„German Deal“ für die Hubschrauber: Haushaltsausschuss stimmt zu

Jetzt ist die Vereinbarung erstmal abgehakt: Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat am (heutigen) Mittwoch den so genannten German Deal, die Bestellung von Hubschraubern der Firma Airbus Helicopters, in der nun letzten Fassung gebilligt, wie Augen geradeaus! aus Ausschusskreisen erfuhr. Kurzgefasst: Die Bundeswehr bekommt 80 NH90-Hubschrauber für’s Heer (statt 122), 18 NH90-Hubschrauber für die Marine (statt gar keinem), 40 operationell einsetzbare Tiger-Kampfhubschrauber (22 werden zum Ersatzteillager); und außerdem gibt es eine – gesonderte – Option für den Kauf von weiteren 22 NH90, die zusammen mit Verbündeten als MedEvac-Helikopter betrieben werden sollen.

Viele, viele Details zu dieser Vereinbarung, die ursprünglich noch unter dem damaligen Verteidigungsminister Thomas de Maiziere im März 2013 abgeschlossen und unter seiner Nachfolgerin Ursula von der Leyen in Details verändert wurde, sind hier über die vergangenen zwei Jahre debattiert worden. (Ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, ob die Einschätzung des Verteidigungsministeriums, siehe unten, zum Zwischenfall von Termez hier so auch schon debattiert wurde: mit hoher Wahrscheinlichkeit sei eine Fehlbedienung die Ursache für den Triebwerksausfall). (Nachtrag: die Reuters-Zusammenfassung zu dem Thema hier.)

Das alles kann ich gar nicht mehr im Einzelnen hier aufgreifen; statt dessen ein paar wesentliche Stellen aus der so genannten Bauchbinde, dem Vorblatt des Bundesfinanzministeriums zu diesem Hubschrauber-Deal (formal geht das ja vom BMF an den Haushaltsausschuss):

Das BMVg beabsichtigt nun, entsprechend der im Zuge der Neuausrichtun der Bundeswehr vorgenommenen Überprüfung von Rüstungsund Beschaffungsvorhaben die Stückzahl des Beschaffungsvorhabens UH TIGER auf die in diesem Rahmen festgelegte Obergrenze von – jeweils operationell einsetzbaren – 40 Hubschraubern UH Tiger und 80 Hubschraubern NH90 zu reduzieren. Ferner ist beabsichtigt, gemäß dem MoU 18 Marinetransporthubschrauber NH90 NTH (SEA LION) aus dem NH90-Programm zu bestellen. Die Beschaffung neuer Marinehubschrauber dient dem dringenden Ersatz des veralteten Hubschraubermusters SEA KING MK41.

Zudem ist vorgesehen, eine Option zum Erwerb von 22 weiteren Hubschraubern NH90 zu vereinbaren, die nach Abschluss des bei den Partnernationen eingeleiteten Interessenbekundungsverfahrens für die Aufstellung eines multinationalen Hubschrauberverbands genutzt werden soll.

Das MoU soll durch zwei zu schließende Änderungsverträge zu den Beschaffungsverträgen der Vorhaben UH TIGER und NH90 umgesetzt werden. Die Vertragsänderungen werden durch das BMVg mit dem Begriff „Rahmenvereinbarung Hubschrauber“ umschrieben. (…)

Das Bundesministerium der Finanzen hat die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der Veranschlagung im Bundeshaushalt sowie im Finanzplan festgestellt. Die Verhandlungen und der Abschluss der Beschaffungsverträge liegen in der Ressortverantwortung des BMVg, in dessen Zuständigkeit auch die Prüfung und Bewertung der Angemessenheit der vertraglichen Vereinbarungen fällt.

Das BMVg legt dar, die Umsetzung der Rahmenvereinbarung Hubschrauber berücksichtige in einem ausgewogenen Verhältnis gleichermaßen die Interessen des Bundes und der Industrie.  Nach ergänzender Erläuterung des BMVg stellt die Rahmenvereinbarung nach den gegebenen Randbedingungen das bestmöglich erzielbare Ergebnis der Verhandlungen mit der Industrie dar, um die im Rahmen der Strukturreform festgelegten Obergrenzen für die beiden Waffensysteme erreichen zu können. (…)

UH TIGER – Eckpunkte für die Vertragsänderungen

Vertraglich vereinbart war eine STückzhal von 80 UH TIGER. Gemäß Strukturreform und MoU ist eine Obergrenze in der Nutzung von 40 UH Tiger festgelegt. Die notwendige Reduzierung um 40 UH TIGER wird wie folgt erreicht:

– Stillegung mit Hochwertersatzteilgewinnung von 22 Hubschraubern (einschließlich von 11 Hubschraubern, die gemäß MoU zum Rückkauf durch die Industrie vorgesehen waren)

– Erprobungsmuster für die Wehrtechnische Dienststelle 61 – 1

– Nutzung als Ausbildungshubschrauber – 4

– auf Grund von Mängeln nicht abnehmbare Hubschrauber – 2

– Verzicht auf Produktion und Lieferung – 10

– Totalverlust (infloge Flugunfall) – 1

Hinsichtlich des im MoU vorgesehenen Rückkaufs von 11 Hubschraubern konnte mit der Industrie keine Einigung erzielt werden. Als Kompromiss wurde jedoch vereinbart, dass bei Verzicht auf den Rückkauf der alten Helikopter die Bundeswehr die bereits hergestellten, nur noch teilweise nutzbaren Ersatzteilpakete aus Langläuferteilen nicht mehr abnehmen muss. Durch den gegenseitigen, auch durch das Gutachterkonsortium empfohlenen Verzicht ergibt sich nach Auffassung des BMVg insgesamt ein finanzieller Vorteil des Auftraggebers Bundeswehr.

Insgesamt sollen 22 Hubschrauber stillgelegt und zur Ersatzteilgewinnung genutzt werden. Zur Begründung der Wirtschaftlichkeit dieser Vorgehensweise hat das BMVg ergänzend dargelegt, hierdurch könne ein effektiver, sofort verfügbarer Ersatzteilpool mit dringend benötigten Engpassersatzteilen und auch hochpreisigen Komponenten wie Triebwerken geschaffen werden. Er ermögliche hohe Klarstandsraten und zusätzliche Flugstunden. (…)

NH90

(…)

Die von Deutschland beschafften Hubschrauber sollen nach Mitteilung des BMVg für die Durchführung von Lufttransporteinsätzen und zur Unterstützung der taktischen Verbände, zur Durchführung des „Militärischen Such- und Rettungsdienstes („Search and Rescue“ – SAR) über Land und See sowie für die fliegerische Aus- und Weiterbildung beschafft werden.

Für den militärischen SAR über Land plant das Heer den Einsatz von zwei NH90. Für den entsprechenden Einsatz über See sollen seitens der Marine zwei Marinehubschrauber SEA LION zum Einsatz kommen. (jeweils zuzüglich eines Hubschraubers als technische Reserve). Beide Hubschraubermuster verfügen in Abhängigkeit von den jeweiligen Anforderungen über entsprechende Fähigkeiten, um auch den zivilen SAR über Land und See mit abdecken zu können. Der zivile SAR wird derzeit durch das BMVg mit den selben auch beim militärischen SAR verwendeten Hubschraubern wahrgenommen (Bell UH-1 D, SEA KING MK41). Die dauerhafte Aufgabenerledigung des zivilen SAR durch das BMVg wurde am 23. Mai 2014 durch Beschluss des Rechnungsprüfungsausschusses des Deutschen Bundestages (RPA) bestätigt. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur hat auf Grund eines weiteren RPA-Beschlusses vom 19. Dezember 2014 eine erneute Berichtspflicht zum Thema SAR bis zum 28. Februar 2015.

Eckpunkte für Vertragsänderungen

NH90 (Variante Heer)

Vertraglich vereinbart war eine Stückzahl von 122 NH90. Gemäß Strukturreform und MoU ist eine Obergrenze in der Nutzung von 80 NH90 festgelegt, zwei Hubschraubern von den insgesamt 82 Hubschraubern stehen wie bisher für Ausbildungszwecke und damit nicht für den operationellen Flugbetrieb zur Verfügung. Die notwendige Reduzierung um 40 NH90 wird erreicht durch den Verzicht auf Produktion und Lieferung von 40 NH90.

DasBMVg legt dar, dass die weiteren Eckpunkte des MoU wie die Zahlung von Einmalkosten aufgrund der Stückzahlreduzierung in Höhe von 53 Mio. €, der Verzicht auf bereits angefallene, jedoch in der rechtlichen Durchsetzbarkeit problematische Vertragsstrafen in Höhe von 58 Mio. € und die Vereinbarung neuer Vertragsstrafen mit neuem Lieferplan sowie die Zahlung der Preiseskalation ab Mitte 2011 in Höhe von bis zu 97 Mio. € zur Verhinderung von Ansprüchen der Konsortialpartner zu Lasten des BMVg bei der Vertragsanpassung berücksichtig wurde

Über die insgesamt 82 NH90 hinaus wird die Beschaffung von weiteren 22 NH90 in der Variante Heer in eine Option umgewandelt. Auf die Nachfrage, ob im MoU zugestandene Stornierungskosten bei Auslösung der Option rückvergütet werden, hat das BMVg ergänzt, eine Rückvergütung sei nicht Gegenstand der Verhandlungen über das MoU sowie der weiteren Vertragsverhandlungen gewesen. Die Einlösung der Option wird durch diese Vorlage (…) nicht erfasst. Hierfür ist gegebenenfalls unter Darlegung der Konditionen im Einzelnen im Rahmen einer gesonderten Vorlage an den Haushaltsausschuss zu entscheiden.

Gemäß dem neuen Lieferplan soll die Lieferung der insgesamt 82 Hubschrauber im Jahr 2021 beendet werden.

Marinetransporthubschrauber SEA LION

Gemäß MoU ist die Bestellung von 18 Marinetransporthubschraubern SEA LION unter Nutzung der freigesetzten Haushaltsmittel und Änderung des Beschaffungsvertrages vorgesehen. Darin enthalten sind ein Konzept zur besseren Wartbarkeit und Sicherstellung einer gegenüber heute erheblich höheren Verfügbarkeit sowie die Endmontage in Deutschland. Grundlage für die Auswahl der Ausrüstung war das Fähigkeitsprofil des aus Alters- und Versogungsgründen abzulösenden Waffensystems SEA KING MK41. Die Marinehubschrauber SEA LION sollen der Bundeswehr in den Jahren 2018 bis 2021 übergeben werden.

Technische Probleme im Juni 2014 haben zu einem Beinaheabsturz eines NH90 in Termez, Usbekistan, nach schlagartigem Ausfall eines Triebwerks geführt. Das BMVg hat auf Nachfrage erklärt, mit hoher Wahrscheinlichkeit sei eine Fehlbedienung die Ursache für den Triebwerksausfall. Zur endgültigen Bewertung sei der Abschluss der Untersuchungen abzuwarten. Die Neubeschaffung des Marinehubschraubers sei nach wie vor vertretbar. (…)

Der Marinehubschrauber SEA LION basiert auf einer fertig entwickelten Variante des französischen Marinehubschraubers auf Basis des NH90. Es besteht ein geringer Anpassungsbedarf auf Grund spezifischer nationaler Erfordernisse (z.B. Kommunikationsausstattung). Zu der Nachfrage, ob gegebenenfalls Zulassungsrisiken in Deutschland bestehen, hat das BMVg erklärt, bislang unklare Fragen nach der anwendbaren Zulassungsbasis seien zwischenzeitlich geklärt. Somit könne der SEA LION zugelassen werden. (…)

Dem BMVg ist bekannt, dass vor allem die Streitkräfte der Niederlande und Frankreichs nach dem Einsatz ihrer Hubschrauber in salzhaltiger Atmosphäre Korrosionsschäden festgestellt haben. Die Industrie hat zugesagt, konstruktive Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, um künftige Korrosionsschäden weitgehend, d.h. über das „übliche Maß“ hinaus, zu vermeiden. Sie hat sich darüber hinaus verpflichtet, eventuell später auftretende Korrosionsschäden, die das übliche Maß überschreiten, kostenfrei zu beseitigen. Das BMVg hat zu der Frage, wie das „übliche Maß“ definiert sei, dargelegt, dieses sei nicht strikt quantifizierbar, sondern obliee der Bewertung des zuständigen Nutzungsmanagers. Diese würden durch die jeweiligen Gütesicherungsmaßnahmen eng begleitet. Dennoch sei hierdurch nicht jedwede Korrosion ausgeschlossen.