Social Media: Leseverbot für die Bundeswehr?
Es ist gut, dass die Überwachung der elektronischen Kommunikation durch staatliche Stellen hierzulande mit Skepsis betrachtet wird. Und für die Ausforschung gerade auch der privaten Kommunikation, wie sie durch den ehemaligen NSA-Mitarbeiter Edward Snowden bekannt wurde, gilt das erst recht. Dennoch wundert mich ein wenig, mit welchem Spin die Planungen der deutschen Streitkräfte, Datenbank-Tools zur Beobachtung auch sozialer Netzwerke zu nutzen, mit dem Eingriff in die Privatsphäre gleichgesetzt werden.
Die aktuellen Meldungen dazu beruhen auf einer Anfrage der Linkspartei. Vergleichsweise sachlich berichtet dazu netzpolitik.org:
Den Spin der Linkspartei macht dagegen Spiegel Online voll mit:
Überwachung der Deutschen: So will die Regierung Facebook ausforschen
einschließlich der interessanten Aussage des Linkspartei-MdB Andrej Hunko: Wenn eine Verfolgungsbehörde Daten über eine bestimmte Person zusammenträgt, braucht es dazu eigentlich einen richterlichen Beschluss. Nun ist diese Aussage genau so richtig wie irreführend – weder ist die Bundeswehr eine Verfolgungsbehörde (der Begriff mag aus der Zeit herrühren, als in einem Teil Deutschlands die bewaffneten Organe des Staates mehr oder weniger eine Einheit bildeten, einschließlich der Verfolgungsbefugnisse), noch geht es, soweit ich die Bundeswehr bislang verstanden habe, um das Zusammentragen von Daten über eine bestimmte Person. (Was den Bundesnachrichtendienst angeht, habe ich zu wenig Einblick, als dass ich etwas dazu sagen könnte.)
Wer sich von den Fachleuten des Zentrums Operative Kommunikation (so heißt das ja inzwischen) mal hat erläutern lassen, was sie jetzt schon mit kommerziellen Tools wie BrandWatch anstellen, kommt zu einer etwas anderen Schlussfolgerung. Da geht es darum, aus Tausenden von offenen und öffentlichen Twitter- oder Facebook-Feeds Stimmungslagen herauszudestillieren, gerade in Konfliktregionen. Und nicht darum, Datensammlungen zu einzelnen Personen anzulegen.
Nun muss man sich das in der Tat sehr genau angucken – und so was sollte auch nachprüfbar sein, beispielsweise vom Datenschutzbeauftragten. Allerdings: Den Streitkräften solche social media-Analyse zu untersagen, ist etwa so, als würde man ihnen auch untersagen, auf Facebook oder Twitter zu lesen, was in Nordafghanistan so gefacebooked oder getwittert wird. Sie könnten sich ja merken oder gar aufschreiben, wer sich da geäußert hat. (Wenn übrigens Gogle die ziemlich gleichen Techniken nutzt, um eine Grippewelle vorherzusagen, scheint das ja kein Problem zu sein.) Und Zeitungen oder Radio- und Fernsehsendungen sollten sie lieber auch nicht mehr anschauen, sie könnten ja zu einem Erkenntnisgewinn kommen. (Dass sie das in manchen Fällen nicht tun, obwohl sie es besser täten, ist wieder eine andere Frage.)
Nun passt es natürlich in eine bestimmte politische Sichtweise, in Streitkräften nur das Instrument zur – überwiegend auch noch innerstaatlichen – Repression zu sehen. (Auch das war in einem Teil Deutschlands mal die Regel, vielleicht trägt das zu dieser Sichtweise bei.) Jegliche Art von Aufklärung im militärischen Sinn wird mit Ausforschung der Bevölkerung (auch gerne innerstaatlich in Deutschland) gleichgesetzt. Wenn wir das Ganze mal von dieser etwas schrägen Prämisse befreien, wäre vielleicht eine sinnvolle Diskussion darüber möglich, was der Bundeswehr in diesem Zusammenhang für die Erfüllung ihrer Aufgaben erlaubt sein sollte, welche – gegebenenfalls gesetzlichen – Schranken es geben muss/müsste/könnte und wo es tatsächlich ein No-Go ist.
Der Bendlerblogger hat sich des Themas bei der Feltpost mal etwas sarkastischer angenommen: Verteidigungsministerium kündigt sämtliche Abonnements
Und noch ein Tweet dazu von einem Soldaten, auf seinem privaten – und offenen – Twitteraccount:
Euch ist schon bewusst, dass Coca Cola und die Bahn euch hier zuhören? Offene Quellen sind OFFEN. #Bundeswehr
— Marco Jahn (@Marco_Jahn) July 25, 2014
(Screenshot: Facebook)
Ich hab den Artikel bei Spiegel gelesen und wahr ehrlich gesagt schockiert. Entweder über dermaßen wenig Ahnung oder aber über dermaßen skrupelloses Ausnutzen der politischen Wetterlage am Stammtisch. Beides wäre gleichermaßen ernüchternd.
Zur Sache: Ich denke, was den meisten Deutschen nicht im geringsten klar ist, nicht einmal im nicht gerichtsfesten Sinne, ist die Bedeutung von Privatsphäre. Platt ausgedrückt kann man das Kritisieren einer Datenanalyse bei Facebook durchaus mit dem Autofahrer gleichsetzten, der mit runtergelassener Hose am Fahrbahnrand steht und sich beschwert, dass die vorbeifahrenden Verkehrsteilnehmer sein Hinterteil sehen können. Das einzige was die Privatsphäre im öffentlichen Recht hier im übertragenen Sinne anders sieht, ist, dass die Polizei nicht herumzufahren hat, um die nakten Hintern zu fotographieren. Ich denke es ist verständlich worauf ich hinaus will…
Gerade die Ereignisse in der aktuellen Krisenkommentierung in sozialen Medien zeigen doch, wie dringend die Sicherheitsorgane einer Demokratie ein Gefühl dafür bekommen müssen, was „normale“ Reaktion ist, und was eine gezielte Beeinflussung der Medienlandschaft durch ausländische Aktivitäten darstellt. Man muss schon schwer naiv sein, wenn man die potentiellen Gefahren verleugnet, die in einer gut angelegten Medienkampagne via Web2.0 für eine Demokratie stecken. Und noch naiver wenn man verleugnet, dass das nicht auch potentielle Konkurrenten der Weltpolitik wüßten, die absolut bereit sind, diese Möglichkeiten auszuloten.
Man muss aber nichteinmal „aus dem Land gehen“. Was die Gründer der Republik dereinst als „Volksverhetzung“ definiert haben, wäre heute mit absoluter Sicherheit in eben diesen Medien zu finden. Da würde ich doch schon inständig darum bitten, dass die Verfassungsschutzorgane sich in diesen Medien auskennen. Flugblätter war gestern…
Was die Bundeswehr betrifft haben wir wohl wieder die klassische Situation, dass Fähigkeit gefordert wird (oder deren Fehlen scharf kritisiert) aber die Techniken zum Fähigkeitserwerb verdammt werden. Wie treffend von T.W. genannt, wird selbstredend erwartet, dass die Bundeswehr die Verhältnisse vor Ort versteht. Auch in den typischen Krisengebieten ist Facebook & Vergleichbares Alltag…
Was mir nicht in den Kopf will:
Warum beschweren sich Nutzer von sozialen Medien, dass die von Ihnen freiwillig und zwanglos ins Internet gestellten Informationen von anderen gelesen und ausgewertet werden?
Und warum springen Politiker auch noch auf diesen Zug auf?
Wer nicht möchte, dass seine Kommunikation verfolgt wird, soll sich bei Twitter, Facebook und Co nicht beteiligen. Ende und gut.
Ich will nicht, dass alle wissen wo ich wohne. Deshalb trage ich kein Schild mit meiner Adresse mit mir rum.
Aber das ist der SED-Nachfolgepartei wahrscheinlich zu einfach und es würde ein wesentliches Feindbild fehlen. „Immer dagegen“ ist halt einfacher als „dafür, aber“.
http://augengeradeaus.net/2012/11/kriegserklarung-via-twitter-die-israelis-waren-nicht-die-ersten/
Seit 1.5 Jahren benutze ich o.a Link, um zu erklaeren, warum die Bw socialmedia faehig und kompetent sein muss…. weil sie sonst ihren Auftrag Der Bund stellt SK zur Verteidigung auf nicht erfuellen kann, weil sie es sonst nicht mitbekommt, das wir angegriffen werden…
und nun das….seufz
#Neuland
Sinnvolle Diskussion – das klingt doch gut. Aber dazu muss erstmal klar sein, was überhaupt getan wird und was geplant ist. Ich habe den Eindruck, darüber wird nicht so gerne öffentlich gesprochen. Das Forschungsprojekt der Bundeswehr soll dann ja auch geheime Verschlusssache sein.
Außerdem halte ich es für zwei verschiedene Dinge, wenn Unternehmen sich Daten ansehen und wenn der Staat es tut. Beides mag gleiche Konsequenzen / Auswirkungen haben. Aber die Kategorien dürfen nicht verwischen. Ich halte den Vergleich zwischen Bundeswehr und Coca Cola, den ja Marco Jahn macht, für mindestens merkwürdig. Die einen führen schließlich Kriege, die anderen machen nur Zähne kaputt.
@Ole Reißmann
Darüber muss öffentlich gesprochen werden, gar keine Frage. Und ich bin gerne einer der ersten, die darauf dringen, dass die Bundeswehr die Erkenntnisse dieses Forschungsprojekts offenlegt ;-)
In der Tat sind es zwei verschiedene Dinge, was Unternehmen und was der Staat tut. Unter anderem, weil staatliche Institutionen – zumindest in D – einer parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Was Coca Cola mit den Daten anfängt (und an wen sie die verkaufen), werden wir vermutlich nie erfahren; was die Bundeswehr damit anfängt, werden zumindest Parlamentarier nachfragen.
Allerdings: so zu tun, als sei die Bundeswehr das destruktive Element schlechthin und nicht eine staatliche Organisation, die es aus bestimmten Gründen gibt, finde ich dann auch wieder merkwürdig. Wollen wir dann nicht lieber mal die Finanzämter infrage stellen? Das ärgert viele Deutsche noch viel mehr ;-)
(/edit: Nebenbei: auf dem Hinweis mit dem Spin, u.a. das mit der Verfolgungsbehörde, wollen Sie nicht eingehen?
Huch, die Bundeswehr als desktruktives Instrument schlechthin? Da lesen Sie aber viel in meinen Text hinein. :)
„Es geht nicht um einzelne Personen“ finde ich allerdings schwierig. Jede einzelne Person trägt ja schließlich zum großen Big-Data-Rauschen bei, zu dem Hintergrund, vor dem etwas anderes dann erst bemerkenswert, verdächtig oder was immer ist.
Zum angesprochenen Spin: Ich glaube, dass die Öffentlichkeit im Netz, die eben einfach komplett erfasst und analysiert werden kann, eine andere ist als die, die wir lange Zeit kannten und auf die Gesetze und unsere Vorstellung von Privatsphäre beruhen. Denn die war zwar öffentlich, aber man musste nicht jederzeit davon ausgehen, dass alles überwacht wird. Die Abwesenheit von Überwachung war die Regel, nicht umgekehrt.
(Und es mag streng juristisch und streng technisch völlig öffentlich sein, was jemand in sozialen Netzwerken nicht hinter Passwörtern und in geschlossenen Gruppen versteckt – aber es kann trotzdem eine andere Bedeutung für die handelnden Personen haben. Die dann als naiv oder doof hinzustellen, führt auch nicht weiter.)
Und ich weiß, sie betonen hier die Bundeswehr, aber an der parlamentarischen Kontrolle von Geheimdiensten haben gerade einige Kritik geübt, die sich damit auskennen und/oder befasst waren – und nicht nur die Linkspartei.
Danke für die Kritik und Diskussion hier!
Agreed.
Mit dem Spin meinte ich etwas anderes, nämlich die zum Ausdruck kommende Grundhaltung, dass Streitkräfte auch eines demokratischen Staates erst einmal als Instrument der (auch innerstaatlichen) Repression angesehen werden. Diese Haltung steckt hinter vielen Interpretationen von Anfragen/Antworten der hier zitierten Partei.
Um es ein klein wenig zuzuspitzen: Mit das effektivste Mittel zur Repression sind Gewehre. Folgt man der angesprochenen Haltung zu Streitkräften, dürften sie eigentlich keine Gewehre haben, weil sie damit die Bevölkerung unterdrücken könnten…
@Thomas Wiegold
die meisten Menschen sterben durch Macheten in dem von Ihnen beschriebenen Szenario…
und dann waeren da noch Kuechenmesser…
@Ole Reissmann
Denken Sie mal an das Hochwasser im letzten Jahr…. und den groessten Einsatz der Bundeswehr seit dem Hamburger Hochwasser…
fuer Militaers ist es viel schwieriger zu begreifen dass es bei Facebook eigentlich keine Fakes gibt…..und keine Hierarchien
Erst einmal vielen Dank an Thomas Wiegold, dass er sich diesem Thema in einer äußerst abgeklärten und differenzierten Weise angenommen hat.
Leider vermisste ich diese Differenziertheit völlig im Artikel des Spiegel Online.
Ich lasse mir gern zuschreiben, dass mein Tweet das Potential hatte zu polarisieren. Allerdings war er auch als Frage formuliert. Er sollte zum Nachdenken anregen. Mir ist selbstverständlich bewusst, dass ein Vergleich zwischen Coca Cola und der Bundeswehr kein Vergleich ist. Jedoch zeigt er genau auf, was in der Diskussion zu diesem Thema fehlt: Differenzierung.
Datenschutz und Datensicherheit sind ein sehr wichtiges Thema, nur leider ist die Disskusion zu diesem Feld emotional völlig überladen.
Statt Ängste zu schüren muss die Datenschutzdebatte endlich wieder auf eine rationale Ebene.
@Ole Reißmann
„Ich glaube, dass die Öffentlichkeit im Netz, die eben einfach komplett erfasst und analysiert werden kann, eine andere ist als die, die wir lange Zeit kannten und auf die Gesetze und unsere Vorstellung von Privatsphäre beruhen. Denn die war zwar öffentlich, aber man musste nicht jederzeit davon ausgehen, dass alles überwacht wird. Die Abwesenheit von Überwachung war die Regel, nicht umgekehrt.“
Das kann man meiner Meinung nach nicht so stehen lassen. Die Annahme die da zu Grunde liegt möchte ich mit einem Gegenbeispiel verdeutlichen:
„Die Situation, dass alle Musik/Filme anonym und schnell ausgetauscht werden kann, ist einfach eine andere, als die die wir (die Musikindustrie/die Filmindustrie) lange Zeit kannten und auf die die Gesetze und unsere Vorstellungen von Urheberrecht beruhen. Denn Kopien waren zwar möglich, aber man musste nicht jederzeit davon ausgehen, dass alles geteilt wird. Die Abwesenheit von Raubkopien war die Regel, nicht umgekehrt.“
Das ist gar nicht provokativ gemeint. Es wird einfach vielen nicht klar, dass die Diskussion über Datenschutz und Raubkopien so nah beieinanderliegen und doch so massiv unterschiedlich von der Masse wahrgenommen werden.
Was man im Bereich des Urheberrechts fordert, ist ein anpassen der Produkte an die Realität und kein Anpassen der Rechtslage. (überkommene Vorstellungen… Sichern von Pfründen… was man nicht alles so lesen darf)
Was man im Bereich des Datenschutzes ließt ist das krasse Gegenteil. Da soll die Rechtslage bitte schön massiv verändert werden.
In beiden Fällen liegt die Sinnhaftigkeit inrgendwo dazwischen. Man kann von der Medienindustrie verlangen, neue Konzepte zu entwickeln (gibt es ja auch schon) aber man muss auch das Urheberrecht als hohes Gut bedenken und den Missbrauch eindämmen. Man kann von den Bürgern einen besonnenen Umgang mit Medien verlangen (und auch gern in Schule und Bürgerbildung verankern) aber gleichzeitig überlegen, wie sich Missbrauch durch große (staatliche und nichtstaatliche) Organisationen vermeiden läßt.
Die Argumentation, dass man nicht davon ausgehen könne, dass jedes öffentliche Etwas gesehen und registriert werden kann, geht meiner Meinung nach am Thema vorbei. Und ist zudem realitätsfremd: die Öffentlichkeit hat im Gegenteil völlig überzogene Vorstellungen davon, was alles technisch an Überwachung möglich ist und stattfindet und ebenso ist so gut wie jedem klar, dass das Internet öffentlich ist.
Das beste ist ja wieder der Punkt „Datenschutzbeauftragter im Einsatz – Datenschutz gegnerischer Kräfte“, genau wie bereits beim Thema FABINT.
@ Marco Jahn
an einer rational objektiven Debatte haben die Beiligten aber keinerlei Interesse.
Der Spiegel Beitrag ist ja gerade eine Koproduktion ideologischer Verblendung auf Linksparteiseite und Missachtung journalistischer Mindeststandards+skandal!!! click baiting auf Seiten von SPON.
Bei einer solchen Interessenkonstellation kann ein nüchterner Diskurs gar nicht entstehen. Analog war die Situation ja auch bei der Drohnendebatte übrigens mit den selben Beteiligten. SPON+Linkspartei.
Diagnose Agitprop und auch noch schlechte weil offensichtlich. eben SPON.
Herr Wiegold und die hier zitierten Blogs und Tweets von Soldaten scheinen die berichteten Analysetools mit einem besseren TweetDeck zu verwechseln lesen Sie doch mal zuende. Ein Blick auf die Webseiten der Hersteller und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Online-Durchsuchung würde ebenfalls helfen:
„Ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung kann allerdings gegeben sein, wenn Informationen, die durch die Sichtung allgemein zugänglicher Inhalte gewonnen wurden, gezielt zusammengetragen, gespeichert und gegebenenfalls unter Hinzuziehung weiterer Daten ausgewertet werden und sich daraus eine besondere Gefahrenlage für die Persönlichkeit des Betroffenen ergibt. Hierfür bedarf es einer Ermächtigungsgrundlage. „
Warum soll das denn nichtin den „Interessensgebieten“ Bundeswehr gelten?
@wacaffe
nun muss man ja auch zugestehen, dass die Linken ihr „wikileak“noch am aufarbeiten sind….
@MM
das wuerde am Ende dazu fuehren, dass man im Rahmen einer MilEvakOp einen entfuehrten deutschen Buerger, der seinen Standort per smartphone und facebook an seinen Entfuehrern vorbei postet, nicht nutzen duerfte, weil keine durch eine fuer den Datenschutz Beauftragte Person gegengezeichnete unterschriebene Erklaerung vorliegt….
Die Ermächtigungsgrundlage müßte doch durch den allgemeinen Auftrag bereits gegeben sein?
@ MM
die ermächtigungsgrundlage dürfte aber mit Verfassungsschutzgesetz bzw.MAD Gesetz bestehen.
im prinzip ein klassischer erst-recht schluss. wenn die geheimdienste schon zur aufklärung aus nichtöffentlichen quellen mit konspirativen methoden befugt sind dann muss ja eine erfassung aus „semi“ öffentlichen quellen wie facebook und co. erst recht in deren portfolio liegen.
@MM
Argumentieren Sie nun juristisch? Dann müssen Sie sich entgegenhalten lassen, dass das BDSchG außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes keine Anwendung findet. Da gab’s mal die Geschichte mit der biometrischen Erfassung von Ortskräften bei ISAF…
Aber die Grundfrage ist ja, ob es in diesem Fall um einen Betroffenen geht oder um die Auswertung von Stimmungen. Ihre Prämisse: es geht darum, einzelne Personen herauszufiltern und zu beobachten. Was einige als Grundlage annehmen, andere nicht.
Dafür gibt’s nämlich, auch rechtmäßig, längst ganz andere Mittel. Bis hin zur Telefonüberwachung und zur Beobachtung mit militärischen Mitteln.
@MM
„Warum soll das denn nichtin den “Interessensgebieten” Bundeswehr gelten?“
Das kommt stark auf das Interessensgebiet an. Die berechtigten Interessensgebiete wären (bei Unvollständigkeit gern ergänzen)
1) Inland: Sicherheitsüberprüfung von Bundeswehrpersonal. Hierbei besteht kein Konflikt, da der Betroffene der Überprüfung zustimmt.
2) Ausland: OSINT im Einsatzgebiet. Ein Schutz der Daten im Datenschutzgesetzt bezieht sich explizit auf Bundesbürger/EU Bürger. Solang niemand vermutete Gegner im Einsatzgebiet unter dieses Gesetz stellt, besteht hier kein Konflikt. (sollte das der Gesetzgeber tun, dann sollte er in der Folge vor dem Hintergrund der Fürsorgepflicht keine Soldaten mehr in asymmetrische Konflikte senden)
amüsant bzw. aufschlussreich ist auch die passage aus ole reißmanns obigem Kommentar
Richtig, die einen führen Kriege, es geht also um Leben und Tod der eigenen Soldaten bzw, die erfolgsaussichten deutscher Interessen die von diesen durchgesetzt werden sollen.
Diese Erkenntnis muss eigentlich dazu führen das gerade die Bundeswehr zu weitreichender Aufklärung befugt sein muss weil Unkenntnis und politisch verordnete Blindheit hier mit Blut und nicht mit Karies bezahlt würden.
food for thought Herr Reißmann
(ich finde es übrigens bei aller Kritik lobenswert das Sie zumindest an der Debatte teilnehmen)
Die Frage ist: Wie representativ öffentliche Posts überhaupt sind. Ergo: Was kann man damit überhaupt rausbekommen.
Ansonsten darf man doch mal auch nicht vergessen, wie manipulierbar SocialMedia ist. Das GCHQ hat nachweislich entsprechende Tools.
Beim „Arabischen Frühling“ hat es sich im nachhinein gezeigt, welchem bizarren Bild der „Volkesmeinung“ man hier im Westen aufgesessen ist. Es geht halt doch nichts über den Mann am Ort.
Auch beim Thema Ostukraine, was will man da abgreifen? Die komischen YoutubeVideos oder verpixelten Bilder, die öffentlich gepostet werden und nicht validier- oder falsifizierbar sin?
Mag ja fancy sein, wenn man diese Social Media jetzt auch mal in den Fokus nehmen will, aber dann sollte man doch vorher mal klären, was das einem überhaupt bringt.
Die NSA und das GCHQ haben über die Snowden Leaks in Bruchstücken gezeigt, was möglich ist. Irgendwo zwischen den deutschen Verlautbarungen und den Snowden Leaks bewegt sich die Bundeswehr – je nachdem wieviel Budget sie hat.
Alvin Toffler hat in seinem Buch War and Antiwar die These vertreten, dass jede Gesellschaft so Krieg fuehrt, wie sie ihr Geld verdient….
und nach Bauernkriegen und Massenarmeen sind wir nun mal im Informationszeitalter.
Und damit koennen die SK ihren Verfassungsauftrag nur dann ausfuehren, wenn sie in der entsprechenden Domaene praesent sind….
Das Problem an Informationen sind die inhaerenten Facetten inkl. das das nichtvorhandensein von Information auch Information ist.
@Magnus:
„Ansonsten darf man doch mal auch nicht vergessen, wie manipulierbar SocialMedia ist. Das GCHQ hat nachweislich entsprechende Tools.“
Das wäre doch ein schöner Forschungsauftrag für die nächste Stufe der Social-Media-Forschung: Wie erkenne ich Manipulationen?
„Auch beim Thema Ostukraine, was will man da abgreifen? Die komischen YoutubeVideos oder verpixelten Bilder, die öffentlich gepostet werden und nicht validier- oder falsifizierbar sin?“
Es gibt ja die „rus. FB“-Seiten, auf denen russische Soldaten freimütig posten, die Ukraine zu beschießen – und gleichzeitig noch die aktuellen Positionen per Geotag mitschicken. Da wäre es sinnvoll, diese Informationen durch Web-Analyse zu prüfen, ob es sich um reale Posts (von naiven Menschen mit „echten“ FB-Freunden) handelt oder um Informationsoperationen von welcher Seite auch immer.
OT: Mal wieder ein schöner Text, der den tag „Angry Wiegold“ verdient. :-)
@Magnus
Allein die Medienkompetenz zu entwickeln, die einen befähigt eben nicht naiv auf Massenmeinung zu schließen, wäre doch schon einmal ein erster Nutzen.
@Magnus:
In erster Line ist die OSINT gewonnen Daten eine zusätzliche Quelle. Deren Einbeziehung kann das Lageverständnis, insofern vernünftig ausgewertet, nur erhöhen. Durch geeignete Kooperationen mit z.B. BND lässt sich dann insbesondere in Einsatzgebieten die Gefährdungslage für eigene Kräfte besser einschätzen.
In einem Szenario wie es derzeit in der Ukraine abläuft kann man durch die Auswertung der „Öffentlichen Meinungsmache“ Interessenslagen klarer Abschätzen. Für die politische Reaktion z.B. Sanktionen, … benötigt die Politik Informationen wer z.B. eigentlich der Störer ist. Gemeinhin wird unterschätzt wie stark der Informationskrieg bereits jetzt Öffentliche Meinungen beeinflusst. Verstärkend kommt hinzu, dass klassische Medien sich mittlerweile oft auf Internetmeinungen abstützen. Diese dienen somit zusätzlich als Multiplikatoren.
@K.B.: Ich finde ihre positive Haltung zu dem Thema etwas irritierend, aber vielleicht muss das so sein. Dieser wissenschaftlich-herausfordernde Habitus ist zu monoplex. Aber es wurde ja schon oft genug hier gesagt, dass eine nüchterne Diskussion nicht möglich ist.
@drd: Die was? Ich gehe davon aus, dass diese vorhanden ist, man nennt sie Quellenkritik. Oder schlägt sich hier das „Lesen“ der Bild-Zeitung in der politischen Bildung als negativer Rückkoppelungseffekt bei der „OSINT“ nieder?
@Woody: Sie haben eine Hand voll Leute, die durch ihre Äußerungen das „Lagebild“ verzerren. Solche Lagebilder bringen doch recht wenig, wenn dazu noch ein halbes bis ein Dutzend Geheimdienst/Regierungen in Sachen PsyOps mitmischen.
Was diese Diskussion wieder mal zeigt, ist das gespaltene Verhältnis von Teilen der Gesellschaft zur Bundeswehr. Sinn und Zweck unserer Streitkräfte ist offenbar überhaupt nicht klar, diese Sache mit der „Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, so wahr mir Gott helfe“ scheint irgendwie einigen suspekt zu sein.
Es soll ja eine Partei im Bundestag geben, die sich eher als fünfte Kolonne Moskaus betrachtet, da könnte diese Ablehnung der Bundeswehr zumindest in sich schlüssig sein.
In der Sache muss man aber zur Kenntnis nehmen: Die Feinde der Bundeswehr sind mit ihrer Anti-BW-Propaganda erstaunlich erfolgreich. Hier müsste dringend eine neue Markenpositionierung der „Marke“ Bundeswehr erfolgen. Von interessierten Kreisen verbreitete Falschinformationen müssen kommunikativ korrigiert werden, das Bild in der Öffentlichkeit muss anders werden.
Die Tatsache, dass das Lesen öffentlicher Informationen durch die Bundeswehr für eine in bestimmten Kreisen erfolgreiche Anti-Bundeswehr-Kampagne genutzt werden kann, zeigt Fehler und Schwächen im gesellschaftlichen Bild auf. Das kann man nun zu Recht für absurd und abstrus halten, die Realität ist aber nun mal so. Es gilt also, auch diese Zeitgenossen kommunikativ dort abzuholen, wo sie stehen und sie dorthin zu bringen, wo Bürger in einer wehrhaften Demokratie stehen sollten. Oder man muss sie gesellschaftlich isolieren …
Was das Forschungsprojekt WeroQ anbelangt, so habe ich seinerzeit von den Fraunhofern die Auskunft bekommen: „Ich muss Ihnen leider mit Bedauern mitteilen, dass wir keine präzisen inhaltlichen Auskünfte über das Projekt WEROQ geben können, da es erstens noch gar nicht bewilligt ist, zweitens es uns aufgrund der vorgesehenen Einstufung der Studie nicht möglich ist, Detailinformationen zu geben.“ Und die Einstufung ist laut BW VS Geheim.
[Schamlose Werbung]: Wir haben es übrigens auch gemeldet:
http://heise.de/-2268605 [/Schamlose Werbung]
@ Soenke Marahrens:
Ihre oben beschriebene unterstellte Einschränkung, dass im Falle einer EvacOp das Handy selbst eines abgeschossenen Soldaten nur dann geortet und verfolgt werden darf, wenn er vorher (wie bei Lfz-Besatzungen zumindest üblich) eine Einverständniserklärung dazu unterzeichnet hat, die genau das gestattet, ist zutreffend. Gilt im Übrigen auch für ein dienstliches Handy !!! Empfehle Studium GG Artikel 10. Dieser gilt für deutsche Staatsbürger auch außerhalb DEU!
Des Weiteren bin ich der unmaßgeblichen Meinung, dass das Geschrei ob der unglaublichen Dreistigkeit deutscher verfassungsrechtlich beauftragter und parlamentarisch kontrollierter Staatsorgane (hier: Bundeswehr) hauptsächlich politischer Natur ist. Man könnte sich allerdings als Soldat schon schlecht fühlen, wenn einem STÄNDIG unterstellt wird, man nichts anderes im Sinn, als brave deutsche Staatsbürger (in DEU ?! – welch undifferenzierte Feststellung..) zu gängeln oder gar Krieg zu treiben.
Schade eigentlich.
@Magnus:
Genau darum geht es ja. Erlangen und Bewerten von Quellen. Die Unsicherheit haben sie bei klassischer Informationbeschaffung über Personal auch immer. Es steht und fällt mit der Auswertung und Beurteilung der Daten. Dann wird daraus eine Information. Ein Erkennen von Anomalien in Informationen ist auch wieder ein Hinweis darauf, dass was nicht stimmt.
@Woody Ja, das ist wichtig. In den von den Separatisten in der Ostukraine kontrolliertem Gebiet wird das Hören oder Sehen von ukrainischen oder gar westeuropäischen Medien umgehend bestraft, modell Fremdsender. Große LCDs etc werden mitgenommen, alte Geräte werden zerstört. Einer befreundeten Familie, deren Tochter hier in Deutschland ein tolles Abitur hingelegt hat, wurden die Bücher verbrannt.
@Magnus
Ich denke Woody hat es treffend formuliert. Es geht nicht darum, dass nur wenige sich äußern (so wenige sind das nun wirklich nicht wenn man viele Medien gleichzeitig betrachtet) und auch nur solche, die ein Mitteilungsbedürfnis haben, sondern darum ein Verständnis zu entwickeln, wie sich Situationen in diesen Medien abbilden. Man benötigt für einen sinnvollen Beitrag zum Lagebild nicht zwingend eine repräsentative Stichgruppe. Auch in schon tendenziösen Gruppen sind Änderungen in Stimmungen und Rezeption erkennbar. Für einen Rückschluss muss man nur eine Ahnung haben, was der „Normalzustand“ der betrachteten Gruppe ist. Auch die Bildzeitungsmeldungen geben etwas zur deutschen Bevölkerungsmeinung her, nur eben als Schwankungen um ein anderes „Niveau“ als etwa die Zeit.
Da hier auf OpInfo, entschuldigung: Zentrum Operative Kommunikation, verwiesen wird, gehe ich davon aus, dass es um Aufklärung ausschließlich im Ausland geht. Die Debatte, was dieser Teil Bw darf und was nicht, hat man ja schon zu PSK- und PSV-Zeiten oder besser gesagt danach intensiv und auch mit Resultaten geführt. Die Konsequenzen in Struktur und Aufgabenbereich sind den Betroffenen ja bekannt. (Siehe auch die Doku „Gesteuerte Demokratie“. Interessant, frei verfügbar und über Google leicht zu finden.)
So, wie ich das einschätze, handelt es sich bei der Analyse von Daten sozialer Netzwerke vereinfacht ausgedrückt auch nur um SIGINT, die statt bei der EloKa aufgrund der bereits vorhandenen Fähigkeit der Zielgruppenanalyse in Mayen eben dort angesiedelt ist. So what?
Ein Hinweis zur grundsätzlichen Einordnung der Fähigkeiten der Bundeswehr: Der Vergleich dessen, was in der Antwort der Bundesregierung genannt ist, mit dem, was aus öffentlichen Quellen von u.a. DARPA, NATO und EDA zugänglich ist, legt die Vermutung nahe, dass die Bundeswehr intellektuell, methodisch und technisch vorsichtig geschätzt 10 Jahre hinter dem state of the art zurück liegt, von der personellen und finanziellen Ausstattung mal ganz abgesehen.
Mir stellt sich zunächst mal die Frage nach dem Auftrag der Streitkräfte in Bezug auf die Informationsumgebung und daraus folgend nach Befugnissen und Fähigkeiten.
Da fängt es für mich schon damit an, dass die der Auftrag bundeswehrintern nicht durch das Kommando Strategische Aufklärung sondern durch das Zentrum Operative Kommunikation wahrgenommen wird. Hierbei handelt es sich um eine Dienststelle die primär im Informationsraum wirken soll und also nur zur Vorbereitung dieser Wirkung aufklärt. Die strategische Aufklärung des Informationsraumes, vermutlich mit ähnlichen Mitteln, liegt also vermutlich weiterhin beim BND, der ja auch leider immer noch mit der zentralen Lagebearbeitung für die Streitkräfte beauftragt ist. Der Fokus des Zentrums Operative Kommunikation liegt also nicht etwa bei der strategischen Aufklärung des Informationsraums (BND) oder Computer Network Exploitation (BND/KSA) sondern Aufklärung eines bestimmten Informationsraums als Voraussetzung zur operativen Unterstützung militärischer Operationen.
Nun kann man über Befugnisse sprechen. Das Zentrum Operative Kommunikation nutzt augenscheinlich allein offene Quellen und es wunderte mich, würde denen Zugriff auf weitere Aufklärungsergebnisse von KSA oder BND gewährt werden. Die Korrelation mit anderen Informationen hält sich also sehr wahrscheinlich in Grenzen, weshalb hier auch nicht erkennbar ist, das Einzelpersonen gezielt ausgeforscht oder gegen informationelle Selbstbestimmung verstoßen würde. Von der Skalierbarkeit der Aufklärung her, sollte das Zentrum hoffentlich in der Lage sein, Allgemeine Trends zu erkennen, nach Zeit und Urheber zu verfolgen und damit gezielte Informationsoperationen anderer Kräfte im Informationsraum zu erkennen. Dazu wäre es natürlich erforderlich sowohl das gesamte Datenaufkommen eines Informationsraums zu analysieren als auch auf einzelne Quellen zu fokussieren.
Und wenn wir uns dann die Fähigkeiten anschauen wird die Bw da vermutlich nicht wesentlich besser aufgestellt sein, als kommerziell verfügbare Systeme und Applikationen mit einem Mindestmaß an ausgebildetem Personal und nur einer groben Vorstellung eigener Konzepte einzusetzen. Ich befürchte, da ist man einmal mehr 10 Jahre hinter vielen Verbündeten zurück. Und das ist für die Linke dann eine große Bedrohung der freien Welt.
@Sascha und @Cynic2
Kann Ihnen nur zustimmen, das sind entsetzliche Neuland-Geister-Debatten, die seit einiger Zeit hier in Deutschland geführt werden.
Der virtuelle und analoge Krieg überschreitet alle konservativen juristischen und auch moralischen „Grenzziehungen“, siehe auch Realitäten des Geschehens in NMO in Sachen äußere und innere Sicherheit wie ISIS-Rekrutierunskampagnen via Twitter oder shit-storm und flash-mobbing gegen Israel…… wird langsam Zeit, dass auch die BW in diesem „Kriegsbild“ Kompetenzen aufbaut.
Ausgerechnet Augstein hat auf SPON vor einigen Tagen geschrieben: „Eine multipolare Welt hat eine multipolare Moral“. Stimmt, und diese Erkenntnis muß Vater Staat sicherheitspolitisch konsequent umsetzen können.
Einmal mehr eine bundesdeutsche Debatte.
Diese zeigt einmal mehr die Defizite in den großen Themen der Bundeswehr (Kriegsbild, NG&A, Ausbildung, Stringenz in der Planung) deutlich auf.
Aber scheint ja nicht mehr zu stören.
Wenn man sich allein schon die oben erwähnten Aussagen führender Verfassungsrechtler in Sachen Anwendung GG Art. 10 im Ausland anschaut, kann man nur noch den Kopf schütteln.
Bundesdeutsche Naivität und Regeltreue in Reinform.
@Memoria
Deutschland versucht zZt nicht mehr die Realität in die Konzept-Tube von gestern, sondern von vorgestern zu pressen ;-)
Leseempfehlung: Adam Tooze, „The Deluge. The Great War and the Remaking of Global Order“
@Sascha Stoltenow & Cynic2:
Das was die DARPA macht ist üblicherweise nicht operationell, eher ein Fingerzeig, was möglich wäre. Die US-Streitkräfte dürften in dem Bereich den anderen US-Diensten auch hinterherhängen. Was irgendwelche NATO Grupppen erarbeiten ist oft auch nur Paperwork. Über die greifbaren Auswirkungen von Programmen der EDA kann man eigentlich nur Schweigen.
Um der Schwarzmalerei noch gleich etwas entgegenzuwirken, im Bereich der Fernmeldeaufklärung liegt die Bundeswehr sicherlich nicht pauschal 10 Jahre zurück. In der Anwendung CNO und OSINT schon.
Hier muss man dann aber auch mal auf den letzten „Gutenberg/Sparvorlage“-Beitrag verweisen. Die durch den Bundestag beschlossene Finanzierung der Bundeswehr lässt eine Teilnahme an den ganzen neuen tollen Themen einfach nicht zu, außer natürlich man schafft die Expertise in anderen Bereichen ab. -> Ist nicht gewollt (Breite vor Tiefe)
@Memoria:
Kernsystem NG&A kommt ja demnächst/irgendwann.
@Woody
Ich habe DARPA nicht erwähnt. Aber schauen sie sich die US SK an: Doktrin und Einzelvorschriften für InfoOp und CyberOp sind vorhanden und aktuell. Ein strategisches Kommando sowie Kommandos der TSK zur operativen Unterstützung sind vorhanden undatbeiten im Verbund mit den Nachrichtendiensten. Und NSA und DIA gehören dem DoD und sind damit Teil der SK mit direktem Unterstützungsauftrag. So viel zu nicht operationell…
Die Bundeswehr ist nicht nur wegen des finanziellen Rahmens in diesem Themenbereich weit zurück.
Es liegt auch am Mindset!!!
In der Organisation werden dezentrale Kommunikationsansätze sehr misstrauisch beäugt, weil man damit Kontrolle abgibt.
Weiterhin erwächst in einem System der gegenseitigen Kontrolle kein freier Geist für die Möglichkeiten von Social Media und Co.
Die wenigen Pflänzchen die es gibt, kämpfen hart gegen den Kontrollzwang an, der gerne für einen „schönen“ grünen Rasen sorgen möchte.
Darüber hinaus tut sich die Bundeswehr überaus schwer damit, fähige Leute von außen für diese Themen zu gewinnen. Hier wird einfach viel zu stark in Laufbahnen gedacht.
Von den Kosten sind viele Möglichkeiten doch wirklich überschaubar und mit der Anschaffung auch nur eines einzigen EF2000 oder Tiger kaum zu vergleichen.
@jugendoffizier
„Darüber hinaus tut sich die Bundeswehr überaus schwer damit, fähige Leute von außen für diese Themen zu gewinnen. Hier wird einfach viel zu stark in Laufbahnen gedacht.“
+1!
Eine der Ursachen für die aktuelle Situation ist in jedem Falle an der vollkommen unangemessenen IT Kompetenz in der Bundeswehr. Das fängt mit dem jahrelangen Outsourcen von Programmierung an, geht über das Rekrutieren von Laien in die IT Laufbahnen weiter (sie haben schon mal am PC gesessen? Gut! Sie werden 6er) und gipfelt in der seit Jahren stagnierenden Entwicklung einer vernünftigen und flexiblen IT Laufbahn für alle Dienstgradgruppen (bis in die Eichenlaubecke).
Laufbahnen wird man nicht abschaffen können, aber man kann sie sinnvoll gestalten.
@woody:
Dann schauen wir mal bis wann das Kernsystem NG&A zum laugen kommt.
Haushaltsmittel gibt es ja ab 2015:http://www.afcea.de/fileadmin/downloads/downloads_red/140509_Vortrag_BG_Dr_Faerber.pdf
Ich bin nur etwas skeptisch, ob die FFF auch das aktuelle und wahrscheinliche Kriegsbild wiederspiegelt. An ISIS will man ja auch festhalten und MoGeFa wird auch seltsam begründet.
Vor 10 Jahren hieß es auch die neuen FüInfoSys wären „joint&combined“ – 1 Mrd. später merkt man: Geht nicht.
@Dominik:
Naja ich bin dann doch eher skeptisch, ob es gelingt die Ergebnisse der Internet-Zielgruppenanalyse wirklich OSINT ebenen- und zeitgerecht in den Führungsprozess einzusteuern. Da wird es wohl eher Reibereien zwischen ZOpKomm und KSA geben.
Etwas mehr zum Verständnis des ZOpKomBw und die Rolle von sozialen Medien:
„Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sitzen aber nicht da und lesen einzelne Tweets, Leserbriefe oder Kommentare. Die Einzelmeinungen sind für uns nicht von Bedeutung. Erst in der Summe lassen öffentlich zugängliche Meinungsäußerungen Rückschlüsse auf allgemeine Stimmungslagen zu. Derzeit testen wir im Rahmen eines Pilotverfahrens in diesem Zusammenhang auch die Anwendung von Analysesoftware, um unsere Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Dabei handelt es sich um keine spezielle, für den militärischen Bedarf entwickelte Software. Vielmehr können wir hier auf Anwendungen zurückgreifen, die bereits in der zivilen Wirtschaft Verwendung finden. So wird solche Software z.B. im Bereich Marketing ebenfalls zur Feststellung von Meinungs- und Stimmungslagen genutzt. Und genau wie im Marketing konzentrieren wir uns nicht auf einzelne Personen oder deren Accounts, sondern auf die nachweisliche Erfassung von Meinungs- und Stimmungslagen der Bevölkerung.“
http://tinyurl.com/om7u4jx
Irgendwie scheint mir dies jedoch nicht mit dem KSA koordiniert.
Da hat jemand ein neues hippes Spielzeug gefunden – um den eigenen Laden am Leben zu halten.
@drd
was hat IT Kompetenz mit der Nutzung moderner Medien zu tun?
Und aus eigener Kenntnis, die ITAdmins die durch die Ausbildung durchkommen brauchen sich vor ihren pedants draussen nicht zu verstecken.
kein itler kann content und vice versa….aber man miteinander reden und zusammenarbeiten
und fuer den Rest gaebe es auch eine Loesung Erweiterung des Begriffes Fuehrungsunterstuetzung ueber den Bereich IT und Funk hinaus….
Dann waeren wir mit den vorhandenen Paedagogen, Stawis, sportwissenschaftlern, geschichtlern sehr breit aufgestellt…
aber dazu muesste man dann konzeptionell klaeren ob und wie man Informationsmanagement aufteilen kann…ohne dass die untrennbare Verantwortung organisationsspezifisch diffundiert oder sich in weissen Rauch oder Nebel verwandelt…
@ T.Wiegold | 25. Juli 2014 – 18:30
Ihr Artikel, den Sie hier meinen ist vom 15.06.2011 und es ist ja ganz nett, was die Bw dort über das BDSG verlauten ließ, aber wie hieß es noch so schön: „Deutsches Recht folgt deutschem Fuß“.
Mit dem BDSG wurde nahezu seit Beginn des ISAF-Einsatzes von Seiten des BMVg die Nutzung des BAT (Biometrics Automated Toolset) durch deutsche Soldaten abgelehnt. Erst durch den ANA-Soldaten, der am 18. Februar 2011 im OP NORTH drei deutsche Soldaten tötete und sechs verwundete, hat das BMVg diese gedankliche Kehrtwendung beschrieben.
@Memoria, Soehnke Marahrens
Die Frage, wer was verantwortlich machen soll, resultiert hier wohl aus der konzeptionellen Unklarheit in der Bw.
Die erste Meinung sagt, die Analyse von Meinungsäußerungen auf einer digitalen Plattform erfordert Personal, das sich sehr gut mit dem Medium Cyberspace und der Plattform auskennt, um hier schnell, effektiv und flexibel agieren zu können. Aus dieser Beschreibung folgt eigentlich die Abteilung für CNO beim KSA als verantwortlich. In Teilen wird solche Expertise wohl grundlegend auch gebraucht, maßgeblich braucht man aber wohl nur einen Anwender, der sich gut mit den Auswerteapplikationen auskennt und der muss nicht zwingend IT-Personal sein.
Die zweite Meinung sagt, der Inhalt der Meinungsäußerungen sei doch nur SIGINT-content, der halt über ein anderes Medium komme und daher könne das KSA das doch mit analysieren. Prinzipiell stimmt das schon, aber der content verlangt natürlich eine andere massenhafte Auswertung als gängige SIGINT-Meldungen und ganz andere Methodik.
Die dritte Meinung sagt, dass die Auswertung der Stimmungslage der Bevölkerung doch am Besten durch OpInfo durchgeführt werden kann, weil das die Spezialisten für InfoOp sind und InfoOp anderer Kräfte auch besser erkennen könnten, als das KSA. Vom Auftrag her ist das sicher richtig, zur Lage der Zivilbevölkerung trägt ja auch in der Regel nicht FGG2 vor und zur Durchführung eigener InfoOp ist es auch besser dort wird der Informationsraum analysiert, als dass erst Aufklärungsforderungen an das KSA gestellt werden müssten. Aber ob OpInfo wirklich die nötigen Fähigkeiten dazu besitzt?
Eine vierte Meinung kann übrigens geltend machen, dass die Analyse des strategischen Informationsraums ausländischer Staaten doch dem BND obliegt und die Bw sich da gefälligst rauszuhalten hat. Wenn man konkret etwas wissen wolle, könne man ja ein RFI stellen.
Hier fehlt eine klare Abgrenzung durch klare Vorschriften und Prozesse. Wer führt für welche Ziele Aufklärung durch (bspw. allgemeine Trends durch OpInfo, klar erkannte gegnerische Propaganda-Accounts durch KSA oder die erst recht durch OpInfo?), wer macht die Auswertung unter welchen Gesichtspunkten (bspw. ein Trend in der Bevölkerung wird als Ergebnis einer gegnerischen OpInfo-Kampagne erkannt, wer verfolgt die zu einzelnen Accounts zurück, versucht mit CNA dagegen vorzugehen?) und wo kommen welche Produkte in welche Lagebewertung zurück? Letztlich sehe ich hier alle beteiligten Dienststellen mit bestimmten Rollen und Aktivitäten involviert. Ein Eigeninteresse der OpInfo ist da sicherlich vorhanden, aber auf ein nettes Spielzeug mag ich es dann auch nicht reduzieren. Abgesehen davon kann das KSA SIGINT und IMINT total klasse, MASINT vielleicht auch noch, dann hört es aber gedanklich auf, denn die Mehrheit des Personals kommt von der EloKa und sieht andere Aufklärungsmittel höchst skeptisch. Denen Aufgaben außerhalb ihres Stammbereiches zu geben kann böse schief gehen. Aber bis da eine klare Abgrenzung entsteht, benutzen wir vermutlich alle schon Quantencomputer.
@Soenke Marahrens
„was hat IT Kompetenz mit der Nutzung moderner Medien zu tun?“
Wenn man es ernsthaft nutzen will und nicht nur an der Oberfläche stochern, dann gehört etwas mehr dazu als nur „bedienen“. Und die allermeisten Nicht-Admins legen bei Dingen wie Batch oder Skript etc die Ohren an. Wenn man die IT Sphären als potentielles Schlachtfeld betrachtet, sollten die dafür ausgewählten Jungs und Mädels den eigenen Rechner nunmal ebenso gut beherrschen, wie die Grünen das Schießeisen.
„Und aus eigener Kenntnis, die ITAdmins die durch die Ausbildung durchkommen brauchen sich vor ihren pedants draussen nicht zu verstecken.“
Ganz und gar richtig! Die Admins mit denen ich persönlich zu tun hatte, waren eigentlich alle wirklich hervorragend. Nur hat die Sache einen Harken! Diese Admins sind mittlerer Dienst, vielleicht hat man mal einen gehobenen dabei. Kein Studium… auch wenn die Administratoren der Bw sehr sehr gut sind, bei Qualifikation jenseits des Lehrberufs wird es dünn bei der Bundeswehr. Bei den CERT Jungs mag das anders aussehen, aber in der Breite ist einfach Schluss mit Ende der Feldwebellaufbahn. Jedes Spezialwissen das die durchschnittlich zu erwartende (bitte nicht abwertend verstehen… es ist schlichtweg nicht aus der Welt zu diskutieren, dass die paar Jahre Studium für irgendwas gut sind) Qualifikation überschreitet ist Glücksfall aber nicht systemimmanenter Erfolg.
@Cynic2:
Ich glaube noch nicht, dass die Dienste der US Seite schon so weit sind wie viele annehmen. Um es stärker zu differenzieren: Datenerfassung ja, Datenauswertung jein, Verständnis der Zusammenhänge und Vorausschau von Entwicklungen nein. Ich kann mich natürlich irren. Irgendwie passt die amerikanische Strategie/Verhalten nicht ganz zu den Ergebnissen die ein solches System vermutlich liefern sollte.
@jugendoffizier:
Nein, die Bundeswehr hat nicht pauschal das falsche und unfähige Personal. Man benötigt nicht immer den Besten.Es ist viel eher so, dass man die Leute die man hat einfach mal ihre Arbeit machen lassen müsste. Schlüsselaufgaben sind personell (Quantität) oft nicht vernünfig ausgestattet. Müssen fachfremde Nebenaufgaben erfüllen, etc. pp. Zusätzlich wird Personal für Verwaltungsaufgaben vorgehalten die nicht zwingend mit dem Auftrag der Bw zusammenfallen.
@Memoria:
Kernsystem NG&A erfährt im Moment wohl noch ein paar Anpassungen. Ändert sich das Kriegsbild so ist die Erweiterung des Verbundes meiner Einschätzung nach möglich.
Dass nicht jede FFF so gut begründet ist, wie sie es sein sollte ist Ansichtssache. Nicht jede geforderte Fähigkeit muss der Prämisse „Vom Einsatz her denken.“ folgen. Die Planer und Konzeptionäre haben das Problem, dass basierend auf den finanziellen Mittel priorisiert werden muss. Politisch ist die Bundeswehr immer noch zur Landesverteidigung da. Dass ist deren Prio 1. Wesentlich häufiger als dieser Fall treten jedoch irgendwelche Auslandseinsätze auf. Der Anstand gebietet es, unseren Kameraden die geeignete Ausrüstung für den Einsatz bereitzustellen. Also wäre aus der Sicht dies die Prio 1. Im Zeiten knapper Ressourcen stellt sich dann halt die Frage nach dem richtigen Weg.
Im PlgABw werden ja im Moment neue TeilKonzeptionen geschrieben. NetOpFü soll da wohl auch dabei sein. Ich bin auf die Ergüsse der Abt I PlgABw gespannt.
@Woody
Die Panikmache des Spiegel a la „Die NSA liest ihre SMS in Echtzeit mit!“ ist übertrieben und jeder, der mal in der Nachrichtenauswertung tätig war, weiß das auch. Ihre Einschätzung die US Dienste wären nicht zum Verstehen und Vorausschau fähig, kann ich so nicht teilen. Gemessen an der Komplexität bestimmter Entwicklungen ist hier eine große Erfolgsrate in der Vorausschau sicher schwierig aber die Erfolge gibt es. Von den Entscheidungen der insbesondere politischen Führung auf die Erkenntnislage rückschließen zu wollen, funktioniert aber nicht, weil die Führung oft genug glaubt es selbst besser zu wissen – man liest ja Zeitung und so.
Aber um auf Operationen im Informationsraum zurück zu kommen, diese wurden aufgrund politischer Vorgaben im War on Terror bislang zu wenig eingesetzt. Die Befähigung dazu ist aber bei den US SK viel stärker als bei uns. Da kommen auch die zehn bis zwanzig Jahre Vorsprung wieder zum Tragen, denn die USA haben in Führungspositionen Offiziere mit 20-25 Jahren Erfahrung mit Auswertung und InfoOp, wo wir Offiziere ohne Erfahrung oder systematische Ausbildung haben, die dann sagen:“Wir machen da was mit social media. Die Details verstehe ich nicht, aber das ist ganz spannend!“ Gemessen an USA, Russland und China ist der Rückstand der Bw erschreckend.