DroneWatch: Jetzt frag‘ ich meinen Experten

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Nachdem der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, der SPD-Abgeordnete Hans-Peter Bartels, bereits am (heutigen) Montagmorgen den Ton für die Experten-Anhörung zu bewaffneten Drohnen gesetzt hatte, war schon klar: Die Fachleute sollten vor allem die weitgehend feststehenden Ansichten der jeweiligen Fraktionen bedienen. Motto: Jetzt frag‘ ich meinen Experten (wofür die Experten selbst ja nichts können).

In eine ähnliche Richtung argumentierte auch Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, die der Anhörung zwei Stunden folgte und danach öffentlich verkündete: es sei doch vor allem um die Frage des Schutzes der eigenen Soldaten gegangen:

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Na ja, kann man so sehen,wenn man der Unionsfraktion angehört. Andere Abgeordnete anderer Fraktionen sehen das vermutlich anders.

Deshalb auch hier keine Aufarbeitung von ein paar Stunden Statements und Frage-und-Antwort-Runden vor dem Verteidigungsausschuss heute, sondern nur ein paar – natürlich genau so willkürlich gegriffene – Kernpunkte aus den Aussagen der angehörten Fachleute, chronologisch geordnet:

Generalleutnant Hans-Werner Fritz, Befehlshaber Einsatzführungskommando
„Die Minuten unter Feuer können sehr lang sein.“ Deshalb eindeutig für die Kombination aus Aufklärung und Wirkung. Fritz erinnerte an den ersten scharfen deutschen Artillerieeinsatz in Afghanistan am 10. Juli 2010: Da habe es 16 Minuten gedauert von der Anforderung bis die Granate im Ziel gelegen habe. Mit einer bewaffneten Drohne wäre das deutlich schneller gegangen. Und: für die Bundeswehr sitze zwar der Bediener eine Drohne unter Umständen weit entfernt – aber „der Entscheider ist vorne“.

Oberstleutnant André Wüstner, Vorsitzender des Bundeswehrverbandes
Bewaffnete Drohnen bedeuten für die Soldaten Schutz – die Politik sollte „lieber gar keinen Beitrag der Bundeswehr beschließen und auf die deutsche Beteiligung an einem Einsatz ganz verzichten als auf diesen Schutz für die Truppe.

Wolff Heintschel von Heinegg, Völkerrechtler
Zusammengefasst: Nach den Prinzipien des humanitären Völkerrechts spricht nichts gegen bewaffnete Drohnen als System – es kommt darauf an, wie dieses System eingesetzt wird. Der Schutz der eigenen Soldaten ist nach dem Völkerrecht ausdrücklich vorgesehen, auch bei offensiven Operationen. „Das Prinzip der Ritterlichkeit findet im geltenden Recht keine Grundlage.“ Und: „keine Rechtsordnung, auch nicht das humanitäre Völkerrecht, enthält eine Pflicht zum Selbstmord.“

Hellmut Königshaus, Wehrbeauftragter des Bundestages
Soldaten haben Anspruch auf den bestmöglichen Schutz – und „ich kann keinen ethischen Vorteil darin sehen, dass ich einem eigenen Soldaten eine Gefahr zumute.“

Niklas Schörnig, Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung
Die Frage wird: „wie entmenschlicht soll die Armee der Zukunft sein?“
„Befürworter argumentieren, zwischen einem bemannten Kampfflugzeug und einer bewaffneten Drohne bestünde kein wesentlicher Unterschied. Gleichermaßen kann man behaupten, eine Armbrust und einem Gewehr seien im Wesentlichen identisch, da beide Projektilwaffen seien. Die Art, wie das Projektil beschleunigt wird, ein aber der Unterschied ums Ganze.
Ebenso ist auch das Entfernen des Menschen aus dem System – egal ob es sich um ein Flugzeug, einen Panzer, ein Schnellboot oder ein U-Boot handelt – ein fundamentaler Einschnitt. Es eröffnen sich technisch, taktisch, strategisch und doktrinär ganz neue Optionen, die bemannte Systeme nicht zulassen. Es geht mehr als um eine „Fähigkeit“. Unbemannte Systeme haben das Potenzial, die Zukunft des Militärs auf revolutionäre Weise zu verändern. Dies muss mit bedacht werden.“
[Nach Angaben von Schörnig hatte ich ihn an dieser Stelle nicht korrekt wiedergegeben; deshalb hier die Passage aus seinem Redemanuskript; s. auch sein Kommentar unten. T.W.]
Zudem seien ein besserer Schutz und eine sinkende Hemmschwelle für Einsätze auf politischer Seite „zwei Seiten einer Medaille“. Da der Trend zur Autonomie der Systeme gehe, sei es außerdem nur eine Frage der Zeit, bis in den Entscheidungsmechanismen für Menschen kein Platz mehr sei.
Thilo Mahraun, Völkerrechtler
Unbemannte Flugsysteme sind nicht neue Waffen, allenfalls eine neue Methode der Kriegführung. Bewaffnete Drohnen „sind nicht per se verboten, sie sind allein abhängig von den Einsatzmodalitäten zu beurteilen“.

Elmar Giemulla, Luftfahrtrechtler
Unbemannte Flugzeuge „werden niemals in absehbarer Zeit eine Verkehrszulassung bekommen. Sie werden, zumindest im deutschen Luftraum, nicht am allgemeinen Verkehr teilnehmen.“ Deshalb brauchen sie auch keine Verkehrs- oder Musterzulassung, da sie ohnehin nur im „segregated airspace“, im vom allgemeinen Verkehr getrennten Luftraum, fliegen werden. Deshalb: „wir brauchen keine Zulassung in diesem Sinne“, es gehe nur darum, die Maschinen „raus aus Deutschland“ zu bringen für den Einsatz. Sein Eindruck sei, dass die Anforderungen an UAV an traditioneller Technik gemessen würden – um diese unbemannten Flugzeuge zu verhindern.

Christoph Marischka, Informationsstelle Militarisierung
Der hebt eher auf die immer aggressivere Politik der NATO, den Einsatz von CIA-Drohnen in Pakistan etc. ab, weniger auf Bundeswehr-Drohnen. Sagt aber auch: ein Moratorium für Drohnen sollte sich vor allem auf die Autonomie richten. Die sei gerade auch bei Aufklärungsdrohnen, Stichwort Grenzüberwachung, sehr gefährlich.

Marcel Dickow, Stiftung Wissenschaft und Politik
Unbemannte Systeme haben durch die Trennung von Bedienung und Wirkung einen „entgrenzenden“ Charakter. Entscheidender aber: da die Technik der Fernsteuerung unvollkommen sei, Stichwort Latenzzeiten und störanfällige Kommunikation, gehe der Trend eindeutig zu autonomen Systemen: „Fernsteuerung ist der erste Schritt auf dem technologischen Pfad in die Autonomie.“ Bereits Assistenzsysteme könnten dabei präjudizierend wirken

So viel als Überblick zur laufenden, gewünschten, immer wieder eingeforderten breiten gesellschaftlichen Debatte. Fortsetzung (voraussichtlich) am Donnerstagnachmittag mit einer aktuellen Stunde im Bundestag. Da wird sich dann, siehe ihre Ankündigung oben, auch die Verteidigungsministerin positionieren.

(Foto: Generalleutnant Fritz bei seinem Statement nach der Anhörung)