Lagebeobachtung 17. April: Ukraine, Moskau, Genf
Die Ereignisse rund um die Ukraine-Krise sind am (heutigen) Gründonnerstag etwas unübersichtlich – und ich werde gar nicht erst versuchen können, alles im Blick zu behalten (vielleicht klappt es halbwegs mit Hilfe der Leser/innen). Es gibt drei zeitgleiche Stränge: In der Ukraine selbst drohen neue Auseinandersetzungen, in der vergangenen Nacht gab es offensichtlich Tote; in Moskau stellt sich Russlands Präsident Wladimir Putin einer publikumswirksamen öffentlichen Fernsehbefragung (siehe Screenshot oben), und in Genf haben Gespräche der Außenminister Russlands, der USA und der Ukraine zusammen mit der EU-Außenbeauftragten begonnen.
Die Ausgangslage von heute morgen schildert recht übersichtlich, so weit das überhaupt möglich ist, die Zusammenfassung der BBC.
Zur Call-in-Sendung mit Putin gibt es natürlich mehrere Liveblogs (zum Beispiel bei Radio Free Europe), und die bisherigen Aussagen des Präsidenten überraschen wenig. Aus meiner Sicht auch nicht die – jetzt prominent gemeldete – Aussage, es seien russische Soldaten auf der Krim anwesend gewesen – die waren doch dort stationiert (dass sie dann was Anderes gemacht haben als die russische Basis zu schützen, ist eine andere Frage). Die Sendung läuft voraussichtlich noch ein paar Stunden. (Livestream mit englischer Übersetzung bei RT.com)
Die Gespräche in Genf scheinen bislang schon deshalb als Erfolg zu gelten, weil es sie gibt. Was beim Treffen von John Kerry (USA), Sergej Lawrow (Russland) und Andrii Deshchytsia (Ukraine) mit Catherine Ashton (EU) herauskommt, werden wir wohl erst in einigen Stunden wissen.
Da rückt die Lage in der Ukraine selbst ein ganz klein wenig in den Hintergrund. Vergangene Nacht sollen nach offiziellen Angaben ukrainische Nationalgardisten drei pro-russische Milizmitglieder erschossen haben. Am Morgen, so berichtet n-tv-Reporter Dirk Emmerich aus der Stadt, herrsche gespannte Ruhe.
Weiteres nach Entwicklung – gerne in den Kommentaren.
(Aufgrund div. Missverständnisse muss ich wohl klarstellen: Dies ist nicht, wie jemand mutmaßte, ein Lagebericht für die Bundeswehr… (!) Sondern ein Aufhänger für die Beobachtung einer sich entwickelnden Lage; je nach Situation wird er von mir und nicht zuletzt von den Lesern mit aktuellen Infos ergänzt.)
Am Abend gibt es zwei Dinge nachzutragen:
• In Genf kam es zu einer gemeinsamen Erklärung, deren praktischer Wert sich noch beweisen muss
• Der NATO-Obebefehlshaber zu den maskierten Uniformierten in der Ukraine
• Kanada schickt 6 F-18 Kampfjets in die osteuropäischen NATO-Staaten
(Screenshot: RT.com)
Lage vor Marienebasis in Mariupol, Bilder von Dirk Emmerich
https://twitter.com/DEmmerich/status/456705248652828672/photo/1
https://twitter.com/DEmmerich/status/456713065363677184/photo/1
[Wg. Übersichtlichkeit in den neuen Thread verschoben. T.W.]
Publikumswirksame öffentliche Befragung, das haben Sie schön formuliert. Wobei man die Betonung wohl auf das erste Adjektiv legen sollte. Möchte nicht wissen, wieviele der „Fragen“ von Herrn Putin persönlich vorformuliert wurden. Es wird jedenfalls nicht viele russische Journalisten geben, die in dem Klima der Einschüchterung offen kritische Kommentare abzugeben bereit sind. Von daher handelt es sich eher um ein gesteuertes Regierungsstatement – was durchaus auch interessant ist zu hören.
Den vorliegenden Meldungen entnehme ich, dass Putin die Ost- und Süd-Ukraine jetzt als Novorossiya (Neu-Russland) bezeichnet hat und auf dessen Zugehörigkeit zum Zaren-Reich verweist.
„Neu-Russland“ ist ein feststehender historischer Begriff:
https://de.wikipedia.org/wiki/Neurussland
Jetzt hat Putin also auch offiziell angekündigt, wohin die Reise geht.
Putin wörtlich:
Mal als Versuch, ob sich auch Tweets hier in den Kommentaren einbetten lassen – die britische Journalistin Lindsey Hilsum aus Mariupol:
[yep, klappt – aber bitte zurückhaltend einsetzen.]
Toll, geht jetzt also das große „Wünsch-dir-was“ los?
Wann fordert Russland Alaska zurück? Hat die Türkei einen Anspruch auf Berlin? Und würde es dem Elsaß nicht allein schon wirtschaftlich gut anstehen, wieder „nach Hause“ zu kommen?
Hier ein Artikel vom 7. April:
http://www.newrepublic.com/article/117284/federalized-ukraine-could-mean-return-novorossiya
Putin übernimmt also jetzt genau diese Wortwahl.
Aus dem letzten verfügbaren Bericht der OSCE Beobachter in der Ukraine:
Nicht sonderlich beruhigend … wenn die Pravyi Sektor Leute auf Ostukrainer treffen kann das schnell eskalieren.
[Unter dem jeweiligen Tweet auf twitter.com steht: ••• Mehr – darauf klicken, dann auf „Tweet einbetten“. Dann öffnet sich ein Fenster mit dem Einbettungscode. T.W.]
http://www.nytimes.com/2014/04/18/world/europe/russia-ukraine.html?smid=tw-share&_r=0
Sehr gut, Putin hat in seinem Größenwahn endlich die Katze aus dem Sack gelassen. „Charkow, Donezk usw. waren in der Zarenzeit russisch. Warum die Bolschewiki sie der Ukraine zugeschrieben haben, weiß Gott.“ Da wir wissen, dass in der Zarenzeit auch Kiew, Warschau, Lodz, Vilnius, Riga, Tallinn und Helsinki russisch waren, dürfte klar sein, welche Aggressionen noch auf uns zukommen werden. Da Putin leider bisher zu faul war, „Mein Kampf“ oder eine Mao-Bibel zu schreiben, sind wir ihm für diese Informationen sehr dankbar.
Ernstgemeinte(!) Frage von mir: Stimmt das wirklich, ist Edward Snowden tatsächlich bei dieser Putin-Veranstaltung aufgetreten oder ist das Satire?
Man sollte Putin eigentlich dankbar sein, denn jetzt ist ist die Sachlage klar: Dieser „lupenreiner Demokrat“ stellt den status quo ante wieder her. Man kann es verneinen oder nicht: Der kalte Krieg zeichnet sich wieder ab, wenn die westlichen Demokratien nicht auf ihr Mantra Völkerrecht verzichten wollen zugunsten einer eskalationsunwilligen Beschwichtigungspolitik.
Und eine interessante Lehre meines Erachtens bis jetzt: Wer als Staat keine SCHNELLSTENS einsetzbare eigene Armee besitzt oder GLAUBHAFTEN Bündnissen angehört, kann teuer dafür bezahlen müssen, auch in diesen Zeiten. Laufen diesbezüglich eigentlich die politisch versprochenen 10 Jahre deutsche Vorwarnzeit vor einem militärischen Konflikt jetzt an…?
@ Lollo
Na ja, ganz so klar scheint mir das noch nicht. Bis zu einem neuen Kalten Krieg ist es noch ein langer Weg. Möglich ist freilich alles. Es hilft jetzt aber nicht weiter, das Schlimmste zu prophezeien.
Interessant ist Ihr Hinweis auf die Vornwarnzeit. Wer kann deren Beginn glaubhaft definieren? Hinter dem Gedanken der „Rekonstitution“ steckte und steckt eben doch reichlich viel Wunschdenken. In der Praxis ist vieles davon unbrauchbar und daher ziemlich riskant für die eigene Sicherheitsvorsorge.
ich würd mal sagen 10 Jahre Vorwarzeit wären schön. Derzeit sind es wohl eher 1-2 Tage in denen Putin ca 20-30 tausend Soldaten in Marsch setzen kann. Diese gut gerüsteten Einheiten stehen schon längst bereit. Mehr als die NATO in 180 Tagen aktivieren kann.
Etwas OT, wenn das die Blaupause für zukünftiges Vorgehen zum Schutz von Mindertheiten ist, dauert es sicher nicht mehr lange bis Erdogan Berlin besetzt :-)
Einem Artikel im Tagesspiegel zu Folge leben in Berlin 300.000 Russen …
@KeLaBe
Und genau das ist der Punkt. Das Argument der angeblich langen Vorwarnzeit vor einer erneuten Bedrohung, mit dem die Aufwuchsstrukturen und die Langzeitlagerung von Großgerät abgeschafft wurden, hält der politischen Realität nicht stand. Denn käme ein Nachrichtendienst aufgrund politischer, militärischer und rüstungspolitischer Faktoren zu der Einschätzung, der Staat X stelle bei fortlaufender Entwicklung in zehn Jahren eine Bedrohung dar, wäre dies viel zu unsicher, als dass ein heutiger Politiker (okay, außerhalb der republikanischen Partei der USA) deswegen die Streitkräfte mit großen Investitionen darauf ausrichtete.
Ziemlich sicher ist in den nächsten Monaten nicht mit einem Krieg mit der NATO zu rechnen, aber man muss sich doch fragen, welche Indikatoren denn wohl nötig wären (ich befürchte, definiert wurden die von keiner Regierung), die politischen Führungen in Westeuropa zu einer Änderung der militärpolitischen Strategie zu bewegen.
Betrachtet man die Vorgänge in der Ukraine als Wecksignal, dass Staaten ihre außenpolitischen Ziele auch wieder mit militärischen Mitteln durchzusetzen bereit sind, so steht zu befürchten, die meisten europäischen Politiker ziehen es vor, weiter zu schlafen – und zu träumen.
@Sgt. Trash
Es ist das eine, mal eben mit mehreren Divisionen in eine 10 Tage Übung zu gehen. Mal eben Westeuropa anzugreifen, bedarf dann schon etwas mehr Vorlaufzeit und in den zehn Jahren sei ja auch die politische Entwicklung enthalten, die eine solche Aggression überhaupt notwendig oder opportun erscheinen lässt. Da kann man wohl doch noch in Jahren rechnen, statt in Tagen.
Zitat aus 1931 von Dimitri Manuilski (1883-1959,schloss sich 1917 mit Trotzkis Gruppe
den Bolschewiki an, später Stalinist, 1929-34 1. Sekretär der Komintern):
„Gewiß, heute sind wir noch nicht stark genug, um anzugreifen.
Unsere Zeit wird in 20 oder 30 Jahren kommen.
Und zum Sieg brauchen wir einen Moment der Überraschung.
Die Bourgeoisie muß eingeschläfert werden.
Wir werden deshalb damit beginnen, die theatralischste
Friedensbewegung zu entfachen, die je existiert hat.
Es wird elektrisierende Vorschläge und außerordentliche
Zugeständnisse geben.
Die kapitalistischen Länder, stupide und dekadent,
werden mit Vergnügen an ihrer eigenen Zerstörung arbeiten.
Sie werden auf den Leim der Gelegenheiten zu neuer Freundschaft kriechen,
und sobald sich ihr Schutzgürtel entblößt, werden wir sie
mit unserer geballten Faust zerschmettern“
Hellseher oder Masterplan?
@ Cynic2 Nein eben genau nicht. Mal abgesehen das derzeit niemenad damit rechnet das die Divisionen sich Richtung Westen aufmachen, aber was wär wenn doch?
Die ca. 25 tausend Mann sind nicht alles, ich schätze mal das innerhal sehr kurzer Zeit 100 tausend zussemengezogen werden können um so einen Vorstoß zu unterstützen.
Zuman da nicht nur Infantrie sondern das voll Programm (Luftunterstüzung, Kampfpanzer usw.) stehen.
Was wär denn dann, wer soll die den aufhalten können und mit was?
@Sgt. Trash
Ich stimmte ihren Ausführungen zu, wäre der time stamp auf ihrer Mitteilung 17. April 1989 und selbst da hätte man für eine so weitreichende Operation vorherige Erhöhung der Einsatzbereitschaft, Vordislozierung von Versorgungsgütern, etc. sehen müssen.
Überraschungsmoment hin oder her, Blitzangriffe funktionieren nur im Computerspiel ohne Vorbereitung.
@chickenhawk
Als Antwort auf Ihre Frage – verbunden mit der dringenden Debatte, dass das jetzt nicht zu einer Snowden-Diskussion wird (alles was ab jetzt dazu kommt, verschiebe ich auf die OT-Halde):
Die bedeutsamste „Gefahr“ ist meiner Meinung dieser schleichende Prozess des Konflikts. Das hat die gleiche Wirkung auf demokratische Staaten wie das langsam erhitzte Wasser für den berühmten Frosch im Kochtopf. Es gelingt praktisch nicht, DEN Aufhänger für eigenes Handeln zu finden. Die Idee mit dem Stufenplan für Sanktionen war daher eigentlich sehr clever, denn das hat direkt Stufen definiert. Aber auch damit ist das Problem nicht aus der Welt. Bekommt man mit ein paar markigen Sprüchen Putins schon die Initialzündung für eine Umorientierung? Sind Truppenlager an der Grenze schon genug. Ist eine nicht unzweifelhaft nachweisbare Beteiligung bei Destabilisierung genug. Wenn Putin in diesem Stil weitermachen würde, kann er die Hemmschwelle für harte Schritte wahrscheinlich auch noch eine Ecke hinauftreiben. Irgendwann sind es nicht nur einzelne Analysen, die die Frage stellen ob das Baltikum einen heißen Konflikt wert wäre.
Viel wichtiger als die Beurteilung der Stimmung in der Ostukraine wäre ein Rezept, wie man dieser Art Vorgehen entschieden entgegentreten kann, ohne zu sehr zu eskalieren. Das ganze Gleichgewicht des Kalten Kriegen basierte ja auf der Drohung, auf alles und jeden sofort massiv zu reagieren. Das erscheint derzeit viel zu krass. Allerdings ist die aktuelle Herangehensweise auch sehr gefährlich…
@ sgt thrash – „wer soll die aufhalten?“
stimme ihnen zu:
1813 …. grande armee … kam zwar ins leere Moscow .. ging aber dann unter…
1941 … fall barbarossa… der gröfaz kam noch nicht mal bis Moscow…
2014 .. die NATO .. klar —- die werden es richten …?!
wenn unsere super schlauen politiker – wie herr Gabriel – unsere wehrtechnische Industrie (und Armee) weiter so eindampfen … bitte, wo soll es herkommen?
semper fo
@TOM: Der Plan von 1931 hat ja toll funktioniert.
@all: Die Schweden vom RUFS haben das mal knochentrocken durchgerechnet: http://www.foi.se/Global/V%C3%A5r%20kunskap/S%C3%A4kerhetspolitiska%20studier/Ryssland/Briefings/RUFS%20Briefing%20No.22.pdf
Fazit: Auch für die Russen wachsen die Bäume nicht in den Himmel.
Von welcher Einheit bist du nochmal..? Karikatur via Heiko Sakurai #Donetsk #Ukraine #Putin #Russland pic.twitter.com/nawe3LJnYJ— Robin Heimann (@dapinzamuc) 17. April 2014
@drd:
„Das ganze Gleichgewicht des Kalten Kriegen basierte ja auf der Drohung, auf alles und jeden sofort massiv zu reagieren.“
Das ist so nicht ganz richtig. Da gab es noch die Hinwendung von massive retaliation zu flexible response. Und flexibel und abgestuft reagieren tut die NATO doch jetzt auch. In einem glaubhaften Bündnis muss man auch Flagge zeigen (heißt nicht, gleich offensiv mit der Brechstange die Tür eintreten). Die politische Diskussion läuft ja derzeit sowieso auf Hochtouren.
@drd
Wie @Lollo richtet sagt, war es ja gerade nicht die ständige Drohung mit massivem Gegenschlag, die die wirkungsvollste Abschreckung darstellte, sondern die Möglichkeit zur graduellen Reaktion. Wenn nämlich die konventionellen Kräfte für eine graduelle Reaktion bereit stehen, kann bereits deren Einsatzmöglichkeit zur wirkungsvollen Abschreckung genutzt werden. Gäbe es nur die Möglichkeiten nichts zu tun oder einen Nuklearschlag zu führen, wäre die Hemmschwelle dies zu tun, derart hoch, dass es keine wirkungsvolle Abschreckung gegen Aktionen wäre, die nicht unmittelbar die territoriale Integrität der NATO bedrohten. Und selbst in diesem Fall müsste man sich heute wohl leider auf Diskussionen einstellen, ob das Gebiet von Bündnispartner X es wert wäre, dafür einen Nuklearkrieg zu riskieren.
Gerade die Tatsache, dass die NATO zwischen NRF und Nuklaerwaffen nicht mehr so viele konventionelle Eskalationsmöglichkeiten hat, obwohl da durchaus noch welche sind, macht die militärische Abschreckung derzeit zu einem weniger effektiven Mittel der Politik als noch vor 1989.
zu genau diesem Dilemma der konspirativen Kriegsführung hat der Deuschlandfunk einen hörenswerten Beitrag.
http://www.deutschlandfunk.de/russland-und-die-ukraine-die-nato-muss-umdenken.724.de.html?dram:article_id=282848
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man kann es nur gebetsmühlenartig wiederholen. der westen muss sich dem neuen kriegsbild anpassen. full spectrum operations bnötigt auch hard assets (panzer etc) viel effizienter wäre es aber russlands schwächen auf anderem gebiet konsequent auszunutzen.
Wirtschaftlich, ethnisch, innenpolitisch diplomatisch, medial.
diese elemente in eine kohärente form gegossen wären um längen effektiver als irgendwelche alibi dislozierungen im baltikum. (was sie nicht falsch macht)
kurzum Denkvernote überwinden Kreativ auf Agression reagieren.
eintrittswarscheinlichkeit in unserer versteinmeierten republik? 0.
Noch ein Gedanke zum Thema „konventionelle Eskalationsmöglichkeiten“ der NATO: Die Entsendung von gemischt-nationalen NATO-Truppen (Land/Luft/See) an die Außengrenzen des Bündnisgebiets (aber stets innerhalb des NATO-Territoriums!) war schon immer Bestandteil der NATO-Strategie. Bei militärischen Übergriffen von außen sind dann sehr wahrscheinlich gleich mehrere NATO-Staaten durch verletzte und/oder getötete eigene Soldaten involviert, auch wenn dies im betroffenen Einzelfall zynisch wirken könnte. Früher war das die AMF, die Allied Mobile Forces, bei den Land Forces eine gemischt nationale Infanteriebrigade ohne raumgreifende Offensivkapazitäten. Von daher ist jetzt der Gedanke von Herrn Rasmussen aus Bündnissicht sehr zu begrüßen: „We will have more planes in the air, more ships on the water, and more readiness on the land.“
@Cynic2 @Lollo
Korrekt, da war ich sehr unpräzise mit der Formulierung. Man darf aber nicht vergessen, dass alles was da an gradueller Reaktion usus war, aus heutiger Sicht den allermeisten Akteuren viel zu schwere Geschütze sind. In die Richtung ging meine Argumentation. Wenn man sich etwa die Reaktionen auf ein paar Kampfflugzeuge ansieht, wie wäre wohl ein NATO Alarm oder eine massive freilaufende Übung in Polen angekommen…
Die FAZ-Online beschäftigt sich heute in einem Artikel (Titel „Spammen für den Weltfrieden“) mit der vorgeblich medienkritischen Kommentarflut zum Thema Ukraine, die große deutsche Medien in den letzten Tagen offenbar auf ihren Facebook-Seiten zu verzeichnen haben (ich lese so gut wie überhaupt nicht Gesichtsbuch, daher kann ich das nicht beurteilen).
Auch Spiegel-Online veröffentlichte gestern einen Artikel, der sich mit dem Gebahren und den Hintermännern dieser Aktion befasst (Titel „Russland-Freunde aus der rechten Ecke“).
@drd
Symbolische Demonstrationen der Willensbekundung orientieren sich natürlich an der Rahmenlage. Gemessen am Gesamtumfang der NATO Kräfte ist die Verlegung von 20 Kampfflugzeugen heute natürlich eine stärkere Willensbekundung als 1985. Andererseits muss man sagen, dass Russland diplomatisch gleich aufgeregt und entrüstet reagiert hätte, wären 2, 20 oder 200 Flugzeuge verlegt worden. Ebenso hätte die Presse jede Form von NATO Reaktion gleich behandelt.
Bei größeren konventionellen Kapazitäten und höherer Einsatzbereitschaft hätte es zumindest nicht Tage gedauert, bis mal ein paar Flugzeuge zugesagt worden wären, sondern man hätte schneller Entschlusskraft und Einsatzbereitschaft zeigen können. Damit hätte die Maßnahme eine bessere Wirkung erzielen können.
http://www.cbc.ca/news/politics/canada-sending-6-cf-18s-for-nato-operation-in-eastern-europe-1.2613636
Kampfflugzeuge sind derzeit ein exzellentes politisches Signal, keine Frage. Soweit also richtig. Gegen das Strickmuster russischer Einflussnahme analog Ostukraine (Infiltration und örtliche Destabilisierung mit bewaffneten Milizen ohne Hoheitsabzeichen, etc.) sind sie militärisch allerdings weitgehend wirkungslos. Zum Glück sind wir noch nicht an diesem Punkt, was bedrohte Partner wie Estland oder Lettland betrifft. Kommt es aber dazu, führt an boots on the ground kein Weg vorbei. Dann, aber erst dann (!!!) schlägt z.B. eine Stunde der NRF (Land). Es schadet nichts, das zumindest schon einmal zu üben.
@chickenhawk
In Kanadas Presse ist derzeit eine ziemlich kritische Betrachtung der NATO im Gange. Viele sehen Europa in der Pflicht und betrachten USA und Kanada als überbelastet. Dagegen geht die Regierung Harper durch spontane Aktionen an (Abzug des Botschafters aus Moskau… hissen der Ukrainischen Flagge statt der Kannadischen vor dem Parlament… etc.). Man möchte ganz offensichtlich von Regierungsseite deutlich machen, dass Kanada eine Rolle in Europa spielt. Ich vermute mal, diese Sache geht in die gleiche Stoßrichtung.
@drd @Lollo @Cynic2 @wacaffe
Sie haben alle grundsätzlich recht. Übrigens, schön, dass die jüngsten Beiträge hier den Weg zur Analyse gefunden haben … weg von der Propaganda und gegenseitigen Beschimpfungen der letzten Tage.
Die Frage ist, ob die 2010 in Lissabon beschlossenen NATO-Strategie einer Überarbeitung bedarf oder nicht. Ich finde sie – im Grundsatz – noch zutreffend.
Eine Strategie greift allerdings nur, wenn sie auch in praktisches Handeln umgesetzt wird.
Wenn ich das Ergebniss richtig verstehe haben sich die vier darauf geeinigt, dass die Besetzer ihre Waffen abgeben und die Gebaude räumen.
Also wird Putin sagen seid lieb und gebt die Waffen ab.
Darauf die Kämper: Wir sind unabhängig und kämpfen für unsere Unabhängigkeit.
Antwort von Putin: Das ist aber nicht nett von euch und seht ihr USA EU ich habe es doch gesagt die hören nicht auf mich die machen was sie wollen.
LOL
ja putin als gnom zu bezeichnen wäre auch verfehlt. er ist ein begnadeter troll ;)
und im mom spielt er wohl auf zeit. in kiew zappeln die revolutionäre mit dem kopf im seil und den fussspitzen auf der stuhllehne. er kann warten. der „legitime präsident“ in rostow kann auch warten.
Die russischen Medien haben bereits gemeldet, am Sonntag wolle Yanukowitsch in Donetsk eine Rede halten. Ich halte Genf für ein weiteres Ablenkungsmanöver.
Lawrow sprach von der Entwaffnung illegaler Gruppen. Wäre nur noch eine „Kleinigkeit“ zu klären. Welche Gruppen sind illegal und welche nicht. Da dürften schon die Meinungen von USA/NATO und Russland sehr weit auseinander liegen. Die eine Seite meint sicherlich die sogenannten „Selbstverteidigungskräfte“ und die andere Seite wohl eher die bewaffneten Einheiten des Rechten Sektors. Zählt dazu auch die aus russischer Sicht illegale, weil nicht aus Wahlen hervorgegangene, ukrainische Übergangsregierung?
Ich sehe da noch nicht wirklich Licht am Ende des Tunnels. Weiterhin schließe ich mich der Meinung von axel_f | 17. April 2014 – 19:19 an. Übrigens werden diese Erfolgsmeldungen bis jetzt ausschließlich einheitlich von den westlichen Mainstream-Medien und nicht von den offiziellen russischen Medien verbreitet. Dort hört es sich ansonsten etwas anders an.
Zitat heute Putin: „Man muss alles tun, um den Menschen im Südosten der Ukraine dabei zu helfen, über ihr weiteres Schicksal selbständig zu entscheiden.“
@ axel_f
Das Gegenteil wird der Fall sein!
Jetzt ist eine Meldung diesbezüglich bei den Russen erschien. Ich wollte meinen Kommentar vor über 10 Minuten korrigieren. Dies war wegen eines angeblichen Folgekommentars allerdings nicht möglich. Dieser ist aber bis jetzt noch nicht aufgetaucht.
@ Patrick
Dann würde er zugeben das der Aufstand von Russland gesteuert ist.
Erste Meldungen besagen, dass „Egal, was entschieden wurde: Wir räumen Gebäude nicht, geben keine Waffen ab. Wir waren an der Entscheidungen von Genf nicht beteiligt, wollen weiter Unabhängigkeit“ … „Entwaffnung gilt nicht für uns, sondern für rechten Sektor am Maidan“
@ axel
und es würde dem pravij sektor auch wunderbar den spiegel vorhalten, der ja auch maulig wurde, als da ohne ihn gedealt wurde (die folgen sind bekannt … ).
@Stefan
Ich denke die Abgrenzung illegal Bewaffneter wäre kein großes Problem. Diediversen „Selbstverteidigungsmilizen“ egal zu wem sie gehören, wären da klar zu identifizieren. Da die Übergangsregierung aber den Rückhalt des Parllamentes hat und Armee und Polizei ihr zumindest weitgehend folgen, ist eine Entwaffnung hier ausgeschlossen. Es sei denn, sie wollen versuchen, die Polizei und offiziellen Streitkräfte für illegal zu erklären. Klingt nach einer Phantomdiskussion.
Liebe Mitforisten,
ich verfolge als stiller Mitleser seit einigen Wochen interessiert die hier geführten Debatten bezüglich der Situation in der Ukraine.
Worte wie „einseitig“ oder „Propaganda“ werden zunehmend reflexhaft gebraucht und sogleich wieder abgetan, weil sie gefühlsmäßige Wertungen (Ideologie) beinhalten. Schon einfache Fragestellungen und „Reizwörter“ wie Putschistenregierung führen zu großen emotionalen Aufwallungen und Unbehagen.
Ein Vorzug der hier geführten Debatten ist deshalb auch die Weigerung, sich diesen meist nicht hinzugeben. Gleichzeitig sollte sich keiner in dünkelhafter Fachsimpelei ergehen.
Der Ideologie wird zwar zurecht misstraut, weil in ihr psychoziale Motivationsgründe „verschleiert“ und gebündelt, also nicht direkt ausgesprochen werden.
Trotzdem sind gerade solche Motive eine ernstzunehmende und letztlich auch berechtigte Einflussgröße. (Tolstoi-Liebhaber und Russlandschwärmer Goebbels wollte die „Ostvölker“ durch besser Behandlung gewinnen, setzte sich nicht durch; ein Profiteur der Berliner Luftbrücke hat möglicherweise ein bes. Verhältnis zu den VSA; extrem: Israel/D.)
Dass die Massenmedien einer möglichen ausgewogener Berichterstattung nicht nachkommen, sehen Frau Krone-Schmalz und ich ähnlich.
(Wem die Einordnung die für ihn notwendige Übersicht verschafft: ich gehöre ins prorussische Lager…)
http://www.youtube.com/watch?v=22VfEe1RkH8
@ axel_f
Wir bewegen uns jetzt im Bereich der Spekulation. Die nächsten Tage werden es zeigen.
Meine Ansicht würde aber in das Bild der russischen Politik der letzten Zeit passen:
Russland als gestaltende Macht! Ohne Russland läuft nichts in Syrien oder im Iran! Russland kann die Krim zurück in die Föderation holen! Russland kann in der (Rest-)Ukraine einen Bürgerkrieg entfachen – oder es sein lassen!
Die Einigung in Genf wäre ein starkes Zeichen nach aussen und nach innen.
Das es der russischen Führung nicht auf Glaubwürdigkeit (Stichwort: die „grünen Männchen“, super bewaffnet und organisiert, tauchen überall auf, wo gerade benötigt) oder auf sonstige langfristige Aspekte ankommt, wie z.B. die Auswirkungen des Konflikts auf die russische Wirtschaft, dürfte offensichtlich sein.
Donetsk: Sie wollen Waffen nur an russische „Friedenstruppen“ übergeben. Soviel dazu in „Noworossia“.
Trotz der Forderung nach einem friedlichen Dialog das heute in Genf angenommen wurde, sagte der übergangs Außenminister der Ukraine das es keine Auswirkungen auf die „Anti-Terror“-Einsatz im Osten des Landes hat.
http://rt.com/news/kiev-troops-southeast-ukraine-244/
@califax
Da stand auch was von Russischen OSZE Truppen die sie auch stellen sollen.