschen Medienberichterstatttung über das Unternehmen Heckler & Koch als Hersteller des Gewehrs G36 sowie der Bestrebungen das Unternehmen von dritter Seite zu übernehmen, haben am 20. November 2013 die Geschäftsführer des Unternehmens den Präsidenten des militärischen Abschirmdienstes (MAD) mit dem Petitum des Tätigkwerdens [sic] des MAD besucht. In einem Telefonat am 26. November 2013 hat der Stellvertretende Abteilungsleiter AIN und mit Schreiben vom 6. Dezember 2013 hat der Abteilungsleiter AIN ebenfalls ein Tätigwerden des MAD befürwortet. In dem Schreiben sind die sicherheitsrelevanten Gründe für die Zuständigkeit des MAD in dieser Angelegenheit aufgezeigt worden. Gleichwohl hat der Präsident mit Schreiben vom 23. Dezember 2013 gegenüber dem Abteilungsleiter AIN eine Bearbeitungszuständigkeit des MAD verneint.
• Dazu passend auch ein Absatz aus dem genannten Schreiben des damaligen Abteilungsleiters AIN, Detlef Selhausen, an den MAD:
Jedenfalls führt die seit Jahren laufende – offenkundig gezielte – Berichterstattung in den Medien über die schlechte Trefferwirkung der Handwaffen, insbesondere des Herstellers Heckler & Koch, und deren mangelnde Tauglichkeit in den Einsätzen zu Auswirkungen in der Truppe. Hierdurch wird das Vertrauen der Soldatinnen und Soldaten in ihre Schießfähigkeiten und die Qualität der Waffen stetig geschwächt.
Also: Wenn Journalisten kritisch über ein Unternehmen und – von der Bundeswehr selbst thematisierte – Probleme bei einem System berichten, ist das eine gesteuerte Kampagne? Kritik an der Beschaffungspraxis des Verteidigungsministeriums erfordert nachrichtendienstliche Behandlung? Negative und in Teilen falsche Medienberichterstattung ist ein Fall für den Geheimdienst? Berichte von Journalisten über die schlechte Trefferwirkung (die ja inzwischen von der Ministerin selbst bestätigt wurde) führen zu mangelndem Vertrauen der Soldaten in ihre Ausrüstung – und da soll ein Nachrichtendienst Abhilfe schaffen?
Mal eine Bitte an die, die weiterhin behaupten, eine Befassung des MAD hätte nur dazu dienen sollen, Ermittlungen gegen Behördenmitarbeiter zu führen: Das kann man nach diesen Formulierungen nicht wirklich so sagen.
Nachtrag 2: Aus der Bundespressekonferenz vom Freitag – der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Jens Flosdorff:
Zu diesem Audio gibt’s auch das Video – mit diesem Link startet es genau an der richtigen Stelle.
Und noch ein Nachtrag: Der Vollständigkeit halber auch das Transkript von Audio/Video der Bundespressekonferenz zu diesem Thema:
Frage : Ich habe eine Frage an das Verteidigungsministerium. Heckler & Koch bestreitet, in irgendeiner Weise gefordert zu haben, dass der MAD gegen Journalisten vorgeht oder das überhaupt initiiert zu haben. Deswegen meine Frage an Sie: Deckt sich das mit Ihren Erkenntnissen?
Flosdorff: Das deckt sich zumindest nicht mit den schriftlichen Unterlagen, die dem Verteidigungsministerium vorliegen.
Zusatzfrage : Welche Konsequenzen hat denn dieser aktuelle Vorgang auf die Geschäftsbeziehungen zwischen Verteidigungsministerium und Heckler & Koch?
Flosdorff: Die Ministerin hat sich gestern schon einmal dazu geäußert und hat den Vorgang, dass Heckler & Koch sich nach den uns vorliegenden Unterlagen im Jahr 2013 an den MAD gewandt hat, schon als sehr befremdlich bewertet und als inakzeptabel nicht nur in Richtung Heckler & Koch bezeichnet, sondern insbesondere als völlig inakzeptabel, dass sich ein Abteilungsleiter Rüstung, der heute nicht auf seinem Posten ist, mit einem Brief an den MAD von Anfang Dezember 2013 auch noch diese Initiative unter Eid zu Eigen gemacht und das unterstützt hat. Sie hat auch noch einmal bewertet, dass der MAD-Präsident dieses absurde Ansinnen noch im Jahr 2013, also wenige Tage danach, abgelehnt hat.
Das hat die Konsequenz, dass das intern bei uns sicherlich noch weiter aufgearbeitet werden muss, wie es überhaupt zu so einem Vorgang kommen konnte. Die Ministerin hat ausdrücklich erwähnt, dass es noch weitere strukturelle und personelle Konsequenzen geben kann, wenn der Sachverhalt hinreichend aufgeklärt ist. Stand heute kann ich Ihnen sagen, dass es sicher personelle Konsequenzen geben wird.
Zusatzfrage : Meine Frage zielte auf die Geschäftsbedingungen. Kann man mit einem Unternehmen, das sich befremdlich aufführt und absurde Ansinnen stellt, eigentlich vertrauensvoll zusammenarbeiten, und zwar gerade dann, wenn es darum geht, ein Nachfolgemodell für das G36 zu beschaffen, das ja nun auch entwickelt werden soll?
Flosdorff: Das G36 ist das Standardgewehr der Bundeswehr. An dieser Stelle ist auch einige Male schon erwähnt worden, dass das auch Bestandteil eines ganzen Systems rund um dieses Gewehr ist. Das heißt, wenn man sich von dieser Waffe verabschieden möchte, geht das nicht von heute auf morgen, sondern dann geht das Schritt für Schritt. Es gibt nicht an der nächsten Ecke eine neue Standardwaffe der Bundeswehr zu kaufen, die innerhalb von kurzer Zeit zur Verfügung stehen würde. Das heißt, es gibt selbstverständlich Gespräche mit dem Hersteller darüber – das ist auch schon ein paar Mal Thema gewesen -, ob man konstruktive Änderungen an diesem Gewehr vornehmen kann. Auf der anderen Seite wird parallel geprüft, ob es eventuell auch andere Hersteller und andere Waffen gibt, die diese vielfachen Anforderungen an eine Standardwaffe der Bundeswehr erfüllen.
Ein Vorgang wie dieser hier ist sicherlich nicht dazu geeignet, ein grundsätzliches Vertrauen im Rahmen der Zusammenarbeit zu stärken. Ich möchte jetzt wirklich nicht nur mit dem Finger in eine Richtung weisen, sondern hier weist ganz eindeutig der Finger auch in das eigene Haus, in den eigenen Apparat. Das ist aus unserer Sicht das maßgebliche Feld, in dem wir jetzt Aufklärung betreiben. Aber selbstverständlich ist das kein günstiger Rahmenzusammenhang für eine Zusammenarbeit zwischen einem Ministerium der Bundesregierung beziehungsweise der Bundeswehr und einem Hersteller.
Frage: Herr Flosdorff, zum gleichen Thema, also Abläufe bei Ihnen im Haus. Dieser Vermerk, der den Sachverhalt einmal sehr knapp beschreibt, aber dann doch in den Details eigentlich recht eindeutig ist, lag ja im März zumindest dem Büro der Ministerin vor. Noch einmal die ganz klare Nachfrage: Habe ich es richtig verstanden, dass die Ministerin selber diesen Vermerk nicht gelesen hat und auch nicht den Inhalt zur Kenntnis bekommen hat?
Flosdorff: Das haben Sie richtig verstanden, er ist der Ministerin damals nicht vorgelegt worden und sie ist auch nicht mündlich darüber informiert worden. Ein Mitarbeiter im Ministerbüro hat den vom damals noch im Amt befindlichen Staatssekretär Beemelmans in Auftrag gegebenen Vermerk Ende März entgegengenommen und nach einer kursorischen Prüfung mit „der Vermerk lag vor“ und seiner Paraphe in die Registratur zurückverfügt.
Zusatzfrage: Weil Sie die Abläufe bei sich im Haus ansprechen: Wenn man sich jetzt das Papier anguckt, sieht man ja, dass sehr viele Paraphen darauf sind – vom aktuellen Abteilungsleiter der Rüstungsabteilung, von dem Stellvertreter, möglicherweise auch – das wird nicht ganz klar – auch vom Generalinspekteur. Was sagt Ihnen das eigentlich über die Abläufe im eigenen Haus, wenn so ein Papier mit so einem – wie die Aussagen der Ministerin gestern, glaube ich, klar gemacht haben – doch brisanten Inhalt so viele Leute gesehen haben, aber niemand dann einmal sagt: Frau von der Leyen, da ist etwas, was irgendwie nicht ganz sauber oder nicht ganz koscher ist? Ganz anders gefragt: Hätten nicht diese leitenden Mitarbeiter sofort ein Warnsignal setzen müssen, unabhängig von dem Mitarbeiter in dem Büro der Ministerin?
Flosdorff: Das ist sicherlich kein glücklicher Vorgang, aber ich muss Sie an einer Stelle korrigieren: Der aktuelle Abteilungsleiter Rüstung ist erst im Sommer ins Amt gekommen, dessen Paraphe findet sich darauf nicht. Vielmehr ist darauf die Paraphe des damaligen stellvertretenden Abteilungsleiters Rüstung, der im Sommer in Pension gegangen ist, zu finden. Es gab da auch eine Vakanz, es gab nämlich keinen Staatssekretär Rüstung in der Zeit; das wurde in der Zeit kommissarisch miterledigt durch den Generalinspekteur. Da hat die Paraphe eines Referenten dessen Büros vorgelegen, das heißt also, in diesem Strang hat sich niemand fachlich intensiv dazwischengeschaltet. Das war sicherlich eine besondere Situation. Sie alle erinnern sich: Aus dem Rüstungsboard hatte sich im Februar für die Ministerin ergeben, dass sie diese ganzen Vorlagen nicht zeichnen kann. Vielmehr hat sie im Prinzip grundsätzlich dem gesamten Rüstungsmanagement, wie es vorher gelaufen ist, ihr Misstrauen ausgesprochen. Danach hatte der zuständige Staatssekretär um seine Entlassung gebeten, und gleichzeitig ist auch der damalige Abteilungsleiter Rüstung, der vieles in diesem Bereich lange Zeit verantwortet hat, von seinem Posten enthoben worden.
Zusatzfrage: Ich muss noch einmal nachfragen, da meine Frage irgendwie nicht beantwortet wurde: Was sagt Ihnen das über die Abläufe damals? Ist da auch noch etwas falsch gelaufen, sodass über ein solches Dokument auch von den anderen Mitarbeitern, die das gelesen haben, nicht irgendein Warnsignal an die Ministerin gegeben wurde?
Flosdorff: Diese Auffassung mag man vertreten. Ich habe Ihnen eben ja auch gesagt, dass wir uns im Moment in einer internen Analyse befinden und der Vorgang für uns auch noch nicht komplett aufgearbeitet ist. Wir schauen uns nicht nur an, wer damals den Vermerk verfasst hat oder wer ihn vielleicht nicht oder nicht genau gelesen hat, sondern es geht auch um einen Blick nach vorne: Was muss in der gesamten Kette verbessert und verändert werden, welche weiteren personellen und strukturellen Veränderungen brauchen wir, damit sich solche Vorgänge nicht wiederholen und man mehr Sicherheit bekommt? Zu diesem Zweck hat die Ministerin – das kann ich Ihnen an dieser Stelle auch noch sagen – in dieser Woche dem Staatssekretär den Auftrag erteilt, eine Prüfgruppe einzurichten, die die damals beteiligten Personen noch einmal befragt, weitere Unterlagen sichtet, die in diesem Zusammenhang eine Rolle spielen, und diese noch einmal aufklärt. Dabei soll auch noch einmal geschaut werden, was die unterschiedlichen fach- und dienstaufsichtlichen Prüfungen, von denen ja die Rede ist, ergeben haben und was damals alles noch in dem ganzen Zusammenhang gelaufen ist, heute aber vielleicht noch nicht aktenkundig im Ministerium vorliegt. Darüber hinaus soll dabei auch noch einmal geprüft werden, ob in diesem Bereich alle Korruptionspräventionsvorschriften beachtet worden sind, die da zu beachten sind.
Frage : Herr Flosdorff, weiß man in Ihrem Haus schon, ob das ein einmaliger Sachverhalt ist?
Flosdorff: Können Sie die Frage noch spezifischer stellen? Sie beziehen sich jetzt speziell auf das Ansinnen der Firma Heckler & Koch, den MAD mit Prüfungen zu beauftragen, was dann durch den Abteilungsleiter unterstützt wurde?
Zusatz : Ja.
Flosdorff: Nach jetzigem Stand ist nicht bekannt, dass es weitere Vorstöße der Firma gegeben hat, die durch diesen Abteilungsleiter dann flankiert worden sind.
Zusatzfrage : Aber Sie können es auch nicht ausschließen?
Flosdorff: Die Unterlagen – ich habe es gerade eben gesagt – werden gesichtet, wir suchen nach weiteren Dokumenten und befragen die beteiligten Personen. Dann wird man den Sachverhalt weiter aufklären und wird die notwendigen personellen und strukturellen Konsequenzen ziehen.
Zusatzfrage : Frau Wirtz, hat die Bundeskanzlerin jetzt auch im Verteidigungsministerium organisatorische Defizite festgestellt?
SRS’in Wirtz: Es ist ja so, dass die Ministerin, wie wir gerade auch von Herrn Flosdorff gehört haben, zum einen Hausherrin, also Chefin dieser Behörde ist, und insofern auch die Aufklärung der Vorgänge, die es dort gibt, die möglicherweise defizitär sind, übernimmt. Ich glaube, Herr Flosdorff hat gerade ausgeführt, dass das Ministerium und die Ministerin alles tun, um diese Vorgänge gewissenhaft aufzuklären und diese Defizite abzustellen. Insofern ist das da in guten Händen.
Frage : Inwiefern sind möglicherweise die zwei Kommissionen, die die Ministerin jetzt eingesetzt hat, durch den absehbaren Untersuchungsausschuss überflüssig geworden? Es wären dann ja schon drei Gremien, die das untersuchen. Man könnte ja auch sagen, dass man Doppelarbeit vermeiden will.
Flosdorff: Es gibt immer unterschiedliche Beteiligte. Ich weiß nicht, ob Sie schon Bescheid wissen, ob es einen Untersuchungsausschuss geben wird und wie der genaue Auftrag für ihn lauten wird. Die Ministerin hat ja bereits sehr früh zwei Kommissionen unter unabhängiger Führung eingerichtet, die die Historie des G36 aufarbeiten sollen, und zwar explizit auch im eigenen Behördenapparat. Das heißt, diese Kommissionen sollen auch die Organisation unter die Lupe nehmen und schauen: Was ist da schiefgelaufen, wie konnte das über so lange Zeit im Ungefähren bleiben und wie konnten dort offensichtlich solche Vorgänge rund um das Thema G36 entstehen, wie wir sie heute diskutieren? Darüber hinaus gibt es erstens den sehr speziellen Auftrag an die Nachtwei-Kommission, Einsatzgefechte noch einmal dahin gehend zu untersuchen, ob die jetzt durch die Gutachten festgestellten Defizite dazu geführt haben können, dass Soldatinnen und Soldaten vielleicht zu Schaden gekommen sind. Das ist ein sehr spezieller Untersuchungsauftrag. Bei dem anderen Auftrag geht es um die Organisation.
Was jetzt der genaue Auftrag eines Untersuchungsausschusses sein wird, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Ministerin sehr großes Interesse daran hat, dass die gesamten Sachverhalte rund um das Gewehr umfassend aufgeklärt werden. Das ist auch der Hintergrund dafür, dass wir jetzt über einen Vermerk über einen Vorgang reden, der einem umfangreichen Paket von mehreren tausend Seiten Akten entstammt, die Anfang der Woche durch das Ministerium an das Parlament übergeben worden sind. Das spricht ja schon dafür, dass es erstens einen deutlichen Aufklärungswillen von unserer Seite gibt und dass man zweitens dieses Feld umfassend und von vielen Seiten her aufklären kann.
Zusatzfrage : Obwohl es bereits diese beiden Kommissionen gibt – oder zumindest die, die sich mit der Frage beschäftigen soll, was organisatorisch schiefgelaufen ist -, ist es also egal, ob der Untersuchungsausschuss jetzt kommt oder nicht? So verstehe ich Sie jedenfalls.
Flosdorff: Unabhängig davon, ob sich im parlamentarischen Raum der Wunsch ergibt, sozusagen selbst noch einmal aufzuklären, sich die Dinge selbst vorzunehmen, selbst Personen zu befragen – was das gute Recht der Parlamentarier ist -, und unabhängig davon, wie es im parlamentarischen Raum weiter läuft, gilt, dass wir, also das Ministerium und die Ministerin, wissen wollen: Was ist in unserem Bereich schiefgelaufen und welche Folgen hat das eventuell gehabt? Dabei wollen wir auch in die Tiefe gehen, und zwar so weit, wie es notwendig ist, um herauszufinden: Erstens: Was ist in der Vergangenheit geschehen? Zweitens: Welche Wirkungen hat das bis heute? Drittens: Welche personellen und strukturellen Veränderungen müssen wir vornehmen, damit solche Vorgänge nicht mehr vorkommen oder vielleicht auch gar kein Klima mehr besteht, in dem jemand auf die Idee kommen kann, solche Initiativen zu starten wie diejenige, über die wir gerade diskutieren.
Frage : Herr Flosdorff, könnten Sie einmal kurz erläutern, welche Einstellung das Bundesverteidigungsministerium zur Pressefreiheit hat?
Flosdorff: Die Pressefreiheit ist eins der zentralen Güter unserer Verfassung.
Zusatzfrage : Die Frage war nach Ihrer Einstellung, nicht nach Ihrer juristischen Sicht.
Flosdorff: Ja, und das Verteidigungsministerium steht dahinter.
Zusatzfrage : Was soll das sein?
Flosdorff: Können Sie Ihre Frage ein bisschen spezifizieren?
Zusatzfrage : Ich möchte wissen, wie das Verteidigungsministerium zur Pressefreiheit steht. Es wurde ja angedacht, diese anzugreifen.
Flosdorff: Ich weiß nicht, ob Sie den Vermerk, um den es hier geht, gelesen haben. Der Vermerk ist mit über 25 Seiten ein sehr länglicher Vermerk, und er ist auch nicht so verfasst, wie man sich einen ministeriellen Vermerk vorstellt – ich denke einmal, weder aus der Außen- noch aus der Innensicht. Darin wird berichtet, dass es sozusagen Beschwerden seitens des Herstellers über Berichterstattung gegeben hat. Ich stelle einfach nur fest: Es gibt einen ehemaligen hochrangigen Mitarbeiter im Rüstungsstrang, der das Ansinnen des Herstellers unterstützt hat, der Militärische Abschirmdienst solle sich darum kümmern, dass nicht mehr durch Behördenmitarbeiter Unterlagen an Pressevertreter weitergegeben werden. So lese ich den Vermerk, und ich denke einmal, so können Sie ihn auch lesen. Dies ist vollkommen zu Recht – da gibt es auch kein Vertun – durch den damaligen Präsidenten des MAD abgelehnt worden, und die Führung des Verteidigungsministerium steht vollkommen dahinter.
Frage : Herr Flosdorff, ich will das jetzt gar nicht inhaltlich verbinden, aber es gibt ja eine geradezu skurrile Parallele zwischen der BND-Affäre und den Vorgängen um das G36: In beiden Fällen schlummert sozusagen ein, wie Sie jetzt sagen, heikler Vorgang – die Ministerin hat gesagt, ein inakzeptabler Vorgang – irgendwo in den Akten. Im einen Fall bekommt die Ministerin ihn sogar ins Büro geschickt, und im Falle des BND bleiben die Berichte über Unregelmäßigkeiten irgendwo in den Archiven hängen. Dann kommt sozusagen das Parlament: Beim BND mit dem Untersuchungsausschuss, und in Ihrem Fall bohrt es immer mehr nach, irgendwann werden dann sozusagen die Akten von Ihnen geschickt. Dann wird dieser Vorgang öffentlich und Sie rufen einen Skandal aus – oder zumindest einen Vorgang, der Konsequenzen haben muss. Herr Seibert hat sich hier – das fand ich sehr bemerkenswert – vor einigen Tagen ausdrücklich beim Parlament für die Aufklärungsarbeit bedankt, also dafür, dass die Unregelmäßigkeiten beim BND durch die Aufklärungsarbeit des Ausschusses an die Öffentlichkeit gekommen sind. Sehen Sie das ganz ähnlich, sind also auch Sie dem Parlament dankbar, dass es so eine, ich sage einmal, kleine schlummernde Zeitbombe in Ihren Archiven durch die Aufklärungsarbeit des Verteidigungsausschusses aufgedeckt hat?
Meine zweite Frage: Würden Sie grundsätzlich sagen, dass das, was in diesem Vermerk steht – auch wenn Sie jetzt sagen, der sei ungewöhnlich usw. -, also der Vorgang, dass der MAD aktiv werden sollte, etwas ist, was leitende Mitarbeiter zumindest mündlich oder in einer kurzen Note an die Ministerin hätten weitergeben müssen? Hat das eine solche Relevanz, dass es an die Ministerin gehen müsste?
Flosdorff: Wir sollten hier zwei Dinge nicht vermengen: Das eine ist der Vorgang selber, der sich im Jahr 2013 abgespielt hat, das andere ist der Vermerk, der sicherlich auf der Kette nach oben durch viele gezeichnet worden ist. Diejenigen, die sozusagen in den Kästchen drinstehen, sind sicherlich nicht diejenigen, die normalerweise einen solchen Vermerk zeichnen sollten – was mit einer besonderen Situation zu tun hat, die ich eben auch geschildert habe. Normalerweise sollte man erwarten, dass alle, die auf der Mitzeichnungsleiter stehen, die Vermerke in bestem Wissen und Gewissen pflichtgemäß prüfen, das ist sicherlich richtig.
Andererseits muss man auch aufpassen, dass man die Relationen im Blick behält. Dieser Vermerk, der praktisch noch im Februar in Auftrag gegeben worden ist, ist ein sehr langer Vermerk, und das Thema MAD – der Vermerk ist ja mittlerweile öffentlich und bekannt – steht sicherlich nicht im Zentrum dieses Vermerks; dieses Thema steht eher am Rande, gehört aber zum Beispiel nicht zu den Kernaussagen. Es ist auch eindeutig erkennbar – auch aus diesem Vermerk -, dass das ein abgeschlossener Vorgang ist. Die in dem Vermerk erwähnte Person, der Abteilungsleiter, war zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr im Amt gewesen.
Das mag das aus heutiger Sicht nicht heilen, da bin ich vollkommen auf Ihrer Seite, aber das lässt mich an dieser Stelle auch um Verständnis werben, dass nicht jeder, der sozusagen in der Kette namentlich vorkommt, ein Mitarbeiter ist, der irgendwie unterstützt – das suggeriert die Stimmung ja ein bisschen -, dass der MAD in unzuständigen Bereichen ermittelt. Das ist nicht passiert und das ist sicherlich nicht die Haltung im Verteidigungsministerium generell.
Zusatzfrage GE: Sind Sie dankbar, dass dieser Vorgang durch das Parlament aufgedeckt wurde?
Flosdorff: Alles, was in diesem Bereich zur Aufklärung beiträgt, ist gut. Die Ministerin hatte sich im Parlament auch schon ausdrücklich beim Wehrbeauftragten bedankt, dass er bei diesem Thema nicht lockergelassen hat. Entsprechendes gilt sicherlich auch für viele Parlamentarier – wie auch für den Bundesrechnungshof -, die lange Zeit an diesem Thema drangeblieben sind und auch mit dazu beigetragen haben, dass am Ende durch die letztes Jahr in Auftrag gegebene Gesamtuntersuchung und das Gutachten der Kern der Geschichte – „Ist das G36 fehlerfrei oder gibt es eventuell Schwächen an dem Gewehr?“ – festgestellt wurde. Als die Chronologie für das Parlament aufgestellt wurde, ist dieser Vermerk, der im Jahr 2014 in die Registratur zurückverfügt wurde, dann ja auch zur Kenntnis gelangt. Die ganzen Akten – diese 1850 Seiten – wurden ja übersandt, und man ist natürlich auch noch einmal darangegangen, alle Vermerke zu sichten und zu schauen: Was steht da alles drin? Das ist dann auch der Zeitpunkt – etwa eine Woche oder zehn Tage her -, zu dem auch die jetzige Hausleitung mit diesem Vermerk konfrontiert worden ist.
Zusatzfrage: Genau da muss ich leider noch einmal einhaken. Sie haben das jetzt ja korrekt dargestellt: Der Vermerk ist sozusagen im Rahmen der Aufarbeitung aus der Registratur zurückgeholt worden. Was ich nur nicht verstehe: Irgendjemand bei Ihnen, also die Gruppe, die das macht, muss sich diese Unterlagen, die dann dem Parlament zugegangen sind, auch noch einmal durchgelesen habe. Meine konkrete Frage lautet daher: Warum ist dieser Vorgang bei Ihnen nicht schon intern aufgefallen, bevor die Unterlagen an das Parlament gegangen sind, sondern erst einen Tag, nachdem – Zufall oder nicht – die „Süddeutsche“ oder auch „Spiegel Online“ sehr groß über diesen Vorgang berichtet haben?
Flosdorff: Sie suggerieren ja, dass erst dadurch, dass Abgeordnete sich das durchlesen und das an die Presse geht, Reaktionen ausgelöst wurden. Das möchte ich hier ausdrücklich verneinen. Das Ministerium ist auch selbst in der Lage zu erkennen beziehungsweise festzustellen, dass hier ein bedenklicher Vorgang vorliegt.
Zusatzfrage: Selbst in der Lage, oder ist das vorher identifiziert worden? Das wäre eine Nachricht, wenn Sie das schon vorher als Problem identifiziert hätten.
Flosdorff: Das ist hier eine Bewertungsfrage. Ich bitte auch hier noch einmal, die Relationen einzuhalten. Sie können sehen, dass das ein langer Vermerk ist. Es ist sicherlich ein sehr bedenklicher Vorgang – die Ministerin hat noch stärkere Worte gebraucht, um zu sagen, wie sie das einschätzt und einstuft. Es handelt sich hier aber im Prinzip auch um einen Vorgang, der abgeschlossen war und der praktisch nie irgendwelche tatsächlichen Wirkungen in der Richtung gezeigt hat. Das heißt aber nicht, dass es kein erwähnenswerter Vorgang ist – deswegen ist er ja auch mit den Akten ans Parlament gereicht worden -, und das heißt auch nicht, dass nicht auch schon vorher das Nachdenken darüber eingesetzt hat, welche strukturellen und personellen Konsequenzen eventuell notwendig sein werden.
(Die politische Debatte über einen möglichen Untersuchungsausschuss habe ich hier mal ausgespart, um es nicht zu unübersichtlich zu machen; das wird ggf. ein gesonderter Thread werden müssen.)
*Deutsche Verlagswebseiten werden hier i.d.R. nicht verlinkt; in diesem Fall schien mir eine Ausnahme sinnvoll.
(Foto ©Etienne Rheindahlen)
zwei dinge muss man scharf differenzieren:
1. interne ermittlungen gegen BMVG angehörige wegen geheimnisverrats bzw. verrats von dienstgeheimnissen. diese sind unabhängig von persönlichen meinungen zu wahren und der presse oder sonstigen dritten nicht zu offenbahren. wer es doch tut macht sich strafbar und ermittlungen gegen entsprechende geheimnisträger sind kein skandal sondern daseinszweck des MAD.
2. Ermittlungen im journalistischen milieu zwecks aufdeckung der quellen selbiger journalisten. das sind dann keine ermittlungen gegen die journalisten, die nach geltender rechtslage keinerlei strafrechtliche konsequenzen zu befürchten haben, sondern sind teil der ermittlungen zur identifikation der unter punkt eins genannten personen. auch das muss möglich sein. skandal?
schon eine bermerkenswerte mentalität der schreibenden zunft die sich immer wieder in solchen fällen offenbart. man hält sich scheinbar für straf- und ermittlungsrechtlich immun. vor dem gesetz sind aber alle gleich, journalisten nicht bürger erster klasse.
was macht man denn wenn dienstgeheimnisse an „Journalisten“ von Russia Today weitergegeben werden?
sind ermittlungen dann auch ein „Skandal“?
Wer hat eigentlich anspruch auf den Titel „Journalist“? nur wer beim spiegel arbeitet? Youtuber XYZ? Johnny vond der Schülerzeitung?
Wo ist eigentlich das korrektiv wieder die vierte gewalt die sich hier mal wieder als Märtyrer zwecks auflagensteigerung inszeniert?
Es ist schon eine bemerkenswerte Mentalität, mit der rechtliche Vorschriften wie zum Beispiel das Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten in die Nähe von Strafvereiteilung oder gar Straftat gerückt werden. Man ist wohl der Meinung, dass Pressefreiheit hinter der Organisationshoheit einer Behörde zurückzustehen hat und dass das Grundgesetz nur gilt, wenn es der Regierung passt.
Das war jetzt bewusst etwas schärfer formuliert – aber ehe man solches Zeug absondert wie „man hält sich scheinbar für straf- und ermittlungsrechtlich immun“ und Schaum vor dem Mund produziert, empfiehlt sich ein Blick auf die Gesetzeslage, höchstrichterliche Entscheidungen und Ähnliches.
/edit: Da der Kollege Kai Biermann von Zeit Online das gut zusammengefasst hat, zitiere ich ihn mal:
Die geltende rechtslage ist bekannt.
das heißt aber nicht das sie jeder in seiner gesamt heit für richtig halten muss.
Ermittlungen zur Ermittlung von Quellen mutmaßlichen Geheimnisverrats sollten möglich sein und sind es auch in anderen Rechtsstaaten (USA,UK etc.).
Das ist eine mögliche rechtsinterpretation, wenn sie oder die herschende lehrmeinung anderer ansicht sind ist das ein produkt demokratischen meinungspluralismus und kein „schaum vor dem mund“.
(biermanns zweiter halbsatz ist übrigens nicht mehr als die privatmeinung des biermann. das kann man auch anders sehen und es wird ind er jurisprudenz von einigen auch anders gesehen)
Da das hier kein juristisches Fachblog ist, sollten wir uns vielleicht nicht in Detaildebatten darüber verlieren, was wir von der jeweiligen Rechtslage halten, die ja auch nach Ihren Worten bekannt ist? (Ernsthaft, an der Stelle kommen wir nicht weiter.)
Ich hab‘ ja auch gerade versucht deutlich zu machen, dass eine Einschaltung des MAD mit dem Ziel, negative Berichterstattung zu verhindern, nichts mit dessen Auftrag, nichts mit möglichem ‚Geheimnisverrat‘ o.ä. zu tun hat.
schon klar nur die materie ist nun mal eminent jursitischer natur.
skandal oder nicht-skandal bemisst sich ja an der normativen bewertung.
aber ok. your house your rules
Nur mal zum Verständnis für Dumme wie mich:
Wenn ein Journalist geheime, ja geheimste Unterlagen „zugespielt“ bekommt, von wem auch immer, darf er darüber berichten und die veröffentlichen, ohne in irgendeiner Weise belangt zu werden ?
Verfolgt, strafrechtlich, würde lediglich derjenige, der diese Unterlagen beschafft bzw. weitergegeben hat ?
Die übliche Juristenantwort: Es kommt darauf an. Aber vereinfacht gesagt: Nur dass etwas eingestuft ist, verhindert nicht die Berichterstattung darüber. Schon gar nicht, wenn es die unterste Einstufung VS-NfD ist.
Dennoch wäre meine Bitte, von der juristischen Dedtaildiskussion hier wegzukommen, weil die nicht wirklich weiter bringt…
Jenseits von juristischem Schattenboxen: Eine Welt ohne Presse wäre für so manchen Entscheidungsträger unendlich viel einfacher und bequemer – und genau das ist das Problem. Ohne investigativen Journalismus würde unserer Gesellschaft ein entscheidendes Korrektiv fehlen. Es geht also nicht um Märtyrertum oder Auflagensteigerung, sondern um ein vitales gesellschaftspolitisches Interesse, wenn in Fragen wie den hier diskutierten hochempfindlich reagiert wird. Auch wenn’s mal weh tut.
Zur konkreten Sache allerdings: Es ist m.E. ziemlich irrig zu glauben, man könne den MAD in so einer windigen Angelegenheit vor den Karren spannen. Kann und will ich mir einfach nicht vorstellen.
@BlueLagoon | 07. Mai 2015 – 18:05
„Wenn ein Journalist geheime, ja geheimste Unterlagen “zugespielt” bekommt, von wem auch immer, darf er darüber berichten und die veröffentlichen, ohne in irgendeiner Weise belangt zu werden ?
Verfolgt, strafrechtlich, würde lediglich derjenige, der diese Unterlagen beschafft bzw. weitergegeben hat ?“
Na sicher, diese Frage ist seit der Spiegel-Affäre hierzulande gottseidank geklärt.
Wenn irgendwo „VS-NfD“ draufsteht, dann braucht das doch den Journalisten nicht zu kümmern, denn er hat ja keine Verschwiegenheitspflicht, da er kein Bw-Angehöriger ist.
@ blue lagoon
in aller kürze (sieh TW’s einwurf)
nach abschaffung der sonderparagraphen bezüglich geheimnisverrats durch Journalisten sind prinzipiell Beihilfe/Mittäterschaft/Anstiftung zum Geheimnisverrat denkbar.
geltende rechtssprechung ist aber in der güterabwägung pressefreiheit vs. integrität staatlicher institutionen ersterem den vorzug zu geben. jedenfalls meist.
trotzdem gibt es vielerlei diskussionswürdige grauzonen:
– wie sensibel dürfen die publizierten geheimnisse sein?
– wer ist journalist?
– gilt das ganze nur für inländische oder auch ausländische journalisten? (siehe mein RT einwand oben)
– wie ist die gesamtgesellschaftliche verantwortung von journalisten als staatsbürgern für die wahrung staatlicher kerninteressen zu bewerten und gegebn.falls juristisch zu würdigen
usw. ad nauseam
1. Auftrag des MAD ist es, für den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) die Aufgaben einer Verfassungsschutzbehörde wahrzunehmen und zum Erhalt der Militärischen Sicherheit und der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr beizutragen.
2. Kernaufgaben des MAD nach dem Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst (MADG) sind die Informationssammlung und -auswertung zu Zwecken der Spionage- / Sabotageabwehr und der Extremismus- / Terrorismusabwehr.
3. ff …
Weder zu 1. noch zu 2. gibt es in Bezug auf G36 irgendeinen, auch nur weit entfernten Anlass, ermittelnd vorzugehen. Dass einigen Leitenden im BMVg/AIN die ganze Richtung in Zusammenhang mit der Waffe nicht passte, kann ich mir sehr wohl vorstellen nur, ist das Anlass den MAD beauftragen zu wollen? Absolut nicht.
Allmählich wird es zur Farce, was mit der endlosen Geschichte G36 vor sich geht. Schlimmer noch, es reiht sich fatal ein in sonstiges offensichtlich als staatliches Versagen einzustufendes Geschehen wie NH-90, A400 M, aber auch BER etc. etc. Wie weit sind wir eigentlich gekommen?!
Dabei hatte ich vor kurzem noch auf den großen Wurf bezüglich einer G36-Lösung gehofft.
Doch muss nunmehr wohl tatsächlich parlamentarisch untersucht werden, es reicht sonst tendenziell an Spiegel-Affaire heran. Es gilt, noch mehr Schmutz von den Streitkräften fern zu halten, es gilt, der Truppe die Chance zu geben, vom Parlament gegebene Aufträge zu erfüllen. Ein untadelliges Sturmgewehr ist übrigens grundlegend dafür.
PS: 1. & 2. sind Kopien (im Auszug) der Webseite SkBasis/MAD.
Das MAD-Gesetz deckt sehr wohl das Tätigwerden des MAD in diesem Fall.
Man sollte doch mal endlich die Tatsachen sehen:
Der MAD hat es, entsprechend der Stellungnahmen, abgelehnt den ‚Auftrag‘ anzunehmen, damit ist der MAD doch aus der Debatte!!
Weiterhin: Die Struktur des MAD ist nach innen gerichtet und seine Befugnisse hoeren bei Ueberschneidung mit zivilen Straftatbestaenden auf!
Was merkwuerdig ist, ist das Demokratieverstaendnis des ehemaligen StS. dH ANDERERSEITS, WENN DAS GANZE NICHT NUR EINE DESAVOUIERUNGS-ENTE gegenueber H&K oder UvdL ist……
Allerdings: Sie sprang an wie ein Einheitsdiesel….Empoerung?
Politiker, empoert Euch nicht : Denkt!
@ KeLaBe | 07. Mai 2015 – 18:08
“ … Es ist m.E. ziemlich irrig zu glauben, man könne den MAD in so einer windigen Angelegenheit vor den Karren spannen. Kann und will ich mir einfach nicht vorstellen. “
Im Ernst:
Nehmen wir an, H&K hätte tatsächlich versucht, unliebsame Berichterstattung via MAD zu verhindern.
Was hätte der MAD denn tun sollen ? Den betreffenden Journalisten den Bleistift wegnehmen ? Oder sie erschießen ?
Mir geht es genauso: Ich KANN es mir nicht vorstellen …
Ermittelt der MAD denn nun wenigstens gegen „Angehörige im Geschäftsbereich des BMVg“? Das ist doch seine Aufgabe!
Wenn er dies nicht tut wäre das nicht Strafvereitelung im Amt? Oder darf er auf höhere Anweisung nicht ermitteln, da eingestufte Dokumente von / auf Anweisung der Leitung des Hauses durchgestochen wurden?
Wenn ich mir das Foto dieses Threads so anschaue, weiß ich auch, warum die Dinger nicht richtig treffen…
;-)
Was an der G36-Debatte und zugehörigem Durchstechen Bwgefährdend (im Sinne des MAD) sein soll, ist mir nicht ersichtlich. Der MAD hat erkannt, dass der Karren fragwürdig ist, hat sich politisch klug verhalten und seinen Ruf geschont (und dadurch auch seine Glaubwürdigkeit erhalten!), und er hat die zwei Dinge getan, die in diesem Fall richtig sind: 1. Vogel zeigen und vorhandene Ressourcen nicht verschwenden, 2. die vorhandenen Ressourcen auf wesentliches konzentrieren und weiterarbeiten (und diese Arbeit ist, z.B., etwas tatsächlich schützenswertes). In wie weit das geprüft wurde, ob sich intensives Ermitteln für die Aufgaben des MAD lohnen würde, ist nicht bekannt und wird hoffentlich auch nicht bekannt werden; denn das wäre meiner Meinung nach tatsächlich eine Information, die sicherheitsrelevante Rückschlüsse über die Funktionsfähigkeit der Bw zulässt.
@ MHDD
frage ist nur, wer entscheidet was „bwgefährdend“ ist? wenn etwas eingestuft ist dann ist es durch den apparat und seine mitarbeiter zu schützen. bei leckagen ist zu ermittlen.
es geht schließlich um ein prinzip das es zu schützen gilt. ansonsten ist man schnell auf einer schiefen ebene nach dem motto „stell euch mal nicht so an habe schließlich nur „VS-geheim“ lanciert.
es ist nicht aufgabe des MAD bewussten geheimnisverrat /dienstgeheimnisverstöße zu relativieren sondern sie zu ermittlen und abzustellen
„Der“ Brief taucht gerade im Original bei den Nachrichten des heute-Journals ( 19:04 – 19:07 ) auf.
Die Grünen ( Hofreiter ) fordern einen UA.
Die Ermittlung gegen die eigenen Mitarbeiter rechtfertigt sich aus der Annahme, dass derjenige, der Dienstgeheimnisse nach außen gibt, dies eben nicht nur an Journalisten tun könnte sondern wohl auch anderen.
Mal einfach ein ein Einwurf (Ohne dass ich glaube, dass dies hier der Fall isst). Hybrid warfare.
@wacaffe
Prinzipiell stimme ich Ihnen zwar zu, aber eine Lektüre des Ergebnisses dieses Durchstechens lässt darauf schließen, dass peinliches, aber nicht gefährliches weitergegeben wurde. Meiner persönlichen Einschätzung nach wollte da niemand verraten (im Sinne von: Ich spioniere für den Feind) und sich, aufgrund der Medien, in denen publiziert wurde, auch nicht bereichern. Dieses Problem muss organisatorisch und durch den Führungsstil gelöst werden; der MAD tat also gut daran, hier nicht zu helfen, sondern die Betreffenden auflaufen zu lassen. Für einen sicheren Geheimschutz sind kooperierende Mitarbeiter unbedingt nötig, hier in einer politisch aufgeladenen Atmosphäre, die ansonsten aber eine Bagatelle ist (Ich spreche vom Geheimnisverrat, nicht vom eventuell/tatsächlich nicht funktionierenden G36!), den Herrschaften einen Schuss vor den Bug zu verpassen, ist sinnvoll, denn sonst können Sie morgen das Verhältnis MAD – sonstige Bw auf 1:1 aufstocken.
Wie gesagt, aus Prinzip und zur Abschreckung – das will ich nicht beurteilen. Praktisch und politisch – der MAD hat richtig gehandelt und ist positiv wie negativ raus. Ein Versäumnis sehe ich nicht.
Die Aufgaben des MAD sind im MADG §1 definiert:
http://www.gesetze-im-internet.de/madg/__1.html
@BlueLagoon: Mehr Infos hier:
Gesetz zur Stärkung der Pressefreiheit im Straf- und Strafprozessrecht:
http://www.stgb.de/prstg.html
Voraus ging das Cicero-Urteil des BVerfG:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20070227_1bvr053806.html
@Thomas Melber:
Der MAD ist keine Strafverfolgungsbehörde. Im Stern-Artikel werden aber Strafanzeigen von H&K bei der Staatsanwaltschaft Bonn erwähnt.
@wacaffe:
Das bei „bösen“ Geheimnissen eher nicht zu tun ist für mich auch ein Art funktionierende innerer Führung.
Ein ständiges runterspielen und vertuschen im kommerziellen Firmeninteresse kann doch nicht gegen eine mögliche Gefährdung des Lebens unserer Bürger in Uniform Vorrang haben?
Aber vielleicht können Sie ja dem Volk diese „Omerta“ problemlos begründen..
1) Würde ich mir gerne schon länger Untersuchungsausschüße wünschen zu Themen wie A400, NH90 et alteri
2) wäre es sehr armselig ein System a la @wacaffe zu betreiben ! Dann kann jeder involvierte Politiker / Industrielle / Militär eine Einstufung durchsetzen und die Skandale sind per se verboten !
Tschüss Grundrechte und Transparenz, tschüss Verantwortung für öffentliche Gelder, vivat vivat Bananenrepublik mit Lernpotential in den Norden Koreas und sonstige glasklare Demokraten …
SER | 07. Mai 2015 – 19:54
zu 1. einverstanden
zu 2. Sie missverstehen ihn. Ausserdem sind Einstufungen keine Privatentscheidungen von Politikern usw Es gibt, egal wie die Oeffentlichkeit es sieht, auch im ‚Frieden‘ Tatsachen, deren Veroefffntlichung Menschenleben kosten kann oder andere Schaeden fuer die Allgemeinheit herbeifuehrten koennen. Diese sind und werden in allen Staaten der Welt eingestuft (geheim gehalten).
Die deutsche Presse hat damit schon immer ein Problem gehabt, Die angelsaechsische, skandinavische und schweizerische Presse nicht. Woran das wohl liegen mag?
@MHDD
Heute G36, morgen TIGER, übermorgen dann ‚was zur strategischen Luftverteidigung – nein, wer eingestuftes Material an Unberechtigte weitergibt, und wissen muß, daß es veröffentlicht oder auch gegen die Bundesrepublik verwendet wird, gehört sanktioniert.
Hier liegt allerdings ein konkreter Fall vor, bei dem konkret entschieden werden kann, ob eine Gefährdung vorliegt und ob es auch noch andere Ermittlungs- und Lösungswege außer den ganz schweren Geschützen gibt.
@ Thomas Melber
Das ist ja unbestritten. Eingestuftes Material bleibt eingestuftes Material. Aber den MAD zur Ausspähung von sicherheits- und militärpolitischen Journalisten in einem solchen Fall einspannen zu wollen (falls das überhaupt die Absicht war) – das geht gar nicht. Ging ja auch nicht, zum Glück.
Entschuldigung, @Thomas Melber war noch nicht präsent, dazu:
Im Grunde ist Ihr Einwand in meinem ersten Kommentar schon beantwortet und im zweiten präzisiert: Der MAD hat geprüft (!) und sich für nicht zuständig befunden; er muss nicht über jedes Stöckchen springen, das ihm hingehalten wird. Ergänzend verweise ich auf Kommentar drei direkt unter Ihrem.
es ist schon erschreckend, was es zurzeit für schlammschlachten in deutschland gibt….fällt mir nix mehr zu ein !!!
@MHDD
Für die Journalisten natürlich eher nicht, aber für die „Angehörigen im Geschäftsbereich BMVg“ – wenn der MAD da nicht tätig wird verliert er einen wesentlichen Teil seiner Existenzberechtigung.
Ich als normaler Bürger sehe dies so:
Der Soldat X klaut geheime Informationen aus dem Datenbestand der Bundeswehr.
Soldat X gibt sie an einen Journalisten weiter. Vielleicht auch noch an weitere Menschen/Länder/Organisationen.
Privatunternehmen Y läuft zum Militärischen Geheimdienst und drängt/bittet um Aufklärung gegen diesen Soldaten mit der Begründung:
„der MAD solle gegen kritische Journalisten und deren “unwahre Medienkampagne” tätig werden“,
„der systemischen Bedeutung der Firma für die Bundeswehr,
“der bereits jahrelangen negativen und in Teilen falschen Medienberichterstattung”
“der Bestrebungen, das Unternehmen von dritter Seite zu übernehmen”
Dann soll Unternehmen Y eine Anzeige gegen Unbekannt wegen Rufschädigung aufgeben.
Und der MAD hat natürlich INTERN selbstständig zu ermitteln, wer der „Verräter“ ist und der MAD darf auch gerne mal bei den zuständigen Journalisten nett NACHFRAGEN ob sie ihm nicht den Namen verraten wollen. Was sie wahrscheinlich nicht tun werden (Informantenschutz). Und dies aus gutem Grund.
Aber der MAD hat NICHT „gegen kritische Journalisten vorzugehen“.
Wo kommen wir denn hin, wenn ein Militärischer Geheimdienst die Medien unter Druck setzt oder abhört? USA Verhältnisse oder wie.
Und der Soldat könnte natürlich die Informationen an Nicht-Journalisten weitergegeben haben, aber dann verlange ich (zumindest ist dies meine Auffassung wie es so rechtliche sein SOLLTE), dass der MAD intern an den BND/BKA und die Justiz rantritt und die ihre Ermittlungen aufnehmen. Gerne in guter Zusammenarbeit.
Wobei kritische, hinterfragende Soldaten/Bürger immer eine Bereicherung sind, aufs gesamte System bezogen. Das deckt eben auch Missstände auf.
Jedoch natürlich immer alles abgewogen und verhältnismäßig.
Atomraketenabschusscodes weitergeben ist natürlich nicht kritisch hinterfragend sondern gefährlich.
Weitergabe von G36 Datenblättern, Ausschreibungsdaten etc. an Journalisten zur investigativen Berichterstattung finde ich legitim im momentanen Umfeld und vom Geheimhaltungsgrad.
@Thomas Melber
Die Existenzberechtigung nimmt ja eher zu – wir prüfen jetzt jeden Rekruten auf religiöse Überzeugung etc. (So war eine Forderung.)
Wenn eine Gefahr für kalkulierbar gehalten wird, kann meiner Meinung nach abgewogen werden, ob sich der Ressourceneinsatz, hier gepaart mit erheblichem rechtlichen und politischen Risiko zwecks Journalist (der wohl zwangsläufig mit im Netz gelandet wäre), lohnt. Das wurde wohl verneint.
Da ich jetzt meine persönliche Befangenheit offenlege, disqualifiziere ich mich auch gleich für die sachliche Debatte, wünsche einen schönen Abend und melde mich ab: Ich finde es unglaublich sympathisch, dass da einer sagte: Macht Ihr Euren Kindergarten, ich mache meine Arbeit. Davon können andere sich eine kleine Scheibe abschneiden. Weil ich das denke, habe ich mir jetzt auch recht viel Zeit genommen, diese Meinung zu verbreiten.
Was die Einbeziehung von Journalisten in strafrechtliche Ermittlungen wegen Geheimnisverrates angeht bin ich sicher kein Experte.
Der Gesetzestext wird im Zweifelsfall von unterschiedlichen Juristen verschieden interpretiert, so dass man erst nach einem Urteil die Sicherheit hat, dass eine Maßnahme korrekt oder nicht vom Gesetz gedeckt war.
Dieser neue „Skandal“ ist aus meiner Sicht wieder symptomatisch.
Auch hier geht es nicht darum ein eventuelles Problem zu lösen, sondern nur darum durch dieses Problem nicht beschädigt zu werden bzw. andere dadurch zu beschädigen.
Leider durchschaut ein Großteil der Bevölkerung diese Mechanismen nicht oder hat schlicht und ergreifen das Interesse oder die Hoffnung verloren.
Die Bundeswehr hat Personalsorgen, gravierende Ausrüstungsmängel, ineffektive Verwaltungsstrukturen und ihr fehlt sogar so etwas banales wie ein verlässlicher Auftrag.
Leider fehlt das breite journalistische Interesse an solchen Themen, die in ihrer Komplexität auch nur schwer vermittelt werden können.
Dies sind leider die Schattenseiten einer „Mediendemokratie“, in der nicht die Ergebnisse einer Arbeit, sondern die mediale Darstellung der eigenen Person immer wichtiger wird.
Manche Beiträge sind mir völlig fremd. Der Verfasser eines Schreibens entscheidet über dessen Einstufung. So kann ich auch ein freundliches „Guten Morgen“ per E-Mail als VS-NFD kennzeichnen. Erst im Nachhinein kann in einem Streitverfahren entscheiden werden, dass die Einstufung unzulässig war. So what. So wird freundlich nahezu jedes Schreiben mittlerweile eingestuft.
Der Kern des Problems besteht doch wohl nicht in der Frage, ob nun Jemand widerrechtich etwas öffentlich gemacht hat, der Kern besteht doch wohl in der Tatsache, dass hier eine zu große Nähe zwischen einem Rüstungs-unternehmen und einem oder vielen Beamten im BMVg dazu geführt hat, dass man versucht hat Einfluss zu nehmen.
Leider hat der Problemkern vermutlich noch Metastasen. Es steht zu befürchten, dass jetzt fleißig Papiere verschwinden und einige Telefonate geführt werden, denn H&K ist nicht das einzige Rüstungsunternehmen und umsatztechnisch ein Zwerg im Vergleich zu anderen.
Der Untersuchungsausschuss muss kommen, wenn die Demokratie nicht noch mehr Schaden nehmen soll und es wäre wünschenswert, wenn der gesamte Komplex des Verhältnisses von Rüstungsindustrie, Politikern und Beamten Gegenstand der Untersuchungen würde.
Offensichtlich ist das Thema G36 seit Jahren in der öffentlichen und medialen Wahrnehmung. Sonst gäbe es ja wohl diese Teilaffäre nicht!
Weiss jemand, wie oft es auf der TO des VtgA stand? Ein Dutzend Mal oder öfter?
Der eigentliche Skandal ist doch weiterhin, dass nun sowohl die vermeintlichen Fachpolitiker als auch die Medien so tun als ob hier vertuscht und verheimlicht worden sei- obwohl parallel eingestufte Berichte etc. durch die Medien im Detail diskutiert wurden. So dass der Hersteller bereits versucht hat, gegen diese Kampagne vorzugehen.
Die Fragen der Art „wer wurde wann durch wen informiert?“ sind doch nur der Skandalisierung dienlich.
Ich erwarte von dieser ganzen vermeintlichen Affäre keinen Beitrag in der Sache….einmal mehr!
@schleppi
Wenn das „Guten Morgen!“ über das rote Netz geht ist es zumindest ‚mal VS-NfD. Und eine „unzulässige“ Einstufung gibt es nicht. Im übrigen gilt immer noch der Grundsatz des „need to know“, auch unter Kameraden, was oft nicht beachtet wird.
@schleppi
Wo sehen sie hier eine erwiesene zu große Nähe zwischen H&K und dem BMVg?
Ein neues Waffensystem kauft man nicht anonym beim Discounter sondern es ergibt sich zwangsläufig eine enge Zusammenarbeit von Produzent und Bundeswehr in vielen Bereichen.
So eine Zusammenarbeit ist zwingend notwendig wenn man ein Produkt zur Einsatzreife hin entwickeln will. Auch im Bereich der Absicherung erfolgt selbstverständlich eine Zusammenarbeit.
Wenn H&K also feststellt, dass Internas aus dem BMVg nach außen dringen, dann ist ein Hinweis an den MAD nur logisch. Würden sie etwas anderes tun?
Ich kann nicht erkennen was ein Untersuchungsausschuss hier bringen soll und welchen Schaden die Demokratie durch den Hinweis von H&K und die Ablehnung des MAD bereits genommen haben soll?
Man kann die Bedeutung eines Untersuchungsausschusses auch beschädigen indem man ihn für „Banalitäten“ mißbraucht.
Die Breite der Untersuchung die sie befürworten bietet leider wenig Aussicht auf Erfolg. Ähnlich wie die Frage auf „Das Leben, das Universum und den gesamten Rest“ wird es auch hier nur unbefriedigende Antworten geben.
In Bezug auf H&K ist doch der Skandal nicht darin begründet, dass es bei X Schuß in Y Minuten eine Treffpunktverlagerung um Z% gibt, sondern dass die auch im Ministerium bekannten Fakten konsequent ignoriert werden.
– Eine Waffe für alles geht nicht – Jede Aufgabe erfordert das passende Werkzeug –
@ Thomas Melber
Ich hoffe, Sie haben den Rest auch gelesen, denn für einen Streit um juristische Sachverhalte ist ein Gericht zuständig und meine Meinung habe ich ja oben bereits deutlich gemacht.
Vielleicht zur Verdeutlichung:
Wer schadet der Bundeswehr? Der, der feststellt, dass Material fehlerhaft ist? Der, der versucht diese Feststellung zu unterdrücken und die Soldatinnen und Soldaten weiterhin mit fehlerhaftem Material in den Einsatz schickt? Der, der den Unterdrückungsversuch öffentlich macht? Die Antwort sollte nicht schwer fallen.
Ich würde dem BMVg sogar ein Interesse daran zugestehen, den Sachverhalt nicht öffentlich werden zu lassen. Aber nur, wenn das BMVg in der Vergangenheit gezeigt hätte, dass es mit solchen Vorgängen intern umgehen kann. Dazu fehlt mir jegliches Beispiel.
Es ist für mich als Demokraten unerträglich, dass ein Missstand in einem Ministerium nur durch strafbares Handeln abgestellt werden kann, weil es andere wirksame Kontrollmechanismen offensichtlich nicht gibt.
Aber jetzt kann die Transparenzministerin loslegen und anhand ihrer Maßnahmen wird man sehr schnell feststellen können, ob sie mit dem erforderlichen Enthusiasmus die Kultur im BMVg verändern will.
@ Mediator
Sie scheinen jetzt genau das zu wissen, was ein Untersuchungsausschuss erst noch herausfinden müsste. Insofern können sie ihm zustimmen. Es ist ein gutes Gefühl, wenn am Ende der Untersuchungsausschuss zu dem Ergebnis kommt, dass man vorher schon kannte.
Ich denke, dass auch Sie die Grenzen einer sachbezogenen Zusammenarbeit kennen, daher wissen Sie auch, dass mit dem Begriff „Nähe“ gerade das Verhalten gemeint ist, dass diese Grenzen überschreitet.
Und da es das beste mögliche Ergebnis ist, wenn ein Untersuchungsausschuss feststellt, dass nichts zu beanstanden ist, sollten wir uns auf diese Feststellung freuen und es nicht als „Banalität“ bezeichnen.
Und weiter geht es mit den Meldungen bzgl. H&K ( auch „ganz zufällig“ ( ? ) heute )
Die SZ meldet
„G-36-Lieferungen nach Mexiko
Zollfahnder werfen Heckler & Koch illegale Waffenexporte vor“
Die Geschichte mit MEX ist doch schon uralt. Warum jetzt? Honi soit qui mal y pense.
Es ist immer wieder interessant festzustellen, dass die Einstufung als Freiheitskämpfer oder Terrorist, Aufklärer oder Verräter nur im Auge des Betrachters liegt und anscheinend keinen objektivien Kriterien unterliegt.
Zitat: „Weiterhin haben wir keine gemeinsame Operation mit dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) initiiert, mit der eine Berichterstattung über das Sturmgewehr G36 unterbunden werden sollte. Entsprechend geäußerte Vorwürfe weisen wir entschieden zurück.“
So, so Heckler und Koch hat also keine Aktion beim BMVg initiert um die negative Berichterstattung zu unterbinden, trotzdem weiß Heckler und Koch ganz genau (lt. ihrer eigenen Pressemitteilung), dass es nur 3 Personen im Geschäftsbereich der Bw sind, die standhaft Zweifel am G36 haben und dies auch trotz Druck von oben, vom BMVg, in ihren Berichten nachhaltig kundtun. Dies sind 2 Mitarbeiter der WTD 71 und ein Mitarbeiter der WiWEB in Erding.
Nein, H & K hat vermutlich ALLES getan um die negative Berichterstattung zu verhindern, sind bestimmt beim BMVg im Rüstungsbereich vorstellig geworden und wollten diese 3 Bw-Mitarbeiter persönlich diffamieren, nachdem sie den Bericht und das öffentliche Statement der Ministerin nicht mehr verhindern konnten.
Für alle die sich wegen einer unerlaubten Veröffentlichung einen VS-NfD Berichtes so aufregen, als was soll denn die Aufklärung / der Geheimnisverat des Edward Snowden bezeichnet werden ?
Hat er der Welt einen großen Dienst erwiesen (inklusive der jetzt mittelbar aufgedeckten Praxis, dass der deutsche Geheimdienst BND, deutsche Firmen und europäische Organisationen für die Amerikaner ausspioniert hat), oder gehört er zur Achse des Bösen, wie ein früherer US-Präsident die eine Hälfte der Welt eingeteilt hat ?
(Wohl wissend, wenn man mit dem Finger auf jemanden zeigt, dann zeigen 3 Finger auf einen selber).
Ich habe mich schon lange gefragt, wer da im Kommunikationshandwerk bei HK so versagt. Und anders kann man das schon lange nicht mehr betiteln.
Hier steht die Antwort, offen im Netz.
http://www.newsletter-verteidigung.de/ueber-uns/redaktionsbeitrat.html
Schon bemerkenswert, denn auf der eigenen HK-Seite ist von diesem Namen keine Spur.
Ist übrigens auch eine illustre Runde, mit Reservistenverband, Industrie etc.
Welcher Geist herrscht eigentlich in diesem Ministerium, um so weit zu kommen, einen „eigenen“ Dienst animieren zu wollen gegen diejenigen vorzugehen , die eigene Unvollkommenheiten aufdecken wollen? Was für ein Stil wird dort offensichtlich – non chalante – gepflegt, um missliebige öffentliche Begleitung zu desavouieren?
Hätte ich mir wirklich kaum vorstellen wollen, wie lange ist dies schon so? Dergleiche Attitüden entwickeln sich kaum über Nacht. Inwieweit sind solche Machenschaften geeignet, (gewesen) weiteres ministerielle Vorhaben vor die Wand zu fahren? Ist also die Crux aktueller Probleme in der Spitzengliederung BMVG zu suchen?
@Klaus-Peter Kaikowsky:
Es ist ja leider Mode geworden fortlaufend nur nach strukturellen Defiziten zu suchen.
Strukturen sind aber nicht das Wesentliche, sondern die Organisationskultur.
Im BMVg herrscht seit der Zeit von Strauß eine Null-Fehler-Kultur.
Es bedarf also für die Leitung eines strukturellen „Ausgleichsgewichtes“ in Form eines echten Planungsstabes.
Wenn man sich die EuroHawk-Affäre genauer anschaut, dann erkennt man, dass es keine unabhängige Bewertungsinstanz mehr gab (Flurgespäche!). Schon vor der Umstrukturierung des BMVg durch TdM war dies de facto der Fall, da der Planugsstab unter Dr. Schlie in seinem Selbstverständnis kein Planungsstab à la Rühle, Borkenhagen, etc war, sondern eine Stabsfunktion für Redenschreiben und sicherheitspolitisches Blabla ohne Realitätsbezug (siehe Weißbuch 2006).
Die Ministerin kam ohne Frühwarnsystem ins BMVg und nun ist der Eisberg da.
Überraschend ist es nicht:
http://augengeradeaus.net/2013/12/jetzt-offiziell-neue-fuhrungsspitze-im-verteidigungsministerium-komplett/#comment-84852
Was wir gerade erleben ist die medial-politische Analogie dessen, was die G36-Debatte in technologischer Hinsicht ausgelöst hat: Dauerfeuer und Schnellschüsse führen zu mangelnder Präzision und Überhitzung.
Man darf jedenfalls die Illusion, wonach sich die politischen Führung dieses Landes um die individuelle Feuerkraft ihrer in der Parlamentsarmee Bundeswehr dienenden Staatsbürger in Uniform sorgte, offenbar getrost aufgeben.
@Klaus-Peter Kaikowski 23:25 Uhr:
Ja.
„Spitze“ ist nur nicht allein die oberste, kürzlich abgetragene Schicht. „Spitze“ sind die im letzten Vierteljahrhundert darunter gebildeten weiteren Sedimentschichten.
Respekt vor der Ministerin:
Da hat sie sich ja offensichtlich genau auf die richtige Firma eingeschossen, wenn die jetzt auch noch illegal Waffen nach Mexiko exportiert haben.
Schon erstaunlich was man mit Willen und Führungsstärke alles im BMVg umkrempeln kann.
Zurück zu den Tatsachen:
Die Exporte nach Mexiko sind bereits seit Jahren bekannt und es wurde in diversen Medien darüber ausführlich berichtet. Dass diese Meldungen jetzt wieder hervorgekrammt werden macht es H&K natürlich umso schwerer im Bereich der G36 Sympathien zu gewinnen.
Letztendlich scheint in der Politik und insbesondere im BMVg die Kultur weit verbreitet zu sein, dass derjenige der etwas bewegen will fast zwangsläufig Fehler macht und dass Fehler ebenso zwangsläufig den Weg nach oben verbauen.
Auf diese Weise lässt sich allenfalls eine gut strukturierte staatliche Intitution verwalten. Reformen oder schnelle Reaktionen auf die Herausforderungen eines sich wandelnden politischen Umfeldes sind damit nicht möglich.
Die für mich entscheidende Frage in Bezug auf die Exporte nach Mexiko sind eigentlich unsere Exportgesetzte. Wer so etwas schwammiges beschließt hat aus meiner Sicht ebenfalls Schuld daran, wenn es zu solchen Umgehungen kommt.
Stellen wir uns eine Situation analog zu Mexiko vor:
Die Bundesregierung versucht bürgerkriegsähnliche Zustände in Bayern einzudämmen, wo die mächtigen Weissbierkartelle faktisch die Macht ausüben. Dazu fehlt es ihr aber an Handfeuerwaffen für die dort eingesetzten Kräfte.
Nun hat man endlich einen Exporteur gefunden und versichert diesem, nachdem er darauf aufmerksam gemacht hat, dass ein Einsatz in Bayern nicht möglich ist, dass die Waffen lediglich bei der Polizei in Hamburg und Bremen benötigt werden.
Auf dem Papier lässt sich so ein Gesetz gut an, aber in der Realität ist es wohl an Manipulationsmöglichkeiten kaum zu toppen.
re: MHDD 07. Mai 2015 – 18:50
„Was an der G36-Debatte und zugehörigem Durchstechen Bwgefährdend (im Sinne des MAD) sein soll, ist mir nicht ersichtlich.“
Ich stimme Ihnen voll zu!- Mir erscheint eher (ganz allgemein gesprochen und aus Sicht eines Steuerzahlers der davon ausgeht, dass dem Amtseid verpflichtete Beamte sich diesem gegenüber auch jederzeit verpflichtet sehen!) bwgefährdend zu sein, wenn tatsächlich – außerhalb des Auftrages und der Weisungslage – einzelne Mitarbeiter des BMVg (oder deren Dienststellen) zu viel an Nähe zu einzelnen Lieferanten der Bw pflegen würden!?
Dieses könnte nämlich zur Folge haben, dass außerhalb objektiver Kriterien Entscheidungen getroffen werden, die in der Folge nicht nur den Steuerzahler schädigen, sondern auch geeignet sind der Unversehrtheit von SoldatenInnen im Einsatz entgegenzuwirken!
Und sollte der Verdacht bestehen, dass einzelne Mitarbeiter des BMVg (oder deren Dienststellen) zu viel an Nähe zu einzelnen Lieferanten der Bw pflegen und/oder im Einzelfall Entscheidungen sich möglicherweise nicht an objektiven Kriterien orientierten die sich rechtfertigen lassen (und damit gegen Dienstpflichten verstoßen!), und sollte der Verdacht bestehen das möglicherweise im Einzelfall versucht worden sein sollte eine dergestalte Dienstpflichtverletzung systematisch (auf welchem Wege auch immer!) zu verschleiern oder zu vertuschen, dann ist jetzt der Dienstherr verpflichtet sich unverzüglich um Aufklärung des Sachverhalts zu bemühen!