Überraschung: Bundeswehr will Waffensystem mit Munition kaufen

Das ist eine echte Überraschung: Die Bundeswehr plant ernsthaft, bei der Beschaffung neuer Waffensysteme auch gleich die dazugehörige Munition zu bestellen. Die revolutionäre Neuigkeit enthüllte die Bild-Zeitung (Link aus bekannten Gründen nicht) nach der Sitzung des Verteidigungsausschusses am (heutigen) Mittwoch: Generalinspekteur Volker Wieker und Rüstungs-Staatssekretärin Katrin Suder hätten dort durchblicken lassen, dass die Truppe nicht nur, wie schon lange von Verteidigungsministerin von der Leyen angekündigt, neue Drohnen bekommen soll, die auch bewaffnet werden können. Sondern die Bundeswehr soll zugleich auch die Bewaffung dafür erhalten.

Aus der Meldung:

Die Bundesregierung plant, bis Jahresende Kampfdrohnen zu beschaffen – samt Munition! (…)

Dass die Bundesregierung „bewaffnungsfähige Drohnen“ leasen will, ist nicht neu. Allerdings war bislang nie davon die Rede, dass gleichzeitig die Munition für die Drohnen beschafft werden soll.
Auf diese Weise sei der Eindruck erzeugt worden, dass der Einsatz von Kampfdrohnen nur eine theoretische, höchst unwahrscheinliche Möglichkeit sei, erklärte Grünen-Verteidigungsexperte Tobias Lindner der BILD.

Ja, kann man so sehen. Man kann auch kurz mal nachschauen, was von der Leyen so im vergangenen Sommer gesagt hat (übrigens viel von dem, was Wieker und Suder, glaubt man der Meldung, im Ausschuss nur durchblicken ließen, obwohl die Ministerin das ja schon längst öffentlich erklärt hatte):

Ich bin der Überzeugung, dass wir in die Entwicklung einer europäischen bewaffnungsfähigen Drohne einsteigen müssen. Für ein solches Projekt, das mindestens ein Jahrzehnt dauert, werden wir nun Partner suchen. Europa braucht die Fähigkeiten einer Aufklärungsdrohne, um auf die Dauer nicht von anderen abhängig zu sein. (…)
Für die Entwicklung einer Drohne ohne Bewaffnungsfähigkeit würden wir auch gar keine europäischen Partner finden. Ob eine Drohne dann im Einzelfall bewaffnet oder unbewaffnet eingesetzt wird, würde stets vom konkreten Einsatz und dem entsprechenden Mandat des Bundestags abhängen. Das heißt auch, dass jederzeit die Kontrollmöglichkeit des Parlaments gegeben ist. (…)
Der Bundestag entscheidet nicht nur, ob deutsche Soldaten in einen Einsatz gehen, sondern setzt auch den Rahmen, nach welchen Regeln sie kämpfen dürfen und was nicht gestattet ist. Daran orientieren sich die Waffensysteme. Und wie zum Beispiel ein Hubschrauber kann auch eine Drohne bewaffnet sein oder nicht. Das funktioniert seit Jahren.

Nun kann man in der Tat drüber reden, wie praktikabel eine Regelung ist, die einen Einsatz eines unbemannten Systems mit Bewaffnung von einem Bundestagsbeschluss abhängig macht. So was gab’s beim Tornado-Einsatz in Afghanistan schon mal, ob es sinnvoll war, lasse ich hier mal dahin gestellt.

Aber ernsthaft: Ein bewaffnungsfähiges System zu beschaffen und die Beschaffung der Waffen erst mal aufzuschieben? Damit der zeitliche Vorlauf für Beschaffung, Ausbildung und Training so groß ist, dass es garantiert nie zu einer Nutzung kommt? Dafür ist auch der geschätzte Oppositionsabgeordnete Lindner genügend kundig zu wissen, dass diese Art der Argumentation nur eine andere Art ist, unbemannte Systeme grundlegend abzulehnen – wenn sie bewaffnet werden könnten. Um einen konkreten Einsatz, den ja der Bundestag beschließen müsste, geht es dabei gar nicht. Aber vielleicht werden künftig ja alle neuen Waffensysteme ohne Munition bestellt. Weil ihr Einsatz eine theoretische, höchst unwahrscheinliche Möglichkeit ist.

(Archivbild 2013: Heron-Drohne im Bundeswehreinsatz in Afghanistan – Bundeswehr/Sebastian Wilke)