‚Umfassende Rahmenvereinbarung Hubschrauber‘: Alles auf Anfang?

Auf der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung ILA in Berlin im Mai präsentierte Airbus Helicopters (früher EuroCopter) seinen Hubschrauber NH90 in der (italienischen) Marineversion (Foto oben), und das Unternehmen gab sich im Gespräch mit Journalisten zuversichtlich: Die im März 2013 erzielte Einigung mit dem deutschen Verteidigungsministerium über die Lieferung von NH90-Transporthubschraubern, Tiger-Kampfhubschraubern und zusätzlichen 18 NH90 in der Marine-Ausführung werde Bestand haben. Die Vertragsverhandlungen seien nahezu abgeschlossen, sagte der deutsche Geschäftsführer Wolfgang Schoder. Das Unternehmen gehe davon aus, dass die Zahlen genau so blieben, wie sie in der Vereinbarung vom vergangenen Jahr festgelegt wurden, die inzwischen Umfassende Rahmenvereinbarung Hubschrauber heißt.

Daran darf man getrost ein Fragezeichen machen, so festgezurrt wie das Unternehmen öffentlich glauben machen will, scheint es nicht zu sein. Ein Anzeichen dafür ist die aktuelle Meldung des Spiegels:

Doch nun soll diese Vereinbarung vorerst nicht umgesetzt werden, weil sie mit großen Unwägbarkeiten behaftet sei. Man wolle eine externe Überprüfung des sogenannten Memorandum of Understanding abwarten, heißt es aus dem Ministerium über den Deal, der auch die Lieferung von 18 „NH90“ in einer Marine-Variante für weitere 915 Millionen Euro vorsieht.

Nun ist das Überraschende nicht, dass es bei diesem Geschäft ein Risiko gibt – sondern die offensichtlich grundsätzlich unterschiedliche Ansicht von Herstellerfirma und Ministerium. Nicht nur Schoder, sondern auch sein Chef, Airbus Helicopters CEO Guillaume Faury, hatte auf der ILA ganz klar gemacht, dass aus Sicht der Firma alles besprochen sei – und jetzt nur noch die Letztentscheidung auf deutscher Seite ausstehe: Das sei nun in deutscher Verantwortung, und wir erwarten die Entscheidung, dass es weiter geht.

Dass das Gesamtpaket nun möglicherweise so nicht durchgeht (obwohl es im vergangenen Jahr, noch in der alten schwarz-gelben Koalition, eine grundsätzliche Billigung im Bundestags-Haushaltsausschuss bekommen hatte), hängt mit den Gesamtzahlen zusammen, aber auch Detailproblemen wie der Korrosion bei NH90-Typen, die in salzhaltiger Luft eingesetzt wurden. Da hatten vor allem die Niederlande Alarm geschlagen (die deutschen Informationen, auch die an Abgeordnete, beruhen ja vor allem auf niederländischen, aber auch französischen Erkenntnissen, nicht auf eigener Anschauung. Übrigens ist Korrosion nicht immer Rost, der Hubschrauber ist ja nicht aus Eisen).

Allerdings hatte Vincent Dubrule, der Präsident des Konsortiums NATO Helicopter Industries (NHI), dem neben Airbus die Firmen AgustaWestland und Fokker angehören, ebenfalls auf der ILA versichert: Die Korrosionsprobleme seien aktuelle Schwierigkeiten mit einem neuen Produkt. Und bis in drei bis vier Jahren die deutschen NH90 in der Marineversion ausgeliefert seien, werde das Problem längst behoben sein – vor allem aber stelle das die airworthiness, die Luftsicherheit, dieses Helikopters nicht infrage. Ja, es gebe eine Anzahl von corrosion points, aber das sei kein so großes Problem – teilweise könne es durch Designänderungen behoben werden, zum Teil müsse der Hersteller vielleicht dem Nutzer etwas genauer sagen, wie er die Wartung gerade im Einsatz durchführen müsse.

Unterm Strich: Möglicherweise wird beim gesamten Hubschrauber-Paket wieder alles auf Anfang gestellt. Und da gab es doch auch die SPD-Forderung, nicht wie vergangenes Jahr vereinbart die Zahl der bestellten NH90-Transporthubschrauber zu reduzieren – sondern mit den derzeit nicht eingeplanten Helikoptern ein europäisches Transporthubschrauberregiment aufzustellen. Die kleinere Regierungspartei dürfte sich von einer Überprüfung der ‚Umfassenden Rahmenvereinbarung Hubschrauber‘ da neue Chancen ausrechnen.

 

(Ich gebe zu: Dieser Eintrag ist auch ein Versuch, das Hubschrauberthema mal aus den anderen Threads herauszuhalten und hier zu kanalisieren…)