„Ich bin gern Verteidigungsministerin“

04.06.14 Von der Leyen spricht über die Attraktivität der Bundeswehr

Das Interview, das Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen dem (am heutigen Samstag erschienenen) Spiegel gegeben hat, ist ein Signal. Erstmals, wenn ich nicht was übersehen habe, nimmt die seit einem halben Jahr amtierende Ressortchefin in einem Gespräch mit einem Medium nicht zu den Themen Stellung, die ihre Aussagen in der öffentlichen Wahrnehmung der vergangenen Monate prägten: Von Attraktivität der Bundeswehr, Nachwuchswerbung, der Vereinbarkeit von Familie und Dienst, ja generell von ihrem Motto Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen ist in diesem Interview nicht in einem Satz die Rede. Statt dessen Verteidigungs-, Sicherheits- und, ja, auch Außenpolitik. Und gleich zu Beginn die programmatische Aussage: Ich bin gern Verteidigungsministerin.

Zwar räumt die Chefin des Wehrressorts auch ein, dass in der Ukraine-Krise ihre Äußerungen, anders als die von Außenminister Frank-Walter Steinmeier, recht schnell als Kriegstreiberei ausgelegt werden (Das liegt in der Natur des Amtes). Was sie aber nicht hindert, im Verhältnis zu Russland gleich einen Pflock einzuschlagen: Russland ist derzeit kein Partner. Partner halten sich an gemeinsame Vereinbarungen. Andersrum gilt aber auch: Russland darf nicht zu unserem Gegner werden. Für die nötigen Verhandlungen sei aus ihrer Sicht klar: Die ausgestreckte Hand zu Russland muss aus der Position der Stärke kommen.

Von der Leyen wies zugleich den Vorwurf zurück, die deutschen Beiträge zur Unterstützung der osteuropäischen NATO-Mitglieder in der aktuellen Krisensituation seien zu zurückhaltend. Das Angebot, als mittelfristige Maßnahme des Bündnisses das Multinationale Korps Nordost im polnischen Stettin zu verstärken und zu einem High Readiness Headquarters auszubauen, führe dazu, dass die NATO künftig im östlichen Bündnisgebiet schneller reagieren kann. Dieses einzige Hauquartier der Allianz im Osten stehe damit für die Anpassungsfähigkeit der NATO: Es ist multinational rotierend und flexibel. Die Truppen bleiben über Europa verteilt, üben aber gemeinsam und sind im Ernstfall in der Lage, gemeinsam zu agieren. Das ist die moderne NATO-Philosophie. Und, gleichsam im Widerspruch zu den aus Polen laut gewordenen Forderungen nach zusätzlichen kampfkräftigen Einheiten im Osten des Bündnisgebiets:  Es geht nicht mehr um die statische Stationierung großer Truppenverbände. Das ist das veraltete Konzept des Kalten Krieges.

Die Ministerin erneuerte ihren auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar erhobenen Anspruch, Deutschland müsse sich international stärker engagieren – allerdings auf seine eigene Weise: Umfragen zeigen, dass die Deutschen durchaus befürworten, dass wir uns zur Sicherung von Frieden und Freiheit engagieren. Das ist die deutsche Farbe, die wir in die Bündnisse tragen: Wir wollen uns einbringen. Aber nicht tollkühn und um jeden Preis, sondern mit der deutschen Gründlichkeit und Beharrlichkeit. Dafür sei nicht die Zahl der eingesetzten Soldaten der Maßstab: Es geht nicht immer nur um Militär, sondern um die grundsätzliche Haltung, ob man bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Das deutsche Markenzeichen sei das Prinzip der Vernetzten Sicherheit: Diplomatie Hand in Hand mit wirtschaftlicher Zusammenarbeit und wenn nötig auch mit dem Militärischen.

Außenminister Steinmeier wird vielleicht mit der öffentlichen Aussage seiner Kabinettskollegin zu Russland nicht so ganz glücklich sein – den Rest hätte er vermutlich ähnlich sagen können. Auch das ist ein Signal. Ebenso, dass in diesem Interview mit der Außenpolitikerin von der Leyen (letzte Spiegel-Frage: Warum bekommen Sie eigentlich für Ihre neue Außenpolitik so viel Gegenwind aus den eigenen Reihen?) etwas gar keine Rolle spielt, was einen von der Verteidigungsministerin schon interessieren würde: Das Thema Rüstung und Beschaffung. Und die Entscheidungen, die sie dazu im nächsten halben Jahr wird treffen müssen.

(Foto: von der Leyen am 4. Juni 2014 vor der Bundespressekonferenz – Axel Schmidt/commonlens.de)