Ukraine – Debattenthread 28. August
Jenseits der aktuellen Lageentwicklung in der (Ost)Ukraine gibt’s offensichtlich das Bedürfnis, die Geschehnisse zu debattieren. Deshalb ein neuer Debattenthread – genauer: ein neuer Versuch, denn bisher entglitt das oft genug in persönlichen Anwürfen.
(Ich werde dann künftig die Kommentare, in denen persönliche Beleidigungen stehen, einfach kommentarlos rauswerfen.)
Tja. Um etwas schlimmes, größeres zu verhindern sollte Poroschenko „NeuRussland“ akzeptieren und seine Truppen zurück beordern.
Dann sollte die EU und Nato eine geschlossene Meinung zementieren und eine absolute rote Linie aufzeigen.
Und dann helfe uns Gott.
Mit Verlaub, aber ein Nato-Beitritt der Ukraine mit dem Ziel, dass Putin als Verlierer aus dem Konflikt geht kann nicht ernst gemeint sein.
Die einfache Tatsache Putin besiegen zuwollen, darf in so einem Konflikt nicht die Entscheidungen und Vorgehensweisen beeinflussen.
Außerdem wäre denke ich ein Nato-Beitritt der Ukraine genau die Eskalationsstufe, die eine Befürwortung einer schnellen militärischen Intervention durch die russische Öffentlichkeit auslösen könnte. Genau das wäre in meinen Augen ein PNR für ein offenes militärisches Eingreifen seitens Russlands.
Cheers
Flip
Der Worst case, den ich hier sehe (außer dem 3. Weltkrieg natürlich) ist ein Dauerkrieg, so eine Art Koreakrieg auf europäischem Boden, in dem auf der einen Seite die USA und die Osteuropäer, auf der anderen Seite Russland ihre jeweiligen Ukrainer ausrüsten.
Das könnte dann Jahre dauern und am Ende wäre man auch nicht weiter.
Die ganzen Russischen Fremdwährungskredite müssen in Rubel umgeschuldet werden. Das dürfte auch mit zu Rubel Schwäche beitragen. Ein Beitritt der Ukraine ist von der Nato oder eher von seinen Mitgliedern derzeit nicht erwünscht. Daher stellt sich die Frage nicht. Ansonsten sieht es wohl nicht so gut aus:
„Situation in #Ilovaisk is dire for large # of UA forces surrounded by Russian troops. This may become the deadliest battleground in #Ukraine“
https://twitter.com/StateOfUkraine/status/505284379351199744
Da müssen wohl sehr viele Donbass Milizen eingeschlossen sein. Die hoffen wohl auf Verstärkung, die nie eintreffen wird.
„Mit Verlaub, aber ein Nato-Beitritt der Ukraine mit dem Ziel, dass Putin als Verlierer aus dem Konflikt geht kann nicht ernst gemeint sein.“
Das wäre keine Niederlage für ihn, sondern die Bestätigung, dass er sich die Krim holen musste, bevor diese NATO-Gebiet wird.
Eine Aufnahme in die NATO mit „ungeklärten“ Grenzen o.a. (latenten) zwischenstaatlichen Konflikten ist prinzipiell nicht möglich.
@ht_: Wenn Poroschenko seine Truppen zurück beordert, stehen die Russen anschließend in Kiew und Odessa. Das gehört nämlich alles zu „Novorossia“ dazu.
Der Rest, „Malorossia“, ist das, was das russische Parlament schon lange vor Ausbruch des Krieges Rumänien, Ungarn und Polen zur freien Annexion angeboten hat.
Zuerst einmal einen schönen guten Tag allen Anwesenden und dem Hausherrn. Darf mich für immer wieder fundierte, gute, detaillierte Info hier bedanken, ein Lichtblick im Zeitalter der zunehmend sehr unangenehmen Vetrollung weiter Teile des Internets.
Zum Thema einer möglichen NATO-Mitgliedschaft der Ukraine stellt sich mir die Frage, wie das denn bitte gehen soll, wo doch meines Wissens nach die NATO-Statuten ganz klar gegen die Mitgliedschaft von Ländern mit ungelösten Territorialfragen stehen. Das war meiner Meinung nach einer der deutlichsten, infamsten und am wenigsten beachteten Gründe für das dreiste Vorgehen Putins auf der Krim und in der Ostukraine, durch die völkerrechtswidrige Annektion der Halbinsel und die massive Schürung dauernder Kriegshandlungen eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine in Hinsicht auf die NATO-Statuten zu verunmöglichen.
Grundsätzlich denke ich, daß die NATO aktuell einen Krieg mit Rußland klar einkalkulieren müßte, bevor die Ukraine trotz aller entgegenstehenden Gründe ins Bündnis aufgenommen werden könnte, insofern ist die Sache dann doch wohl eher ins Reich des sehr intensiven Wunschdenkens zu verorten.
Mit dem Dank an die Separatisten von Neurussland ist doch klar geworden, daß es Putin nicht nur um die Destabilisierung der Ukraine geht, sondern um Landgewinn, mindestens eben bis zur Krim, möglicherweise auch mehr bis Odessa.
Natürlich kann man auch einen Staat mit ungeklärten Grenzen in die Nato aufnehmen. Ungeklärt ist nur die Krim. Alles andere ist rechtlich und de jure völlig klar. Und vor allem dient der Krieg ja auch gerade dazu zu verhindern, daß die Nato die Ukraine aufnimmt.
Die Europäische Wirtschaft steht auf töneren Füßen…warum sollen wir wieder eine Rezession riskieren, die droht, wenn es einen langen Krieg in der Urkaine gibt, statt mit einem Federstrich die Ukraine aufzuhnehmen und notfalls eine Eigreifstruppe hinschicken und die Grenze abriegeln zu Russland.
Ohne russichen Nachschub müssten die russischen Söldner schnell aufgeben müssen.
@ Closius | 29. August 2014 – 19:49
‚eine Eigreifstruppe hinschicken‘?
Wie stellen Sie sich das vor? Etwa die marode Bw mit Hilfe von 1921- traeumenden Polen?
Präsident Poroschenko hat übrigends nicht von einer Invasion gesprochen, das wurde falsch übersetzt:
https://twitter.com/tagesschau/status/504957097927516160
(via http://www.nachdenkseiten.de/?p=23039#h01)
[Hatten wir hier schon gestern, nehme das deshalb mal als Meinungsäußerung und nicht als Lagebeitrag und verschiebe es entsprechend. T.W.]
Wieso träumen die Polen von 1921? Eher von 1939!
„Wieso träumen die Polen von 1921? Eher von 1939!“
Deswegen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Polnisch-Sowjetischer_Krieg
Polen-Litauen hat ein altehrwürdige Kolonialtradition im Ruthenischen Land – eine „Mit Feuer und Schwert“.
Die tapferen Polen habe in ihrer jüngeren Geschichte ein bemerkenswertes Geschick entwickelt fremden Herren den Büttel zu machen und haben sich dann gewundert, dass sie jeder getreten und im Stich gelassen hat, obwohl sie doch „Für eure und für unsre Freiheit“ auf ihre Fahnen geschrieben haben.
@MikeMolto: Wofür haben wird das ARRC! Als deutschen Anteil müsste dann die 1. Panzerdivision mit eingesetzt werden.
Ich weiß nicht was hier mit der Anti-Polnischen Stimmung erreich werden soll? Ein neues Rapallo oder eine neue polnische Teilung?
Putin könnte gegen eine Aufnahme der Ukraine nichs tun als sich zähneknirschend zurück zu ziehen. Deswegen würde es wahrscheinlich gar keine Kämpfe geben bzw. notfalls wenn die das ARRC den Grenzschutz übernehmen würde, müssten die Separatisten aufgeben oder sich nach Russland zurück ziehen, weil ohne Nachchub aus Russland ist die Ukrainische Armee als sie.
Frankfurter Allgemeine ,von Berthold Kohler
-Putins gezinkte Karten-
…Zuerst muß sie sich von der falschen Hoffnung befreien,das alles sei nur ein böser Traum,und wenn man aufwache,sei Putin wieder“ vernünftig“.
@ Closius | 29. August 2014 – 22:14
Die ARRC ist ein zahnloser Tiger in Sache Masse und Durchhaltefaehigkeit gegenueber einem entschlossenen Gegner.
Die Polen bezeichnen den Sieg von 1921 als das Wunder von der Vistula.
Das Wunder bestand darin dass den sovietischen Truppen, welche die Invasions- Armeen Pilsudskis bis vor Warschau zurueckgeworfen hatten die Verpflegung, Munition und allgemeiner Nachschub ausging und Polen den Frieden von Riga diktieren konnte.
Letzteres ist 2014 nicht zu erwarten
Herr r sprach und sprach heute in ZDF Spezial
Aber wann wir was tun sollen das brauchen wir nicht.
Weil unsere Politiker das einfach nicht können, und wir sollten von den Märchen aufhören
Das unsere Politiker in dieser Lage uns helfen könnten
Das bestimmt nicht, die sind wie kleine Kinder jetzt wo es ernst wird reden die wie sie könnten und bringen nichts hin was sie sollten, es Muss eine neue BW Reform her mit Mehr mechanische Brig, und Sparen sollte man können und wissen wo es teurer wird wenn man am Falschen spart ,
Es geht nicht mehr ohne Wehrpflicht die 90 er sind Vorbei wir leben in den 10er Jahre
Und alle Versuche sind gescheitert Russland und China einen keil zu schieben
Alles was geht kann nur noch über die NATO gehen
Und wer war Frau Merkels Chef in der DDR und dann sollte man ihre Position Überlegen
Absolut gruselig wie hier manch einer schon von westlichen Eingreiftruppen spricht. Ist es die Ukraine wirklich wert einen richtig großen Krieg zu riskieren? Und wenn ja, eine Nation in Europa ist auf sowas ganz sicher nicht vorbereitet. Deutschland!
Putin wird nicht mehr wollen wie Landgewinn in der Ukraine. Sanktioniert den Bären zu Tode.
„Wofür haben wird das ARRC! Als deutschen Anteil müsste dann die 1. Panzerdivision mit eingesetzt werden. (…) notfalls wenn die das ARRC den Grenzschutz übernehmen würde, müssten die Separatisten aufgeben oder sich nach Russland zurück ziehen“
Find ich super, dann können die deutschen Truppen gegen Putins kaukasische Kriegsgurgeln mal zeigen was sie können und unsere Soldaten brauchen sich vor unseren atlantischen Partnern nicht mehr wegen der deutschen Drückebergerei zu schämen.
Mal eine Anmerkung zu Infos, die im Lagebeobachtungs-Thread gepostet wurden:
Das klingt jetzt ein bisschen so, als stütze die Tatsache der Förderung aus den USA die russische Einstufung dieser NGO als ausländische Agenten.
Diese Argumentation gab es in ähnlicher Form in Russland, aber auch in Ägypten z.B. gegen deutsche Stiftungen wie die Konrad-Adenauer-Stiftung. Wenn also ausländisches Geld zur Förderung reinkommt, ist man gleich ein ausländischer Agent? Und alle Aktvitäten mehrer deutscher Stiftungen – auch die der Friedrich-Ebert-, Heinrich-Böll- etc, letztendlich finanziert durch deutsche Steuermittel zum Aufbau zivilgesellschaftlicher Strukturen, sind nur deutsches Einflussagenten-Geld, um dort eine deutsche Agententätigkeit aufzubauen?
Nun muss man sicherlich hinschauen, welche Stiftung aus welchem Land was finanziert. Subtil aber so einzuspeisen, ’na, so Unrecht werden die Russen da nicht haben‘, halte ich gerade bei der Organisation der russischen Soldatenmütter für… sagen wir mal nicht ganz gerechtfertigt.
ht_ | 29. August 2014 – 23:16
„Absolut gruselig wie hier manch einer schon von westlichen Eingreiftruppen spricht. Ist es die Ukraine wirklich wert einen richtig großen Krieg zu riskieren?“
Aber natürlich! Es geht schließlich darum, den infamen Landgewinn Russlands in das europäische Kernland östlich des Dnepr und den historisch prädestinierten transatlantischen Bündnispartner Ukraine abzuwenden!
Das schwache Russland wird nur zuzusehen können, wie wir das mit einem Federstrich erledigen, das haben wir bei der Assoziierung gesehen.
Tja, auf das alte Europa ist eben Verlass. Die Gelddruckmaschinen der Amerikaner werden Mühe haben, mit der Abwertung des Euro mitzuhalten. Das Ende der Parade. Gute Serie übrigens: https://www.youtube.com/watch?v=4rfwEkPupqs
@ ht
„ist es die Ukraine wirklich wert einen richtig großen Krieg zu riskieren“
Wie wohl ein Polnischer Bürger auf diese Frage antworten würde?
Meine Meinung ,wenn er diplomatisch nicht beizukommen ist
-JA-
Daran denke ich erst mal nicht vor Angst an Putin ,oder an unsere mehr oder weniger schlecht ausgerüstete Bundeswehr,(das könnte man ganz schnell ändern,wenn der politische Wille da wäre)
sondern an einen einzig freiem Willen,
zum Widerstand gegen diese Art von russischer Politik, im 21 .jahrhundert
Dabei geht es mir erst mal nicht um Krieg führen,sondern ganz ohne Angst vor Putin ,die Ukraine auch mit Waffen zu unterstützen.
Solange Putin in der Ukraine haltmacht, wird es kein militärisches Eingreifen des Westens geben.
Das Problem ist: Er wird dort nicht freiwillig haltmachen.
Baltikum, Finnland, Schweden stehen ebenfalls auf der Liste.
(Neben eher nicht-westlichen Ländern wie Kasachstan, dem er heute im Jugendlager* ganz unverkrampft die staatliche Existenz abgesprochen hat.)
Die Frage ist also neben dem Ausmaß des Flurschadens in der internationalen Rechtsordnung (GEWOHNHEITSRECHT und PRÄZEDENZ-RECHT!) auch die, wielange er sich Zeit nimmt, um dann Staaten anzugreifen, die der Durchschnittseuropäer dann nicht mehr so einfach mit „och, ist doch bloß Osten!**“ abtun kann.
Die nächste Frage ist also wieder: Stoppen wir das 3. Rom jetzt ohne eigenes Militär in der Ukraine oder später mit einem großen Krieg.
*) Nebenbei, dieses Seliger-Jugendlager ist sowieso was feines. Dort tauchte 2006 erstmals eine Gruppe russischer Neonazis auf, die sich „Donetskaja Narodnaja Respublika“ nannten. Die heutige Flagge ist die damalige.
**) Wer mit offenen Augen durch Deutschland läuft, weiß sowieso längst, daß sowohl der ukrainische Unabhängigkeitskrieg gerade wie auch die rechtsextreme Gleichschaltung der russischen Gesellschaft bald auch in Deutschland Tote fordern werden. Denn wir haben genug junge stolze Russen (oft bildungsfern) und jetzt auch eine wachsende Zahl wütender Ukrainer (meist Akademiker und Studenten) im Land.
Die Reibungsfläche zwischen denen ist geradezu prädestiniert für Gewalt.
Die Ukr Armee und Nationalgarde achten nur darauf sich möglichst weit weg von den Russen und Seps zu halten. Nur die Milizen greifen an. Die müssen zunehmend schwere Verluste hinnehmen. Bei Problemen müssen die über Facebook um Hilfe rufen, trotzdem kommt keiner um die aus der Belagerung im eigenen Land zu befreien. Ob diese Kräfte noch lange Offensiv weiter machen ist fraglich. Der Krieg dürfte m.M. nicht mehr lange dauern.
In den ganze Oblasten von Luhansk bis Odessa hatte Janu Mehrheiten geholt, dazu ist da Russisch die Hauptsprache. http://en.wikipedia.org/wiki/Ukrainian_presidential_election,_2010 Poro und Jaz haben bisher alle Separationsbestrebungen rein mit Gewalt bekämpft. Das mit der Politik liegt den beiden nicht so, genauso wie die Bürger mitnehmen. Wenn Kiew da das Gewaltmonopol verliert, droht da eine Unabhängigkeitserklärung.
Waffen hat die Ukraine immer genug gehabt. Das Problem war von Anfang an die AUSBILDUNG. Mit so einer Desolaten Armee hätte die lieber kein Krieg angefangen.
Man kann Russland nicht aus dem Swift System raus schmeißen. Das hieße, die ganzen Unternehmen, die nach Russland liefern oder dort Werke unterhalten bekommen auch kein Geld mehr. Die ganzen Konzerne lassen sich von Anti Putinisten doch ihre Geschäfte nicht kaputt machen.
@T.Wiegold
Laut der Amnesty-Quelle gibt es ja seit 2012 in Rußland dieses Gesetzt nachdem jetzt die Einstufung erfolgt ist. Ein Tatbestandsmerkmal scheint die Finanzierung aus ausländischen Quellen zu sein.
Ob die Stiftungen die Sie ansprechen (Konrad-Adenauer-Stiftung usw.) von diesen Gesetzt erfasst werden kann ich nicht sagen. Sie haben völlig Recht, so etwas – eine Stiftung setzt sich z.B. für die deutsch-russische Zusammenarbeit ein und wird in diesem Zusammenhang aus Deutschland finanziert – absurd wäre.
Trotzdem ist vorliegend die Tatsache das die NGO aus den USA finanziert wurde bei der Bewertung der sehr brisanten Veröffentlichung doch mit zu beachten. Jedenfalls sehe ich keinen besonderen Zusammenhang zwischen einer Organisation die sich um die Anliegen der russischen Wehrpflichtigen kümmert und der USA. Oder wie Sie es ja auch feststellen „hinschauen, welche Stiftung aus welchem Land was finanziert. “
Meine Anmerkung sollte aber nicht subtil eine Einschätzung vorwegnehmen, sondern nur die Tatsachen die ich erwähnenswert fand daneben stellen.
Im Allgemeine denke ich das von der deutschen Presse gern die kritischen Stimmen aus Rußland ohne eine Einordnung zu geben übernommen werden. Das betrifft nicht nur die Frage der Unabhängigkeit der z.B. NGO sondern auch der Belastbarkeit der Informationen (gestern ja Liste mit 100 Toten).
Also was hier teilweise geschrieben wird …
„Er wird dort nicht halt machen“
Wer hat denn die letzten Jahre diverse Angriffskriege geführt und sich sowohl finanziell als auch militärisch in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten eingemischt? So weit ich mich errinnern kann, war da meist eine große nordatlantische Organisation beteiligt, bei der nicht mehr so ganz klar ist, für was das „T“ eigentlich steht.
Und was spricht eigentlich gegen eine Unabhängigkeit der Ostukraine?
Nach dem vom Westen finanzierten Putsch der demokratisch gewählten Regierung, bei dem wahrscheinlich nicht nur Flugblätter sondern auch Gewalt finanziert wurde, ist in Kiew eine selbsternannte Regierung an der Macht. Wie ist so etwas einzuordnen? Mit einer Demokratie hat das meiner Ansicht nach jedenfalls nichts zu tun. Die Ukraine befindet sich in einem Bürgerkrieg. Und unsere Politiker schütteln dem Regime fleißig die Hände. Man muss sich regelrecht schämen.
@T.Wiegold | 29. August 2014 – 23:45
„Das klingt jetzt ein bisschen so, als stütze die Tatsache der Förderung aus den USA die russische Einstufung dieser NGO als ausländische Agenten.“
Meine mal gelesen zu haben, daß mit der Formulierung „ausländische Agenten“ eben nicht so etwas wie ein ausländichser Geheimdienst gemeint war, sondern eher sowas wie Agens, also ausländische Wirkkraft.
@Gustav Struve: Ich kann Ihnen versichern, daß selbst unter den Akademikern nur sehr wenige Russen diese Unterscheidung machen. Ausländischer Agent = CIA = Staats- und Volksfeind = die Volksgesundheit zersetzendes Element.
Auch wenn viele natürlich wissen, daß solche Vorwürfe gegenüber den Organisationen, die man selber kennt, Unsinn sind, ist doch der Wortgebrauch ganz eindeutig.
Und die Verschwörungstheorien im Fernsehen erledigen den Rest:
Aidshilfe? Aids stammt aus amerikanischen Waffenlabors.
Stipendien für Biologie- oder Medizinstudenten? Ebola wurde in amerikanischen Waffenlabors entwickelt und von der CIA in Afrika freigesetzt. Wofür wohl kaufen die sich angehende russische Ärzte, hä?
Zusammenarbeit bei biologischer Landwirtschaft? Die Kartoffelkäferplage wurde von amerikanischen Bombern nach Rußland gebracht. Und jetzt will man den Russen das einzige Gegenmittel verderben und sie noch anfälliger machen!
Demokratie? CIA und US-Faschismus, weiß doch jeder!!1
Schwulenrechte? Zersetzung der Fortpflanzungsfähigkeit des russischen Volkes mit Genozidabsichten.
Und so weiter und so fort…
Und ja, die Russen, die ich kenne, berichten, daß praktisch jeder Bekannte und Verwandte in Rußland daheim diesen Schwachsinn bis auf den Buchstaben glaubt.
Da werden keine feinen semantischen Unterschiede gemacht. „Ausländischer Agent“ bedeutet: Brandanschläge auf Büros, Polizeischikanen, FSB-Schleppe, auf der Straße zusammengeschlagen und im Kaufhaus angespuckt zu werden.
Das ist Rußland heute. Zum Kotzen.
@Closius „Ohne russichen Nachschub müssten die russischen Söldner schnell aufgeben“:
Die Rebellen müßten die bisherige Form des Kampfes schnell aufgeben. Aber Teile von ihnen oder auch ganz andere Gruppen könnten in anderer Form weiterkämpfen.
Das mögliche Spektrum reicht von Straßenkampf (das wurde vor kurzem ja schon angekündigt: „Der Kampf wird um jedes Straße, um jedes Haus, um jeden Meter unseres Lands geführt“) über verschiedenste Formen der asymmetrischen Kriegsführung bis zu schlichtem Terrorismus.
Das mögliche Aktionsgebiet ist auch nicht auf die Ostukraine beschränkt.
Am Ende haben wir dann vielleicht „Nordirlandkonflikt“ in der Ukraine und vielleicht auch in anderen Staaten.
califax | 30. August 2014 – 0:15
Lieber Herr Calixax, in der letzten Zeit versorgen Sie uns nicht nur fleißig mit wichtigen Lagenetwicklungen, sondern Sie stellen zunehend Folgerungen fest, wie z.B.
„Das Problem ist: Er wird dort nicht freiwillig haltmachen.
Baltikum, Finnland, Schweden stehen ebenfalls auf der Liste.“
Warum z.B. auch Finnland oder gar Schweden? Warum dann nicht Norwegen?
Sie sind ja offensichtlich sprachkundig in „Ostsprachen“
Bitte belegen Sie, gern auch weiter im Orginal, Ihre Aussage. Wenn diese auch nur teilweise stimmt, droht Krieg. Denn Finnland, Schweden, das geht nicht mit grünen Männchen. Wollen das die Russen also Krieg in Europa?
„Denn wir haben genug junge stolze Russen (oft bildungsfern) und jetzt auch eine wachsende Zahl wütender Ukrainer (meist Akademiker und Studenten) im Land.
Die Reibungsfläche zwischen denen ist geradezu prädestiniert für Gewalt.“
Wie kommen Sie auf diese Einstufung Bildungsfern, Akademiker? Wen meinen Sie mit den jungen stolzen Russen? Die Bürger, welche wir eingeladen haben, weil deren Familien in brutal Russland vertrieben wurden? Genug junge Russen als mögliche Gefährdung zu beschreiben, ist doch sehr pauschal, oder habe ich Sie falsch verstanden?
califax | 30. August 2014 – 1:48
„@Gustav Struve: Ich kann Ihnen versichern, daß selbst unter den Akademikern nur sehr wenige Russen diese Unterscheidung machen“
Woher diese „Versicherung“ über die russischen Menschen, inbesondere die Akademiker, die diese ganze Propaganda glauben. Gern Bezüge zur Weiterbildung.
Passend dazu eben auf WDR 2 ein Interview mit dem Leiter des Zentrums für Sicherheitspolitik an der Uni Kiel:
Zusammenfassend sieht er nicht die Gefahr eines „großen Krieges“ aka. Weltkrieg. Wohl aber sieht er eine große Wahrscheinlichkeit kleiner regionaler Kriege gegen Russland, gerade auf dem Baltikum. Die Ukrainefrage sieht er bereits entschieden, es sei denn, man wäre bereit für Sanktionen, die (den Europäern) wirklich weh tun, z.B. Verzicht auf Gas und Öl aus dem Osten.
Er rät dringend zu vorbereitenden Massnahmen, da nicht abzusehen sei, das Russland nach der Ostukraine die Politik ändern würde.
Insgesamt ein gutes Interview mit angenehm unaufgeregten Gesprächspartnern, finde ich.
Ein kleiner Zwischenruf in Sachen NGO und CIA:
Wenn der CIA sogar in Deutschland offenbar „diskrete Beziehungen“ pflegt und unterhält, selbst zu Regierungsmitarbeitern, wie muß das dann erst in Rußland aussehen ?
Der Kampf um „die öffentliche Meinung“ mittels sogenannter „NGO“ und die finanzielle Unterstützung von „Oppositionen“ ist der älteste Zaubertrick aus der Beeinflußungskiste von John Foster Dulles und seines Bruders Allen. Und wenn dann die „Investitionen“ nicht die gewünschte Wirkung zeigen, dann greift man eben auch mal zur verdeckten Intervention, insbesondere dann, wenn politisch-strategische Interessen der USA mit privat-wrtschaftlichen von US-Konzernen zusammen kommen. Seit der Operation PBSUCCESS (http://de.wikipedia.org/wiki/Operation_PBSUCCESS) haben sich die Methoden zwar verfeinert, das Konzept ist aber „well proven“.
Putin ist Russe, erfahrener Nachrichtendienstler, der seinen Hauptgegner verdammt genau kennt, und wehrt sich mit typisch russischen Methoden.
Guter Punkt. Viele scheinen hier oft zu verdrängen, in welchem Stall Putin in der Lehre war. Als ob man diese Prägung wieder ablegen würde…
der nächste Schritt der Russen…
nach Beendigung der Kampfhandlungen werden sie eine Pufferzone einrichten
und mit folgendem absichern >>>
.
Voodoo | 30. August 2014 – 9:25
„Er rät dringend zu vorbereitenden Massnahmen, da nicht abzusehen sei, das Russland nach der Ostukraine die Politik ändern würde.“
Die Ostukraine berührt die Lage im Baltikum nicht – wenn nicht tatsächlich mit „harten Reaktionen“ gehandelt wird. Es ist erschreckend, wie das Hirngespinst vom russischen Aggressor (der Einfachheit halber spricht unsere Presse nur noch von „Putin“) auf Eroberungsfeldzug kultiviert wird, während gleichzeitig westliche Regierungen wie Elefanten durch den Porzellanladen tölpeln.
Haben EU und NATO ernsthaft geglaubt, erst einen politischen Umsturz aktiv begleiten, dann reibungslos eine Freihandelszone errichten und die Ukraine mittelfristig in beide Bündnisse integrieren zu können? Würde Russland dem zusehen, wäre seine südwestliche Einflusssphäre massiv beschädigt, der Krim-Stützpunkt vollkommen entwertet, sein Mittelmeerzugang mit einem Vorbehalt versehen. Für eine Beinahe-Großmacht ein strategischer und für Putin ein politischer Totalschaden.
Natürlich war es ein Fehler der russischen Regierung, dass sie die Ukraine nicht an sich binden konnte und ihre innere Westorientierung nicht aufhalten konnte. Es war aber ebenso ein Fehler, blindlinks in diese Lücke zu springen, weil sich jede daraus resultierende geopolitische Lage als so inakzeptabel erweisen muss, dass Russland bereit ist, einen hohen Preis für ihre (teilweise) Abwendung zu bezahlen.
„Putins“ Vorgehen ist nicht nur absolut rational, es war auch vorhersehbar. Wir sollten zusehen, mit einer gespaltenen Ukraine davon zu kommen und solch gedankenlose Provokationen in Zukunft unterlassen.
@ein Leser: Ein Nordirlandkonflikt kann nicht passieren, weil die Separatisten keinen tatsächlichen Rückhalt in der Bevölkerung haben! Die IRA hatte den Rückhalt mindestens von Teilen der katholischen Bevölkerung in Nordirland.
Die Separatisten sind dagegen Söldner oder russische Soldaten oder ex-Soldaten. Deshalb können diese keinen erfolgreichen Partisanenkrieg führen.
Das ist falsch. Ich empfehle einmal, die vielen Links zur Lage im Baltikum auch zu lesen, die hier auftauchen.
@ ops
Nur damit wir uns richtig verstehen: Für Sie ist es völlig ok, das man mehr oder weniger offen in souveräne Staaten einmarschiert? Und was ist am Baltikum anders, herrschen dort doch die selben Vorzeichen?
Und wer provoziert eigentlich wen? Sie haben recht mit der Feststellung, dass der Westen sich nach 1990 recht arrogant gegenüber Russland verhalten hat, dies rechtfertigt aber nicht den krassen innerrussischen Kurswechsel zurück zu Peter dem Großen (wobei der ja eher für ein neues und modernes Russland stand).
Der Mittelmeerzugang der Russen ist wohl kaum so wichtig, wie er immer aufgebauscht wird, ist diese Enge doch recht gut zu sperren, sollte es Bedarf geben.
Sie erinnern mich ein bisschen an unseren Vizekanzler, dar ja auch schon von einer föderalen Ukraine sprach…
@ Ops | 30. August 2014 – 10:09
Zu Ihrer Frage: Ja, die Fuerhrung des Westens hat das, auch zu meiner Verwunderung, geglaubt.
Und die westlichen ‚Handreichungen‘ an Kiev deuten immer noch darauf hin, dass man glaubt damit einfach weiter machen zu koennen.
Meiner Meinungnach hilft jetzt auch nicht mehr eine diplomatische ‚Versicherung‘ an Russland – dort hat man dem Westen traditionell immer misstraut, jetzt glaubt man den Beweis fuer die Unglaubwuerdigkeit zu haben.
RUS wird sich erst mit einer nach Westen verschobenen Glacis zufrieden geben.
@Voodoo
Und die Russen haben ihre Archive aus der McCarthy-Ära (http://de.wikipedia.org/wiki/McCarthy-%C3%84ra) bestimmt nicht weg geschmissen und die Pentagon-Papiere und den Church Committee Report genauestens analysiert.
Und natürlich kennen Sie William Blum: „Die Amerikaner sind wie Kinder eines Mafia-Bosses, die nicht wissen, was ihr Vater beruflich macht“ ;-)
Granted. Wollte vorhin auch nicht unbedingt mit dem wehenden Star-spangeled banner im Hintergrund posten ;-)
Das Ron Paul Institute in den USA ist bestimmt eine Putin-„Pflanze“: http://ronpaulinstitute.org/archives/featured-articles/2014/march/25/meet-the-americans-who-put-together-the-coup-in-kiev.aspx
Die persönliche Dämonisierung des „Russen Putin“ hat demselben einen wunderbaren Dienst erwiesen: es war für ihn dadurch sehr leicht im Inneren die „Osterweiterung“ der EU und der NATO als anti-russisch zu verkaufen und nicht als anti-Rußland. Hinzu kommt, dass man auf allen Arbeitsebenen unterhalb der Regierungsebene sehr frühzeitig alle Dialoge eingestellt (G8, NATO, EU) hat und damit auch Möglichkeiten zur eigenständigen back-stage-diplomacy, Stattdessen hat man sich von den (Kalten-)Kriegs-Schreiern aus Washington, Brüssel und Kiew treiben lassen, und mit den Wirtschaftssanktionen die russische Volkswirtschaft und damit in Moskauer Darstellung das“russische Volk“ (Arbeitsplätze, Sparguthaben etc) zu treffen.
Mit den Gegensanktionen zeigt Putin, dass er die anti-russischen Westler nicht auch noch „am russischen Volk profitieren“ lassen will.
Warum Brüssel unbedingt die mögliche geo-politische Scharnier-Funktion der Ukraine zerstören mußte , ist mir ein Rätsel.
@ klabautermann | 30. August 2014 – 11:11
„Warum Brüssel unbedingt die mögliche geo-politische Scharnier-Funktion der Ukraine zerstören mußte , ist mir ein Rätsel.“
Nicht nur Ihnen, d’aacord!
@ Closius | 30. August 2014 – 10:10
“ Die Separatisten sind dagegen Söldner oder russische Soldaten oder ex-Soldaten. Deshalb können diese keinen erfolgreichen Partisanenkrieg führen.“
Sie vergessen, dass der Donbass primaer/ueberwiegend von Ukrainern der Nationalitaet ‚Russe‘ bewohnt wird.
@ klabautermann
Ihre Unterscheidung zwischen russisch und Russland bzw. anti-russisch und anti-Russland ist sehr treffend. Sie ist eines der Hauptprobleme im Konflikt um die Ukraine und wohl in nicht allzu ferner Zukunft auch darüber hinaus.
Auch Ihrer Bewertung der Rolle Brüssels kann man vielleicht zustimmen. Sicherlich sind dort Fehler gemacht worden (wer macht keine Fehler?). Aber das rechtfertigt in keiner Weise das Vorgehen Moskaus. Das eine sind politische Fehleinschätzungen, das andere eklatante Verletzungen geltenden Völkerrechts. Wir müssen also aufpassen, dass Ross und Reiter in dem hochbrisanten Konflikt nicht verwechselt werden. Nein, der Ball zu einer friedlichen Lösung liegt nach wie vor im Feld Putins, und nirgends sonst.
@klaubautermann
Ron Paul Institut zu zitieren ist doch sehr gewagt. Es hat keine Sicherheitspolitischr Expertise und selbst im libertären Spektrum ist die Meinung sehr umstritten.
Sinn dieser laschen Sanktionen ist ja eigentlich, dass wenn Putin gewillt wäre,
die Sanktionen schnell aufgehoben werden könnten.
@ MikeMolto
Was ist das bitte: Ein Ukrainer der Nationalität (!) ‚Russe‘?
Übrigends sieht ein einflussreicher transatlantischer Think-Tank, der Council on Foreign Relations, die Hauptschuld an Ukraine-Krise beim Westen.
Quelle: http://www.foreignaffairs.com/articles/141769/john-j-mearsheimer/why-the-ukraine-crisis-is-the-wests-fault
(via Telepolis-Artikel vom 2014-08-26, hier der Link, falls erlaubt: http://www.heise.de/tp/artikel/42/42618/)
Btw. was hat es eigentlich mit dem Link-Verbot für deutsche Verlagswebsiten auf sich? Ist das vielleicht in irgendwelchen FAQs beschrieben?
@KeLaBe
Ich kann Ihnen nicht ganz zustimmen, obwohl ich das gerne tun würde.
Auf dieser Ebene von geo-politischen Interessenskonfliken sind völkerrechtliche „Rechtfertigungen“ ziemlich akademisch wie die Geschichte auch nach WK II zeigt.
Und zweitens liegt der Ball nicht nur im Feld Putin’s sondern auch im Feld Poroschenko’s, der den immer nach Brüssel passen will. Die von Ihnen angesprochenen „Fehler“ haben eben geo-politische Konseuquenzen in der geo-politischen Realität.
Das Problem bei der Ukraine ist mehr Obama und seine Einflüsterer. Die haben Poro und Jaz einen Kurs fahren lassen, um die Ukraine mit der Brechstange weg von Russland hin zum Westen zu ziehen. Die andere Orange Tour hatte mit Timotschenko nicht so geklappt. Die beiden haben dummerweise von Politik, Bevölkerung zu überzeugen, Wirtschaft oder Militär keine Ahnung. In der Nach Euromaidan Zeit haben die einen Politisch kapitalen Bock nach den anderen geschossen, was zu der Eskalation geführt hat. Mit den Krieg hat Kiew nur seine eigenen Truppen verheitzt, die Infrastruktur des Donbass schwer geschädigt und ist sonst nicht weiter gekommen. Eher früher als später dürfte der Widerstand in den eigenen Reihen zu groß werden, um mit den Verlustreichen Krieg weiter zu machen. Nach der Niederlage dürften Poro und Jaz weiter gefangener ihre Eskalationspolitik und Rhetorik sein. Damit werden die gewisse Spannungen in Odessa oder Kharkiv nicht lösen können, und diese Chance wird Putin sich nicht entgehen lassen.
Ein Problem bei den Wirtschaftssanktionen ist, dass der Konsens zwischen Unternehmern und Politik weiter geschädigt wird.