Mehr Geld – und mehr Soldaten?

Über einen höheren deutschen Verteidigungshaushalt angesichts der weltpolitischen Situation (und auch angesichts der Materiallage der Bundeswehr) wird ja nun schon einige Zeit diskutiert. Nun hat der Deutsche Bundeswehrverband (DBwV) die Debatte um eine, sagen wir mal interessante Nuance bereichert: Sein Vorsitzender Oberstleutnant André Wüstner plädiert dafür, nicht nur in mehr Ausrüstung zu investieren – sondern auch die Zahl der Soldaten um 5.000 aufzustocken. Aus Wüstners Pressemitteilung:

Seit einem halben Jahr erkennen wir in Umfrage-Ergebnissen, dass die deutsche Bevölkerung deutlich sensibler für Fragen der äußeren Sicherheit geworden ist. Die Gründe dafür dürften eindeutig in den Entwicklungen an den europäischen Grenzen liegen. Wenn sich in der YouGov-Umfrage rund 50% für die Erhöhung des Wehretats aussprechen und sogar 41% die Bundeswehr als zu klein bewerten, zeigt das vor allem eines: Die Notwendigkeit von einsatzbereiten Streitkräften als wesentliches Instrument unserer Risikovorsorge wird anerkannt.

Das sollte sich unsere Regierung zu Herzen nehmen!“
Um den offenbar allgemein erkannten Notwendigkeiten Rechnung zu tragen, müssten zunächst die heutigen hohlen Strukturen gefüllt werden, so Wüstner weiter. „Dazu muss man darüber nachdenken, die Stärke der Bundeswehr auf 190.000 militärische Dienstposten anzuheben. Dabei sollten 175.000 auf Zeit- und Berufssoldaten entfallen. Zumindest aber muss die Personalstruktur flexibilisiert werden und die Zielvorgabe bei Berufssoldaten von jetzt 45.000 auf mindestens 50.000 angehoben werden. Nur so können Fachkräfte, die bereits heute schwer zu rekrutieren sind, auf Dauer in der Bundeswehr gehalten werden.“ Das gelte auch für das Zivilpersonal, wo die jüngste Erhöhung um 1.000 auf 56.000 Stellen angesichts des Aufgabenspektrums nicht ausreichend seien.

Nach den jüngsten Zahlen des Verteidigungsministeriums vom 6. März umfasst die Bundeswehr 170.352 Berufs- und Zeitsoldaten und 10.855 Freiwillig Wehrdienstleistende.

Nun ist Wüstners Vorstoß nicht nur eine Frage des Geldes, auch wenn der Personalhaushalt den größten Anteil am Verteidigungsetat ausmacht. Es ist auch eine Frage der Demographie – denn die bisher letzte Reduzierung auf bis zu 185.000 Soldatinnen und Soldaten war ja auch mit der Geburtenentwicklung in Deutschland begründet worden. Insofern wäre eine Erhöhung nicht nur ein finanzielles Problem, sondern auch abhängig von einem höheren Erfolg bei der Nachwuchswerbung.

Der DBwV-Vorsitzende beruft sich bei seinen Angaben auf  die ebenfalls am (heutigen) Montag veröffentlichte gewichtete, repräsentative Online-Umfrage des Forschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur. Danach sagen von den 1.018 Befragten 41 Prozent, dass sie die Bundeswehr für zu klein halten. 29 Prozent sind der Meinung, dass die deutschen Streitkräfte genau die richtige Größe haben, und zehn Prozent glauben, dass die Bundeswehr zu viele Soldaten hat. Immerhin zwanzig Prozent hatten dazu keine Meinung. Für die Wiedereinführung der ausgesetzten Wehrpflicht sprach sich ein gutes Drittel (36 Prozent) aus.

In der selben Umfrage übrigens befürwortete inzwischen knapp die Hälfte der Befragten eine Erhöhung des Verteidigungshaushalts, genau 49 Prozent. 36 Prozent sind dagegen, und die bei dieser Frage erstaunlich hohe Zahl von 15 Prozent antwortete mit „weiß nicht“.

Nachtrag:

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen sieht in der Ukraine-Krise keinen Grund für eine Vergrößerung der Bundeswehr. Die Truppenstärke selber sei für die Anforderungen angemessen, sagte die CDU-Politikerin auf einer Chefredakteurskonferenz der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Es werde allerdings geprüft, ob das Verhältnis zwischen Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit richtig sei. Außerdem bekräftigte von der Leyen, dass die Zahl der zivilen Mitarbeiter der Bundeswehr aufgestockt wird.