Jetzt durch: Attraktivitätsgesetz für die Truppe

Die Meldung in kurz: Der Bundestag hat am (heutigen) Donnerstag das Gesetz zur Steigerung der Attraktivität des Dienstes in der Bundeswehr – Bundeswehr-Attraktivitätssteigerungsgesetz/BwAttraktStG verabschiedet. Knapp vier Monate nach Vorliegen des Entwurfs, was für ein derartig kompliziertes, sehr detailliertes Artikelgesetz schon nicht schlecht ist. Die wesentlichen Neuerungen sind (erstmals) die Einführung einer regelmäßigen Arbeitszeit für Soldatinnen und Soldaten (außer auf See und in Einsätzen), eine Nachversicherung von Zeitsoldaten bei der Rente, Verbesserungen bei den Zulagen, Übernahme der Kosten für Haushaltshilfe von Eltern unter bestimmten Voraussetzungen und eine Prämie für Soldaten mit besonders gesuchten Kenntnissen zum Beispiel in der Informationstechnik.

Etwas ausführlicher: Einen Großteil der Inhalte hatte ich bereits bei Vorliegen des Gesetzentwurfs im vergangenen Jahr beschrieben; in den Bundestagsberatungen sind Änderungen hinzugekommen. Laut BMVg vor allem:

– Die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrundlage der Nachversicherung von Soldaten auf Zeit um nun 20 Prozent
– die Zurückdatierung des Stichtags der Einsatzversorgung um weitere 9 Monate auf den 1. November 1991
– eine Anpassung der Elternzeitverordnungen der Soldatinnen und Soldaten, um die Inanspruchnahme von Elternzeiten zu flexibilisieren
– die Änderung des Bundesmeldegesetz zugunsten einer Ausnahmeregelung für Freiwillig Wehrdienst Leistende
– die Änderung des Soldatenversorgungsgesetzes zur Verbesserung der Berufsförderung von Soldaten auf Zeit.

Andererseits, so höre ich aus Parlamentskreisen, wurden manche Regelungen nicht wie geplant durchgesetzt – zum Beispiel bei den Zulagen. Da soll unter anderem bei den Feuerwehren was beschlossen worden sein, was hinter den Erwartungen zurückbleibt. In der Ausschussfassung des Gesetzentwurfs habe ich das nicht finden können; da müssen wohl die Spezialisten fürs Beamtenrecht ran, zum Beispiel aus dem Bundeswehrverband. Das gleiche gilt für die nun beschlossenen endgültigen Regelungen für den Hinzuverdienst, auch das ist eine Sache für Beamtenrechtler.

Was ich auch noch nicht verstanden habe (und erst mal nicht klären kann): In der Ausschussfassung mit den Änderungen sind praktisch die gleichen Mehrkosten für die Neuregelungen aufgeführt wie im ursprünglichen Gesetzentwurf. Doch das Teuerste an diesem gesetzlichen Attraktivitätsprogramm sind die Zahlungen an die Rentenversicherungen. Wenn da nun was steigt, müsste sich das doch direkt auf die Gesamtkosten auswirken? Da fragen wir dann bei Gelegenheit mal einen Rentenexperten.

Der Bundeswehrverband ist jedenfalls begeistert, wie die Aussage seines Vorsitzenden Oberstleutnant André Wüstner zeigt:

Dieses Gesetz ist der größte Wurf in der Geschichte der Bundeswehr. Noch nie wurden so viele wichtige und auch teure Maßnahmen für das Personal gleichzeitig in Angriff genommen. Alle diese Schritte haben wir lange gefordert, dafür haben wir lange gekämpft. Heute ist ein guter Tag für die Bundeswehr! (…)  Dieser Einsatz zeigt, dass der Begriff ´Parlamentsarmee´ keine leere Worthülse ist.

Aus den diversen Pressemitteilungen, die mich zu dem Thema erreicht haben, gibt es allerdings eine Information vom Unions-Verteidigungspolitiker Henning Otte, die mich bisschen irritiert:

Der Gesetzgebungsprozess hat auch dazu geführt, dass auf Initiative der Fraktion das Zulagenwesen der Bundeswehr einer grundlegenden Überprüfung unterzogen wird. Hierzu soll eine Kommission eingesetzt werden, die Vorschläge zur Anpassung erarbeitet.

Hm. Eigentlich, so hatte ich das Gesetz verstanden, sollte die Anpassung doch gerade in diesem Gesetz erfolgen. Mir scheint, da ist der Dissens zwischen den Verteidigungs- und den für das Beamtenrecht zuständigen Innenpolitikern noch nicht wirklich ausgeräumt. Das macht dann die Kommission.

(Foto: Bundeswehr/Herholt)