Der neue MilitAirbus: Vorerst nicht in den Krieg

Ende November soll die Luftwaffe nach jahrelanger Verzögerung ihren ersten neuen Transportflieger vom Typ Airbus A400M erhalten. Für den Einsatz in Konfliktregionen ist der in mehr als zehn Jahren neu entwickelte Transporter vorerst allerdings nicht geeignet: Den ersten Maschinen, die die Airbus-Tochter Airbus Defence&Space an die Bundeswehr ausliefert, fehlt das Selbstschutz-System für die Abwehr von Raketenangriffen. Und auch das so genannte Absetzen aus der Luft, Fallschirmjäger und Material am Schirm aus dem Flugzeug zu Boden gleiten lassen, ist vorerst noch nicht möglich  – weil dafür die abschließenden Tests und Papiere fehlen.

Das steht nicht nur – laut Medienberichten – in einer vertraulichen Unterrichtung des Bundestages, das räumte Airbus bei einer Präsentation des A400M vor Journalisten am (heutigen) Freitag in Sevilla auch selbst offen ein. Allerdings, sagen Firmenvertreter, habe Deutschland das gewünschte Selbstschutzsystem erst für die ab 2016 zu liefernden Maschinen bestellt. Die bis dahin gelieferten Maschinen sollten für reine Transportaufgaben genutzt werden, als logistische Version, und auch nicht später nachgerüstet werden. Die Fähigkeit zum Absetzen von Soldaten und Material dagegen werde in nächster Zeit in Tests nachgewiesen – und voraussichtlich im kommenden Jahr auch für die Maschinen freigegeben, die in den nächsten Monaten ausgeliefert werden.

Bei der Luftwaffe wird, so ist zu hören, gerade das Problem mit dem Schutzsystem etwas anders gesehen: Da seien noch technische Fragen zu klären – während Airbus darauf verweist, dass jede der beteiligten Nationen am A400M-Programm ihre eigene Version der Schutzausrüstung bestelle und die Deutschen das eben erst für übernächstes Jahr vorgesehen hätten.

Allerdings fliegen die bereits ausgelieferten Maschinen, die meisten davon hat derzeit Frankreich mit fünf Flugzeugen, alle ohne einen solchen Selbstschutz. Das relativiert auch ein klein wenig die werbende Aussage des Herstellerunternehmens, die französischen Streitkräfte hätten im vergangenen Jahr nur etwa vier Monate nach Übernahme ihres ersten A400M die Maschine auf einen operationellen Flug nach Gao in Nord-Mali geschickt: Als die Bundeswehr bis zum Sommer dieses Jahres noch für die Vereinten Nationen in dieser Region flog, setzte sie zwar die betagten Transall-Flugzeuge ein, aber ausschließlich die Version mit dem Raketenabwehrsystem. Einen ihrer neuen A400M ohne diese Ausrüstung düften die deutschen Streitkräfte so schnell in keine Krisenregion schicken, weder nach Afghanistan noch in die Länder Afrikas, in denen mit möglichem Beschuss durch Flugabwehrraketen zu rechnen sein könnte.

Die deutsche Luftwaffe wartet trotz aller Unfertigkeiten sehnsüchtig auf die neue Maschine. Auch ohne Einsätze in Krisenregionen sollen die Piloten, Ladungsmeister und Mechaniker endlich beginnen können, mit dem Flugzeug zu arbeiten und den normalen Flugbetrieb zu beginnen. Mit Hochdruck laufen die Abnahmearbeiten in Sevilla. Die erste deutsche A400M, die Mitte Oktober ihren ersten Flug absolvierte, blieb den Augen der Journalisten auf dem Airbus-Gelände am Rande des Flughafens allerdings entzogen. Vor der offiziellen Übergabe scheint zu viel Publicity für diesen Flieger, der bereits das Wappen seines künftigen Geschwaders trägt, nicht erwünscht.

Dafür lud Airbus zu einem Flug mit einer firmeneigenen A400M-Testmaschine ein: Grizzly 6, eines der für die Flugüberprüfungen genutzten Flugzeuge, sollte den großen Schritt von der rund 50 Jahre alten Transall zum neuen Transporter deutlich machen. Der ist nicht nur größer und geräumiger, sondern auch leiser. Und hat ein Cockpit, das sich von dem einer modernen Verkehrsmaschine vor allem durch die zusätzlichen Instrumente und Geräte für eine militärische Nutzung wie taktisches Fliegen oder eben das Absetzen von Fallschirmjägern unterscheidet.

Interessant übrigens: Airbus rechnet wohl damit, dass die Bundeswehr nicht nur alle bestellten 53 Maschinen abnimmt, sondern sie auch dauerhaft selbst nutzen will. In der Planung der Luftwaffe sind dagegen bislang nur 40 Flugzeuge vorgesehen, für die übrigen 13 soll möglicherweise eine Verkaufs-Lösung gefunden werden. Allerdings scheint das Unternehmen darauf zu bauen, dass angesichts der Ukraine-Krise auch bei den überlegungen für Bundeswehretat und Ausrüstung inzwischen etwas anders gedacht wird. Wieviel Maschinen die Bundeswehr braucht, ist ja auch nicht von militärischen, sondern schon seit Jahren von finanziellen Erwägungen bestimmt: In ihren ersten Planungen hatte die Luftwaffe noch den Bedarf von 72 Maschinen zwingend nachgewiesen.

Mehr Berichte zu dem Besuch bei Airbus in Sevilla finden sich bei den Kollegen von dpa (via div. Zeitungen), Süddeutscher Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung und Bild jeweils online (Links aus bekannten Gründen nicht; sind aber leicht zu finden). Mehr Fotos aus Sevilla hier.

Disclosure: Airbus hatte zu der Presse-Präsentation in Sevilla eingeladen und den Flug von Berlin nach Sevilla und zurück zur Verfügung gestellt.

(Kurzer redaktioneller Hinweis: Meine aktuelle Projekt-Phase mit Sparflamme hier im Blog habe ich heute nur kurz unterbrochen und werde die Blog-Pause noch fortsetzen müssen.