Gauck: ‚Militärische Mittel nicht von vornherein verwerfen‘
Die Debatte geht – bislang – wg. Fussball, Irak und Ukraine ein wenig unter, aber sie dürfte noch kommen: Bei einem Staatsbesuch in Norwegen sagte Bundespräsident Joachim Gauck in einem Interview des Deutschlandfunks was zu mehr deutschem Engagement in der Welt – gegebenenfalls auch militärisch.
Die entscheidende Passage aus dem Interview:
So wie wir eine Polizei haben und nicht nur Richter und Lehrer, so brauchen wir international auch Kräfte, die Verbrecher oder Despoten, die gegen ihr eigenes Volk oder gegen ein anderes mörderisch vorgehen, zu stoppen. Und dann ist als letztes Mittel manchmal auch gemeinsam mit anderen eine Abwehr von Aggression erforderlich. Deshalb gehört letztlich als letztes Mittel auch dazu, den Einsatz militärischer Mittel nicht von vornherein zu verwerfen.
Der Bundespräsident knüpft damit an seine Rede vor der Münchner Sicherheitskonferenz Ende Januar an. Was nicht bedeutet, dass es deswegen weniger Ärger geben könnte.
(Foto: Gauck beim Neujahrsempfang des Bundespräsidenten am 9. Januar 2014 im Schloss Bellevue – Michael Gottschalk/photothek.net)
@klabautermann | 18. Juni 2014 – 14:45
„Zu viel Politik und zu wenig Sicherheit.“
oder anders ausgedrückt:
„Grosse Klappe und nichts dahinter“
Nein, ich will jetzt nicht das Faß „Politverdrossenheit“ aufmachen. Aber etwas mehr Verbindlichkeit und etwas weniger Medienpräsenz, insbesondere im BMVg wäre schon wünschenswert.
@ wacaffe
Um nicht die Souverenität eines Staates zu verletzen, braucht man ein grundsätzliches Einverständnis für Operation auf dem Staatsgebiet eines anderen Staates. Diese Vereinbarungen können auch geheim sein. Ich vermute, dass die USA derartige Vereinbarungen mit Afghanistan, Pakistan usw. abgeschlossen haben und im Gegenzug zivile und militärische Unterstützung leisten, um Drohnenangriffe auszuführen.
Beispielsweise könnte Deutschland mit Syrien ein Abkommen schließen, das Deutschland erlaubt, deutsche Staatsbürger zu ergreifen und nach Deutschland zurückzuführen. Ob und wie das nach deutschem Recht umgesetzt werden kann, ist eine andere Sache. Im Kern ist das Polizeiarbeit (Gefahrenabwehr bzw. Strafverfolgung) und deswegen habe ich wegen des unmittelbaren Bezugs zu Deutschland nichts dagegen einzuwenden.
Das ist der umgekehrte Entebbe-Fall: Dort hat Israel seine Staatsbürger in Uganda geschützt und wir würden andere im Ausland vor deutschen Gefahren schützen. Durch die Zustimmung des anderen Staates wäre es sogar völkerrechtlich besser zu rechtfertigen; Israel hat nämlich ohne Zustimmung Ugandas gehandelt.
@jodocus quak
Israel hatte aber mit dem Terroranschlag auf die olympischen Spiele 1972 einen Praszedenzfall, dort war selbst eine führende Industrienation mit funktionierendem Rechts- und Polizeiwesen nicht in der Lage Israelische Bürger zu schützen….
@ jodocus
ich verstehe ja den impetus möglichst souveränitätsschonend vorzugehen. bin ich völlig d’accord.
allerdings eröffnet die staatenpraxis eben auch ohne zustimmung optionen innerhalb der von mir oben geschilderten rahmenbedingungen. könnte man mittlerweile fast als völkergewohnheitsrecht bzw. mindestens kritiklos toleriertes verhalten sehen.
oder haben sie einen sturm der entrüstung nach den libyen operationen bemerkt.
„aquiescence“ fällt mir dazu ein.
ihre dialektik zur „amtshilfe“ im ausland bei gefährdung durch deutsche Terrortouristen ist durchaus interessant aber nicht wirklich nötig, da ohnehin einwilligung. problematisch ist es ja nur wenn selbige fehlt.
man könnte es ja auch umgekehrt sehen. assad leistet amstshilfe und löst das rückkehrerproblem in situ. endgültig.
@ wacaffe
Völkergewohnheitsrecht setzt zwei Merkmale voraus: Eine objektive allgemeine Übung (1.), die subjektiv von der Mehrheit der Staaten als verbindlich angesehen wird (opinio juris, 2.). Sogenannte „persistant objectors“ werden selbst dann nicht gebunden, wenn sich Völkergewohnheitsrecht etabliert hat. Die jeweiligen Staaten müssen der allgemeinen Übung nur oft genug widersprechen.
Welche Intensität das Merkmal der „allgemeinen Übung“ haben muss, ist umstritten. Allerdings dürften gerade bei erheblichen Verändungen von völkerrechtlichen Grundsätzen (Verletzung der Souveränität eines Landes) hohe Anforderungen zu stellen sein, sodass eine andauernde, verbreitete und umfassende Übung zu fordern ist. Wie auch immer man den „Libyenfall“ einordnet und welche Tragweite man ihm zuspricht, entsteht daraus für sich genommen keine „allgemeine Übung“.
@ Sönke Marahrens
Ja, das war keine Ruhmestat, man hätte die Israelis das in Deutschland selber machen lassen sollen. Das Gute daran war, dass es zur Gründung der GSG9 geführt hat.
@ jodocus
wir sind doch beide vom fach. das obige können sie als bekannt voraussetzen ;)
Die „übung“ bezog sich ja nicht nur auf die jüngste libyen aktion. Seit eichmann/entebbe hat es immer wieder deratige operationen ohne substantiellen protest aus der staatenwelt gegeben. welche „übungsdichte“ man für nötig hält ist in letzter konsequenz dem handelnden staat selbst überlassen. (hierzulande hat man den eindruck das überhaupt nichts mehr unternommen wird bevor nicht Paspt, dalai lama zugestimmt und UVP unternommen wurde).
andere staaten sind da etwas proaktiver
abgesehen davon muss man es eben auch politisch sehen nicht nur juristisch. deutschland wäre aufgrund seiner bedeutung und politökonomischnen Größe/integration ins westliche bündnis mit staaten die renditions ohnehin schon länger prktizieren vor etwaigen negativen konsequenzen gschützt. (welche auch? IGH? hahaha)
Realpilitk beinhaltet auch Realjurisprudenz
http://www.spd-schleswig-holstein.de/friedenspolitik
Die SPD SLH hat ein Positionspapier zur A&S-Politik veröffentlicht, das im Kern auf reiner Verantwortungs-Ethik („Das Prinzip Verantwortung“, Hans Jonas, 1979) sowie klassischer Raubtierkapitalismus-Kritik basiert.
So wird das Phänomen extremistischer, gewaltbereiter Querfrontenbildung nationalistischer oder islamistischer Art und die damit einhergehenden blow-back-Effekte ausgeblendet, handlungs-ethische Möglichkeiten staatlichen Handelns vor diesem Hintergrund gar nicht angesprochen. Auch hier wieder mehr politische Interessens- als realistische Sicherheits-Diskussion.
http://www.spiegel.de/spam/
http://www.spiegel.de/politik/ausland/von-der-leyen-in-den-usa-ministerin-der-worthuelsen-a-976405.html
Erstaunlich welche Töne SPON auch anschlagen kann.