Die andere Stimme zum NH90: Der Kommandeur

Nachdem der im Juni in Termez notgelandete NH90-Hubschrauber der Bundeswehr am (heutigen) Montag auf der Basis in Masar-i-Scharif in Afghanistan angekommen ist, nachdem am vergangenen Wochenende die Debatte über den Zwischenfall und die Folgen hier ausgiebig geführt wurde, jetzt mal eine andere Stimme: Der (Noch-)Kommandeur des Transporthubschrauberregiments 10 in Faßberg, Oberst Andreas Pfeifer, hat mir ebenfalls heute seine Sicht der Dinge geschildert. Das Fazit des Kommandeurs, der auch mit den NH90 im Einsatz war: Von Verunsicherung der Crews oder gar Flugangst könne nach seinen Beobachtungen nicht die Rede sein.

Zwar habe es unmittelbar nach der Havarie verunsicherte Stimmen gegeben, die aber aufgrund der eingehenden Informationen verstummt seien. Auch habe sich niemand von den Besatzungen vom Flugdienst abgemeldet, und sei es quasi inoffiziell durch Krankmeldung, betont Pfeifer. Nicht zuletzt habe das Regiment in den vergangenen zwei Wochen intensiv mit vier NH90 und den Fallschirmjägern aus Seedorf geübt – das ganze Spektrum der Luftbeweglichkeit, mit Lufttransportausbildung, mit Außenlasttansport, einschließlich taktischer Szenarien. 73 Flugstunden in zwei Wochen, das belege, so das Fazit des Kommandeurs, dass das Zutrauen zu der Maschine da ist.

Aus Sicht Pfeifers sind die Schlussfolgerungen und Empfehlungen des Flugsicherheitsausschusses nachvollziehbar und sinnvoll; er folgt der Einschätzung, dass es sich um einen Einzelfall handelt, ausgelöst durch eine fehlerhafte Zündkartusche der Feuerlöschanlage, den so genannten Squib. Dieses Bauteil werde nicht nur beim NH90, sondern in vielen anderen Flugzeugen und Hubschraubern auch in der zivilen Luftfahrt eingesetzt, und es gelte als äußerst zuverlässig. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem solchen Fehler komme wie bei dem Zwischenfall in Termez, sei um zwei Zehnerpotenzen geringer als die statistische Wahrscheinlichkeit eines Gesamtverlustes des Luftfahrzeugs. Er gehe deshalb nicht davon aus, dass so etwas ein zweites Mal auftritt.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Auswirkungen auf die Steuereinheit, das Overhead Control Panel (OHCP) im Endeffekt zu einer Sperrung der Kraftstoffzufuhr auch für das zweite Triebwerk führten, sei ebenfalls äußerst gering – so hatte das auch der Flugsicherheitsausschuss formuliert (wie hier nachzulesen ist). Er sehe deshalb keinen Grund, den Flugbetrieb zu stoppen, sagte mir Pfeifer.

Unterm Strich: Auch wenn der Abschlussbericht des Generals Flugsicherheit noch nicht vorliegt (in dem wohl auch der allerschlimmste Fall, mögliche weitere Auswirkungen der OHCP-Beschädigung auf den Flugbetrieb, untersucht werden sollen), für den Kommandeur ist die Maschine hinreichend sicher. Und diese Sicht, versichert er mir, hätten auch seine Besatzungen in Faßberg.

(Da ich weiß, dass es in den Kommentaren hier manchmal etwas rauer zugeht und dass Pfeifers Aussagen sich mit der Sicht mancher hier nicht unbedingt decken: Ich wäre dankbar, wenn die Debatte in sachlichen Bahnen verlaufen könnte.)

(Archivbild September 2013: NH-90 im Anflug auf Mazar-e-Scharif/Afghanistan – Bundeswehr/ Maik Schilaske)